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Die Herzkammer schweigt ? Aus für Engelen-Kefer

Im Hintergrund – Steinmeier Foto: ruhrbarone

Der Parteitag liest. Und zwar Zeitung(en). Während Frank-Walter Steinmeier am Samstagmorgen eine ordentliche Wahlkampfrede hielt – „Schwarzgelb,das ist Schuldenpolitik im Blindflug.“ –, interessierten sich die Delegierten und Gäste mehr dafür, wie Günter Bannas und Co. in FAZ und Konsorten den Neuaufbruch der SPD bewerten. Tenor: Oho, aber…  ein Bericht von Gastbaron Uwe Knüpfer aus Dresden

Nun ist ein Parteitag ein Printparadies, Zeitunglesers Schlaraffenland. Zeitungen liegen hier im Dutzend aus, und alle sind umsonst, von Abendzeitung bis Zürcher, vom Neuen Deutschland bis zur alten Rheinischen Post. Nur Ruhrgebietstitel sind weit und breit nicht zu finden, nirgends, und das liegt nicht daran, dass sie vergriffen wären.

Auch im Plenum des Parteitags fällt die Fast-immer-noch-Hochburg der Sozialdemokratie durch Zurückhaltung auf. Während sich Genossinnen und Genossen aus Schleswig-Holstein, Bayern und Südhessen zu beinahe jedem Thema zu Wort melden, hat die Ruhr-Sozialdemokratie zum Neuaufbruch der SPD offenbar nichts bis wenig beizutragen. Dabei gelten Dortmund und Umgebung doch als „Herzkammer der SPD“. Schlagen soll es wohl, das Herz, doch nachgedacht wird anderswo.

Michael Groschek aus Oberhausen immerhin trat auf – und schaffte es dennoch erst im zweiten Wahlgang in den Parteivorstand (mit 298 Stimmen, im ersten Wahlgang waren es 224). Deutschlands größte urbane Agglomeration (um das Wort Stadt zu vermeiden) wird im 45köpfigen Leitungsgremium der SPD jetzt von Hannelore Kraft aus Mülheim, Ulla Burchardt aus Dortmund (278 Stimmen) und Joachim Poss aus Gelsenkirchen (er bekam respektable 335 Stimmen) vertreten. Thomas Schlenz, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp, im 1. Wahlgang missachtet, kam erst nach einer wuchtigen Intervention des neuen Vorsitzenden im weiten Durchgang auf 458 Stimmen.

Ohne jemandem zu nahe zu treten: so richtig prominent und lautstark macht das Revier im Leitungsgremium der SPD nicht auf sich aufmerksam. Dabei hat die SPD doch hier, jedenfalls bei den Kommunalwahlen, vorgeführt, dass sie noch gewinnen kann; in Gelsenkirchen zum Beispiel, wo das auch nicht ganz so einfach ist.

Die SPD hat ihre Liebe zu Losern entdeckt. Wie sonst könnte sie eine Politikerin mit der anspruchsvollen Aufgabe betrauen, der Partei neues Debattenleben einzuhauchen, die bei der Bundestagswahl die Wähler in ihrem eigenen Wahlkreis nicht zu überzeugen wusste, trotz fleißiger Präsenz vor Ort (oder vielleicht deswegen?). Dass Andrea Nahles Sigmar Gabriel allenfalls ein Papiertaschentuch reichen kann, wie während dessen Rede am Freitag geschehen – er war verschnupft -, aber nicht das Wasser, hat die Partei bislang nur klammheimlich begriffen. Mit 69,6 Prozent (255 Stimmen) erzielte Frau Nahles immerhin das schlechteste Ergebnis bei der Besetzung der Spitzenpositionen.

Hannelore Kraft kam bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden auf 90,2 Prozent, ein Kredit, den sie jetzt bei der NRW-Landtagswahl im Mai 2010 einlösen muss. Klaus Wowereit, der immerhin schon Wahlen gewonnen hat, erhielt 89,6 Prozent. Sogar die blonde, junge Manuela Schwesig („Ich bin die Neue.“), die sozialdemokratische Antwort auf Frau Koch-Mehrin, durfte sich über 87,8 Prozent fotogen freuen.

