Ein Gedanke zur Gerechtigtkeit

Mein Junge, der große, war nun eine Woche in einem Kinderzirkus in Bottrop-Kirchhellen. In den Ferien, um Spaß zu haben, Zaubern zu lernen und um betreut zu werden, wenn ich und meine Frau arbeiten. Eine tolle Sache so ein Ferienzirkus, ein richtiges Zirkuszelt, echte Artisten, Schausteller und Zauberer. Allerdings recht teuer. Eine Woche Spaß hat 120 Euro gekostet.

Jetzt zu Ostern war die große Aufführung des Kinderzirkus am Ende der Woche. Knapp über 100 Kinder traten auf – vor einem halben tausend Eltern, Brüder, Schwestern, Omas und Opas, Onkel und Tanten. Ein volles Zelt, ein großes Spektakel mit Musik und Clowns und Tamtata. Stolze Kinder im tosenden Applaus.

Ich habe im Dunkeln gesessen und über Gerechtigkeit nachgedacht. Gerechtigkeit ist vor allem Chancengleichheit. Jeder sollte auf der Welt möglichst die gleichen Chancen haben. Daran glaube ich.

Der Kinderzirkus ist nicht wichtig, um zu überleben. Er ist nicht wichtig, um Abitur zu machen. Aber es ist sicher besser, einmal als Kind in die Manege zu gehen, etwas zu wagen und dann zu bestehen, als dies nicht zu tun, und seine Ferien vor der Playstation zu verplempern.

Kinder von Hartz IV-Empfängern mussten für den Zirkus nur 15 Euro bezahlen, den Rest trägt die Stadt, damit sie teilnehmen dürfen. Das ist ganz sicher gut.

Kinder von Eltern, die arbeiten, bekommen keinen Zuschuss.

Ich kenne ein Ehepaar, die sind ehrlich. Die arbeiten viel. Beide, für ihre beiden Kinder. Sie verdienen nicht viel, aber sie kommen klar. Sie sind stolz auf ihre Selbstständigkeit. Sie fallen niemanden zur Last, im Gegenteil, von ihrem Lohn geht was an den Staat, damit der seine Aufgaben erfüllen kann. Dieses Ehepaar konnte sich die Woche Ferienzirkus für ihre Tochter nicht leisten. 120 Euro so nebenher waren zu viel.

Ich frage mich, ob das gerecht ist? Wo sind die Grenzen?

Das Ehepaar jedenfalls war traurig. Und ihre Tochter auch.

Foto: def110 auf Flickr.com unter creative commons

China ist ein Risiko – keine Rettung

Mitten in der Wirtschaftkrise wurde Kritik am Wirtschaftsjournalismus geübt. Es hieß, die Medien hätten nicht laut genug gewarnt vor dem dräuenden Zusammenbruch. Mittlerweile gibt es sogar Studien passend zu dieser These. Hier eine der Otto-Brenner-Stiftung. Klick. Ich meine allerdings, es genügt nicht eine Zeitungsschelte. Überall standen die Warnschilder. Auch wenn sie in der Otto-Brenner-Studie kaum zu finden sind.

In fast allen Zeitungen gab es neben den üblichen Jubelberichten detaillierte Analysen über die US-Immobilienkrise und die daraus resultierenden Gefahren. Nur, diese Analysen haben zu wenige Leute gelesen. Und wer aber nicht sehen will, den kann man nicht warnen. Und da der Mainstream aus Lesern und Schreibern gemacht wird, führte das dazu, dass der Mainstream eben falsch lag. Das kommt vor. Es gab daneben aber genug Leute, die mit ihren Einschätzungen aus den vorliegenden Berichten richtig lagen, und sich rechtzeitig aus allen gefährlichen Investitionen verabschiedet haben. Warum ich das schreibe? Weil wieder Zeichen an der Wand aufflammen, und wieder nicht ausreichend reagiert wird. Diesmal geht es um die China-Bubble.

In China hat sich in den vergangenen Jahren eine gigantische Immobilienblase aufgebläht. Staatlich und halbstaatlich finanziert wurden gewaltige Wohn- und Geschäftsgebirge in die Landschaften gesetzt. Es wurden Siedlungen und Städte gebaut. Bewundert von den Deutschen, wie Wolfgang Clement und Co.

Mittlerweile ist das ganze System dort krank geworden. Das Time Magazine berichtet von Taxi-Fahrern, die sich vier Wohnungen auf Millionen-US-Dollar-Pump gekauft haben. Die größten Paläste stehen leer. Häusertycoons in der Schwächephase werden von den Kommunisten vor der Pleite bewahrt. Die Wirtschaftswoche warnt vor der nächsten großen Blase, selbst die Weltbank mahnt.

