Musik in meinen Ohren

Ich war mal wieder weg, im Ausland. Und dann bin ich gerade in meiner Bottroper Bäckerei gewesen und habe das Ruhrgebiet gehört. Diesen Klang, den es nirgendwo auf der Welt gibt. Ich weiß nicht mal, ob sich schon mal Sprachforscher damit beschäftigt haben. Es geht um diesen Mooooaaagennnnnn-Sing-Sang und dieses Tschühüüüüss-Gesumse. Das wird geflötet, gesäuselt, gehaucht, mit ansteigendem Ton auf der letzten Silbe, das N oder S verschliffen zu einem kaum wahrnehmbaren Laut. So als wolle der Sprecher den Klang wieder zurücknehmen. Ganz weich, ganz zart. Manchmal aber auch total bollerig und breit. Als würde einer die Kaffekanne auf den Tisch kloppen. Und sagen, so, fettich, geht los getzt. Was weiß ich, ich hab mich jedenfalls gefreut in der Bäckerei, als ich mit einem zweifachen Tschühüüüsss den Laden verließ. In diesem Sinne an alle ein fröhliches: Mooooooooaaagennnnn.

Foto aus dem Blog von Petra Reski

E.on soll in Datteln zum absoluten Baustopp gezwungen werden

Der Bund für Umwelt und Naturschutz setzt zum Gnadenstoß auf das Dattelner E.on-Kohlekraftwerk an. Während die Arbeiten derzeit noch auf Sparflamme weitergehen und sich ein Heer von Juristen mit den Genehmigungen und OVG-Beschlüssen befasst, will der BUND mit einem Eilantrag den  Baustopp durchsetzen. Hier die Pressemitteilung der Umweltschützer:

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat am gestrigen Abend beim Oberverwaltungsgericht in Münster einen Eilantrag für einen weiter gehenden Baustopp des E.On-Steinkohlekraftwerks in Datteln eingereicht. Dieser war notwendig geworden, da die Bezirksregierung Münster dem BUND-Antrag auf Stopp aller auf den Teilgenehmigungen 3-5 beruhenden Baumaßnahmen nur teilweise nachgekommen ist. Darüber hinaus endet heute auch die Frist zur Entscheidung über den vom BUND beantragten vollständigen Baustopp.

Anders als der Münsteraner Regierungspräsident hält der BUND die Klageerweiterung auf die Teilgenehmigungen 3 und 4 für nicht verfristet und damit zulässig. Der BUND rechnet mit einer kurzfristigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Wie das OVG inzwischen mitteilte, wurde der Bezirksregierung eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22.09.2009 eingeräumt; die E.On-Kraftwerke GmbH wurde beigeladen. Gibt das Gericht dem Eilantrag statt, müssen auch die Bauarbeiten z.B. für die Dampfkesselanlage, die Elektrofilter, an den Treppentürmen und Gleisanschlüssen eingestellt werden

Ein Weiterbau des Kraftwerks würde nach Ansicht des BUND den Rechtsstaat und damit auch das Fundament des Wirtschaftsstandorts NRW untergraben. Das oberste Verwaltungsgericht des Landes habe eine solche Fülle von gravierenden Rechtsverstößen bei der Kraftwerksplanung aufgezeigt, dass ein Baustopp unausweichlich ist und eine Fehlerheilung ausgeschlossen erscheint.

„Es geht um den Schutz der Bevölkerung in der Region, um eine andere Art der Energieerzeugung, um Klima- und Naturschutz. Wer jetzt das Gespenst der Deindustrialisierung an die Wand malt, hat nichts begriffen. Es gibt in NRW tausende Industrieunternehmen, die sich an die Gesetze halten und mit großen Kosten und viel Engagement den Schutz von Mensch und Umwelt beachten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es für E.On Ausnahmen zu Lasten der Anwohner und der Umwelt geben soll. Wirtschaftsministerin Christa Thoben darf sich jetzt nicht zur Handlangerin von E.On machen“, sagt Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND. Aus dem Urteil ergebe sich, dass es sich bei dem Kraftwerk um einen Schwarzbau handelt. Für die Fehlplanung sei auch die Landesregierung verantwortlich. Als Konsequenz dürften nicht die Gesetze zum Schutz von Mensch und Umwelt verbogen werden, sondern die Fehlplanung von E.On müsse korrigiert werden – bis hin zu einem Rückbau.

