Alles in Ordnung bei der AGR?

Morgen wird im Ruhrparlament des Regionalverband Ruhr die Bilanz der
Abfallgesellschaft Ruhrgebiet (AGR) verhandelt. Nach außen hin scheint
hier alles in Ordnung zu sein.

So feierte die Firma des kommunalen Regionalverbandes Ruhr (RVR) zuletzt positive Zahlen in der Öffentlichkeit. In einer Pressemitteilung heißt es, die Gesellschaft habe im vergangenen Jahr einen Überschuss von 7,6 Mio. Euro erwirtschaftet und die bilanzielle Überschuldung überwunden.

Am Montag soll der Abschluss abgesegnet werden. Tatsächlich aber wird bei einem tiefen Blick in die Bücher deutlich, dass längst nicht alles gut ist. Im Gegenteil. So weist nur die Muttergesellschaft AGR keine Überschuldung mehr aus. Rechnet man aber die Zahlen aller Tochterfirmen im Konzern AGR zusammen, so ergibt sich immer noch eine bilanzielle Überschuldung in Höhe von 58 Mio. Euro, wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen. Auch das positive Ergebnis der Firma relativiert sich bei einer näheren Betrachtung. So konnte der Jahresüberschuss nur dargestellt werden, weil einmalige Effekte mit berücksichtigt wurden. Beispielsweise musste der Generalunternehmer Fisia Babcock Enviroment für den Bau der Müllverbrennungsanlage RZR II
eine Strafzahlung in Höhe von 7,1 Mio. Euro für die verspätete Fertigstellung der Anlage an die AGR überweisen. Im laufenden Geschäft ohne Einmaleffekte scheint es für die AGR richtig schlecht zu laufen.

Wie der Kreis Wesel in seiner Stellungnahme zu den Abschlüssen schreibt: „Aufgrund der Verluste aus dem operativen Geschäft soll der gesamten Aufbau- und Ablauforganisation der AGR überprüft werden.“
Der Kreis Wesel schreibt in einer Stellungnahme zum Jahresabschluss weiter: „Bei Betrachtung des Konzernbetriebsergebnisses wird erkennbar, dass dieses gegenüber dem Vorjahr von 6,1 Mio. Euro auf 1,1 Mio. Euro gefallen ist.“ Berücksichtigte man das darin enthaltene Ergebnis der Konzernmutter AGR von 9,1 Mio. Euro, werde das schlechte Ergebnis der Töchter deutlich. „Dieses soll nach Angabe des RVR aus problematischen
Preis- und Mengenentwicklung auf den Abfall- und Wertstoffmärkten resultieren.“ Rechnet man zudem die einmalige Strafzahlung von Fisia Babcock raus, um einen Blick in das operative elend zu werfen, erkennt man, dass die AGR im Konzern rote Zahlen schreibt.

Tatsächlich sind die Preise für die Müllverbrennung im den vergangenen Monaten stark gefallen. Aktuell gilt in der Branche ein Preis von 70 Euro je Tonne als realistisch. Für die Müllverbrennungsanlage RZR II ist das ein schlechtes Omen. Rechnete die AGR doch mit Erlösen von über 100 Euro je Tonne, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können. Der Kreis Wesel kritisiert deswegen, dass in dem Geschäftsbericht der AGR keine „Aussage über das laufende operative Geschäft des RZR ll gegeben wird“. Dabei setzt die Abfallfirma nach wie vor alles auf die Verbrennungsanlage. Nur wenn das Ding ein Geschäftserfolg wird, ist die AGR in der Lage die Deponienachsorge zu bezahlen. Für die Mitarbeiter ist jedenfalls nicht alles toll. So werden derzeit die ersten Stellen abgebaut. Sozialverträglich wie es heißt.

Aus Sicht der AGR stellt das alles allerdings kein Problem dar. Vor allem die Überschuldung des Konzerns sei ignorierbar. „Ein solcher Fehlbetrag im Konzern ist insbesondere insolvenzrechtlich irrelevant, da nur juristische oder natürliche Personen dem Insolvenzrecht unterfallen. Der Konzern ist jedoch keine juristische Person“, sagte ein Sprecher.
Auch um die fallenden Preise auf dem Markt macht sich die AGR keine Sorgen. Die Auslastung des RZR II würde zum Großteil über länger laufende Verträge gesichert. Diese verfügten über eine „deutlich höhere Preisstellung“. Aus diesem Grund werde im laufenden Jahr mit einem sich weiter verbessernden Ergebnis gerechnet.

Wie genau sich die Lage entwickelt hängt auch davon ab, was die Steuerbeamten sagen, die in der AGR unterwegs sind, um den Betriebs zu prüfen. Bis zur Aufstellung der Bilanz waren die Leute jedenfalls noch
nicht fertig. Auch das kann noch teuer werden. Wenn man bedenkt, dass die AGR, als Müllfirma des Ruhrgebietes, gleichzeitig wegen schlechter Geschäfte am Finanzmarkt noch über 5 Mio. Euro einfach so vertändelt hat, wird einem schon mulmig.

Es scheint, dass die AGR dabei ist, egal was schief geht.  Die Buchprüfer der AGR weisen ausdrücklich darauf hin, „dass sich die Liquiditätslage nach den Planungen der Gesellschaft in den zukünftigen Jahren deutliche verschlechtern wird jedoch nach derzeitiger Erkenntnis noch ausreichend ist.“
Nach derzeitiger Erkenntnis.

Da können ein paar Entwicklungen entscheidend werden. Schon jetzt melden die Buchprüfer, dass es „unter anderem aufgrund der negativen Eigenkapitalquote Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Fremdkapital“
gab. Und hier sorgen vor allem zwei Vorgänge für Stirnrunzeln.

So streitet sich eine wichtige Tochterfirma der AGR seit Ende 2008 mit der FS-Karton GmbH in Neuss über einen Papierentsorgungsvertrag für die EBE aus Essen. Es stehen Gerichtsverfahren mit der FS-Karton und der EBE
an. Im Kern geht es darum, dass die Altpapierpreise im vergangenen Jahr drastisch gefallen sind.