Bei jeder Bubble heißt es, aus diesen und jenen Bedingungen wird sie nicht platzen. Im Falle von Japan in den Neunzigern hieß es, die Immobilienpreise würden hoch bleiben, weil Japan zu klein für seine Bevölkerung sei. Shit, falsch gedacht. Im Falle der US-Immobilienkredite hieß es, da könne nix passieren, weil die Darlehen durch moderne Kredit-Default-Swaps abgesichert seien. Uihhh. Pech Mann. Im Fall von China sagt man nun, da könne nix schief gehen, weil die chinesische Wirtschaft so rasant wachse und deswegen der Bedarf immer höher werde, nach Häusern, nach Wohnungen, nach Büros.

Ich glaub da nicht dran. Die chinesische Wirtschaft wächst seit über drei Jahren nur noch auf staatlichen Pump. Wirklich verlässliche Statistiken über das Reich der Mitte gibt es nicht, weil das Land nicht frei ist, sondern die staatlichen Manipulateure alles schön rechnen. Von der DDR hieß es auch kurz vor dem Mauerfall, die Kommunisten hätten dort eine der größten und erfolgreichsten Volkswirtschaften aufgebaut. Was ein Mumpitz.

Warum soll dann in China stimmen, was anderswo gelogen war, wenn selbst kleinste Kunst-Kritiker ins Gulag wandern? Welche Statistiker soll dort soviel Mumm haben, die Wahrheit zu sprechen.

China ist ein Import/Exportland. Als am Beginn der Krise die chinesischen Rohstoffimporte zurückgingen, brach der Welthandel fast zusammen. Ich kann mich an die vollen Papierlager im Rotterdamer Hafen erinnern.

China hat die Probleme kosmetisch übertüncht, indem aberwitzige Milliardensummen in die Wirtschaft gepumpt werden. Aber das hilft nicht, hat noch nie geholfen. Der Zusammenbruch wird so nur vertagt, aber nicht verhindert. Sobald Chinas Kasse leer wird, ist alles zu Ende.

Die Wohnungen in den Boomregionen des Landes können bereits jetzt nicht zu den hohen Mieten wie gefordert vermietet werden. Die Folgen sind bekannt.

Die Preise brechen zusammen, Kredite platzen, Banken gehen kaputt. Weitere Kredite platzen, und mit ihnen dann die Bubble. Pow.

Wir in Deutschland erleben derzeit keinen wirklichen Aufschwung aus der Krise, sondern nur einen virtuellen. Die Hilfen aus der Schrott-Prämie sind weg, der Autoabsatz wird bald wieder stottern. Die künstliche Nachfrage aus den Konjunktur-Paketen geht genauso zu Ende. Die Kommunen und Gemeinden sind so fertig, dass sie absurde Abgaben, wie die Katzensteuer, überlegen und ihre Leistungen einschränken. Die schwarz-gelbe Regierung im Bund plant seit Wochen eine Gift- und Sparliste, die aber erst nach der Landtagswahlen in NRW veröffentlicht werden soll – um den Wahlsieg von Jürgen Rüttgers (CDU) nicht zu gefährden.

Wenn Chinas Blase platzt, wird mit ihr mehr kaputt gehen, als wir uns das jetzt vorstellen können.

Das ist eine Warnung, sozusagen. Jeder kann daraus seine Schlüsse ziehen. Die wenigsten werden das tun, dafür aber nachher wieder auf die Medien fluchen, die nicht laut genug gewarnt hätten. Da bin ich mir sicher.

Foto: Qiao-Da-Ye auf Flickr.com

Ersatzpolitik am Beispiel der CDU-Maulwurf-Affäre

Seit Wochen geistert die CDU-Maulwurf-Affäre durch die Medien. CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid hat zunächst unter anderem die Ruhrbarone deswegen angegriffen, aber seither immer stärker den Wir-in-NRW-Blog. Und jetzt seit ein paar Tagen steht die Gelsenwasser AG im Focus der CDU-internen Maulwurf-Ermittler. Das Spiel ist dabei ziemlich durchsichtig. Anstatt sich mit den enthüllten Problemen aus der CDU-Parteizentrale und der NRW-Staatskanzlei unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu beschäftigen, werden angebliche Informanten enthüllt und eine noch angeblichere Spur zur SPD gelegt.