Der BUND appellierte an die Landesregierung, das OVG-Urteil ernst zu nehmen und endlich eine auf Erneuerbare Energien und effiziente Energiespartechnologien basierende Energiepolitik einzuleiten. Das schaffe neue Arbeitsplätze und stärke den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Die Häufung von neuen großen Steinkohlekraftwerken in der Region ist hingegen ein weithin sichtbares Zeichen für klimapolitische Rückständigkeit und ein großer Standortnachteil für die Ansiedlung zukunftsfähiger Arbeitsplätze.

Polizei schlägt in Berlin Demonstranten für Datenfreiheit zusammen

Am Samstag waren zehntausende auf den Beinen, um in Berlin für die Freiheit zu demonstrieren. Friedliche Menschen, die viel am Computer sitzen. Keine Autonomen, keine Steinewerfer, keine Streetfighter. Auf dem Video hier ist zu sehen, wie einer dieser Männer, ein junger Kerl mit einem Rad, eine Meinungsverschiedenheit mit einem Polizisten hat. Er wird gleich bluten.

 

Falls der Film bei Youtube gesperrt wird, hier ein Link zu einen Upload auf vimeo: klick

Es ist nicht mal ein Streit, das kann man wirklich nicht sagen. Der junge Mann wehrt sich nicht, er diskutiert nicht. Er schreibt nur den Namen eines Beamten auf, der eine Anzeige nicht annehmen wollte. Es ging dabei um einen Fall: ”aggro-zecke trifft aggro-polizist” und „aggro-Polizist“ greift unter nicht erfreulichen Zuständen „aggro-zecke“ ab, wie netzpolitik unter Berufung auf den CCC schreibt.

Ich habe viele solcher Demo-Diskussionen gesehen. Das ist Folklore. So friedlich wie hier hab ich das selten erlebt. Dann will der junge Mann weggehen, er schiebt sein Rad an die Seite. Es gelingt ihm nicht. Er wird zusammengeschlagen und mit ihm andere Menschen. Es gibt keinen Anlass für die Prügel. Zumindest keinen erkennbaren.

Oder vielleicht doch? Bei Sekunde 17 18 oder so, kann man sehen, wie sich der Radfahrer irgendetwas von der Brusttasche des Polizisten abschreibt. Wahrscheinlich den Namen oder die Nummer. Ein anderer Polizist schaut bei Sekunde 20 auf den Zettel, er scheint den Radfahrer kurz an der Schulter zu berühren. Man kann es nicht richtig sehen, mehr erahnen. Der Polizist läuft dann weiter. Dann schiebt der Radfahrer sein Bike weg und bei Sekunde 26 kommt der Schläger ins Bild. Wollten die Polizisten den Zettel mit dem Namen oder der Nummer haben und haben den Radfahrer deswegen zusammengeschlagen?

Ein ziemlich unfassbarer Gewaltausbruch. Einige Leute bluten. Die Schläger sind gut zu erkennen. Sie haben Bürstenhaarschnitte wie Skinhaeds. Ich hoffe, es melden sich Zeugen bei mail (at) ccc.de und die Täter können ermittelt werden. Ich hoffe die Schläger werden bestraft und aus dem Polizeidienst entlassen.

Der Senator für Inneres muss Rede und Antwort stehen. Was haben diese Schläger in Staatsdiensten getan?