Die AGR-Tochter kauft nun zu dem alten hohen Preis Altpapier bei der EBE auf. Die FS-Karton dagegen hat wegen der überzogenen Preise den Vertrag mit der AGR gekündigt. Das bedeutet, dass die AGR-Tochter hier Altpapier mit Verlusten handelt. An jede Tonne Zeitung wird ein Geldschein geklebt und geschreddert.
Die AGR versucht diese miese Lage zu beenden. „Da bisher kein Erfolg zu verzeichnen ist, soll auch hier der Klageweg beschritten werden.“

Ähnlich sieht es übrigens im Kreis Recklinghausen aus. Auch dort läuft das Altpapiergeschäft mit Verlusten. Anders als in Essen hat die AGR hier aber nach eigenen Worten einen gehbaren Ausweg aus der Miesere
gefunden. So wurde mit dem Kreis Recklinghausen vereinbart, dass die Rechnungen für das Altpapier nicht auf einmal gezahlt werden müssen, sondern abgestottert werden dürfen. Ein nicht unerheblicher Nachteil für Wettbewerber, die sich mit der AGR um den Entsorgungsauftrag beworben hatten. Aber egal. Dafür hat auch der Käufer des Recklinghäuser Mülls zugesagt, die Preise ein wenig anzupassen. Trotzdem ergeben sich daraus
laut AGR „aufgrund des handelsrechtlichen IMparitätsprinzip im Jahr 2009 relevante Ergebnisbelastungen.“ Ich übersetz das mal: Die AGR-Tochter droht tief in die Miesen zu rutschen, weil die schlechten Geschäfte in der Bilanz ausgewiesen werden müssen. Das belastet den gesamten Müllkonzern. Warum die Firma hier gegenüber den Abgeordneten im Ruhrparlament keinen Klartext spricht, sondern rumschwurbelt, kann ich
nicht sagen. Nicht nur mir fällt auf, dass die Materialien für die Abgeordneten nur bestenfalls Lala sind. Der Kreis Wesel urteilt über die Vorlagen für das Parlament: „Insgesamt sind die Drucksachen  nicht geeignet, einen vollständigen und umfassenden Überblick der Geschäftstätigkeiten des Jahres 2008 zu erhalten.“

Es scheint Tradition bei der AGR zu haben, nicht alles klar und deutlich zu benennen. Als vor ein paar Wochen erneut ein Giftlaster mit illegaler Ladung auf seinem Weg zur AGR nach Herten aufgefallen ist, und von der Polizei gestoppt wurde, wurde auch so getan, als sei nichts passiert. Sorgt mittlerweile die Not für kriminelle Energie? Ich denke nicht. Aber der Weg ist nicht mehr weit bis dahin. Auch wenn die AGR immer sagt, in den Eingangskontrollen würde jede illegale Lieferung aussortiert. Mir fällt das schwer zu glauben, da die Preise im Müllgeschäft verfallen und die AGR aggressiv versucht überall Müll einzukaufen. Wieder der Kreis Wesel: „Das RZR ll belastet in der Region den Abfallmarkt. Dies hat steigende Überkapazitäten und fallende Preise zur Folge. ln wie weit sich dies betriebswirtschaftlich auf das RZR ll auswirkt bleibt abzuwarten. Bekannt ist, dass das RZR ll Abfälle zu äußerst niedrigen Preisen annimmt.“

Am Schluss fällt mir auf, dass die AGR einen ganzen, durchaus erheblichen Geschäftsvorfall nicht in das Zahlenwerk ihres Jahresabschlusses aufnimmt. Und zwar das Cross Border Leasing rund um die Hertener Müllverbrennungsanlage.
Die AGR meint, das müsse nicht sein. Ich denke anders.

Gehen wir in den Kern: Die AGR hat im Januar öffentlich erklärt, die „Probleme um das Cross-Border-Lease“ gelöst zu haben. Gut. Was steckt hinter den Worten?

Als Träger, Dreh und Angelpunkt des Geschäftes gilt ein Trust in Delaware. Das ist eine Art Schatz im Piratenland. Eine Postadresse im Steuernirvana. Dieser Trust wird von einer Firma in Delaware verwaltet. Wirtschaftlich kontrolliert wird er von der AGR.

Der Trust hält Kredite der Landesbank Baden-Württemberg und der NordLB, mit diesem Geld hat der Trust die Müllverbrennungsanlage in Herten gekauft. Das Geld für den Verkauf liegt jetzt bei Töchterfirmen der Banken irgendwo auf Konten in anderen Steueroasen der Welt. Nun zahlen die Banken über den Trust der AGR sich das Geld von der linken in die rechte Tasche zurück. Dafür, dass die Zahlungsflüsse immer laufen, muss die AGR über den Trust gerade stehen.

Ich habe mich bemüht, Einzelheiten zu dem Deal herauszubekommen. Die AGR und der Regionalverband Ruhr haben gemauert. Monatelang habe ich einen Auskunftsprozess vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geführt. Glücklicherweise habe ich gewonnen. Der RVR unter dem SPD-Mann und Direktor Heinz-Dieter Klink wurde verurteilt, mir „umfassend und wahrheitsgemäß“ Auskunft zu geben. So kann ich einiges hier berichten.
Das Cross-Border-Geschäft hat ein Volumen von 350 Mio US- Dollar. Es wurde angeleiert von den Beratern der Bank Dresdner Kleinwort Wasserstein und Freshfields Bruckhaus Deringer, die auf den Regionalverband und seine Müllfirma zugekommen sind und denen das Geschäft an die Backe gequatscht haben. Auf amerikanischer Seite beriet Shearman & Sterling die Müllfirma des Ruhrpottverbandes.

Eine Ausschreibung für die Beraterleistungen gab es nicht. Das ganze wurde freihändig vergeben. Weil die das ja so gut an die Backe gequatscht hatten. Oder wie es offiziell heißt: „Es gab keine öffentliche Ausschreibung hinsichtlich der Beratungsleistungen. Dies war rechtlich nicht erforderlich.“

Die Berater haben ganze Arbeit geleistet. Nach knapp sechs Jahren war der Deal, der auf eine halbe Ewigkeit angelegt war, im Eimer. Die Sicherungen der Kreditschiebereien flogen weg. Es musste umgesichert werden, anstelle einer namenlosen US-Firma wurde die AGR in den Trust gezwungen. Und was taten die Berater, die den Dreck angerichtet hatten?
Das was Berater halt so tun. Sie beraten.

