Daimler kommt in RWE-Aufsichtsrat

Daimler-Chef Dieter Zetsche soll in den Aufsichtsrat des Energiekonzerns RWE einziehen. Entsprechende Meldungen wurden am Montag in Kreisen des Versorgers bestätigt. Zetsche soll auf den verstorbenen Karel van Miert folgen, hieß es. RWE und Daimler wollten dies zunächst nicht offiziell kommentieren.

Der belgische Politiker und frühere EU-Wettbewerbskommissar van Miert war vor wenigen Wochen gestorben. Er bekleidete einen von nur sechs Plätzen der freien Kapitalbank im 20-köpfigen RWE-Aufsichtsrat. Die übrigen Plätze werden von kommunalen Aktionären und Arbeitnehmern besetzt.

Die Berufung von Zetsche gilt als Weg weisend. RWE und Daimler sind derzeit eng bei den Planungen für den Einsatz von Elektroautos in Deutschland verbunden. Die Konzerne sehen hier die Chance auf ein völlig neues Geschäftsfeld. RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann und Daimler-Chef Zetsche gelten zudem als Freunde.

Alles rächt sich – Silvanas Fehlstunden wieder Thema

Foto: Marcus Meier

Wir hatten vor einiger Zeit berichtet, dass Silvana Koch-Mehrin, FDP-Spitzenkandiatin für die Europawahl, mit ihrer Anwesenheit im Europaparlament recht sparsam war. Nun wollen sich die übrigen Parlamentarier an der "Milli Vanilli" der Europapolitik offenbar rächen. Sie soll nicht zur Vizepräsidentin des Hauses gewählt werden.

Zur Erinnerung: Koch-Mehrin hatte in einer eidesstattlichen Versicherung behauptet, sie habe 75-Prozent der Plenarsitzungen des Parlamentes besucht. Das hohe Haus selbst gab offiziell 62 Prozent Anwesenheit an. Auf diese Diskrepanz angesprochen, schickte Koch-Mehrin Anwälte los, um eine Diskussion um die Sache zu unterdrücken. Das lief nicht. Die Fehlzeiten wurden kurz vor der Wahl zum Thema, wenn auch ohne erkennbares Ergebnis auf das Wahlergebnis. Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg läuft noch kein Ermittlungsverfahren wegen der möglicherweise falschen Eidesstattlichen Versicherung.

In der Berichterstattung über den Widerspruch zwischen Eid und Parlamentsangaben erzürnte Koch-Mehrin die EU-Parlamentarier. Sie habe sich nicht an der Kernarbeit in den Ausschüsses beteiligt, sei stattdessen in den Landen rumgejuckelt und habe Unsinn erzählt – so die Kritik der konservativen Abgeordneten, auch hier im Blog. Koch-Mehrin vertrete keine eigene Politik, sondern stelle nur die Politik anderer dar. Sie sei damit nicht besser als die Popgruppe Milli Vanilli, die zu den Songs von Frank Farian die Sänger gemimt hätten.

Parteifreunde von Koch-Mehrin konnten mit der Kritik wenig anfangen und fingen an hier im Block anonym zu stänkern.

Wie dem auch sei: Für das lasche Auftreten der FDP-Politikerin wollen sich die Konservativen nun rächen. Der Vorsitzende der CSU-Delegation, Markus Ferber, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Abgeordneten von CSU und CDU im Europaparlament behalten sich vor, Frau Koch-Mehrin nicht zu wählen." Koch-Mehrin habe "die Abgeordneten beschimpft und die Parlamentswochen in Straßburg als Ausflug ins Landschulheim bezeichnet". Damit vertrete sie "nicht die Interessen der Abgeordneten".

Blöd, dass auch die SPDler Koch-Mehrin nicht wählen werden, wenn sich die Dame um das Amt der einer Vizepräsidentin des Parlamentes bewirbt.

 

Dubiose Belastungszeugin präsentiert dubiose Belege

Foto: Umweltministerium / Uhlenberg steht rechts

Im Verfahren wegen angeblicher Korruption gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium geraten die Ermittler weiter unter Druck. Diesmal geht es um einen dubiose Aussage der Hauptbelastungszeugin Dorothea Delpino, die jetzt im Rahmen des Uhlenberg-Untersuchungsausschusses aufgetaucht ist.

Demnach hatte Delpino in einer Vernehmung am 1. August 2006 unter anderem angegeben, der Beschuldigte Harald F. habe ihr im Jahr 2004 Geheimnisse vor einem Einstellungsgespräch verraten und ihr so eine Stelle im Umweltministerium verschafft. Weiter warf sie dem Abteilungsleiter in der Vernehmung vor, für Korruption empfänglich zu sein und Zuwendungen einzufordern. Zu ihrer Motivation, warum sie Harald F. beschuldigte, sagte die Belastungszeugin. „„Ich wollte mit meiner Initiative und meiner Aussage sicherstellen, dass das Kündigungsverfahren gegen den Herrn Dr. F. erfolgreich abgeschlossen werden konnte und er aus dem MUNLV entlassen würde.“ Delpino händigte dem LKA alle denkbaren Emails und Ordner aus, die für die Beamten von Interesse sein könnten. Doch dazu später noch mal mehr.

Harald F. wurde im Sommer 2006 fristlos gekündigt. Das Umweltministerium zeigte ihn unter anderem auf Grund von Aussagen der Belastungszeugin wegen Korruptionsdelikten an. Später erweisen sich die Vorwürfe von Delpino als haltlos. Ein Untersuchungsausschuss des Landtages NRW wurde vor zwei Wochen eingesetzt, um zu klären, ob die Anzeigen des Ministeriums politisch motiviert waren. Harald F. gilt als renommierter Kritiker von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) im PFT-Skandal.

Einer der wenigen, verbleibenden Vorwürfe gegen Harald F. ist die Beschuldigung der Belastungszeugin, der Abteilungsleiter habe ihr vor dem Einstellungsgespräch im Jahr 2004 ein Geheimnis verraten. Und zwar soll er Delpino die Fragen im Einstellungsgespräch vorab gesagt haben, damit sie einen Job im Ministerium erhält. Als Beleg für ihre Aussage, gab Delpino eine weitere Zeugin an. Das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelten zwei Jahre gegen Harald F. und mindestens zwölf Mitbeschuldigte. Der Ex-Abteilungsleiter wurde für mehrere Wochen in Haft genommen. Die Zeugin aber, die den Vorwurf des Geheimnisverrates bestätigen sollte, wurde vom LKA erst Ende April 2009, gut zweieinhalb Jahre nach der Vernehmung von Delpino, befragt. Sie widersprach der Darstellung der Belastungszeugin. Sie könne sich an nichts erinnern, was auf einen Geheimnisverrat hindeuten würde.