Ich verstehe diesen Blogbeitrag als öffentliche Anzeige gegen Unbekannt, wegen des Verdachts auf vorsätzlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigung und Amtsmißbrauch. Ich habe die öffentliche Anzeige deswegen per Email an pressestelle (at) senjust.berlin.de und poststelle (at) senjust.berlin.de gesandt.

Falls Youtube das Video sperrt. Hier ein Link zu einem Mirror: http://ccc.mirrors.as250.net/fsa09-043-small.avi

Fefe hat das Video rausgehauen. Bei ihm gibt es mehr zu den Hintergründen und jede Menge Download-Optionen. Klick

Doof für die Prügelpolizisten, dass die Nerds, die von Freiheit reden, mit Camcordern rumlaufen und sich nicht einfach so wegklatschen lassen, wie die alte Antifa.

Hier hat sich irgendwer mittlerweile ein entsprechendes Bild zur Tat gemacht: Klack

Danke an Bert und Knudelbacke

Russlands Fischzug durch den Opelbetrieb

Ich komme gerade aus Russland zurück. Hab da mit einem Kenner der Autoszene gesprochen. Der wiederum hatte vor ein paar Tagen mit Oleg Deripaska in einer vertrauten Runde gesessen und über Opel und die Zukunft der deutschen Autobauer geredet. Oleg wer?

Youtube-Video: Opel-Burnout

Oleg Deripaska ist einer der reichsten Russen. Zwar hat er einen Großteil seines Vermögens in der Finanzkrise verloren. Doch für Opel scheint es immer noch zu reichen. Er steckt hinter dem ganzen Magna-Opel-Deal.

Und was der Deripaska-Kenner zu Opel zu sagen hatte, war interessant. Einmal sagte er, gehe es den Russen nur darum, die Patente aus Rüsselsheim nach Russland zu kriegen, dann wolle Deripaska die Maschinen von Opel haben, die er braucht, um in Russland eine neue Autofabrik nach Opel-Muster aufzubauen. Opel aus den deutschen Werken sollen nicht nach Russland geliefert werden. Der Konzern müsse im Westen runtergeschrumpft werden, egal, ob dabei 30 Prozent der Belegschaft gehen müssten, oder mehr. Egal, ob es Kredite gibt oder Bürgschaften. Von Deripaska jedenfalls seien keine großen Investitionen zu erwarten.

Ihm ginge es um den Aufbau einer russischen Opel-Variante. In Russland nämlich könnten 1 Mio Autos abgesetzt werden, würde Deripaska glauben. Jährlich. Die Lohnkosten seien dort niedriger und die Materialkosten sowieso. Die Medien in Russland feiern den Sieg.

Den russischen Markt jedenfalls soll für den europäischen Opel dicht bleiben. Deripaska wolle sich ja schließlich nicht selber Konkurrenz machen.

Damit das klappt, soll sich Deripaska auch für extrem hohe Schutzzölle einsetzen. Aus dem Ausland sollen keine Wagen nach Russland rein kommen. Dabei bräuchte Opel einen neuen Markt, um selbst überleben zu können. Aber wie gesagt – außer Technik und Patente will Deripaska nichts von Opel.

Meiner Meinung nach ist der Opel-Deal, so wie er mit Magna durchgeboxt wurde, ein totaler Irsinn. Wir finanzieren dem Russen Deripaska den Fischzug nach Opels Patenten, ohne dass der dafür Geld geben muss, und übernehmen sogar noch über die Bürgschaften die Risiken.

Aber die Politik von Merkel und Steinmeier hat das ja so gewollt.

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Dortmunds Haushaltspläne

Heute hat uns Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer via Bild erklärt, es gibt kein Haushaltsloch in der Stadt – wie er und die Kämmerin dies direkt nach der Wahl noch gesagt haben. Dortmunds neuer OB Ulli Sierau spricht schon von einem Haushalts-Loch Ness. Ja, wenn die das sagen. Ich will auf die Trickser aus Dortmund mit einem Gleichnis eingehen:

Ich habe zwei Euro. Und einen Haushaltsplan.