Die erhoffte Folge dieser Strategie: Anstatt sich mit der unzulässigen Verquickung von Staat und Partei zu beschäftigen, mit unzufriedenen Mitarbeitern und zweifelhaften Finanzierungen rund um den Miet-Mich-Rüttgers, sollen die Menschen über die Gelsenwasser AG staunen und die Beschaffung von gescannten Unterlagen. Die Rede ist mittlerweile von einem „Gelsen-Gate“.

Zunächst scheint diese Strategie aufzugehen. Die Bild-Zeitung und die Rheinische Post berichten groß über die Nummer. Selbst der WDR ist auf die Geschichte eingestiegen. Allerdings sind die Fakten hinter der großen Geschichte dünn.

Ja, es ist richtig: vor allem der Wir-in-NRW-Blog hat Fehler gemacht. Es wurden PDF-Dokumente ins Netz gestellt, ohne die Datei-Informationen zu löschen. Mit wenig Aufwand konnte so der Weg der Information zurückverfolgt werden. Zumindest ein Stück weit, wie der Deutschlandfunk schon am 11. März enthüllte.

Im Kern kann man seither sagen, dass in den Räumen der Gelsenwasser AG, vermutlich auf der fünften Etage, mindestens an zwei Tagen zwei Dokumente gescannt wurden, die später beim Wir-in-NRW-Blog ins Netz gestellt wurden. Eines davon war ein internes Papier aus der CDU-Parteizentrale. Ein Papier, das vom berühmten Maulwurf stammen könnte.

Alfons Pieper hat das ganze mehr oder weniger gut erklärt. Er sagt, seine Leute hätten halt die Technik bei Gelsenwasser genutzt, um ein anderswo erlangtes Papier einzuscannen. Alles normal, sagt er. Damit erklärt er allerdings nicht, dass die Dokumente an zwei verschiedenen Tagen eingescannt wurden. Es sei denn, er wäre zweimal zu Scan-Tagen bei Gelsenwasser gewesen. Was eher weniger wahrscheinlich ist. Auch die Verteidigung nach dem Muster „Alles Quatsch“ von einem anonymen Schreiber ist eher suboptimal.

Aber ist das Scharmützel um die Frage, wer was wo gescannt hat, nicht auch egal? Der von Krautscheid gesuchte Maulwurf sitzt ganz sicher nicht bei Gelsenwasser. Wenn überhaupt sitzt der in der CDU. Die Spur endet hier, bevor sie aufgenommen werden konnte.

Schwerwiegender ist in meinen Augen deshalb, dass mit der Gelsenwasser AG ein Informant in der Sponsoring-Sache rund um Miet-Mich-Rüttgers verbrannt wurde, weil nicht sorgfältig genug mit PDF-Dokumenten umgegangen wurde. Gelsenwasser steht jetzt da mit dem schwarzen Peter.

Die Firma verteidigt sich, so gut es geht. Sie hat ihre Briefe an Krautscheid ins Netz gestellt, in denen ein Rechtsanwalt im Namen der Unternehmensspitze zusammengefasst sagt, dass eigentlich jeder die Scanner im Herzen des Konzerns habe nutzen können, wie in einem Studi-Copy-Shop. Man wisse nicht, wie und was da gescannt wurde. Im Prinzip sei man das Opfer der eigenen Gutmütigkeit geworden. Eine schwache Verteidigung.

Die Strategie Krautscheids scheint zu ziehen. Weil die SPD über die rot-regierten Rathäuser im Ruhrgebiet das Sagen bei Gelsenwasser hat, wird so getan, als handele es sich bei der Maulwurf-Geschichte um eine SPD-Kampagne. Wer weiß, vielleicht finden sich unter den PDF-Dokumenten auch welche, die ihren Weg aus der SPD-Zentrale bis in den Wir-in-NRW-Blog gefunden haben. Dies würde dann die Strategie Krautscheids noch verstärken. Dabei sieht sein Vorgehen schon jetzt so aus, wie eine PR-Strategie, die über die Bild und die Rheinische Post gefahren wird.

Aber wovon soll abgelenkt werden? Vom Kern der Geschichte eben, dass der angebliche CDU-Maulwurf kein SPD-Mann ist. Hier bleibt es dabei, dass die Quellen für die Rüttgers-kritischen Informationen vielfältig sind und sich nicht auf einen einzigen Mann oder eine einzige Frau reduzieren lassen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass weitere Geschichte durchsickern.