In diesem Fall sicherte sich Freshfields Bruckhaus Deringer und Shearman & Sterling den nächsten Auftrag der AGR. Nur die Berater der Dresdner Kleinwort Wasserstein wurde ausgetauscht gegen Berater der RebelGroup
Advisory Deutschland.
Und die Jungs haben fleißig kassiert.

Shearman & Sterling bekam 2003 rund 660.000 US-Dollar überwiesen. Beim zweiten Aufwasch, der Problembeseitigung, gab es noch mal 195.000 US-Dollar. Freshfields Bruckhaus Deringer kassierte 2003 rund 520.000 US-Dollar und sechs Jahre später 144.000 Euro. Freshfields Bruckhaus Deringer hat den RVR auch im Rechtsstreit gegen mich beraten, als der RVR keine Auskünfte geben wollte. Ich weiß nicht, ob das Geld für die
gescheiterte Schweigeverteidigung schon in den Beraterkosten enthalten ist.

Zuletzt kassierte noch die Dresdner Kleinwort Wasserstein im Jahr 2003 rund 1,8 Mio US-Dollar.  Und die Berater der RebelGroup Advisory Deutschland steckten sich 91.500 US-Dollar in die Tasche.
Toll oder? Hauptsache die Berater stecken die Kohle in die Tasche.

Man kann fast sicher sein, dass in den kommenden Jahren wieder ein Zahltag für die Berater kommt, denn das Cross-Border-Leasing ist immer noch nicht zu Ende. Egal was AGR und RVR meinen. Der Trust lebt und mit
ihm die Verpflichtungen. Ich hab keine Ahnung, was die Berater den Beamten eingeflüstert haben. Fakt ist jedenfalls, dass die ganze Nummer noch läuft und weiter Risiken für die AGR birgt. Und dass diese Risiken
nicht in der Konzernbilanz der AGR zu finden sind.

Fakt ist: Die Kommunalfirma aus dem Pott unterhält einen Trust im US-Staat Delaware ohne über die Details in der Bilanz zu berichten. Welche Einnahmen hat der Trust, welche Guthaben, welche Ausgaben und
welche Verbindlichkeiten? Welche Zugriffsmöglichkeiten hat die Firma, welche Zinsen fallen an, welche Umsätze? Nichts – keine Auskünfte. Eine Art Schattenhaushalt der Kommunalfirma. Es heißt nur, es gebe keine
Risiken. Aber auch das haben wir schon gehört, und dann ging es in die Hose.

Der Trust in Delaware, dieser Schatz auf der Pirateninsel, selber kennt angeblich keine Eigentümer, sondern nur einen Begünstigten, der alle Rechte und Pflichten des Trustes genießt. Und das ist die AGR.

Die AGR jedenfalls meint, sie müsste keinen Bericht über den Trust veröffentlichen. „Bei der Begünstigtenstellung gegenüber dem Trust handelt es sich nicht um eine Beteiligung, die bilanzierungsfähig wäre. Der Trust hat im eigentlichen Sinne ja keinen Eigentümer. Eine Abbildung in der Bilanz ist daher nicht möglich. Die von der AGR übernommenen Verpflichtungen aus den Miet-/Leasingverträgen sind vorausgezahlt und damit vollständig gedeckt. Weitere Verpflichtungen, die bilanziell abzubilden wären wie etwa auch Eventualverbindlichkeiten, bestehen nicht. Garantien gegenüber Banken wurden weder von der AGR noch vom RVR übernommen.“

Ich sehe das nicht so. Die Steuerzahler im Ruhrgebiet haben ein recht über diesen Trust und den verborgenen Schatz informiert zu werden. Und zwar wie es sich gehört, mit einer umfassenden und wahren Bilanzierung.
Der RVR und mit ihm die Tochter AGR können nicht einfach einen Firma mit einem Kapital von vielleicht noch 350 Mio Dollar verschweigen.

Der Lüpertz-Koloss oder Bedienung im Nordsternpark

Die Veranstaltungen der Ruhr2010 sollen groß sein. So groß, dass sogar der Direktor der Wohnungsfirma THS mit Sitz in der ehemaligen Gelsenkirchener Zeche Nordstern, Karl-Heinz Petzinka, mittun will. Der Mann ist nebenher künstlerischer Direktor der Ruhr2010. Und er hat eine Idee: Er will oben in der Nähe seiner Firmenzentrale auf den Zechenturm von Nordstern einen gläsernen Aufbau pappen. Darauf soll dann eine Figur vom Bildhauer Markus Lüpertz gepfählt werden. Als Signal 100 Meter hoch, als Tor zur Emscherinsel, dem zentralen Kunstort der Kulturhauptstadt. Und bezahlen sollen wir Steuerzahler das – zumindest das meiste davon.

Foto: Ruhr2010

Schöne Worte. Die Baukosten liegen bei 13,6 Millionen Euro. Als Projekt der Kulturhauptstadt wird der Nordsternturm von Bund und Land mit 7 Millionen gefördert. Die THS beteiligt sich mit 3 Mio am Bau. Die – Ironie an – reiche Stadt Gelsenkirchen – Ironie aus – gibt 700.000 Euro. Ein paar Etagen des Prestige-Leuchtturms von THS-Kulturhauptstadt-Direktor Petzinka sollen auch „privatwirtschaftlich“ genutzt werden, nämlich unter anderem von der THS. Ansonsten wahrscheinlich genauso privat, wie der Designbau in Essen Zollverein.

Seit langem gibt es Kritik an dem Vorhaben. Schon im vergangenen Frühjahr hatten die Direktoren von 18 Kunstmuseen im Ruhrgebiet einen gemeinsamen Brandbrief an die Ruhr 2010-GmbH geschrieben, als von den veranschlagten neun Millionen Euro für Gemeinschaftsprojekte im Kulturhauptstadtjahr gerade mal knapp 300.000 Euro zugesagt wurden. Diesen Museumsleuten muss es wie ein Hohn vorkommen, dass wieder Gigantonomie gefördert wird, diese Leuchttürme, die wie Denkmäler der untergegangenen Wolfgang Clement Zeit erstrahlen.