Gewählt ist gewählt, mag Andrea Nahles sich gedacht haben, und strahlte auf dem „Parteiabend“ Freitagnacht in einer ruhrgebietsartigen Industriehalle, als wäre ihr der Weihnachtsmann leibhaftig erschienen. Am Samstag durfte sie dann schon vor Franz Müntefering sitzen, der ihren Aufstieg einst fürs erste verhindern konnte. Der Alt-Vorsitzende musste sich jetzt mit einem Platz in der zweiten Reihe begnügen, in der Nachbarschaft von Ute Vogt und Chistoph Matschie. Aber immerhin noch auf dem Podium.

Ihre politische Endstation hat in Dresden Ursula Engelen-Kefer erreicht, die einst hellste Stimme der deutschen Arbeitervertretungsbewegung. Im ersten Wahlgang wählten sie nur 204 Delegierte. Sie trat dennoch ein zweites Mal an, wohl auf die Frauenquote vertrauend. Falsch. Jetzt waren es nur noch 183 Stimmen. Wahlen sind manchmal auch brutal.

Wolfgang Tiefensee, bis neulich immerhin Bundesverkehrsminister und, als er noch in Leipzig Oberbürgermeister war, ein Hoffnungsträger der ostdeutschen SPD, zog vorsichtshalber kurz vor der Wahl seine Kandidatur zurück. Von ihm wird in Erinnerung bleiben, dass er die Bahn gegen den erkennbaren Willen seiner Partei privatisieren wollte.

Frank-Walter Steinmeier darf Oppositionsführer im Bundestag bleiben, jedenfalls solange, bis es wieder ernst wird mit dem Kampf um die höchste Macht im Staat. Verräterisch, wie Versammlungsleiterin Doris Ahnen den Soeben-noch-Kanzlerkandidaten am Samstag ankündigte: „Wir freuen uns auf die Rede von Frank-Walter Steinmeier. Bitte im Raum bleiben!“

Urplötzlich lebendig war das Plenum dagegen einige Minuten früher geworden. Da war Kurt Beck ans Rednerpult getreten, um die Opel-Arbeiter der Solidarität der Sozialdemokratie zu versichern. Es erhob sich spontaner, kräftiger Applaus. Das war keine Routine. Das war Labsal auf die Seele des erst kürzlich aus dem Amt gejagten Ex-Vorsitzenden. Der Applaus am Ende der Steinmeierrede verplätscherte dagegen pflichtgemäß.

Die SPD will jetzt laut Leitantrag eine neue Sprache sprechen lernen, denn „…sie muss von allen Bürgerinnen und Bürgern verstanden werden.“ Eine klare Sprache sei „das wichtigste Medium der Politik.“ Eine interessante Erkenntnis. Noch allerdings klingt die SPD oft so wie im Antrag B4 zur Bildungspolitik: „Ziel des Bolognaprozesses (…) ist eine Bildungsexpansion und keinesfalls eine Bildungsexklusion zum Zwecke der Kostenersparnis.“

Insofern ist ausgiebige und regelmäßige Zeitungslektüre vielleicht eine gute Schule. Sigmar Gabriel geht mit gutem Beispiel voran, wie es sich für einen Vorsitzenden gehört. Er offenbarte sich als Leser von Handelsblatt, Süddeutscher Zeitung und vor allem der FAZ, die er (Ironie!) den Genossinnen und Genossen als „SPD-Kampfblatt“ zum Abonnement empfahl: wegen der Kritik der FAZ an der Finanzpolitik der schwarzgelben Bundesregierung.

Sogar acht Tageszeitungen liest nach eigenem Bekunden Christoph Zöpel, täglich, der in Bochum wohnt und viel zu sagen hätte, aber schon Minister und PV-Mitglied gewesen ist, in Dresden nur Zuschauer ist und offenbar nichts mehr werden will.