Und wenn die nächste Enthüllung kommt, sollen die Wähler nicht mehr fragen, was geschah da? Und warum? Sondern sie sollen denken: „Ach so, das ist eine SPD-Wahlkampagne.“ Und sie sollen denken, dass diese Blogs sowieso unseriös sind. Und zuletzt sollen auch noch die alten Medien daran gehindert werden, Stories aus dem Netz aufzugreifen.

Dass Krautscheid mit seiner Strategie soweit kommen konnte, ist auf die Fehler im Wir-in-NRW-Blog zurückzuführen.

Aber um es ganz klar zu machen. Es waren nur technische Fehler im Blog. Mehr nicht. Inhaltlich waren die Stories OK, soweit ich das beurteilen kann.

Und deswegen wird Krautscheid nicht die Geschichte vom Blog „Wir in NRW“ mit seiner Strategie beenden. Fehler werden gemacht und vergessen. Es wird weiter gehen. Und weitere Insider-Stories geben. Auch beim Wir-in-NRW-Blog.

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Kachelmann – Opfer oder Täter?

Seit Tagen schaukelt die Story von Jörg Kachelmann, dem Vergewaltiger, durch die Gazetten. Wer ist schuld, wer hat Recht. Ich kann da eigentlich nichts zu sagen. Ich hab keine Ahnung, wie alle anderen auch. Ich wollte zu diesem Thema auch nichts sagen. Aber jetzt habe ich den dritten Tag in Folge Schlagzeilen zu Wetterfrosch Kachelmann gelesen. Die einen betreiben Distanz-Psychologie, die anderen schütteln die Angehörigen.

Mir geht bei der Nummer eine Sache durch den Kopf. Eine persönliche. Und zwar hatte ein guter Kumpel von mir vor ein paar Jahren eine ziemlich durchgeknallte Freundin.

Zunächst machte die Dame einen völlig normalen Eindruck. Sie war nett, belesen und dazu noch hübsch. Nur wurde im Laufe der Zeit ein Wahn sichtbar, der erst Monate nach Ende der Beziehung in seiner ganzen Konsequenz zu begreifen war. Diese Frau hatte sich komplette Beziehungen ausgedacht. Und andere Beziehungen verleugnet. Sie hat es gebracht, ihren Bekannten jahrelang eine Liebschaft mit einem im Ruhrpott bekannten Theaterregisseur vorzugauckeln. Ohne dass der Mann die Frau überhaupt näher kannte. Da war alles gespielt. Selbst die späten nächtlichen Treffen. Der Regisseur wurde später sogar von Leuten beschimpft, die ihn nicht kannten, weil er mit der Frau so schlecht umgegangen sei. Dabei fand das alles nur im Kopf der Frau statt. Unglaublich.

Diese Frau hat später auch meinen Kumpel verarscht. Zwar war sie noch mit ihm zusammen, hatte aber auch gleichzeitig eine Liebschaft mit einem anderen Kerl. Sie führte beide Beziehungen gleichzeitig, ohne dass die beiden Jungs was voneinander wussten. Die Dame spielte beiden monatelang vor, sie seien die einzigen in ihrem Herzen. Erst als mein Kumpel bei ihr einzog und der andere Vogel das auch wollte, flog die Nummer auf.

Jetzt wieder zu Kachelmann. Es könnte ja sein, dass der Wetterfrosch auch an so eine geraten ist. Seine Mitarbeiter wussten offenbar nichts von der Frau. Gut, müssen sie ja auch nicht. Kann ja auch sein, dass Kachelmann tatsächlich mit ihr zusammen war, eine Zeit oder auch länger. Offenbar haben Leute in Schwetzingen die beiden ja auch regelmäßig gesehen. Wie Nachbarn sagen, wie Restaurantbetreiber sagen.

Aber gab es eine Vergewaltigung? Huhhh…. Ich wäre da sehr vorsichtig.

Derzeit kümmern sich staatliche Ermittler um den Verdacht. Und nur die können das am Ende mit der besten Wahrscheinlichkeit sagen. Die Ermittler haben Erfahrung und zudem alle Informationen und das richtige Instrumentarium, der Wahrheit nahe zu kommen.

Alle anderen sollten sich mit Vermutungen und Vorverurteilungen zurückhalten. In alle Richtungen.

Genauso wenig muss nämlich auch die betroffene Frau und vielleicht auch Geliebte von Kachelmann so eine Verrückte wie die Dame meines Kumpels sein. Sie kann auch einfach ein Opfer sein, dass unter dem Wetterfrosch gelitten hat, der nicht öffentlich zu ihr stehen wollte und der sie am Ende vergewaltigt hat. Das kann sein. Ich hab keine Ahnung.