Aber egal, wird halt weiter Geld verballert. Ich möchte mal auf folgendes Hinweisen: Petzinka wurde erst im vergangenen Jahr von Lüpertz als Professor an die Düsseldorfer Kunstakademie geholt, als der dort noch Rektor war. Und da bedienen sich wohl die Herren Künstler gegenseitig aus den Töpfen der Ruhr2010-Firma. So könnte man es zumindest böswillig auslegen.

Was sagt denn die PR-Abteilung dazu? Fritz Pleitgen, Vorsitzender der Geschäftsführung der RUHR2010, freut sich,

wie gelungen das Nordsternturm-Projekt gleich mehrere Programmstränge im Kulturhauptstadtjahr verbindet und so dem Anspruch an Nachhaltigkeit in besonderem Maße gerecht wird.

Und weiter heißt es, Lüpertz sei ein Künstler, der wie kaum ein anderer die Ikonografie eines kraftvollen Aufbruchs beherrsche. Die Monumentalplastik zeige die Kräfte, die an dem Förderturm gezogen hätten und denen standgehalten wurde – ein Sinnbild für die ganze Region.

Toll. Mir kommt das auch vor wie ein Sinnbild für die ganze Region.

In dem Prestige-Geleucht wird das "Nordstern VideoKunstZentrum" eingebaut. Obwohl es ein paar Kilometer weiter in Marl im „Skulpturenmuseum Glaskasten“ ein Zentrum für Videokunst gibt.

Nix gegen Lüpertz und Petzinka übrigens – ihre Sachen finde ich wirklich gut. Aber warum muss das so laufen? Und warum wird das Kulturgeld ausgerechnet so Kirchturmmäßig ausgegeben? Ich verstehe ja auch, dass die beiden stolz sind. Aber mir bleibt ein schaaler Geschmack im Mund. Förderkohle wird hier wie immer im Pott abgezwàckt für Prestigeideen von dem nur wenige etwas haben. Die Museen für Alle bekommen Krumen. Klar kann man das nicht vergleichen, weil das Geld aus verschiedenen Töpfen kommt. Aber ich finde man sollte das vergleichen.

Danke an Louis

60 Jahre Kitsch für einen Menschenfresser

Ich halte nicht viel von Diktaturen. Nicht zuletzt weil sie zu viel Kitsch produzieren. Die Volksrepublik China feiert jetzt ihren sechzigsten.

Die Bilder der Feiern haben dieses gewohnt nippeshafte.

Mir fällt bei der ganzen Sache immer wieder ein, dass ich vor ein paar Jahren das Buch von Jung Chang und ihres Ehemannes Jon Halliday gelesen habe. Das Buch heißt: Mao, das Schicksal eines Mannes, das Schicksdal eines Volkes. Die  wunderbare Recherche zeigt das abstoßende, ekelige Gesicht des Diktators Mao Tzetung. Der Menschenfresser hat in seinem Staat zu Friedenzeiten mehr Menschen in den Tod getrieben als Stalin und Hitler. Mir ist eine Szene in Erinnerung geblieben, in der dieser Machtgeile Wolf seine Offiziere gezwungen hat, ihre Familien verhungern zu lassen. Mir ist diese unstillbare Eitelkeit in Erinnerung geblieben. Mir ist diese Verachtung alles Schönen und Guten in Erinnerung geblieben. Mir ist dieser geile, alte Sack in Erinnerung geblieben, der sich junge Mädchen zuführen läßt.

Erschreckend, dass sich hier in Deutschland damals so viele von diesem Ekel täuschen ließen.

Die Sowjets haben 70 Jahren durchgehalten. Hoffen wir, dass die chinesischen Diktatoren diesen Rekord nicht brechen.

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SPD in NRW bei 27 Prozent

Die Niederlage der SPD im Bund muss in NRW Konsequenzen haben. 27 Prozent für die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen bei einem Bundesergebnis von rund 23 Prozent sind ein Desaster. Vor allem weil Kraft, Steinmeier und Münte gerade hier Dampf im Wahlkampf gemacht haben. Die Wahl war eine Abstimmung gegen die Aktentasche und den alten Mann, der seine Hormone nicht im Griff hat. Hannelore Kraft wird es sehr schwer haben, an der NRW-SPD-Spitze zu bleiben.

Nach der Spaltung der SPD-Anhängerschaft – in Folge dessen die Linke stark wurde – droht jetzt die Partei selbst zu zersplittern. Die SPD-Rechte unter Steinmeier ist nicht bereit, den linken Flügel in der Spitze zu beteiligen. Die Steinmeiers haben die SPD ruiniert, sie sind nicht in der Lage die Erholung der Partei herbeizuführen. Das viel passiert, steht nicht zu hoffen. Gerade hat sich Frank Baranowski geäußert: er bekennt sich zur alten Ordnung. Dabei wäre er einer der wenigen Hoffnungsträger für einen neuen Anfang.

Das Wahlergebnis ist eine bittere Niederlage für uns. Hierbei handelt es sich allerdings auch nicht um einen Betriebsunfall. Deshalb muss jetzt ein geordneter Prozess der personellen und inhaltlichen Neuaufstellung organisiert werden. Nordrhein-Westfalen muss als sozialdemokratisches Kernland, auch mit Blick auf die Landtagswahl im kommenden Jahr, bei diesem Erneuerungsprozess eine KRAFTvolle Rolle spielen.

Uhlenberg-Skandal wird richtig übel

Foto: Umweltministerium / Uhlenberg steht links

Im vom NRW-Umweltministerium angestifteten Ermittlungsverfahren gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter gerät jetzt überraschend der Umweltminister selbst in das Visier der Ermittler. Zudem gibt es Fragen bei den Reisekostenabrechnungen des leitenden Staatsanwaltes. Auf der einen Seite verfolgte der Beamte einen angeblichen Betrug wegen acht angeblich falsch berechneten Euro Fahrtkosten. Auf der anderen Seite steht in seinen  Reisekostenabrechnungen eine Strecke von 700 zurückgelegten Kilometern, während nach dem Falk Routenplaner die Strecke nur 624 Kilometer lang ist.