Ich muss für zwei Euro ein Brot kaufen, damit meine Familie morgens UND abends satt wird.

Ich will aber auch noch eine Salami haben, damit das Brot auch schmeckt. Die Salami kostet drei Euro.

Ich mache einen neuen Haushaltsplan: Einen Euro setze ich im Wettbüro auf einen Auswärtssieg des BvB in Schalke. Gewinnen die Dortmunder, bekomme ich auf meinen Einsatz vier Euro zurück.

Das heißt: Wenn der BvB gewinnt, hätte ich laut Haushaltsplan jetzt fünf Euro. Ich könnte also Brot und Salami kaufen. Das erzähle ich meiner Familie. Die glauben mir und klatschen. Ich werde als Familienoberhaupt gewählt.

Einen Tag später kommt das Ergebnis aus Gelsenkirchen. Scheiße, Schalke gewinnt. (wie immer)

Jetzt hab ich nur noch einen Euro. Oder anders gesagt, ein Loch in meinem Haushaltsplan.

Jetzt muss ich sparen. Aber dann weint die Familie. Was mach ich?

Ich ändere den Plan. Ich kauf für den einen, letzten Euro jetzt zwei Vollkornbrötchen mir Rosinen und Schokostreuseln oben drauf.

Dann sag ich: was wollt ihr, ich habe den Haushaltsplan nur geändert. Es ist genug Geld für den Plan da und es gibt jetzt nicht nur Brot, sondern sogar Super-Luxusbrötchen. Mit anderen Worten: es gibt kein Loch im Haushaltsplan sondern nur ein Haushalts-Loch Ness.

Das glauben so ziemlich alle, die es glauben wollen. Nur abends, da wird meine Familie nicht satt.

Und das ist das Problem.

Auf Dortmund bezogen: Im Bild-Artikel steht genau drin, wie Langmeyer das Haushaltsloch zugeschaufelt hat:

a) Sparen: Das heißt, es wird weniger in Projekte investiert und viel weniger für den aktiven Betrieb der Stadt ausgegeben. Das werden die Leute bald spüren.

b) Mehreinnahmen: Die städtischen Töchter werden ausgepresst, müssen Schulden machen und Geld überweisen. Sie können dann weniger investieren. Die Folgen sieht man erst ein wenig später.

c) Mehrzuweisungen vom Land: Hoffnung, die sich erfüllen kann – oder auch nicht.

Getretener Quark wird breit, nicht hart

Gut, ich will hier über das Manifest sprechen, dass heute im Netz erschien. Ich glaube das Manifest ist keine Sahne, sondern Quark, und der wird beim Strampeln nun mal eher breit als hart.

Das denke ich aus folgenden Gründen. Journalismus hat nichts mit Technik zu tun. Technik hilft, unterstützt, OK. Das Internet gleicht insofern den Brieftauben der Agentur Wolf, dem Telegraf des Herrn Reuter oder dem Telefon. Das Internet bringt Fortschritt – ja. Es macht es leichter zu arbeiten – das auch. Aber es verändert nicht die Hauptaufgaben eines guten Journalisten.

Und das ist: Geschichten machen. Fragen. Mit Menschen reden. Nachfragen. Akten suchen. Behauptungen überprüfen. Nachlegen. Journalismus ist vielleicht auch Haltung. Eine Perspektive. Ist Unterhaltung. Ja, das alles. Aber Journalismus ist keine Datenübertragungstechnik.

Ich denke jetzt an die Großen des Fachs. An David Crawford vom Wall Street Journal beispielsweise.