In der Zwischenzeit hatte die Belastungszeugin Delpino von der Staatsanwaltschaft Wuppertal vollständige Akteneinsicht bekommen – zu unrecht, wie das Landgericht Wuppertal in einer Entscheidung später befand.

Nachdem auch der vorerst letzte Tatvorwurf der Belastungszeugin zu platzen drohte, wurde das LKA nun schneller aktiv. Aus Unterlagen, die mir vorliegen, geht hervor, dass ein Beamter des LKA am 18. Mai 2009 bei Delpino anrief und fragte, ob sie noch Notizen vom Telefonat aus dem Jahr 2004 habe.

Diese Frage ist merkwürdig, da Delpino bereits 2006 alles Interessante und Uninteressante, alle möglichen Emails von Harald F. und Daten, derer sie habhaft werden konnte, an das LKA ausgehändigt hat – Hauptsache es erweckte den Eindruck, Harald F. habe etwas verbotenes getan. LKA und Delpino standen sehr lange in engem Kontakt und tauschen ganze Aktenordner mit angeblich belastendem Material aus. Unterlagen, die diese Aussage beweisen können, liegen mir vor.

Wie dem auch sei. Jedenfalls informierte Delpino das LKA am 20. Mai. 2009, dass die gewünschten Unterlagen lieferbar seien. Ein Beamter holte die Papiere daraufhin ab. Und zwar genau der Beamte, der zuvor sehr eng mit Delpino beim Zusammenstellen der Korruptionsvorwürfe zusammengearbeitet hatte.

Interessant ist dann noch zu wissen, dass der Anwalt der Belastungszeugin Delpino im Verlauf des Jahres 2008 von der Staatsanwaltschaft Wuppertal eine CD mit einem nahezu vollständigen Aktensatz der Ermittlungen bekommen hat und zwar zu unrecht, wie das Landgericht Wuppertal in einer Entscheidung später befand. Delpino hätte also über ihren Anwalt Zugriff auf alle Ermittlungsergebnisse des LKA haben können. Welchen Wert haben ihre nun nach fünf Jahren gelieferten Notizen? Irgendeinen? Hätte sie sich nicht alles aus den Ermittlungsunterlagen des LKA zusammenschreiben können?

Glaubt der Frau Zeugin noch irgendwer irgendwas? Nachdem sich ihre anderen Vorwürfe zerlegt haben?

Ich habe bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal nachgefragt. Dort sagte ein Sprecher, er wolle wegen des laufenden Verfahrens nichts zu der Glaubwürdigkeit der überraschend spät gefundenen Notizen der Belastungszeugin sagen. Es heißt, mehr Infos werde es erst im August geben.

Gut, die Zeit haben wir auch noch.

Desertec – die Solarblase

Grafik: Desertec

Am Montag soll der Startschuss für das Wüstenstromprojekt Desertec fallen. In meinen Augen eines der überzogensten, überhyptesten Vorhaben der letzten Jahre. Oder anders gesagt, der Versuch eine Solarbubble aufzublasen. Aber der Reihe nach.

Zunächst wollen sich 15 Unternehmen in München treffen, um eine ABSICHTSERKLÄRUNG für die weitere Arbeit an dem 400 Mrd Euro Projekt zu unterschreiben. In elf Jahren sollen angeblich in der Sahara genügend Sonnenstromkraftwerke gebaut werden, um 15 Prozent des europäischen Strombedarfs zu bauen. Seit Wochen berichten die meisten Medien begeistert über das Vorhaben.

Aber wie hoch schätzen Sie die Summe, die im ersten Schritt nun investiert werden soll? Hand aufs Herz, mit welcher Summe rechnen Sie?

5 Mrd Euro?

2 Mrd Euro?

100 Mio Euro?

Richtig ist eine Summe zwischen 800.000 und 1 Mio Euro. Das hat mir zumindest einer der führenden industriellen Teilnehmer gesagt.

Mal sehen, vielleicht ist denen die Summe so peinlich, dass die noch auf 2 Mio erhöhen.

Update vom Montag, 13. Juli: Gerade hat die Initiative bekannt gegeben, 1,8 Mio Euro stünden im Jahr bereit – eine Planungs GmbH soll erst Ende Oktober gegründet werden. Umsetzungsfähige Investitionspläne würden in drei Jahren nach Gründung vorgelegt. Jetzt ist die Rede von einer Realisierung der Idee innerhalb von 40 Jahren – nicht mehr innerhalb von elf Jahren.

Der Sprecher der initiierenden Münchener Rückversicherung sagt: „Das ist eine große Vision für die Zukunft, aber wir sind keine Träumer.“ Und weiter sagt er: „Der Fokus liegt auf konkreten Ergebnissen. Die Initiative wird Lobbyarbeit betreiben und einen Dialog in Gang setzen.“

Ich übersetzt das mal. Die Anfangsinvestitionen von einer 1,8 Mio Euro soll also allein für Public Relations genutzt werden. Oder anders gesagt für heiße Luft.

Wie jede gute PR-Geschichte hat Desertec natürlich einen harten Kern. Solarthermische Kraftwerke können tatsächlich bald zur industriellen Stromproduktion in Südeuropa eingesetzt werden. Beispielsweise haben der Energiekonzern RWE und die Stadtwerke München die ersten Großinvestitionen in eine solche Power Station in Spanien angekündigt. Dort soll in der Provinz Granada bis 2011 eine Sonnenstrom-Anlage mit einer Leistung von 50 Megawatt in Betrieb gehen. Die Energie reicht aus, um rein rechnerisch rund 165.000 Menschen mit Energie zu versorgen. Eine solche Anlage könnte als technisches Vorbild im Rahmen von Desertec dienen.

Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre.

Es gibt nämlich sehr viel, was gegen Solartherimische Riesenkraftwerke im Rahmen von Desertec spricht und aus dem Plan, in nur elf Jahren aus der Sahara über neue Hochspannungsnetze bis zu 20 Gigawatt Energie nach Europa zu liefern, ein energetisches Luftschloss macht. Rein rechnerisch können zwar über Sahara-Kraftwerke 15 Prozent des europäischen Energiebedarfs gedeckt werden, aber praktisch ist das fast unmöglich.