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Das Hohelied auf die Pharmaindustrie

Flickr.com / planetmoore

Wenn in diesen Tagen über die Schweingrippe und über das Impfen gesprochen wird, kommt in meinen Augen ein Aspekt zu kurz. Wie toll ist es, dass wir Menschen heute einen Stoff haben, der uns vor einem Virus beschützen kann. Wie wahnsinnig ist die Entwicklung. Vor 2000 Jahren haben unsere Ahnen im Winter Baumrinden geknabbert und sind an Schnupfen verreckt. Heute wird ein neuer Virus in Mexiko entdeckt, breitet sich über Welt aus und gleichzeitig sitzen unsere Forscher über Mikroskope und Petrischalen und Spektrometern und suchen einen Stoff, den Virus zu bekämpfen. Diese Männer und Frauen haben Erfahrung. Sie wissen, was sie tun müssen. Und sie tun genau das. Nach sechs Monaten haben sie den Stoff gefunden und produziert, mit dem sie uns impfen können. Damit wir nicht krank werden.

Kann sich einer vorstellen, was für ein gigantischer Apparat dahinter steht, damit Millionen Impfdosen produziert werden können. Allein die Vorstellung, dass Hunderttausende von Hühnereier bebrütet werden müssen mit dem Virus, Tag ein Tag aus. Da werden ganze Häuserblocks aus dem Boden gestampft, Maschinenparks erfunden und eingerichtet. Tausende Facharbeiter, jeder eine Spezialist auf seinem Gebiet, müssen genau das richtige tun und dürfen keine Fehler machen, damit mein Junge die richtige Dosis in den Arm gespritzt bekommt, damit ich beruhigt schlafen kann.

Dieser gigantische Apparat kann nicht nur die Schweinegrippe bekämpfen. Er produziert Mittel gegen Krebs. Er erfindet Kopfschmerztabletten und Antibiotika. Selbst Aids kann er mittlerweile behandeln, weil irgendwo im Apparat eine Armee von Spezialisten forscht und sucht und findet.

Sie haben einen Bandscheibenvorfall? Vor Jahrzehnten wären Sie ein Krüppel geworden. Heute gibt es bewegliche Spritzen, die in den Hals gestochen, unter einem Magnetresonanztomograph im Spinalkanal hinab an den Brustwirbeln ausgerichtet werden, um genau da, wo es wehtut das Mittel gegen die Entzündung am Rückgrat zu platzieren. Irre.

Irgendwer im Apparat konnte sich den Magnetresonanztomograph ausdenken, weil ein anderer herausgefunden hat, was Magnetkräfte sind und wie man diese aufzeichnet.

Irgendwer konnte das Mittel gegen die Entzündung produzieren, weil ein anderen herausgefunden hat, was bei einer Entzündung im Körper passiert.

Heute meckern viele darüber, dass der Impfstoff gegen die Schweinegrippe nicht genug erprobt sei. Man, seid doch froh, dass ihr überhaupt Impfstoff habt. Die Mittel sind ausreichend getestet, die Forscher haben Erfahrung. Ich vertraue ihnen. Und wenn einer beim Impfen ins Gras beißt, tut es mir leid für ihn. Aber das immer noch besser als wenn hunderte ungeimpft ins Gras beißen. 

Andere meckern darüber, dass nicht genügend von dem Mittel da ist. Mein Gott, der Apparat produziert, was er kann und wird noch mehr liefern. Am Ende wird es genug für alle geben.

Ich muss sagen, ich bin froh, hier zu leben und nicht in Weißrussland oder in Afrika, wo die meisten Menschen nur beten können. Wir haben Tabletten und Spritzen.

Das hier alles klappt, erscheint mir immer noch wie ein Wunder, das ich kaum begreifen kann.

Dabei ist das Prinzip einfach. Ich hab eine Krankenkasse. Die bekommt von mir Geld. Auf der anderen Seite ist jemand scharf auf dieses Geld. Wenn er was sinnvolles organisieren kann, nämlich den Apparat, der Heilmittel schafft, dann kriegt er das Geld. Damit werden Forscher und Malocher bezahlt, die das Geld für ihre Arbeit und für ihr Leben brauchen. Natürlich machen die Menschen in der Industrie die ganze Arbeit nicht nur wegen des Geldes. Aber das Geld hält die Industrie in Gang. Das Geld sorgt dafür, dass genügend Werkzeuge da sind, dass es im Winter in den Labors warm ist und im Sommer kühl.

Manche meckern, die Pharmaindustrie würde sich an der Schweinegrippe bereichern. Ich kann nur sagen, Gott sei Dank wollen die Menschen in der Pharmaindustrie sich an der Schweinegrippe bereichern. Denn deswegen tun sie, was sie tun. Nämlich uns allen helfen. Ich hoffe die Pharmaindustrie will sich an möglichst vielen Krankheiten weltweit bereichern.