Ich glaube David freut sich, dass er das Internet benutzen kann und einen Computer. Aber nimm ihm die Technik weg, dann ändert er sich deswegen nicht. Er beschwatzt Leute, ist charmant, sucht und findet Vertrauen. Und kriegt so die Papiere in die Hand, die beweisen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Vorteile von der Dresdner Bank annahm. So bekommt er seine Bestätigung ON RECORD von der Dresdner Bank, dass die Story stimmt. So geht guter Journalismus.

Nebenbei: das Stück ist nicht mal frei im Internet für lau zu lesen, weil das Wall Street Journal Zugang zu seinem Archiv nur gegen Cash zulässt. Soviel zum Thema Bezahl-Content.

Ich zieh mal mit meinen Worten meine Lehre aus der Nummer: Scheiß auf die Technik. Besorg Dir die großen Nummern und Du kriegst im Zweifel auch Geld für Deine Arbeit. Egal ob Du ein iPhone hast oder eine Holzschreibmaschine.

OK, das hätten wir also.

Dann geht es in dem Manifest um Medien. Klar macht das Internet die Geschichten schneller, das Publikum zum Mitspieler und jeden zum potentiellen Autoren, der um Leser buhlt. Das ist die Nummer mit dem Imperium aus der Westentasche.

Aber die dicken Schlachtschiffe bleiben die dicken Schlachtschiffe. Hier und da regt sich einer auf, wenn eines der großen Medien einen Fehler macht. Aber im ernst, wie viele Fehler machen Blogs?

Es geht darum, mehr richtig, als falsch zu machen. Und da sind die großen Medien einfach stark. Das muss man hinnehmen. Die haben Rechtsabteilungen, Fachleute und clevere Redakteure.

Denken wir an Geschichten wie mit Jako und Trainer Baade. Der Blogger wird an den Rand des Ruins getrieben. Die dicken Schiffe könnten sich in so einem Fall wehren und Jako abprallen lassen. Klar funktioniert hier und da die Solidarität, aber öfter siegt der Anwalt gegen einen Schwachen. Gerade weil Blogger auch echte Fehler machen.

Deswegen denke ich, sollte man nicht vorschnell die alten Medien verurteilen. Sie bringen harten Stoff ins Netz und haben die Kraft diesen Stoff gegen Anfeindungen zu schützen. Die schwärzen nichts einfach so, weil irgendwem eine Aussage nicht paßt. Die kämpfen.

Ich rede von den großen Geschichten, den harten Enthüllungen. Wer aus den Reihen der viel gerühmten Internetöffentlichkeit hat schon was enthüllt. Hat einen Skandal aufgedeckt. Ich mein was echtes, was starkes? Kommt nicht oft vor. Die meisten Enthüllungen stehen immer noch in den „Mainstreammedien“.

Womit ich beim Thema vom Amateur und dem Profi bin.

Das war schon immer so: ein Profi kennt die Wege, die man zu einer guten Geschichte gehen muss. Er geht sie. Und er macht die Story. Ein Amateur träumt von der Bundesliga und spielt Kreisklasse. Ein Profi kann im besten Fall von seiner Arbeit leben, ein Amateur muss Möbel packen, Schornsteine fegen oder Pizza ausliefern.

Was da steht im Manifest von Freiheit, Links und Öffentlichkeit, erscheint mir wie viel heiße Luft und wird seit der Erfindung des Kopierers in immer neuen Varianten wiederholt. Das Internet gibt mehr Schreibern, Chancen gehört zu werden, und mehr guten Schreibern, die Chancen auf ein größeres Publikum. That’s it. Aber Heribert Prantl kann das noch viel schöner sagen. Zitat:

Man sollte auch aufhören mit dem Gerede, dass der „klassische“ Journalismus in einem Bermuda-Dreieck verschwinde. Der gute klassische ist kein anderer Journalismus als der gute digitale Journalismus. Die Grundlinien laufen quer durch diese Raster und Cluster: Es gibt guten und schlechten Journalismus, in allen Medien. So einfach ist das.

