Heute kofferte ein Politik-Prof in einem WAZ-Interview gegen die Polit-Blogs in Deutschland. Er warf ihnen vor, Gerüchte zu verbreiten, und Teil einer Schmierenkampagne gegen NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu sein. Karl-Rudolf Korte hieß dieser Professor und er wurde höflich befragt, was er denn vom Internet hält. Ein Beispiel für die Härte der Fragen gefällig?
„Empfinden Sie die Unkultur des Anonymen (im Internet. d.A.) , der üblen Nachrede, der Verwischung der Grenzen, was Journalismus ist, nicht als unerträglich?“
Die Antwort des Polit-Professionellen:
„Ja – eben als Herrschaft des Gerüchtes“.
Worum ging es in dem Interview? Um die Veröffentlichungen im Spiegel, in der Süddeutschen Zeitung oder im Wir-in-NRW-Blog zur Miet-Mich-Rüttgers und zur Email-Affäre. Das Interview erschien im Print auf Seite zwei. Die Passagen zum Internet waren unter der eigenen Überschrift „Herrschaft des Gerüchtes“ zusammengefasst. Online erschien das Ganze im längeren Zusammenhang.
Der Professor bat „verantwortungsbewusste Tageszeitungen“ die Enthüllungen aus dem Netz nicht zu verfolgen, „sondern nach Inhalten zu fragen“. Sprich die Skandale der Regierung, die hier und da aufgedeckt werden, sollen nicht weiter verbreitet werden, sondern stattdessen gefragt werden: Herr Rüttgers, wie wollen Sie uns weiter beherrschen. Alles andere widere Wohl die Leser an.
Zu den Veröffentlichungen von internen Dokumenten aus der Landesregierung sagte Professor Korte:
Es ist eine Schmutzkampagne im Gange, die in der politischen Kooperationskultur von NRW neu ist, und da wird noch einiges kommen. Das widert auch Wähler an.“
Politisch nennt man das Nach vorne Verteidigung: Zunächst kriminalisiert der neue CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid die Blogs, in denen Fehlverhalten der Landesregierung enthüllt werden. Dann diffamiert ein Professor via WAZ die Enthüllungen im Netz als „Herrschaft des Gerüchtes.“ Arbeiten vielleicht Krautscheid und Korte Hand in Hand, um eine publizistische Strategie zu fahren und die Veröffentlichungen in Blogs zu diffamieren?
Tja. Überhaupt, seit wann sind Dokumente, die veröffentlicht werden, Gerüchte, Herr Korte?
Es wird Zeit nachzusehen, wer dieser Politik-Profi eigentlich ist und wie er sein Geld macht. Zunächst die Fakten: Korte, Jahrgang 1958, ist Chef der „NRW School of Governance“ in Duisburg.
Der Blick fällt dann allerdings schnell auf eine Geschichte von Johannes Nitschmann und Marco Finetti in der Süddeutschen aus dem Jahr 2006 und die enge Zusammenarbeit von Rüttgers und dessen Staatskanzlei auf der einen und der neuen Einrichtung von Korte auf der anderen Seite.
Denn kaum ein Jahr nach Rüttgers-Amtsantritt lieferte Korte scheinbar ganz im Staatskanzlei-Denken verhaftet eine 436 Seiten starken Studie in der er Rüttgers Regierungsstil in die Nähe des legendären SPD-Landesvaters Johannes Rau rückte. Auch sonst preist der Politologe den CDU-Regierungschef als „bürgerlichen Arbeiterführer“ und vertritt die These vom Konsensstaat NRW. Die Studie passte damit haargenau in die Strategie der Staatskanzlei, Rüttgers als politischen Erben von Johannes Rau zu stilisieren.
Noch enger wurde der Austausch durch ein Forschungsprojekt, in dem Korte den Mitte 2005 erfolgten Regierungswechsel in NRW untersuchte – mit finanzieller und ideeller Unterstützung der Düsseldorfer Staatskanzlei. Ein Jahr lang war ein Mitarbeiter von Kortes Lehrstuhl Gast in der Düsseldorfer Regierungszentrale, um „Gespräche zu führen, Arbeitsprozesse zu beobachten und Einsichtin Dokumente zu nehmen“, wie Nitschmann und Finetti berichteten. In einem zwischen der Staatskanzlei und Kortes Universität abgeschlossenen Werkvertrag wurde zudem fixiert, „dass im Rahmen dieser Arbeiten für die Landesregierung zwei kurze Expertisen zu konkreten Themen erstellt werden“. Die anfallenden Gesamtkosten von mehr als 50 000 Euro verbuchte die Staatskanzlei unter „wissenschaftlicher Beratung des Ministerpräsidenten“. Die Studie soll anders als sonstige Forschungsarbeiten nicht veröffentlicht werden.
Das Geld war wohl gut angelegt, wie man derzeit im WAZ-Interview sieht.