Tja. Tatsächlich steht Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) im Visier der Fahnder. Ich habe erfahren, dass bereits seit Monaten unter dem Aktenzeichen 85 Js 21/09 ein Ermittlungsverfahren gegen den Minister wegen falscher Verdächtigungen geführt wird. Der Leiter der Wuppertaler Staatsanwaltschaft Helmut Schoß bestätigte, das Verfahren gehe auf eine Anzeige aus dem November 2008 zurück. Damals habe ein Bürger aufgrund eines Presseberichtes eine allgemein gehaltene Strafanzeige gegen Minister Uhlenberg gestellt. Das Verfahren sei jedoch bis zum Abschluss der Ermittlungen gegen Friedrich eingestellt worden. Danach werde die Anzeige bearbeitet.

Mir liegt ein Bericht der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf vor, aus dem hervorgeht, dass sich die Staatsanwaltschaft Wuppertal noch im Februar gewehrt hat, dass Verfahren gegen Uhlenberg überhaupt zu übernehmen. Die Wuppertaler führten aus: Es sei zu berücksichtigen, „dass falls die Vorwürfe des Anzeigeerstatters zutreffend wären, auch eine mögliche Strafbarkeit des zuständigen Dezernenten der STA Wuppertal zu prüfen wäre, da er sich angeblich durch Minister Uhlenberg zu Handlungen anstiften ließ, die den Tatbestand der Rechtsbeugung und der Verfolgung Unschuldiger erfüllen könnten. Auch insoweit verbietet sich eine Übernahme des Verfahrens.“

Die Generalstaatsanwaltschaft fand diesen Hinweis „bemerkenswert“. Und wies die zögerlichen Wuppertaler dann im April schriftlich an, dass Verfahren zu bearbeiten.

Dieser Fall wird im Rahmen des Untersuchungsausschusses des Landtages zur Causa Uhlenberg eine Rolle spielen, der im Oktober seine Arbeit aufnimmt. Hier soll untersucht werden, ob die Ermittlungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter Harald F. politisch motiviert waren. Hinweise für diesen Verdacht sind in den Unterlagen zum Verfahren zu finden. So gehen die Ermittlungen auf gleich drei Anzeigen aus dem Umweltministerium zurück. Gleichzeitig wurde der Verdacht aus dem Ministerium befeuert, der Ex-Abteilungsleiter habe sich der Korruption schuldig gemacht. Im Mai 2008 wurde Harald F. für mehrere Wochen in Haft genommen.

Wie nun bekannt wurde, war das Innenministerium bereits seit mindestens Oktober 2007 in die Ermittlungen eingebunden. Aus einer Email des Landeskriminalamtes (LKA) geht hervor, dass sich Spitzenbeamte des Innenministeriums in den so genannten Vierteljahresgesprächen über den Fortgang des Verfahrens von den LKA-Beamten unterrichten ließen. So wurde beispielsweise die Vernehmung des Umweltstaatssekretär Alexander Schink thematisiert, in der dieser den Verdacht erhärtete, Harald F. habe in „betrügerischer Weise“ einen Forschungsauftrag erteilt.

Harald F. galt als einer der schärfsten Kritiker von Umweltminister Uhlenberg im Verlauf des PFT-Skandals, bei dem krebserregende Gift in den Trinkwasserfluss Ruhr eingeleitet wurde. Entsprechend auffällig ist, dass LKA-Beamte bei einer Hausdurchsuchung bei Harald F. Material zum PFT-Skandal beschlagnahmten, obwohl dieses Material nicht im Zusammenhang mit dem Durchsuchungsbeschluss stand. Eigentlich sollte belastende Dokumente zu Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefunden werden. Damit nicht genug. Später regten die Beamten eine weitere Hausdurchsuchung an, um noch „weitere Unterlagen zu PFT“ zu finden.

Überraschend ist zudem, wie sehr sich die Beamten im Landeskriminalamt um politische Unterstützung sorgten. Nachdem der parlamentarische Untersuchungsausschuss von SPD und Grünen beschlossen wurde, versandte die Pressestelle der CDU im Juni eine Erklärung, nach der auch die „Hinterlassenschaften des Biotops Höhn“ aufgeklärt werden sollen. Dieses Schreiben ging über die Staatsanwaltschaft Wuppertal an das LKA. Dort kommentierte der Leiter der Ermittlungskomission, Eckhard Lech, in einer Email: „Wir sind doch nicht alleine!!! :-)“

Noch im Dezember 2008 scheint es bei dem Beamten Zweifel gegeben zu haben, ob die CDU fest hinter den Ermittlungen steht. So schickte Lech am 12. Dezember ein aus dem Internet kopiertes Dossier zu Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers an den leitenden Staatsanwalt in Wuppertal, Ralf Meyer. Darin hob er die früheren Veröffentlichungen des Regierungschef hervor: „Hallo Herr Meyer, schauen Sie mal, was unser Ministerpräsident mit herausgegeben hat.“ Es folgt eine Liste mit Sammelbänden zum Landeswassergesetz und zur Abwasserabgabe in NRW.

Unterdessen erscheinen die verbliebenen Vorwürfe gegen Harald F. nebensächlich. So wird ihm unter anderem vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Personen im Rahmen von Arbeitsessen unberechtigterweise Pommes und Currywurst angenommen zu haben. Der Wert der Verköstigungen lässt sich laut LKA zwar „nicht individuell“ zuordnen, da immer mehrere Personen eine Portion abbekommen hätten, aber es ließe sich eventuell ein „unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang“ zu Auftragsvergaben herstellen. „Dieser Umstand nährt die These, dass die Beköstigungen nicht losgelöst von den Beauftragungen zu sehen sind.“

Wie abwegig die Vorwürfe wurden, um irgendetwas Verwerfliches zu finden, kann man an den Dienstreisen von Harald F. erkennen. Einmal wurde hier eine „Gesamtsumme“ von acht Euro kriminalistisch durchleuchtet. Dies ist interessant, weil auch der leitende Staatsanwalt Meyer es nicht so genau nimmt mit seinen Dienstreisen im Rahmen der Ermittlungen. Aus den vorliegenden Abrechnungen im Verfahren um Harald F. lässt sich beispielsweise eine Fahrt des Staatsanwaltes nach Saarbrücken rekonstruieren. Hier gab Meyer an, insgesamt 700 Kilometer mit seinem Privatwagen zurückgelegt zu haben. Laut Falk-Routenplaner ist die angegebene Strecke von Haustür zu Haustür allerdings nur 624 Kilometer lang. Jeder Kilometer wird mit 30 Cent erstattet.