Ich skizziere hier mal die größten Probleme:

– Wir sind jetzt abhängig von Öl und Gas aus Arabien. Um diese Abhängigkeit zu verringern, stellen wir dann für 400 Mrd Euro moderne Solarkaftwerke in den Garten von Muammar al-Gaddafi? Das ist der Typ, der mit dem Foto an der Brust und fettigen Haaren bei Berlusconi zu Besuch war. Ich wette, kaum stehen die Kraftwerke, wird die Miete für die Stromduchleitung und den verbrauchten Sandboden verdoppelt. Und zwar im Monatstakt.

– Die Sahara ist sicherheitspolitisch nicht direkt mit Baden-Württemberg zu vergleichen. Da stellt sich doch sofort die örtliche Al-Qaida-Gruppe neben den Solarpanel mit einem Stein in der Hand und will Schutzgeld haben.

– Rechtssicher sind die Investitionen dort auch nicht wirklich. Das heißt, wer sagt denn, dass die Anlagen nicht enteignet werden, sobald sie stehen? Gibt es irgendein Land in Nordafrika, in dem der Strommarkt liberalisiert ist? Eben.

– Um eine ausreichende Rechtssicherheit für 400 Mrd Euro zu schaffen, müssten die Länder in Nordafrika in die EU aufgenommen werden. Kommt das? Eben.

– Die Trassen sind technisch und politisch schwer umzusetzen. Wieso soll Deutschland zudem mit Strom aus der Wüste versorgt werden? Wenn überhaupt, macht das für Italien Sinn.

– Wo sollen die 400 Mrd Euro herkommen? Es scheint, als zerfetze die Spendierlaune in der Krise die realistische Einschätzung von Milliarden. Das sind 800.000.000.000 Kugeln Eis. Genug um gut 100 Mal die gesamte Menschheit mit italienischem Speiseeis zu versorgen. Ist das viel? Ja, es ist. Im Augenblick gibt es niemanden, der bereit wäre, dieses Risiko zu finanzieren. UND: Es gibt keine staatlichen Förderungen, die dieses Investment abfangen könnten. Etwa durch ein Sahara-Erneuerbares-Energien-Gesetz.

– Das Vorhaben soll in elf Jahren umgesetzt werden. In Norddeutschland verhandeln die Leute schon länger über die Anbindung von Windparks an deutsche Stromnetz. Vergiss es.

– Mit dem Vorhaben soll eine neue Großindustrie geschaffen werden. Das ist bei der Vielzahl der Spieler unrealistischer als eine Wiedergeburt der Kernenergie in Hessen. Die Firmen die die Anlagen liefern sollen haben gar nicht die Produktionsleistungen.

– Es gibt jede Menge weitere Probleme rein technischer Art, die Techniker wohl lösen können (wir sind ja auch zum Mond geflogen), aber die jede Menge Geld kosten, das nicht einberechnet ist.

Unter anderem aus diesen Gründen äußerte sich allen voran der E.on Vorstandschef Wulf Bernotat zurückhaltend zu dem Vorhaben, dass auf eine Initiative des Club of Rome aus dem Jahr 2003 zurückgeht. Es sei noch nicht einmal im „Embryonalstadium“, sagte der Chef von Europas größtem Energiekonzern.

Entsprechend defensiv äußert sich der Chef der Öko-Sparte des Versorgers RWE, Fritz Vahrenholt. Er sagte, bei dem Projekt Desertec gebe es viele ungelöste Probleme. „Die Debatte zeigt, dass wir in der hiesigen Energiepolitik in eine Sackgasse geraten sind. Der Hauch einer Ideallösung wird über die Realität hinaus glorifiziert. Es wird aber keine große Lösung für alle Probleme geben.“

Das sehe ich ähnlich. Warum wird nicht das machbare realisiert und dann Schritt für Schritt geschaut, was geht? Warum muss so ein PR-Monster wie Desertec geboren werden? Das erinnert mich an Cargolifter. Außer Werbung nichts gewesen.

Es ist nicht so, dass ich etwas gegen Solarenergie habe. Im Gegenteil. Es ist eine brilliante und fortschrittliche Sache. Eine Zukunftindustrie, die jetzt entsteht. In 50 Jahren wird sie stark genug sein, zusammen mit den anderen neuen Energieformen die Welt mit Strom zu versorgen.

Aber bleiben wir realistisch und machen die Sache wieder klein. RWE setzt zum Beispiel auf Solarthermische Kraftwerke in Spanien, weil dort die staatlichen Förderungen angemessen sind. Das Vorhaben ist solide durchfinanziert. Die Baukosten für die Anlage aus dem Haus Solar-Millenium liegen bei rund 300 Mio Euro. Hinzu kommt ein Anteil von etwa 20 Prozent dieser Summe unter anderem für die Projektentwicklung. Das eingesetzte Kapital kann vor allem über die Staatshilfen nach dem Muster des deutschen Erneuerbaren Energien Gesetzes wieder verdient werden.

Gleichzeitig könne die Anlage auch wirtschaftlich arbeiten, sagte Vahrenholt. So verfüge das Kraftwerk über einen Energiespeicher, der es auch bei Dunkelheit ermögliche, Sonnenstrom zu erzeugen. Dann sei der Standort besonders gut geeignet, um ein Solarkraftwerk zu bauen. „Wir haben dort mehr als 2300 Sonnenstunden im Jahr.“ Zum Vergleich. In Hamburg scheint in weniger als 1000 Stunden im Jahr die Sonne ausreichend.

RWE-Innogy-Chef Vahrenholt sagte weiter, die bei dem Solarthermie-Kraftwerk eingesetzte Technologie eigne sich auch für einen Einsatz im großen Stil. Bevor man aber in die Sahara gehe, sei es zunächst denkbar ähnliche Fabriken in Italien oder in Griechenland aufzubauen, wenn dort die staatliche Förderkulisse stimmen würde. In der Anlage mit Namen „Andasol 3“ bündeln riesige Spiegel das Sonnenlicht. Mit der erzeugten Hitze wird eine Dampfturbine angetrieben, die Strom erzeugt.

Wenn ich nun also das Machbare mit dem Angekündigten vergleiche, frage ich mich, warum die Münchener Rück am 16. Juni über die Süddeutsche Zeitung so einen Ballon mit Namen Desertec aufgeblasen hat.