Ich habe noch nie so gerne wie heute meine Krankenkassenbeiträge bezahlt. Ich danke den verstorbenen und mir unbekannten Gründern der Pharmaindustrie und der Krankenkassen. Ihr habt gute Arbeit geleistet. Und ich bedaure alle Menschen auf der Welt, die nicht in einem solchen System leben dürfen.

Karstadt-Rentner sind pleite

Foto: flickr.com / cosmo flash

Freiwillig sind sie aus dem Essener Konzern ausgeschieden – doch die zustehende Abfindung werden viele Mitarbeiter nie erhalten

Mehr als zwei Jahrzehnte hat Hans-Dieter Friedrich für Karstadt gearbeitet. Nun ist der Essener Konzern "die bitterste Erfahrung seines Lebens". Der insolvente Traditionskonzern, so der 61-Jährige aufgebracht, schuldet ihm "unbesorgte Rentnerjahre". Friedrich ist einer von rund 700 Gläubigern denen in dieser Woche in Essen der erste Sanierungsplan für die Warenhauskette vorgelegt wurde. Friedrich, ein hagerer Mann mit zurück gegelten Haaren, verließ im vergangenen Dezember nach 21 Jahren freiwillig seinen Job im Archiv der Essener Hauptverwaltung. "Dafür wurde mir persönlich gedankt". Die Abfindung über 15 000 Euro hat er bis heute nicht erhalten. Seine Kündigungsfrist lief erst Ende Juni aus – zwei Wochen nach der Insolvenzanmeldung. "Ich bin auf das Geld angewiesen", sagt er. Im kommenden Jahr erhält er mit dem Arbeitslosengeld nur noch 60 Prozent seines bisherigen Lohnes. Friedrich und 40 weitere Betroffene haben einen Brief an den Personalleiter und Insolvenzverwalter geschrieben. Eine Antwort haben sie nicht erhalten. "Altgediente Mitarbeiter werden fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel."

Nicht nur Frührentner Friedrich ist betroffen. Deutschlands Innenstädte werden die Karstadt-Insolvenz bald spüren: Sechss Karstadthäuser, darunter das große silberne Warenhaus in Dortmund, werden schon zum Jahresbeginn 2010 geschlossen. Nun geht gerade im Ruhrgebiet mit seiner kaufschwachen Bevölkerung der schwarze Peter um: Elf weitere Häuser stehen auf der Prüfliste. Diese sind allerdings "aus Schutz" für die Betroffenen noch nicht namentlich bekannt. "Das Ziel ist ihre Fortführung", so Insolvenzverwalter Görg. "Dies gelingt aber nur, wenn vom Vermieter bis zum Beschäftigten alle nennenswerte Beiträge zur Rettung leisten."

Dabei haben die Mitarbeiter schon in den vergangenen vier Jahren mehrmals auf Lohn und Weihnachtsgeld verzichtet. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Hellmut Patzelt hat mit der gesamten Belegschaft am Wochenende erneut ein Sparpaket über 150 Millionen Euro beschlossen. Es ist das dritte innerhalb von vier Jahren. "Das schmerzt uns sehr", sagte Patzelt. Schließlich verdienen Verkäuferinnen ohnehin nur wenig.

Von der größten Insolvenz in der deutschen Wirtschaftsgeschichte sind mehr als 33 000 Personen betroffen. Darunter finden sich eben die Mitarbeiter, die auf ihren Lohn oder Weihnachtsgeld warten, Lieferanten, die noch kein Geld für ihre Produkte bekommen haben oder Coaches, deren Kurse nicht beglichen wurden.

Beate Güllner hat in ihrem Essener Reisebüro abends und am Wochenende unentgeltlich gearbeitet: Mehr als 1000 Euro schuldet ihr der Essener Karstadt-Konzern für in diesem Jahr gemachte Überstunden. Auch ihre Kolleginnen haben noch ein Anrecht auf Weihnachtsgeld und Leistungsboni. Gebündelt haben sie ihre Forderungen an einen Bevöllmächtigten gestellt. "Wir haben immer alles gegeben", sagt die 55-Jährige mit den blond gesträhnten Haaren und der Schmetterlingsbrille. Immer — das bedeutet in ihrem Fall tatsächlich fast das ganze Leben. Mit 15 Jahren wurde sie in einem Karstadt-Reisebüro zur Reisebürokauffrau ausgebildet und arbeitet seit vier Jahrzehnten bei Karstadt. "Früher war das so sicher wie ein Beamtenjob", sagt sie.