Deswegen verweise ich auf die Rede von Prantl zum Thema, hier nach dem Punkt. Klick

Ich komm mal zum Schluss: Und da will ich was zur Haltung beim Schreiben sagen. Wir brauchen eine Debatte über Korruption unter den Bloggern. Über die Grenzen der gekauften Öffentlichkeit im Netz. Über die Manipulationen, Schleichwerbung und wie man damit umgeht. Das wäre wichtig. Denkt mal nur daran, wie die Vodafone-Debatte lief. Mit Sascha Lobo als Werbeikone des Telefonimperiums.

Wurden hier Grenzen überschritten? Die einen meinen Ja, die anderen Nein. Ich bin mir in dem Fall gar nicht mal so sicher.

Aber ich frage mich, wo fängt Bestechung an und wo hört sie auf. Ich hab mal hier bei den Ruhrbaronen die Frage nach der Bloggerkauferei bei Parteitagen gestellt. Mit gemischtem Erfolg.

Diese Debatte über Ethik fände ich aber spannender als das Geschwurbel von einem Journalismus, der sich verpflichtet die neuen Techniken wie Twitter ernst zu nehmen. Pfuhhhhh….

Im ernsthaften Journalismus gibt es die Debatte über die Trennung von PR und Journalismus schon länger. Sie wird hart geführt. Und sie würde den Internet-Schreibern besser tun, als die gut gemeinten Worte aus Berlin.

Die Internetschreiber sind so was wie die neue schreibende Bürgerlichkeit. Sie schaffen Öffentlichkeit. Und das ist gut, um die Gesellschaft zu entwickeln. Aber sie erfinden nicht die Feder der Schreiber neu.

Wofür sterben unsere Soldaten – und wofür töten sie?

Foto: Flickr.com/Canada en Afghanistan

Die Debatte über den Bombenangriff auf zwei Tanklastzüge im afghanischen Kunduz rollt noch – Verteidigungsminister Franz Josef Jung sagt jetzt, die überwiegende Anzahl der getöteten Menschen seien Taliban gewesen und es hätte nur einige, wenige Unschuldige getroffen – da meldet die New York Times unter Berufung auf mehrere Quellen, dass Unterstützer des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bei den Präsidentenwahlen vor ein paar Wochen hunderte Wahllokale erfunden hätten, die es nur auf dem Papier gegeben habe. Aus diesen Fake-Wahllokalen seien dann tausende Stimmen für Karsai nach Kabul gemeldet worden. Diese Stimmen hätten den Sieg Karsais bei den Wahlen garantiert.

Toll. Wir stehen also in Afghanistan auf der Seite eines Mannes, der Drogendealer und Korruption beschützt und bei Wahlen bescheisst. Super.

Dafür kämpfen unsere Soldaten also. Was sagen die eigentlich dazu? Ich würde mich freuen, wenn ich Kommentare von Soldaten lesen könnte.

Gerne auch an meine private Email david.schraven (at) ruhrbarone.de

Hier debattieren wir bei den Ruhrbaronen gerade über den Sinn des Krieges: klack

NRW-Rüttgers macht Rumänenschelte mit System

Noch am Freitag hatte sich NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) für seine Beleidigungen gegenüber Rumänen im Wahlkampf entschuldigt. Gestern hat die SPD dann ein weiteres Video veröffentlicht, in dem Rüttgers mit ähnlichen Tönen erneut die Rumänen beleidigt hat. Die Aufnahme wurde Ende August in Münster gemacht. Sie ist also noch vor der Entschuldigung von Rüttgers entstanden. Er sagt – Zitat:

Die kriegen die Produktion in Rumänien nicht in den Griff. In Rumänien kommen die Arbeiter nicht wie unsere Arbeitnehmer hier in Nordrhein-Westfalen morgens um sieben Uhr und bleiben solange wie der Betrieb ist. Und wenn’s sein muss, machen sie auch noch Überstunden. Die kommen, wann sie wollen, und gehen, wann sie wollen, und deshalb kriegen sie auch die Handys nicht mehr zusammengebaut."