Spannend wird das, wenn man bedenkt, wieviele Fehler es schon bei den Ermitlungen gab. So rügte ein Gericht, dass die Ermittlungsakten an die Hauptbelastungszeugin herausgegeben wurden. Aktuell missbiligte das zuständige Gericht, dass die Abhörprotokolle im Fall Friedrich ohne rechtliches Gehör der Beschuldigten vernichtet wurden. Wer weiß, vielleicht war ja was Entlastendes drauf.

Der Verdacht, dass dies geschehen sein könnte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, hat der LKA-Beamten Lech tatsächlich überlegt, entlastendes Material nicht zu den Akten zu nehmen. So erklärte ein von der Staatsanwaltschaft angesprochener Gutachter in einer Email zu einem Projekt, dass Harald F. kriminell verschoben haben soll, dass „keine Falschangaben nachweisbar“ seien. Lech kommentierte dieses Zitat am 15. Juni diesen Jahres in einem Schreiben an den Staatsanwalt Meyer mit den Worten: „Hallo Ralf, sollen wir diese Mail zur Akte nehmen? Ich denke eher nicht, oder???“

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Update: Abmahnärger um Bild von Sahra Wagenknecht

Das Wagenknecht-Foto wurde angeblich von der Linken ohne Lizenz verbreitet. Wir haben deswegen eine Abmahnung bekommen und veröffentlichen das Foto deswegen nicht mehr.

++++ update: Reaktion Sprecher die Linken / ganz unten ++++

Wir bei den Ruhrbaronen haben mal wieder Abmahn-Ärger. Diesmal mit einem Abmahnanwalt aus Berlin, aus der Rechtsanwaltkanzlei Haupt.

Das besondere diesmal: Wir werden angegriffen, weil wir ein Foto aus einer Presseerklärung der Linken veröffentlicht haben. Es ging darum, dass Sahra Wagenknecht in Düsseldorf für den Bundestag kandidiert. Die Linke hatte dazu schon im März eine Erklärung abgegeben. (neu: Nachdem ich die Linke angeschrieben habe, wurde das Sahra-Bild dort ausgetauscht)  Wir haben die März-Erklärung noch am gleichen Tag verarbeitet – inklusive Bild.

Der Rechtsanwalt sagt, er gehöre keiner Abmahnkanzlei an. Aber wenn wir ihn als Abmahnanwalt bezeichnen wollten, dann wäre das unsere Sache.

Gut. Der Abmahnanwalt meint, die Verbreitung eines Pressefotos aus dieser Presseerklärung wäre rechtswidrig, da die Linke nicht das Recht zur Verbreitung gehabt hätte.

Was aber zur Hölle haben wir dann damit zu tun? Wenn der Abmahner Recht hat, dann hat die Linke Mist gemacht und nicht wir. Dann soll er sich doch an die Linke oder an Sahra Wagenknecht halten und nicht an uns.

Ich habe den Abmahnanwalt aus der Kanzlei Haupt angerufen und gefragt, was die Nummer soll. Er sagt: Die Linke habe ihn „drei“ Monate hingehalten.

Mit anderen Worten, von der Linken konnte der Abmahner bislang kein Geld ziehen. Deshalb habe er sich an uns gewandt, weil wir ja auch ein Störer seien, da wir das Sahra-Bild aus einem alten Bundestagswahlkampf vor ein paar Monaten verwendet hätten.

Wir könnten dann ja die Linke verklagen, wenn wir ihn ausbezahlt hätten. Die Linken sollten dann unsere Kosten erstatten.

Ich habe den Abmahnanwalt gefragt, ob er uns erpressen will. Er sagte, dass Nein.

Ich habe den Abmahnanwalt gefragt, ob er uns auf die Linke hetzen will. Er sagte, dass Nein.

Er wolle auf diesem Niveau nicht diskutieren.

Der Abmahnanwalt sagt weiter, er habe nicht alle Nutzer des Sahra Wagenknecht Bildes angegriffen, sondern nur uns – und vielleicht auch noch einen oder zwei oder drei andere. Da wollte er nicht mit der Wahrheit rausrücken. Das bekannte Bild wird im Internet weit benutzt. Es ist vielleicht das bekannteste Wahlkampf-Foto von Wagenknecht überhaupt. Selbst bei Heise wird es genutzt: klick

Sollte der Abmahnanwalt gegen uns gewinnen, könnte er damit auf viel Kohle von jeder Menge Blogs und Internetseiten hoffen. Tolles Geschäft also. (Falls da noch einer angegriffenen worden sein sollte, würde ich mich über eine kurze Ansage freue: Gerne auch unter: david.schraven (at) ruhrbarone.de). Der Abmahnanwalt sagt allerdings, er wolle daraus kein Geschäftsmodell machen. Was weiß ich.

Mich wundert jedefalls, warum der Berliner Abmahnanwalt uns angreift, hier im Ruhrgebiet, zwei Tage vor der Wahl, obwohl der Vorgang und die Tat jetzt schon knapp sechs Monate zurückliegen. Hat das etwas damit zu tun, dass hier in Düsseldorf Sahra Wagenknecht für die Linken zum Bundestag kandidiert?

Will da irgendein Berliner Ränkeschmied Wagenknecht über uns politisch treffen?

Ich weiß es nicht. Es interessiert mich auch nicht.

Der Abmahnanwalt sagt weiter, wir sollen ihm ein Angebot machen, was wir der Fotografin als Schadensersatz zahlen wollen. Und natürlich sollen wir seine Gebühren übernehmen. Wir sollten ihm schreiben.