Früher. Vor wenigen Jahren noch war Karstadt in beinahe jeder Innenstadt das wichtigste Geschäft. Gründer Rudolph Karstadt hatte 1881 noch für die damalige Zeit revolutionäre Ideen: Er führte die sofortige Zahlung ein und schaffte das Feilschen an der Kasse ab. Solch neuen Ideen fehlten dem Management von Karstadt in den vergangenen Jahren. Für ihre eigene Abfindung aber waren sie kreativ genug: Sowohl Thomas Middelhoff als auch sein Nachfolger und letzter Chef des Konzerns Eick konnten Millionen nach Hause nehmen. Zwangsrentner Friedrich aber bekommt von seinem jahrzehntelangen Arbeitgeber nichts.

NRW-Umweltministerium unter Druck. Abteilungsleiter gibt Falschaussage zu

Auf WDR.de hat Johannes Nitschmann enthüllt, dass der für Personal und Organisation im NRW-Umweltministerium zuständige Abteilungsleiter Hans-Jürgen H.eine Falschaussage gemacht hat. Nitschmann zitiert aus einem achtseitigen Schreiben des führenden Umweltministeriums-Mannes, in dem H. sich selbst der Falschaussage bezichtigt. "Tatsächlich ist es zur falschen Wiedergabe von Sachverhalten gekommen."

Bei seiner Zeugenaussage hatte sich der Abteilungsleiter von Landesumweltminister Uhlenberg (CDU) in erkennbare Widersprüche verwickelt. Zunächst erklärte er, er sei über das Ausmaß der bundesweiten Strafermittlungen gegen seinen ehemaligen Abteilungsleiter-Kollegen Harald. F. wegen des Verdachts der banden- und gewerbsmäßigen Korruption überrascht worden. Nach etlichen Vorhalten von Ausschussmitgliedern der SPD und Grünen räumte der Zeuge schließlich zögerlich ein, die Korruptions-Vorwürfe seien bereits im Juli/August 2006 Gegenstand von Gesprächen und Vermerken im Umweltministerium gewesen. Bei seiner Zeugenvernehmung am 26. Oktober 2009 vor dem Untersuchungs-Ausschuss habe H., "wiederholt den Eindruck" gehabt, "neben mir zu stehen", heißt es in dem WDR.de vorliegenden Schreiben des Personalchefs von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU).

Aufgrund einer Herzerkrankung könne es bei ihm gelegentlich zu „Blackouts“ kommen. Deshalb habe er seiner Zeugenvernehmung „nicht aufmerksam folgen und die Fragen richtig einordnen“ können. Die „Komplexität des Sachverhalts“ habe dazu geführt, dass er „Zusammenhänge verwechselt“ habe.

Mehr zum Thema gibt es hier: klick

Grüne Hochschulpolitik heute Mittag in Duisburg

Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring besucht heute die protestierenden Studenten an der Universität Duisburg-Essen. Er will um 13:30 Uhr auf dem Duisburger Campus im Audimax auflaufen. Sein Credo:

Unser Bildungssystem ist ungerecht, demotivierend und unterfinanziert. Wir wollen weg von Studiengebühren, viel zu hohen lokalen NCs und wenden uns gegen ungerechte Stipendiensysteme. Wir brauchen bessere Studienbedingungen für alle anstatt Exzellenz für wenige. Nur mit gleichen Chancen auf gute Bildung und breiteren Wegen auf den Uni-Campus kann der gesamtgesellschaftliche Bildungsaufbruch gelingen.