Wir alle wissen weder das eine noch das andere. Zum Glück gehen die meisten Medien auch sehr vorsichtig mit einer Vorverurteilung um. Fast alle setzen Fragezeichen in ihre Berichterstattung.

Wir können nur den beauftragten Staatsanwälten und Polizisten vertrauen. That’s it.

Das Bild zeigt Kachelmann im jahr 2008. René Mettke hat es gemacht und über wikimedia verbreitet. Das Bild steht unter GNU Free Documentation License für Creative Commons:

Ferrostaal im Korruptions-Sumpf

Gestern haben Polizei und Staatsanwaltschaft in Essen die Zentrale des Anlagenbauers Ferrostaal durchsucht. Der Verdacht: die frühere MAN-Tochter soll Bestechungsgelder verteilt haben, um Aufträgen zu generieren. Konkret soll Ferrostaal beim Bau von Kraftwerken und der Lieferung von U-Booten vor allem Regierungen unter anderem in Südeuropa und Asien geschmiert haben. Warum mich das nicht wundert?

Weil wir bei den Ruhrbaronen am 1. Februar eine Geschichte über Ferrostaal gebracht haben unter dem Titel: „Besticht die Deutsche Wirtschaft im Ausland?“.

Darin haben wir ein Zitat des Ferrostaat-Chefs Matthias Mitscherlich aus einem Interview mit dem Handelsblatt analysiert. In den Gespräch hatte der Top-Manager zwischen den Zeilen gestanden, dass sein Konzern schmiert. Zur Erinnerung hier nochmal das Zitat von damals:

(es müsse jemand bezahlt werden, d. A.) der die richtigen Leute kennt. Der einem zum Beispiel sagt, mit wem man reden muss, um ein Projekt nach vorne zu bringen. Hier steht einer Leistung eine echte Gegenleistung gegenüber, deshalb sollte man solche Dinge nicht in die gleiche Ecke wie Korruption rücken.”

Für mich hört sich das an wie ein Beratervertrag mit der Tochter des Präsidenten. Man wird sehen, wie die Ermittler den Fall bewerten. Ich denke mal nicht so, wie es sich Mitscherlich wünscht.

Bottrop in der New York Times

Wenn Fremde an meine Heimatstadt Bottrop denken, denken sie nur an doofe Dinge, Klischees und blöde Witze. Selbst mit der Stanze, „Och, watt is dat grün hier“, muss man in Bottrop häufiger klar kommen, als anderswo. Aber was soll es. Nun hat es Bottrop als erste Stadt aus dem Revier im Kulturhauptstadtjahr bis in die New York Times geschafft. Wegen der Kulturhauptstadt? Nein, natürlich nicht. Sondern wegen des Kinderschänders im katholischen Priestergewand, der seit ein paar Tagen den Papst in Erklärungsnot bringt. Denn Benedikt XVI hatte in seiner Zeit als Münchener Bischof einen geweihten Kinderschänder versetzt, der seine kriminelle Karriere in Bottrop begann, ohne ihn der Justiz zu überantworten.

Zitat aus der NYT vom 24. März 2010:

Church authorities have also been alerted to two previously unknown potential victims in the northern town of Bottrop. “We have two tip-offs that are so conclusive that we must proceed under the assumption that these incidents took place,” said Ulrich Lota, spokesman for the diocese in Essen, where Father Hullermann was ordained, confirming that in both cases the victims were boys.

Father Hullermann was abruptly transferred from Bottrop to Essen in 1977, but, according to Mr. Lota, there are no references in his file to abuse from that time.

Two years later, three sets of parents told the priest in charge of Father Hullermann’s new church that he had abused their children, prompting his transfer to Munich for therapy, where he was returned to parish duties.

After just over two years in Munich he was transferred once again, this time to the nearby town of Grafing. There, he abused several boys, leading to his conviction in 1986, which resulted in a suspended sentence of five years’ probation and a fine.

He then spent one year working in a nursing home before he was sent to a parish in Garching.

Scheisse wa? Alles schöne Geld für die PR in Amerika umsonst verbrannt. Dort ist Bottrop jetzt als Kinderschändertown bekannt.