Kann es was damit zu tun haben, dass die Münchener Rück einen Fonds unterhält, der sich "KlimaStrategie" nennt? In dem Fonds sind ungefähr 8,3 Mrd Euro angelegt – unter anderem in Firmen wie Solar-Millenium.

Solar-Millenium baut die Solarkraftwerke, von denen in Desertec die Rede ist. Seit aufpumpen der Desertec-Blase am 16. Juni hat die Solar-Millenium-Aktie einen Sprung von knapp 14 auf rund 22 Euro hingelegt. Nicht schlecht, oder?

Aber vielleicht ist das Ganze ganz anders und es geht um noch andere Interessen. Ich weiß es nicht.

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Neues von Hannelore Kraft, der klagefreudigen SPD-Spitze aus NRW

Foto: Hannelore Kraft

Wie berichtet, ärgert sich die SPD-Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende in NRW, Hannelore Kraft, darüber, dass ihr runtergekürzter Lebenslauf für Aufregung sorgt. Nun hat sie die CDU in NRW tatsächlich verklagt – vor dem Landgericht in Köln. Mittwoch ist Verhandlung.

Dem politischen Gegner soll verboten werden zu fragen, warum Kraft ihre beinahe zwölf Jahre bei der Mülheimer Zenit GmbH weggestrichen hat. Ob es vielleicht daran lag, dass die Zenit vor zwei Jahren in einem NRW-Förderskandal verwickelt war? Nun, Kraft wollte auch mich in der gleichen Sache verklagen. Nachdem ich aber nachgewiesen habe, dass nicht nur die Zenit GmbH in den Förderskandal verwickelt war, sondern auch Kraft als Wissenschaftsministerin politische Mitverantwortung für den im Skandal bedeutsamen Zukunftswettbewerb Ruhr trug, habe ich nichts mehr von Krafts Anwalt gehört. Die Unterlassung habe ich nicht unterschrieben.

Richtig verrückt finde ich, dass Kraft nun auch diesen Spruch der CDU verbieten lassen will: "Kraftilantis Lebenslauflüge." Klar, der Spruch ist jetzt nicht besonders Shakespeare. Aber ist das ein Grund vor Gericht zu gehen? Der Bundesgerichtshof hat ausgeurteilt, dass im Wahlkampf und im politischen Wettbewerb, die Meinungsfreiheit und die Ausdrucksfreiheit noch höher als sonst zu bewerten ist. Im Wahlkampf ist die Überspitzung, die Polemik, manchmal sogar die Beleidigung erlaubt – solange es nicht zu sehr unter die Gürtellinie geht. Kraft hat offenbar keine dicke Haut, wenn sie nicht damit umgehen kann, wenn die CDU sie wegen ihres aufgehübschten Lebenslauf angreift. Den Ausdruck "Kraftilanti" wird sie kaum verbieten lassen können. Und "Lebenslauflüge"? Der Begriff ist sicher überzogen, aber ist er deswegen Verbotsfähig? Wenn das so wäre, müsste Franz-Josef Strauss heute noch als toter Mann im Knast sitzen, bei dem Unsinn, den zu Lebzeiten  verbreitet hat.

 

 

Klage-Kraft gibt auf jeden Fall mit ihrem Vorgehen dem Generalsekretär der CDU in NRW, Hendrik Wüst, eine Steilvorlage. Er sagt:

Frau Kraft ist der politischen Debatte offensichtlich nicht mehr gewachsen

Und weiter sagt er:

Krafts Erklärung, die Tätigkeit bei Zenit sei aus Platzgründen gestrichen worden, ist mit Blick auf die Platzreserven im Internet kaum glaubwürdig. Unsere auf der Postkarte an Frau Kraft gestellten Fragen sind deswegen nach wie vor nicht beantwortet. Warum haben Sie die Löschung in Ihrem Lebenslauf herbeigeführt? Haben Sie etwas zu verbergen, Frau Kraft?

Ich finde es auf jeden Fall sehr bedenklich, wenn eine SPD-Spitzenkandidatin es nicht schafft, den Wettbewerber CDU politisch zu stellen. Stattdessen verliert Kraft sich in juristischen Scharmützeln am Rande der inhaltlichen Bedeutungslosigkeit. Kraft fällt nicht auf, weil sie soziale Ideen hat, weil sie den Durchbruch in der Schulpolitik verkörpert, weil sie den kommunalen Aufbruch schafft und Wechselstimmung verbreitet.

Sie fällt auf, weil sie in Münster gegen einen Kommunalwahltermin klagt – und einen anfänglichen Sieg in einer zweiten Klage vergeigt. Interessiert das irgendeinen Bürger? Hallo? Ist da wer?

Wie stellt Kraft sich das eigentlich vor, wenn die CDU vor dem Kölner Landgericht gewinnen sollte? Diese Blamage würde ich nicht erleben wollen. Kraft aber offenbar schon. Zumindest geht sie ein verdammt hohes Risiko ein.

Ihr Rechtsanwalt hat versucht, eine einstweilige Verfügung durchzubekommen. Damit ist er offenbar in der ersten Phase gescheitert. Das Landgericht hat vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung eine mündliche Verhandlung angesetzt. Das habe ich noch nicht so oft erlebt. Ich kenne das nur so, dass eine einstweilige Verfügung in der Regel ohne mündliche Verhandlung erlassen wird, und man sich später gegen diese Entscheidung wehren muss.

Das Kölner Gericht muss also schon jetzt Zweifel an der Berechtigung der Kraft-Klage haben. Mir stellt sich nur eine Frage an Frau Kraft:

Was tun Sie, wenn Sie verlieren?"

Wie ich gehört habe, will sie sich in den nächsten Tagen über Interviews mit mindestens einem Blog erklären. Ich wette, ich weiß schon jetzt, was sie sagen wird. Sie wird sagen, dass ihr Lebenslauf im Internet zu lang gewesen sei und sie deswegen ihren alten, zwölf Jahre langen Arbeitgeber gelöscht habe und nur noch die Praktika als Studentin Platz fanden. Dann wird Kraft mit Sicherheit noch sagen, dass Zenit ein toller Laden sei, und es ihr wehtue, dass er in Verbindung zu einem Förderskandal gestellt werde. Und dass damit endlich aufgeräumt werden müsse. Deswegen die Klage

Nur ein Wort dazu vorab, bevor Frau Kraft diese Sachen sagen wird.