„Wir werden dann sehen, wie wir die Rechte der Fotografin durchsetzen.“ Das sagte der Abmahnanwalt.

Gut. Hier ist mein Angebot: Wenden Sie sich an die Partei die Linke, die das Bild auf ihrer Internetseite als Presseerklärung zur Weiterbenutzung verbreitet. Und wir vergessen die Sache.

Wir haben das Bild nur benutzt, weil die Linken es in ihrer Pressemitteilung verbreitet haben. Aus keinem anderen Grund.

Damit wir uns klar verstehen. Natürlich hat die Fotografin ein Recht darauf, dass sie bezahlt wird für Ihre Arbeit. Aber dann soll sie Ihren Abmahnanwalt auf die Leute hetzen, die gegen ihr Urheberrecht verstoßen haben und nicht gegen Leute, die davon ausgehen mussten, dass die Rechte hier geklärt sind. Zumal das Foto schon in einem vergangenen Bundestagswahlkampf verbreitet wurde.

Der Abmahnanwalt sagt, die Linke habe gesagt, sie hätten wegen des Bundestagswahlkampfes keine Zeit sich mit seiner Sache zu beschäftigen.

Im ernst, das ist mir egal.

Wir haben das Wagenknecht-Bild unkenntlich gemacht. Damit sollte die Nummer für uns erledigt sein.

Ich habe beim Pressesprecher der Linken nachgefragt, was die Nummer soll. Update: Er sagt:

Die Ruhrbarone stehen aus gutem Grund nicht in meinem Mailverteiler. Fragt sich, wie meine PM an Sie gelangt ist.

Auch wenn das überhaupt nichts mit der Sache zu tun hat, will ich dem Pressesprecher helfen. Ihre Pressemitteilungen stehen im Internet. Da kann die jeder lesen. Ihre Pressemitteilungen sind keine Geheimbotschaften. Und wenn wir nicht in ihrem Presseverteiler stehen, dann ist uns das egal. Sie nehmen sich damit einen Verbreitungsweg.

Diese Linken-Öffentlichkeitsarbeit werde ich nie verstehen. In der Pressemitteilungen wie Gunsterweisungen behandelt werden.

Dann kommt der Sprecher aber auch zur Sache:

Gleichwohl habe ich von diesem Anwalt heute schon einmal über Dritte etwas gehört, mir ist nur noch nicht klar, wem da ein "sehr großzügiges Angebot" gemacht wurde.

Wir werden uns der Sache annehmen und eine Lösung finden.

Heute und in den nächsten zwei Tagen werde ich aber niemanden erreichen, der /die das klären könnte. Update Ende

Einer Klage des Abmahnanwaltes aus Berlin in einem Hauptsacheverfahren vor einem ordentlichen Gericht sehen wir gelassen entgegen. Einen Anlass für eine einstweilige Verfügung sehen wir nicht, da das Bild nicht mehr auf unseren Seiten erscheint, und auch weiterhin keine Bilder der Fotografin veröffentlichen werden. Zudem liegt der Anspruch ein halbes Jahr zurück, so dass keine Eilbedürftigkeit mehr vorliegen dürfte. Zudem dürfte die Veröffentlichung eines Bildes in einem Blog, das in einem Bundestagswahlkampf auf Plakaten verbreitet wurde, in einem Bundestagswahlkampf kaum verboten werden können.

P.S. Danke Thomas in Kommentar # 3 für den Hinweis, dass Sarah nicht Sahra ist. Haben wir jetzt geändert.

RWE-Kernkraftwerk in Bulgarien kippelig

Foto: halbfertiger Atommeiler Belene in Bulgarien

Der Energiekonzern RWE prüft seine Beteiligung am Kernkraftwerk Belene in Bulgarien. Offensichtlich steht die Beteiligung erneut auf der Kippe.

Wie am Rande der gestrigen Aufsichtsratssitzung des Konzerns bekannt wurde, mehren sich nun auch im Vorstand des Stromriesen kritische Stimmen an dem Vorhaben, nahe der rumänischen Grenze zwei 1000 Megawattblöcke aufzubauen. Die Gegend gilt als Erdbeben gefährdet. Zudem hegen Umweltschützer Zweifel an der Zuverlässigkeit der eingesetzten russischen Atomtechnik. Auch die Finanzierung des bulgarischen Projektes scheint weiter unsicher. Erst vor wenigen Tagen hat der bulgarische Finanzminister Simeon Djankov bekannt gegeben, dass sich die Kosten für das Projekt von rund vier auf sechs Mrd. Euro verteuert hätten. Aus dem RWE-Aufsichtsrat war weiter zu hören, dass mehrere ursprünglich vorgesehene Partner abgesprungen seien. RWE hätte demnach seinen Anteil in Höhe von ursprünglich geplanten 1,5 Mrd. Euro an dem alleine tragen müssen. Erst vor wenigen Monaten hatte RWE gemeinsam mit dem staatlichen bulgarischen Versorger NEK eine Projektgesellschaft gegründet, um den Bau des Atomreaktors zu realisieren. Ein RWE-Sprecher wollte die Vorgänge nicht kommentieren.

Aus dem Aufsichtsrat hieß es, die Partnerschaft mit den bulgarischen Unternehmen werde derzeit überdacht. Die Zusammenarbeit sei komplizierter als zunächst angenommen. Es werde nun nach einem Weg gesucht, möglichst schadensfrei aus dem Projekt aussteigen zu können. Da RWE derzeit gemeinsam mit dem Energieversorger E.on in Großbritannien zwei Kernenergieprojekte sei das bulgarische Projekt auch nicht mehr so wichtig, wie noch vor Jahresfrist. Darüber hinaus mehren sich die Signale, dass auch die Bulgaren von dem Projekt Abstand nehmen könnten. Besonders die Finanzierung macht den Bulgaren zu schaffen. So sagte der Finanzminister Djankov der österreichischen Zeitung „Der Standard“: „Es hat sich herausgestellt, dass Bulgarien die nötigen sechs Milliarden Euro für den Bau des AKWs Belene nicht hat.“ Nachdem sich mehrere ursprünglich neben dem RWE vorgesehene Investoren aus dem Vorhaben verabschiedet haben, wurden zuletzt Verhandlungen mit dem russischen Staat geführt. Dieser sollte einsteigen, um den Bau des Reaktors doch noch zu realisieren. Als Bauunternehmen für Belene ist der russische Staatskonzern Atomstroyexport vorgesehen.