Ich finde nicht erstaunlich, dass die politischen Gegner vermeidliche Skandale des politischen Gegners anprangern. Das ist normal. Es ist gut, dass die SPD dies hier im Fall von Rumänen-Rüttgers öffentlich tut, und die Story nicht hintenrum lanciert. Das ist gut.

Wir können uns also mit den Inhalten von Rüttgers Rumänen-Schelte beschäftigen. Und hier fällt mir auf, dass Rüttgers die Beleidigungen als eine Art rhetorische Formal in seine politischen Ansprachen eingebaut hat. Er wird also ähnliche Aussagen im Wahlkampf öfter gemacht haben. Er wird sie vor Publikum getestet und ziemlich sicher ihre Wirkung abgewogen haben. Gerade deswegen finde ich, kann man über diese Aussagen nicht einfach hinweggehen. Hier wird mit völkischen Ressentiments gespielt. Das darf ein deutscher Ministerpräsident nicht tun.

Die dahinter liegende Geisteshaltung der überlegenen deutschen Arbeitskraft über die faulen Balkanvölker teilen sicherlich viele. Deswegen ist es aber trotzdem falsch, an diese Geisteshaltung im Wahlkampf zu appelieren, den so verkommen die politischen Sitten. Unter dem Vorwand einfach Wähler am rechten Abrgund abzufischen, wird den Faschisten der Weg zurück in den Mainstream der Politik eröffnet.

Ich hoffe mit der Entschuldigung von Rüttgers verschwinden diese Formulierungen in Zukunft für immer aus den Wahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen.

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Landesrechnungshof gegen CDU-FDP-Landesregierung in NRW

Bild:: Ausriss aus der Stellungnahme der Landesrechnungsprüfer

Die Reform des NRW.Bank sorgt in Nordrhein-Westfalen hinter den Kulissen für Aufregung. Quasi ohne Kontrolle soll ein Vermögen des Landes NRW in Höhe von 18,6 Mrd Euro in das Geldhaus verschoben werden. Ich finde das ziemlich merkwürdig.

Dabei hört sich die Nachricht zunächst einfach gut an: Der wohnungsbaupolitische Sprecher und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Christof Rasche, und die haushalts- und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Angela Freimuth, loben in einer Pressemitteilung die Integration der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen (Wfa) in die NRW.Bank, genauso wie der baupolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Heinz Sahnen oder der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Volkmar Klein. Im Kern geht es um die Förderung von sozialen Wohnungsbau, die Ausstattung des Landeseigenen Fonds für Landeswohungsbauvermögen und frisches Kapital für das staatliche Geldinstitut.

Rasche, Freimuth, Sahnen und Klein lassen verbreiten, Sachverständige hätten in einer Anhörung ein entsprechendes Gesetz gelobt. Es wird so getan, als gehe es quasi nur um eine Mrd Euro, die fließen soll.

In der gemeinsamen Pressemitteilung von Rasche und Freimuth heißt es etwa weiter:

Besonders interessant ist die Aussage des Vorsitzenden des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland-Westfalen, Burghard Schneider, durch das neue Gesetz ergäben sich keine faktischen Unterschiede zur bisherigen Praxis der sozialen Wohnungsbauförderung."

Tja, allerdings liegt den Ruhrbaronen die Stellungnahme des Landesrechnungshofes zu dem oben beschrieben Gesetz vor. Und man kann beim besten Willen nicht sagen, dass die Rechnungsprüfer das Geschäft gut finden. Und man kann auch nicht sagen, dass es nur um eine Mrd Euro geht. Stattdessen sprechen die Prüfer von insgesamt 18,6 Mrd Euro, die verschoben werden sollen. Hier kann man die Stellungnahme des Landesrechnungshofes herunterladen und sich selber ein Bild machen: klack

Die Rechnungsprüfer sagen, es würde mit der Übertragung der Mittel auf die NRW.Bank eine Art Schattenhaushalt geschaffen, über den das Parlament die Kontrolle verliert – mehr noch, über das die Bank nahezu ohne Aufsicht durch die Rechnungsprüfer verfügen könnte. Mit allen dazu gehörenden Risiken, die wir von der WestLB kennen und die uns Steuerzahler einige Milliarden gekostet haben.