Wenn Zenit einen Wettbewerb gemanagt hat, über den 102 Mio Euro verteilt wurden, und nachher heißt es im Bericht des Landesrechnungshofes, eigentlich gab es gar keinen Wettbewerb, weil es keine ordentlichen Vergleichskritierien gab, nach denen das Geld verteilt wurde – dann ist das Geldverteilen in meinen Augen Willkür und ein Skandal. Ich bin gespannt, wie Kraft ihren alten Arbeitgeber verteidigt und wie sie sich aus Ihrer politischen Verantwortung rausredet.

Was der CDU-Generalsekretär Wüst aus der Steilvorlage von Kraft machen wird, ist jetzt schon klar. Er sagt:

Wir werden unsere Kraftilanti-Kampagne in jedem Fall unbeirrt fortsetzen.

Wüst hat Kraft jetzt da, wo er sie haben will. In der Ecke. Da hilft nicht mal mehr weinen.

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SPD-Spitzenkandidatin Kraft gegen Ruhrbarone

SPD-Kraft erklärt sich mehr schlecht als recht (Im Internet war kein Platz mehr)

Kraft hatte politische Verantwortung als SPD-Ministerin

Auszug aus dem vertraulichen Bericht des Landesrechnungshofes zum Zukunftswettbewerb Ruhr

Die Piraten und die Kinderschänder

Auch wenn es nervt, muss ich noch mal auf die Piratenpartei zurückkommen. Ich hoffe, es wird das letzte Mal sein. Und zwar habe ich jetzt diese unsäglichen Sachen gelesen, die der Bodo Thiesen über die Kinderpornographie geschrieben hat.

Er hat sich zwar von seinen Revisionistischen Ausfälle entschuldigt – damit aber nicht die Probleme der Piraten beseitigt. Wo offenbar jenseits von irgendwelchen Werten Unsinn erzählt werden kann.

Auch in einem zweiten Bereich hat Thiesen in meinen Augen den Blick auf den wertefreien Bullshit eröffnet, der bei den Piraten verzapft wird. Im Wiki der Partei hat Thiesen sich nämlich zu Kinderpornographie eingelassen.

Kurz: er fordert zumindest Teilweise die Freigabe des kriminellen Drecks.

Es fällt mir schwer, mich ernsthaft mit so einer Position auseinanderzusetzen. Aber zum Teil muss man es hier tun. Denn mit dem eingeständigen Kinderpornobesitzer und Ex- oder Noch-Immer-SPDler Tauss hat damit die Piratenpartei den zweiten Mann, der die Nummer mit den kriminellen Bildern nicht auf die Reihe kriegt.

Thiesen schreibt in seinen Forderungen:

Versetzen wir uns mal in einen Pädophilen. Wir wissen ob der Strafbarkeit von Sex mit Kindern und sehen das auch ein (die meisten Pädophilen werden nicht zu sexuellen Straftätern, das passiert nur einer kleinen Randgruppe). Was bleiben uns für Möglichkeiten der sexuellen Befriedigung? Bücher, Zeichnungen usw. die der sexuellen Befriedigung dienen könnten, sind alle verboten – bereits der Besitz davon. Jetzt verlassen wir mal kurz das Rollenspiel und überlegen uns, wie wir uns fühlen würden, wenn wir a) kein Sex mit Freund/Freundin/Ehepartner(in) haben könnten (ohne uns strafbar zu machen), b) keine Pornos, Liebesromane etc. sehen und lesen dürften und c) unsere Phantasien nicht niederschreiben dürfen – nichtmal in ein Tagebuch. Enthaltsamkeit das ganze Leben lang. Wer ist dazu fähig, bitte Hände hoch. Aha. Aber genau das verlangen wir von den Pädophilen. Unter dieser Voraussetzung erstaunt es mich ehrlich gesagt, daß so extrem wenig passiert – geachtet der rund 100 Tausend Pädohilen, die alleine in Deutschland leben – oder aber, die Dunkelziffer ist bedeutend höher, als man sich das eingestehen will.

Hierzu kann man Thiesen nur sagen: Ja verdammt, ich verlange von einem Kinderschänder, dass er sein Leben lang abstinent bleibt. Sonst geht er in den Knast und zwar zu recht.

Weiter schreibt Thiesen:

Ich stelle hiermit die provokante These auf, daß der Verbot Kinderpornographicher Schriften nach §184b tendenziell eher schädlich als nützlich ist.

Daher meine Forderungen:

1. Der sexuelle Mißbrauch von Kindern (§176) bleibt weiterhin strafbar.

2. Die Dokumentation der Handlungen nach §176 werden bedingt unter Strafe gestellt.

3. Alle Straftatbestände nach §184b, die ohne Handlungen mit Kindern stattfinden (Zeichnungen etc) werden bedingungslos gestrichen.

Zunächst zur Begrifflichkeit: Kinderpornografie ist Kinderpornografie ist Kinderpornografie. Diese Verniedlichung mit „Dokumentation der Handlungen nach §176“ ist erbärmlich. Das Fotografieren und Abfilmen der Vergewaltigung eines Kindes ist ein mieses Verbrechen für das die Typen in den Knast gehören. Wer solche Vergewaltigungen besitzt, gehört genauso in den Knast. Wer die Vergewaltigungen in dreckigen Geschichten verherrlicht, gehört in den Knast.

Manchmal ist das so einfach. Das ist gesellschaftlicher Konsens. Nicht nur hier – überall.

Die Polizei dokumentiert Verbrechen. In Schulen werden Vergehen auf weißen Blättern dokumentiert, aber nicht wenn Kinder von geilen Säcken mit und ohne Kamera vergewaltigt werden. Die Vergewaltiger dokumentieren nichts, die vergewaltigen.

Die Piratenpartei hat das auf ihren Seiten stehen, da wo über die Forderungen der Partei diskutiert werden soll. Und nennt das Meinungsfreiheit. Bitte.

Das passt ja gut zu Tauss, der Kinderpornos gekauft und besessen hat, und bei den Piraten eingetreten ist.

Vielleicht plaudern die beiden über die Freiheit für Kinderpornos mal am Tresen bei einer Piratenversammlung.

Da fällt mir noch was auf. Wir haben hier bei den Ruhrbaronen schon öfter über Kinderpornographie und die Piraten geschrieben. Dabei waren etliche Kommentare dabei die Kinderpornografie mit dieser noch erbärmlicheren Abkürzung „Kipo“ verniedlicht haben. Und es gab Kommentare in denen von der „Dokumentation von Kindesmissbrauch“ die Rede war. Daraus schließe ich mal einfach, dass dieses Thema in Reihen der Piraten durchaus gängig ist.