Dazu passend eine Story, die mir ein Kumpel erzählt hat. Dessen Opa hatte mitbekommen, wie ein Priester seiner Tochter zu nahe kam. Er hat ihr wohl an den Po gepackt. Der Opa nahm sich ein Kantholz, setzte sich an die Straße und wartete auf den Priester. Als der auf dem Rad vorbeifuhr, hat der Opa den Priester mit dem Kantholz verdroschen. Und gesagt, dass der seine Fottfinger von den Mädchen weglassen soll. Wenn er noch einmal was hört, wird es richtig weh tun.

Der Priester hat sich dann versetzen lassen. Ob die beiden Fälle zusammengehören, kann ich nicht sagen.

Die Killerliste der freien Kulturszene im Pott ist da

Die Killerliste der so genannten Freien Kulturszene ist raus. 

Die Nummer war verlockend. Die Staatskanzlei unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat im Jahr der Kulturhauptstadt für die freie Kulturszene einen Topf mit Geld hingestellt. Darum durfte sich jeder bewerben, der wollte und am Ende wurden 17 Gewinner ausgewählt, die sich nun auf einen warmen Geldregen freuen dürfen. Einer bekam noch Geld aus dem vergangenen Jahr. Insgesamt müssen sich die Sieger die Summe von sagenhaften:

289.300 Euro

teilen.

43 Projekte gingen leer aus.

Mich überrascht zunächst, dass eine recht normale Internetseite wie das Pixelprojekt Ruhr 31.000 Euro kassiert. Wofür? Das ist eine normale Vermarktungsseite für Fotografen. Wenn die Geld kriegen, warum kriegen die Ruhrbarone nix? Oder der Pottblog, oder sonst irgendeine Seite, die im Ruhrgebiet unterwegs ist. Na gut, das Pixelprojekt macht mehr große Worte über sich und was es tut, aber sonst? Diese Entscheidung verstehe ich nicht.

Dass die Jazzprojekte aus Dortmund Geld bekommen haben und zwar 31.000 Euro kann ich dagegen gut nachvollziehen. Oder die Tänzer-Performer-Truppe von Artcenico aus Dortmund insgesamt rund 20.000 Euro. Auch dass der Bahnhof Langendreer für sein Odyssee-Programm 2010 gut 39.000 Euro kassiert, finde ich OK. Die machen gute Sachen.

Warum aber das Kino im Bahnhof für das Festival Blicke auch noch mal kassiert, obwohl das Kino Endstation andauernd von irgendwem für irgendwas Förderkohle kriegt, das finde ich wieder nicht so richtig nachvollziehbar. Der Kinoklub klack zwo B e.V. kassiert hier am meisten, nämlich 40.500 Euro. Aber gut: das Programm ist auch OK. Da will ich nicht mosern. Wie geht es weiter: Das Internationales Videofestival in Bochum kriegt 11.000 Euro. Tja. Und der Videofilmer Michael Gumnor aus Düsseldorf kriegt 10.000 Euro dafür, dass er zehn ausgewählte Off-Szene Projekte filmt. Toll.

Aber was soll ich mich aufregen. Das meiste ist sicher vertretbar. Ansonsten ist auffällig, das viele der üblichen Verdächtigen ihren Arm in den Geldregen strecken konnten: Aus Essen das Grend, der Ringlokschuppen aus Mülheim und der Künstlerbund aus Bochum. Aus Duisburg oder Bottrop oder Gladbeck oder Castrop kriegt keiner was – aber aus Herne die Zeche „Unser Fritz“ ein paar tausend Euros.

Die Looser sehen so aus, als hätten sie in der großen Überzahl zu recht nix gekriegt. Ich erwähne hier mal nur den Sammelband der Weseler und niederrheinischer Sagen oder den Relaunch des Kulturservers dieRuhr.de. Das verdient kein Steuergeld, denke ich.

Schade ist es, dass aber auch so Nummern, wie die Schauer- und Gruselgeschichten aus Langendreer und dem Ruhrgebiet vom Figurentheater Bochum nix bekommen haben. Die machen eigentlich tolle Sachen.

Wie auch immer: macht Euch ein eigenes Bild.

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Immer noch PFT in der Ruhr – wo sind die Erfolge des Ministers Uhlenberg (CDU)?

Foto: Umweltministerium / Der Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) steht links

Es gibt ein Thema, das möchte NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) am liebsten als erledigt abhaken. Das ist das Thema PFT. Seit 2006 sorgten diese krebserregenden Chemikalien immer wieder für Schlagzeilen. Sie wurden in der Ruhr gefunden, dem wichtigsten Trinkwasserfluss des Landes. Von hier aus stiegen die Gifte auf, bis in den Körper von Kindern. Vor gut anderthalb Jahren rief Minister Uhlenberg ein Programm aus mit dem Namen „Reine Ruhr“. Seither wurde es still um die Perflourierten Tenside.