Ich persönlich finde spannend, dass derzeit offenbar tatsächlich in der Kultusministerkonferenz über eine Reform der Uni-Lehrgänge beraten wird. Es wird kein Ende der Bachalor- und Masterrei geben, aber das System soll angepasst und verbessert werden. Es sind einfach zuviele Leute unzufrieden. Hier können tatsächlich die Proteste der Studenten zu einem Erfolg führen, indem sie halboffene Türen ganz aufmachen. Natürlich werden nicht die radikalen Fordeurngen erfüllt. Aber wie sagt man, das unmögliche muss verlangt werden, um das mögliche zu bekommen. Ich bin gespant, wie die Kompromisslinie aussieht.

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Rat genehmigt Schalke Rettung: Münsteraner Regierungspräsident erklärt sich im Prüfverfahren für befangen

Foto: Peter Paziorek, Regierungspräsident von Münster

Um kurz nach 23:00 Uhr war es soweit. Der Gelsenkirchener Stadtrat hat mit breiter Mehrheit beschloßen, über die Tochterfirma GEW den Fussballclub Schalke 04 zu retten. Am Ende war es eine Formalität. Unterdessen erklärte sich der Münsteraner Regierungspräsident befangen. Als Schalkes Ehrenrat könne er den Deal nicht unvoreingenommen prüfen.

Im Kern soll die GEW nun ihre Beteiligung an der Schalke Arena aufstocken. Dafür zahlt die GEW dem Club 15 Mio. Euro für 40 Prozent an der Arena Besitzgesellschaft. Weitere 5 Mio. Euro wird die GEW der Arena Gesellschaft leihen, sagte GEW-Geschäftsfüher Ulrich Köllmann am Rand der Veranstaltung. Insgesamt zahlt damit die Stadt Gelsenkirchen über die GEW für die Schalke-Rettung 20 Mio. Euro. Zusätzlich wird eine nicht genannte Bank – unabhängig von der GEW – der Arena-Gesellschaft 5,5 Mio Euro leihen. Damit bekommt Schalke insgesamt 25,5 Mio. Euro, um die Saison zu Ende spielen zu können.

Da die GEW das Geld nicht hat, muss sie sich die Millionen "überwiegend" selber leihen, sagt Köllmann. Die städtische Tochter macht also Schulden, um den verschuldeten Verein Schalke zu retten. Interessant ist, dass Schalke die Arena-Anteile später wieder zurückkaufen will und darf. Die GEW soll dann einen Betrag von 15 Mio. Euro plus X für die nun gekauften Anteile bekommen. Es heißt, die Stadt mache damit nur eine Art Kreditgeschäft mit Schalke. Mehr nicht.

Für die Stadt sei das ein gutes Geschäft, hieß es am Rande der Ratssitzung. Für den Rückkauf gebe es einen schönen Nachschlag. Und zudem werde die Arena Dividenden ausschütten. Zumindest an letzter Stelle bin ich allerdings ein wenig skeptisch, dass dies wie geplant passieren wird. Denn zunächst ist der einzige Zahler für die Arena der Verein Schalke 04. Laut Pachtvertrag muss Schalke jährlich 17,219 Mio. Euro an die Arena Gesellschaft zahlen. Dazu sollen 100.000 Euro für jede Veranstaltung kommen. Allerdings sind die ersten 25 Veranstaltungen frei. Aber selbst dann ist nicht damit zu rechnen, dass der Verein besonders viel zusätzliches Geld an die Arena Gesellschaft überweisen kann. Denn die Investoren in die so genannte "Schechter-Anleihe" bestanden bisher darauf, dass Schalke nicht mehr als 17,219 Mio. Euro an die Arena-Gesellschaft überweisen darf. Der Rest soll im Verein bleiben, um die Schulden bezahlen zu können. Im Jahr 2008 etwa bekam die Arena nur 125.611,32 Euro für alle Veranstaltungen in der Halle. Zusammengefasst heißt das: Die Einnahmen der Arena Gesellschaft sind kaum steigerungsfähig. Der Gewinn wird in diesem Jahr laut Plan bei 1,2 Mio. Euro liegen. Mehr wird auch in Zukunft kaum drin sein. Es wird allenfalls kleine Steigerungen geben.

Das ist spannend, wenn man sieht, dass die Arena Gesellschaft einen Verlustvortrag von 30,97 Mio. Euro vor sich herschiebt. Es wird also ein paar Jährchen dauern, bis mal eine Dividende kommt.