Ich hoffe nicht, dass die Piraten unter dem Deckmantel des Kampfes um die Meinungsfreiheit zum Sammelbecken der Kinderschänder in Deutschland werden. Ich hoffe es echt nicht. Die Gefahr aber sehe ich.

Es geht weiter mit der nächsten absurden Forderung des Piraten Thiesen. Er will Kinderpornografie zumindest teilweise legalisieren. Und zwar sollen die Vergewaltigungsopfer- wenn sie 18 sind – die Filme und Fotos ihrer Erniedrigung, ihrer Zerstörung, ihres Missbrauchs, ihrer seelischen und körperlichen Folter freiwillig freigeben "der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden". Damit andere Vergewaltiger sich daran aufgeilen können. Das fordert Thiesen:

Es sollte Entscheidung des Mißbrauchsopfers sein, ob diese Dokumentationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden dürfen oder nicht. Zu diesem Zwecke kann sich das Mißbrauchsopfer ab dem 18 Lebensjahr persönlich bei einer Polizeibehörde melden um die Freigabe der entsprechenden Dokumentationen zu beantragen. Als Urheber im Sinne des Urhebergesetzes gilt in diesem Falle das Mißbrauchsopfer selbst. Diese Einverständniserklärung kann nur vom Mißbrauchsopfer selbst, nicht jedoch von Erziehungsberechtigten oder anderen gegeben werden. Die Behörden haben zu diesem Zwecke solche Dokumentation bis zum 28 Lebensjahr des Opfers aufzubewahren. Willigt das Opfer innerhalb dieser sich daraus ergebenden 10 Jahre nicht ein, so sind alle Kopien dieser Dokumente zu vernichten.

Thiesen weiß auch, was nicht passieren soll. Auf jeden Fall soll nämlich der Staat die Füße ob der Vergewaltigungen still halten. Thiesen schreibt:

In der Zwischenzeit dürfen diese (Kinderpornos . d.A.) auch nicht von Strafverfolgungsbehörden z.B. zum Zwecke der Ermittlungen in Umlauf gebracht werden.

Ich möchte hier mit dem letzten Thiesen-Satz schließen:

Für die Moral ist die Kirche zuständig, nicht der Gesetzgeber.

Grüne greifen Baranowski wegen Ruhrstadt an

Gestern hat sich der Chef der Ruhr SPD, Frank Baranowski – gleichzeitig Oberbürgermeister von Gelsenkirchen – dafür ausgesprochen, ein Ruhrparlament zu wählen, das den Namen auch verdient. Gleichzeitig will Baranowski einen direkt gewählten Ruhrstadt-Chef durchsetzen. Eigentlich löblich, oder? Ein Weg raus aus der Kleinstaaterei hin zur Ruhrstadt. Nein, findet Börje Wichert, Chef des Grünen Bezirks Ruhr, das ist nicht löblich. Deswegen hat er folgenden Gastbeitrag geschickt:

Willkommen im Club – Der scheinbare Politikwechsel der SPD im Revier

Der Laie staunt und der Experte reibt sich verwundert die Augen. Überfliegt er auf "ruhrbarone" und "der westen", was Ruhr-SPD-Vorsitzender Baranowski zur Zukunft des Ruhrgebiets von sich gibt.

Baranowski adaptiert nämlich lediglich Versatzstücke grüner Programmatik, die dort schon seit 1996 Beschlusslage sind und die auch der langjährige Ruhr-CDU-Chef Lammert vertreten hat. Die Direktwahl eines Ruhr-OB und eines Ruhrparlaments sowie Nahverkehr aus einem Guss und nicht von 26 Nahverkehrsunternehmen mehr schlecht als recht verwaltet, um hier nur drei Dinge zu nennen.

Nun neige ich bei solch späten Erkenntnis in der Regel nicht dazu, dafür Schelte zu verteilen, denn späte Erkenntnis ist besser als gar keine. Hier allerdings kann ich mir nicht mehr auf die Zunge beißen, Reden und Handeln der SPD stehen nämlich in massiven Widerspruch.

Die SPD hat verhindert, dass ihr visionärer Ex-Städtebauminister Zöpel RVR-Chef wurde. Stattdessen kam mit Heinz-Dieter Klink der Kämmerer einer mittelgroßen Kommune, der möglicherweise etwas von Bürokratie versteht, von politischen Aushandlungsprozessen allerdings weniger.

Die SPD war im RVR in der zu Ende gehenden Legislaturperiode zumindest arithmetisch in der Lage, gemeinsam mit dem grünen Koalitionspartner und einer in diesen Fragen partiell aufgeschlossenen Landesregierung mehr Kompetenzen für den RVR zu beschließen. Erwähnt sei hier nur der Bereich Kultur. Die SPD wollte ihn nicht, jetzt – einige Wochen vor der Wahl, fordert Frank Baranowski ihn plötzlich.

Die Ruhr-SPD hat das Zeitfenster der letzten Jahre nicht genutzt. Das wird sich auf jeden Fall finanziell rächen. Wäre der Nahverkehr gemeinsam verwaltet worden, würden jetzt schon massiv Overhead-Kosten eingespart. Auch eine frühzeitige Reduktion der AGR auf ihr Kerngeschäft hätte einiges an Geld gespart. Weitere Punkte will ich an dieser Stelle nicht aufzählen.

Nun sollte man aber die Chancen von Baranowskis Vorstoß nicht ausschlagen. Machtzentren bestehen in der SPD nur noch bei den einzelnen OBs, was nicht zum Vorteil des ganzen Ruhrgebiets ist. Hier endlich wieder zu klaren, übergeordneten Strukturen und Kompetenzen zu kommen, ist nicht die Aufgabe des Koalitionspartners, wäre aber auch für ihn und das ganze Revier von Vorteil. Vielleicht bietet der Abgang manch alter Haudegen dafür eine Chance.

Die Grünen reichen für die notwendigen Umstrukturierungen die ausgestreckte Hand. Ganz klar ist aber, dass es handlungsfähige Kommunen und einen handlungsfähigen RVR braucht. Dafür ist eine sinnvolle Kompetenzabgrenzug notwendig. Die Fragen heißen: "Was macht eine Stadt oder ein Kreis am besten selbst? Welche Aufgabe hat Netzwerkcharakter und erhebliche Auswirkungen auf andere Kommunen?" Danach ist zu entscheiden, wie Aufgaben aufgeteilt werden. Es wäre dagegen ganz und gar kontraproduktiv, das Schlechteste aus der EU zu importieren, was sie zu bieten hat, nämlich das Vetorecht in der zweiten Kammer. Das ist geradezu eine Einladung zur Obstruktuktionspolitik für Profilneurotiker. Ein Oberbürgermeister allein könnte die Entwicklung des ganzen Ruhrgebietes blockieren.