So wird mit dem neuen Gesetz der Bank ein Vermögen von 18,6 Mrd Euro aus dem Fonds für Landeswohnungsbau (LWBV) quasi zugeführt. Bislang besteht das Kapital vor allem aus Forderungen gegenüber Firmen, die auf Kredit sozialen Wohnungsbau betrieben haben. Der Fonds war bislang unter dem Dach der Wfa unabhängig. Gewinne des Fonds konnten zum einen für den Wohnungsbau benutzt werden oder in den Landeshaushalt überführt werden.

In der Neuregelung soll das viele bislang geschützt Geld in das Stammkapital der NRW.Bank überführt werden. Das Risiko dabei laut Landesrechnungshof:

Durch Verluste der NRW.Bank könnte der bislang geschützte LWBV in Zukunft vermindert oder aufgezehrt werden.

Weiter befürchten die Rechnungsprüfer, dass die NRW.Bank mit dem frischen Kapital ihre Geschäftstätigkeiten „erheblich“ ausweitet. Doch das ist nicht alles.

Anscheinend schlummert in der NRW.Bank ein ganz erhebliches Risiko. So hat die Bank laut Rechungshof Derivatgeschäfte in der unglaublichen Höhe von 198 Mrd Euro zum 31. Dezember 2008 ausgewiesen. Darunter fallen auch die Geschäfte mit Credit Default Swaps und Colateral Debt Obligations, die die Finanzkrise ausgelöst haben. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich unter den unglaublichen Summen auch jede Menge faule Eier verbergen. Oder wie es heißt Material für das Finanzhorrorkabinett. „Für Eventualverbindlichkeiten aus Kreditderivaten werden 21967 Mio Euro ausgewiesen.“ Nach der Katastrophe um die WestLB eine kaum glaubliche Risikokonzentration auf eine einzige staatliche Bank.

Sollten die faulen Eier platzen, könnte man demnach damit rechnen, dass der entstehende Gestank mit dem frischen Atem aus den Wfa-Milliarden verscheucht werden soll.

Unglaublich, oder? Quasi ohne öffentliches Aufheben, soll mit 18,6 Landesmilliarden die NRW.Bank gerettet werden, falls es dort zur Katastrophe kommt.

In diesem Fall sollte man hoffen, dass die NRW.Bank mit ihrem vielen Geld wenigstens gut kontrolliert wird. Vor allem, sollte das viele Geld der Wfa zu Wohnbauförderung gut beaufsichtigt werden, damit es nicht in den stinkenden Löchern verschwindet.

Doch die Aufsicht, die für das Wfa-Ggeld geplant ist, reicht nach Ansicht der Landesrechnungsprüfer überhaupt nicht aus. Zitat:

Die Förderschwerpunkte (für das Wfa-Geld. D.A.) werden ohne unmittelbare parlamentarische Beratung und Kontrolle festgelegt und damit faktisch der Haushaltskontrolle durch das Parlament und den landesrechnungshof entzogen. Angesicht der Größenordnung von 18,6 Mrd Euro Landesvermögen, das zum Stammkapital der NRW.Bank wird, hält der Landesrechnungshof dies nicht für vertretbar.

So Herr Rasche, Herr Sahnen, Herr Klein und Frau Freimuth: wie passt diese Stellungnahme des Landesrechnungshofes zu ihrer Mitteilung, dass alle Experten die Integration der Wfa in die NRW.Bank gut finden? Gar nicht , oder?