Von der aktuellen Finanzspritze in Höhe von insgesamt 25,5 Mio. Euro fließen nur die 15 Mio. Euro für die Stadionbeteiligung direkt an Schalke. Der Rest nimmt einen Umweg. Und zwar gehen die 5 Mio. von der GEW und die 5,5 Mio. von der Bank zunächst als Darlehen an die Arena Gesellschaft. Diese zahlt damit andere Darlehen an den Verein Schalke 04 zurück. Damit hat der Schalke e.V. das ganze Geld und die Arena Gesellschaft neue Schulden. (Klarstellung: Die Arena hat nach der Aktion neue Schulden bei einem anderen Schuldner. Insgesamt erhöhen sich die Schulden nicht, mit den neuen Schulden werden alte Schulden an den Verein bezahlt – es findet also eine Umschuldung statt. DANKE an für den Hinweis an Rolf Kommentar #3)

Interessant ist noch, dass die Arena Gesellschaft nach dem Geschäft nicht mehr in der Bilanz des Firmengeflechts von Schalke 04 auftauchen muss. Damit verschwinden die Schulden der Arena in Höhe von rund 100 Mio. Euro aus den Vereins-Büchern. Sogar die Überschuldung des Schalke-Konzerns könnte damit aufgehoben werden.

Bei der GEW und der Stadt werden die Arena-Schulden auch nicht auftauchen, da die Gemeinde nicht die Mehrheit an der Arena übernimmt. Hier werden maximal 45 Prozent der Schulden oder 45 Mio. Euro in der Bilanz auftauchen, je nachdem, wie die Arena in der Bilanz der GEW verbucht wird.  Sollten die Schulden in der Bilanz auftauchen, würde auch das Vermögen der Arena Gesellschaft in der GEW-Bilanz aufgenommen. Wieviel dies im Fall der GEW ausmacht, ist unklar. GEW-Chef-Köllmann sagte aber, die Arena-Gesellschaft werde gar nicht voll in die Bilanz integriert, sondern nur als Beteiligungswert geführt.

Das ganze muss von der zuständigen Bezirksregierung in Münster unter dem Regierungspräsidenten und Mitglied des Schalker Ehrenrat Peter Paziorek geprüft werden. Dabei muss überwacht werden, ob bei dem Stadionkreditgeschäft gegen die Gemeindeordnung NRW verstoßen wurde. Hier hat sich nun Paziorek für befangen erklärt. Sicher nicht zu unrecht, hatte er doch erst vor wenigen Wochen versucht, selber noch einen neuen Namenssponsor für die Arena zu finden. An seiner statt soll nun in Zukunft seine Stellvertreterin Dorothee Feller-Elverfeld über Schalkes Wohl und Wehe entscheiden.

Gut so. Trotzdem denke ich, wird die Sache durchgewunken. Die GEW ist seit Jahren an der Arena beteiligt und übernimmt nicht die Mehrheit.

RWE tritt bei CCS-Kohlekraftwerk in Hürth auf die Bremse

Der Bau der ersten großtechnischen Anlage zur Abscheidung von Kohlendioxid in einem deutschen Kohlekraftwerk wird sich erheblich verzögern. Das gab heute RWE bekannt.

Wie der Finanzchef des Konzerns, Rolf Pohlig sagte, würde sein Haus beim Bau des ersten deutschen Kohlekraftwerks mit Kohlendioxid-Abspaltung in Köln-Hürth auf die Bremse treten. Das Planungstempo müsse "gedrosselt" werden, da es bis heute keinen ausreichenden Rechtsrahmen für die Speicherung des Klimagases gebe. Zudem reiche die Akzeptanz für das Projekt in Politik und Bevölkerung nicht ausreiche, um Kohlendioxid-Speicher in Norddeutschland und eine entsprechende Pipeline durch halb Deutschland zu bauen. Weiter seien auch nicht die in Brüssel beantragte Fördergelder für das Zwei-Milliarden-Euro teure Pilotvorhaben bewilligt worden. Auch wenn das Projekt nicht „auf Eis“ liege, sei es offen, wann es realisiert werde. „Das ist ein politisch motivierter Investitionsstau", sagte Pohlig. RWE hatte rund eine Mrd. Euro Staatshilfen für den Bau von Bund und EU gefordert.