Es ist schade, dass Frank Baranowski erst in der schlimmsten Krise, die die Kommunen hart trifft, die Wirtschaftskrise, darauf kommt, dass einem eng vernetzten Revier mit gestärkten demokratischen Elementen die Zukunft gehört. Erfreulich ist dagegen, dass es nun einflussreiche Kräfte in der SPD zu geben scheint, die im politischen Diskurs im Ruhrgebiet Anschluss finden wollen.

Krümmel ? oder die Niederlage der Atom-Lobbyisten

Atomkraftwerk Krümmel. Foto: Vattenfall

Der Zwischenfall im Atomkraftwerk Krümmel markiert vor allem zwei Dinge: Das politisches Geschick von Umweltminister Sigmar Gabriel und die Niederlage der Atomlobby.

Es ist schon spannend zu beobachten. Seit gut zwei Jahren, vielleicht schon seit drei, versuchen die Lobbyisten rund um die Kernkraftunternehmen RWE, Vattenfall, E.on und EnBW die Stimmung in der Bevölkerung zu Gunsten der Atommeiler zu drehen. Ihr Argument: Man braucht die CO2-freie Kernenergie, um den Klimaschutz zu schaffen. Es gab Werbekampagnen und Anzeigen in Zeitungen, alles, was das Werber-Herz begehrt.

Das Argument ist auch nicht schlecht. Es wird wiederholt. Fast jeden Tag. Vor gut zwei Jahren fand das Argument breiten Eingang in den politischen Raum in Berlin. Es gelang den Lobyisten mit diesem Argument die Stimmung Schritt für Schritt Richtung Atom zu drehen. Natürlich ist ein Neubau immer noch nicht durchsetzbar, aber die Laufzeitverlängerung wurde immer sexier. Um das Klima zu retten. Und so. Natürlich kann man mit einem abgeschriebenem AKW auch prächtig Geld verdienen – aber das nur am Rande.

Die CDU hat das angenommen. Sie will die Laufzeiten verlängern. Die SPD ist dagegen. Die kleinen Parteien sind hier jetzt mal nicht so wichtig.

Es ist also eine politische Position an der sich die Großen profilieren können. Merkel tat das. Immer offensiver. Sie nutzte das Argument vom Klimaschutz via Kernkraft. Und ich muss sagen, sie kann es ernst meinen, so wie viele in der Branche das Argument ernst nehmen. Es liegt ja auch auf der Hand – und kann viele Menschen überzeugen. Ein starkes Argument.

Dann brennt Krümmel das erste mal. Die Lobbyisten stellen die Arbeit ein. Gabriel ergreift die Chance:

Sein Argument: Kernkraft ist sicher – nur manchmal brennt’s.

Auch dieses Wort ist stark. Es lässt sich beweisen. Irgendwas ist immer los in den AKWs.

Nach einer Karrenzphase von gut einem Jahr, fingen die Lobbyisten im aufwallenden Bundestagswahlkampf wieder an, ihr Argument zu spielen. Die alten Anzeigen wurden eingemottet, dafür gab es neue Motive. Es wurde gesprochen – auf allen Ebenen. Vom Bundestag bis in die Kommunen. Die Leute sollten überzeugt werden – AKWs sind sicher und sie schützen das Klima. Wieder begann sich die Stimmung zu drehen.

Doch die Lobbyisten unterschätzten das politische Geschick von Gabriel.

Denn auch sein Wort ist richtig. Irgendwas ist immer los in den Kernkraftwerken. Er konnte sich zurücklehnen. Beinahe wöchentlich kommen die Meldungen über Zwischenfälle rein. Meist kleines Zeug. Belanglos. Aber irgendwann, das wusste Gabriel, kommt was Größeres. Dann kann er zuschlagen, Wahlkämpfen, Stärke zeigen, Meinung machen. Das ist die entscheidende Kunst der Politik – die richtige Stunde zu finden.

Es kann sein, dass Gabriel jetzt die richtige Stunde gefunden hat, so kurz vor den Wahlen. Als Krümmel wieder runtergefahren wird. Jetzt macht er mit aller Macht einen Skandal. Er hat damit Erfolg.

Die meisten Pro-Atom-Kampagnen sind aus dem Netz verschwunden, die Anti-Bewegung dominiert. Das Argument der Lobbyisten will niemand hören, solange die Kernkraft Probleme macht.

Dabei hat sich eigentlich technisch gesehen nichts Wichtiges ereignet. Krümmel stand nicht vor dem GAU. Weder jetzt noch früher. Die Trafos waren betroffen, die Sicherheitssysteme haben funktioniert. Alles wurde abgeschaltet. Technik versagt. Das ist normal. Die 100-Prozentige Sicherheit kann es nicht geben.

Der Vorfall wurde nur benutzt, um das Argument von Gabriel in einem Kampf um die öffentliche Meinung zu platzieren – gegen die Macht und den Einfluss der Lobbyisten.

Diese Positionen stehen sich gegenüber:

Will man eine Technik, die das Klima schützen kann?

Will man eine Technik, die nur einmal in 500 Jahren in die Luft fliegen muss, um das Land zu verseuchen?

Mit jeder Schlagzeile aus Krümmel wird klar. Die Atomlobby hat es nicht geschafft, die Abwägung über diese Fragen in der Bevölkerung pro Kernkraft zu kippen. Gabriel hat sein Sicherheitsargument besser platziert. Kompliment.

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Gazprom und die WestLB

Foto: WestLB

Ich berichte hier von einem Splitter aus einem großen Konflikt. Mir ist der Splitter aufgefallen, als ich über den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine recherchiert habe. Erstaunlicherweise spielt dabei die WestLB dabei eine Rolle. Wieso, nun, dass weiß ich eigentlich auch nicht. Aber ich schreib mal auf, was ich weiß.

Zunächst konnte gestern eine akute Eskalation des Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland in letzter Minute verhindert werden. Nach Angaben von Gazprom und dem ukrainischen Konzern Naftogas wurden die offenen Rechungen in Höhe von rund 200 Mio Euro in der Nacht auf Dienstag von der Ukraine bezahlt. Im Gegenzug verzichtet Gazprom auf einen zunächst angedrohten Lieferstopp, wie ein Sprecher des Staatskonzerns bestätigte. Von einer Lösung des Konflikts könne aber keine Rede sein. Noch sei offen, ob die von einem Staatsbankrott bedrohte Ukraine auch die nächste Rechnung Anfang August zahlen kann.