Doch unbeachtet von der Öffentlichkeit strömen immer noch weiter die PFT durch die Ruhr – bis zu 150 Kilogramm im Jahr, wie aus einem Dokument des Umweltministeriums hervorgeht. Dazu kommen weitere gefährliche Chemikalien. Etwa 750 Kilogramm Röntgenkontrastmittel etwa und bis zu 200 Kilogramm Pharmaka sowie haufenweise Antibiotika. Die Fische der Ruhr schwimmen in einer Art Chemie- und Medikamentencocktail. Passend dazu wurden in Studien bereits erhebliche Mengen Chemikalien in den Blutbahnen von Anglern und deren Ehefrauen nachgewiesen.

Umweltminister Eckhard Uhlenberg hat sich öffentlich vorgenommen, etwas dagegen zu tun. Dabei setzt er seit Jahren auf Dialog und öffentliche Anreize. So wurden beispielsweise knapp 50 Unternehmen überredet, keine PFT in den eigenen Produktionsanlagen einzusetzen, wie das Ministerium mitteilte. Oder es wurden mit Hilfe öffentlicher Fördermittel Spülbäder in Galvanikbetrieben ausgetauscht.

Härtere Maßnahmen bleiben jedoch weitgehend aus. Minister Uhlenberg weist die Kläranlagen-Betreiber an der Ruhr nicht an, ihre Betriebe nachzurüsten, damit möglichst keine Chemikalien mehr in den Trinkwasserfluss eingeleitet werden.

Da kein Zwang ausgeübt wird, konnte die tägliche PFT-Fracht in der Ruhr kurz vor der Mündung in den Rhein seit Februar 2007 nur leicht auf heute 300 Gramm am Tag im Herbst 2009 reduziert werden. Die Konzentrationen des Giftes je Liter Wasser schwanken dabei stark je nach Wasserstand. Mal wird mehr, mal weniger Wasser mit einer ähnlichen Menge Gift verschmutzt.

Genaue Angaben zu finden, ist sehr schwer. Zwar erhebt das Umweltministerium regelmäßig Daten und veröffentlicht diese über Internet-Seiten des Landesumweltamtes, aber anders als behauptet sind diese Daten nicht vollständig. So stammt beispielsweise die letzte publizierte Messung an der Ruhrmündung aus dem Jahr 2007. (Bitte durchklicken zum Messpunkt 004005. Das ist der Messpunkt an der Ruhrmündung) Genauere Daten sind nur mit geheimen Passwort zugänglich. Im Umweltministerium wurde heftig über die Geheimhaltung der Daten gerungen. Staatssekretär Alexander Schink wird etwa in einem internen Schreiben vom 11. Dezember 2008, das mir vorliegt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erhebliche Datenmengen von industriellen Einleitern nicht publiziert wurden.

Die ausbleibende Konsequenz von Umweltminister Uhlenberg bleibt aufgrund der mangelnden Erfolge auf den ersten Blick erstaunlich. Hat er doch nach dem Wassergesetz die Macht, die Einleiter von Giften zu zwingen, ihre Kläranlagen zu ertüchtigen.

Lediglich bei einer Firma wurde zumindest ein Überwachungswert angeordnet, der nach Möglichkeit nicht überschritten werden soll. Ein Grund für den ausbleibenden Zwang die Abwässer PFT-frei zu halten, scheinen die hohen Kosten zu sein. In zwölf Firmen wurden einzelne Anlagen zur PFT-Abscheidung eingebaut. Die Kosten dabei lagen zwischen 60.000 und 700.000 Euro, die größtenteils von der öffentlichen Hand getragen wurden.

Doch vor allem die Betreiber von Kläranlagen an der Ruhr sperren sich gegen die Nachrüstung der eigenen Betriebe. Dabei fließen durch diese Anlagen häufig sowohl die industriellen Abwässer als auch der Dreck aus den Haushalten. Die meisten dieser Kläranlagen betreibt der Ruhrverband. Dessen Laborchef bestätigte vor knapp zwei Jahren an Eides statt, sein Haus sei für rund die Hälfte der PFT-Einleitungen in die Ruhr verantwortlich. Vor allem am Ruhrzufluss Lenne ist die Lage drastisch. Hier stiegen die PFT-Einleitungen in die Ruhr von 2007 bis 2009 wieder auf über 200 Gramm am Tag an. Je nachdem, wie die Firmen hier PFT in die Kanalisation ablassen.