Gleichwohl bereitete Finanzminister Djankov den Ausstieg aus dem Projekt vor: „Es könnte sich auch herausstellen, dass Bulgarien die Energie des AKWs Belene nicht wirklich braucht, sondern durch Energieeffizienz und alternative Energie den Bedarf abdecken kann.“

Ein Ende des Projektes dürfe auch in der übrigen deutschen Energiewirtschaft für Erleichterung sorgen. In einer vor kurzem bekannt gewordenen PR-Studie für den Kernkraftwerksbetreiber E.on Kraftwerke heißt es: „Ein weiteres fragwürdiges Beispiel osteuropäischer Kernkraftwerkstechnik ist der Neubau des KKW Belene.“ Zwar würde eine Mehrheit der Deutschen das Engagement hiesiger Versorger in osteuropäischen Kernkraftwerken unterstützen, um dort die Sicherheitsstandards anzuheben. Allerdings würde der Einsatz osteuropäischer Technik, etwa aus Russland, als zu unsicher abgelehnt.

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Staatsanwaltschaft prüft neue Ermittlungen gegen Essens OB Reiniger

OB Reiniger (CDU und 2. vr) läßt sich bei Rot-Weiß Essen feiern. Jetzt neue Finanzlöcher im "Volkseigenen Kickerclub" Foto: Stadt Essen

Es sah so aus, als komme der noch amtierende Oberbürgermeister von Essen, Wolfgang Reiniger von der CDU mit einem blauen Auge aus der Rot-Weiß-Essen Affäre davon.

Die Staatsanwaltschaft Essen hatte Ermittlungen gegen den Politiker in der heißen Phase des Wahlkampfes eingestellt. Nun allerdings die überraschende Kehrtwende. Gegen Reiniger werden neue Ermittlungen geprüft, wie die Ruhrbarone erfahren haben. Und zwar in Sachen Untreue zu Lasten der Gemeinde.

Die Staatsanwaltschaft schaut sich den Sachverhalt erneut an, weil es zu einer Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens kam. In diesem Zusammenhang hat die Staatsanwaltschaft die Verträge zwischen Strunz.  dem Viertligisten RWE und der Stadt-Tochter EVE angefordert.

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Eine versteckte Intrige gegen SPD-Ypsilanti bleibt versteckt

Nun lege ich meine Lesebrille ab, stelle die Kaffeetasse an die Seite und berichte hier über ein Buch, ein politisches Buch, das Buch „Die Vier“ von Volker Zastrow, Politikchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ich habe das Buch gekauft, gelesen und weggelegt. Es geht um die vier abtrünnigen SPD-Abgeordneten, die sich im November 2008 weigerten, Andrea Ypsilanti mit den Linken zur hessischen Ministerpräsidentin zu wählen. Eine der großen politischen Affären der letzten zwanzig Jahre. Jetzt sind ein paar Tage vergangen, das Erfahrene ist verdaut. Und ich rate den Leuten ab, das Buch zu erwerben. Warum? Weil es in meinen Augen zu wenig taugt.

Das Buch „Die Vier“ ist schön geschrieben. Mit einem geübten, lakonischen Augenzwinkern. Wissend, nah dran, belesen und kenntnisreich.

Aber auf den ersten knapp 200 Seiten liest man vor allem Hass auf die Linkspartei. Und zwar allein aus der Perspektive der rechten SPD in Hessen. Das ermüdet auf Dauer. Auch wenn es mal interessant ist, zu erfahren, wie die SPD in Hessen so aufgebaut ist. Zastrow schreibt im Nachwort, er habe zunächst ein Heldenepos auf die vier Abtrünnigen schreiben wollen. Nun, das hat er gemacht. 200 EWIG QUÄLEND LAHME SEITEN LANG. Da wird beschrieben, wie die drei Frauen rauchen, wie sie einkaufen gehen, wie sie in die Sauna gehen und wie ihnen aber und aber und abermals Leute gratulieren, dass sie nicht die Linken wählen.

Gut, irgendwann hab auch ich das begriffen. Und nicht mehr lesen wollen. Ich wette, es gab auch etliche, die das doof fanden. Wahrscheinlich werden viele das Buch einfach weglegen.

Doch dann, irgendwann, so gefühlt auf Seite 250, merkt Zastrow, dass da eigentlich eine andere Geschichte zu entdecken ist. Die Geschichte einer Intrige. Wie nämlich der rechte SPD-Vordenker Walter seine Kontrahentin Ypsilanti eventuell mit Hilfe von Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch ausschaltet. Und genau hier, wo es spannend wird, geht Zastrow nicht richtig in die Tiefe. Er kommt weit, keine Frage. Vielleicht weiter, als er jemals dachte oder irgendwer anders jemals gekommen wäre. Zum Beispiel beschreibt er sehr gut, wie Silke Tesch und Dagmar Metzger missbraucht werden, in ihrem naiven Glauben gegen Links. Und genau das ist das spannende. Hier wäre es wichtig, mehr zur Rolle von Koch zu erfahren, mehr zur Rolle von Walter zu erfahren. Mehr aus den staubigen Kulissen zu hören. Weiter zu gehen. Weiter, tiefer. Doch da kommt wenig.

Man merkt, dass die Ypsilanti-SPD nicht mit Zastrow geredet hat. Man merkt, dass ihm wesentliche Quellen fehlen – aus dem Umfeld von Koch etwa. Oder aus dem Kreis von Walter.

Zastrow hätte sein Buch umschreiben müssen. Er hätte die Heldengeschichte weglassen oder zumindest stark kürzen können. Aber er tat es nicht.

Vielleicht hat ihm die Zeit gefehlt, vielleicht die Lust. Vielleicht mochte er seine eigenen Worte so stark, dass er sie nicht löschen konnte.

Er tat es einfach nicht. Er hat den spannenden Teil hinter einer Wand Langeweile versteckt. Schade.