Zudem sind bislang alle Bemühungen der Europäischen Union gescheitert, den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland dauerhaft beizulegen. Erst in der vergangenen Woche hatte die EU-Kommission alle Mitgliedstaaten aus Sorge vor Lieferproblemen aufgerufen, „die Gasspeicher aus allen zur Verfügung stehenden Quellen zu füllen“. Die EU deckt rund ein Viertel ihres Gasbedarfs aus Russland, in Deutschland liegt der Anteil sogar bei gut einem Drittel.

Die EU hatte zudem klar gemacht, dass sie der Ukraine keinen Kredit zur Verfügung stellen werde, um die offenen Gasrechnungen zu bezahlen. Stattdessen forderte die Kommission die Ukraine auf, ihren Gassektor zu reformieren. Aus Kreisen großer westlicher Importeure heißt es, man arbeite an einer Lösung für die Ukraine. Dazu soll ein Konsortium aufgestellt werden, in dem russische und ukrainische Konzerne gemeinsam mit westeuropäischen Versorgern mehr Transparenz für die Transportleistungen herstellen. Erst danach könne man über finanzielle Hilfe sprechen. Gazprom selbst rief den Westen auf, sich aktiv an einer Lösung der Probleme zu beteiligen, um eine Wiederholung der Gaskrise aus dem Januar zu verhindern. Damals waren die Lieferungen durch die Ukraine mehrere Wochen unterbrochen.

Dieser Konflikt geht also weiter.

Was aber hat die WestLB mit der Geschichte zu tun?

Nun: Bis zuletzt war offen, ob die Ukraine ihre Rechnungen überhaupt bezahlen kann. Der Vizechef von Naftogaz, Igor Didenko, machte unter anderem die WestLB für die Probleme seines Konzerns verantwortlich. So habe etwa die Bank die Auszahlung eines Guthabens in Höhe von rund 60 Mio US-Dollar behindert. Ein Naftogas-Sprecher sagte weiter, sein Konzern habe zwei Wochen auf die Auszahlung des Geldes warten müssen.

Der Vorgang ist ungewöhnlich. Bislang kann sich Naftogas nur mit Stützungskrediten ukrainischer Staatsbanken vor einer Pleite schützen. Das Unternehmen ist fast Pleite. Im Juni mussten sogar Reserven der Nationalbank angeknabbert werden, um die fällige Gazprom-Rechnung zu begleichen. Mehreren Gasexperten erschien es rätselhaft, woher auf einmal die Naftogaz-Millionen bei der WestLB stammen sollen. Michael Gonchar, früher Vizepräsident der zu Naftogaz gehörenden Gastransitgesellschaft Ukrtransnaft, vermutet, dass die Summe aus Gewinnen eigener Gasverkäufe der Ukraine in den Westen bis 2006 stammt.

Aus Brüssel hieß es zu den Dollar-Millionen bei der WestLB, das Guthaben sei von Naftogas bereits vor längerer Zeit an Gazprom verpfändet worden. Die Russen hätten erst in letzter Minute das Konto wieder freigegeben, damit die Ukraine ihre offenen Rechnungen bezahlen kann. Das Geld sei im Verlauf des Montag an Naftogas überwiesen worden. Die Bank habe keine rechtliche Möglichkeiten gehabt, das Guthaben früher auszuzahlen.

Sieht dieser Informationssplitter nicht seltsam aus? Was zur Hölle geht da ab?

Ist dieser Mann als Pirat haltbar?

Am 23. Februar 2003 schrieb ein Mann unter dem Namen Bodo Thiesen um 3:46 folgendes Posting in eine Newsgroup.

Es hören manche Leute nicht gern. Aber Hitler wollte keinen Krieg. Zumindest nicht mit dem Westen. (Ich glaube aber, generell nicht.)

Aufgrund inhaltlich ähnlicher, dokumentierter Äußerungen des Funktionärs der Piratenpartei mit Namen Bodo Thiesen vermute ich, es handelt sich um die selbe Person.

Im gleichen Pfad der Diskussion schrieb jemand unter dem Namen Bodo Thiesen:

Hitler hat Polen angegriffen. Aber erst nach einer Kriegserklärung seitens der Polen gegen Deutschland.

Weiter heißt es:

Oh, jetzt wurde also die Sowjetunion inzwischen auch überfallen. Seit wann eigentlich das? Das muß doch noch ziemlich neu sein.

Die Äußerungen sind lange her. Gibt es vom Funktionär der Piratenpartei Bodo Thiesen heute eine klare, unmißverständliche Distanzierung zu diesen Äußerungen?

Hier findet man die angesprochenen Beiträge aus dem Jahr 2003: klick (dann weiter auf die Beiträge von Bodo Thiesen klicken.)

Das Profil von Bodo Thiesen (oder Leuten, die unter diesem Namen auftreten) kann man unter folgendem Link ansehen: klack

Mittlerweile distanziert sich die Piratenpartei von ihrem Funktionär Thiesen. Ich denke, das ist überfällig. Wenn auch die Distanzierung schwach ausfällt. Aus dem Funktionär wird ein "einfaches Mitglied", nunja, aber immerhin ein Anfang:

Wir erklären hiermit in Übereinstimmung mit der Satzung der Piratenpartei Deutschland, dass wir faschistische Bestrebungen jeder Art entschieden ablehnen.

Weiterhin erklären wir, dass wir den Holocaust als historische Tatsache ansehen und deren Relativierung oder Verharmlosung nicht dulden werden.

Wir haben keinen Zweifel daran, dass im Zuge dieses historisch einzigartigen Verbrechens des nationalsozialistischen Deutschlands circa 6 Millionen Menschen umgebracht worden sind, die meisten von ihnen Juden.

Wir haben demütigen Respekt und tiefes Mitgefühl für die Opfer dieses Verbrechens und ihre Angehörigen.

Wir werden auch in Zukunft keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass dies eine gemeinsame Position der PIRATEN ist."

Sollte sich Bodo Thiesen nicht innerhalb von 24 Stunden von seinen Äußerungen distanzieren, will der Vorstand "entsprechenden Maßnahmen" ergreifen. Ich bin gespannt.

Danke an Elmar