Müssten diese Anlagen auf Anweisung des Umweltministers PFT-sicher gemacht werden, würde das teuer. Beispielsweise hat die Emschergenossenschaft im nördlichen Ruhrgebiet vier Pilotprojekte zur Bekämpfung von Spurenstoffen wie PFT mit Hilfe öffentlicher Förderungen eingeleitet. Eine einfache Ozonierung, bei der viele aber nicht alle Schadstoffe vernichtet werden, kostete hier je 10.000 angeschlossener Einwohner zwischen 400.000 und 800.000 Euro. Die aufwändigere Membranreinigung kostete je 10.000 Einwohner ungefähr 4 Mio. Euro. Hochgerechnet auf die Anlagen des Ruhrverbandes würden die Kosten im hohen dreistelligen Millionen- oder sogar im Milliardenbereich liegen. Das Geld müsste auf die angeschlossenen Kommunen und Firmen umgelegt werden.

Der Ruhrverband wehrt sich deswegen, seine Anlagen nachzurüsten. Ein Sprecher teilte dazu mit: „In einem demokratischen Rechtsstaat wie dem unseren kann der Ruhrverband als öffentlich-rechtlicher Betreiber nicht einfach hingehen und nach eigenem Gutdünken die Gebühren erhöhen, um damit Dinge zu finanzieren, die gesetzlich von ihm nicht gefordert werden.“ Übersetzt heißt das: Keine Nachrüstung ohne Zwang. Und genau den will Uhlenberg offensichtlich nicht ausüben.

Vor diesem Hintergrund rückt die enge Zusammenarbeit von Ruhrverbandschef Harro Bode mit dem Umweltministerium von Eckhard Uhlenberg ins Zentrum des Interesses. So liegen mir Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass Bode seit 2006 vehement gegen den damaligen Abteilungsleiter Harald F. im Umweltministerium schoss, der auf eine Verbesserung der Ruhrverbandsanlagen drängte.

Dieser Harald F. wurde einige Monate später im Umweltministerium geschaßt.

Erstaunlicherweise taucht Harro Bode dann wieder im Ermittlungsverfahren gegen Harald F. auf. Er steht in Kontakt zu Staatsanwaltschaft und Umweltministerium, und vermittelt zumindest ein Schreiben vom Ministerium an die Strafverfolger, wie aus einem Papier der Ministeriumsspitze hervorgeht, das mir vorliegt. Warum er das tut, ist mir absolut nicht klar. Offenbar verfolgt Bode ein Interesse. Nur welches kann ich noch nicht sagen.

Baustopp für E.on-Kraftwerk in Datteln?

Das E.on-Kohlekraftwerk in Datteln hat einen herben Rückschlag erlitten. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte heute das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 3. September. Damit sind zahlreiche Rechtsverstöße des Bebauungsplanes für das Kraftwerk gegen die Landes- und Regionalplanung letztinstanzlich bekräftigt worden.

Die Konsequenzen aus dem Urteil sind noch nicht ganz klar. Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) jetzt auf einen sofortigen Baustopp drängt, denken die Betreiber über eine Lösung auf Basis des von der schwarz-gelben Landesregierung geänderten Planungsrechtes nach. Dazu müssten nach und nach weitere rechtliche Grundlagen für das Projekt auf kommunaler Ebene nachträglich verändert und passend gemacht werden. Fazit ist trotz allem: es droht eine 1 Mrd. Euro schwere Bauruine.

In einer Presseerklärung des Umweltverband heißt es, der BUND verlange auf Grundlage der verschiedenen BUND-Eilanträge, dass der im parallelen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren verhängte teilweise Baustopp erweitert wird. Die Bezirksregierung Münster habe dies für den Fall angekündigt, dass das Urteil auf den unwirksamen Bebauungsplanes rechtskräftig wird.

Im Hinblick auf die für morgen erwartete Entscheidung des Dattelner Stadtrats über die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes forderte der BUND, das
Verfahren zu beerdigen. Es sei eine Illusion, anzunehmen, dass die jetzt höchstrichterlich bestätigten massiven Rechtsverstöße der Kraftwerksplanung geheilt werden könnten.

Dessen ungeachtet wollen die Kraftwerksbefürworter morgen im Rat nochmal alles geben, um die rechtlichen Grundlagen so passend zu machen, dass der Bau doch noch durchgesetzt werden kann.