Europa muss entspannen – Für neue Beziehungen zum Iran

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Demokratie ist toll. Auch im Iran. Heute wird in dem Vielvölkerstaat gewählt. Und dies wird sich auf Europa und Deutschland auswirken.

Es deutet viel darauf hin, dass im Iran die Weichen für die Politik im mittleren Osten neu gestellt werden. Im Wahlkampf zwischen den beiden aussichtsreichen Präsidentschaftkandidaten Mahmud Ahmadinejad und Mir Hussein Mussawi wurde das Land polarisiert.

Es schält sich immer deutlicher heraus, dass Ahmadinejad an Popularität verliert. Nicht nur in den Städten, wo das konservative Regime vielen gerade jungen Leuten mit seinen teils absurden Vorschriften auf die Nerven geht, sondern auch auf dem Land. Ahmadinejad hat seine Versprechen nicht gehalten. Es gab weder mehr Arbeit für die Bauern, noch bessere Straßen oder mehr Elektrizität. Vor einigen Tagen gab es einen spannenden Bericht über den eitlen Mann und seinem gebrochenen Verhältnis zur Bevölkerung im WDR. Die Doku von Peter Lom hieß Erdbeeren und Atomkraft. Peter Lom war der einzige Ausländer, der den Präsidenten auf dessen Wahlkampftour begleiten durfte. Die Sendung ist Spitze. Lom beschreibt die hoffnungsvollen Briefe, die von den verzweifelten Menschen an den Präsidenten geschrieben wurden – und die ausbleibenden Antworten.

Der Wind des Wandels ist wieder in der Luft. Es scheint, als wird sich etwas ändern – ändern müssen. Denn so wie es war, geht es nach Ansicht vieler Menschen im Iran nicht weiter.

Damit zeigt sich, dass Iran nicht ein böses Land ist, beherrscht von Wahnsinnigen, ähnlich wie Nord-Korea. Sondern dass dort eine Art Demokratie herrscht, mit Abstimmungen und Meinungsumschwüngen, wie auch bei uns. Natürlich gibt es dort die für uns nicht nachvollziehbaren Religionshüter, die weitreichend ins Leben der Menschen eingreifen. Aber immerhin lassen die Leute es nicht zu, dass der Iran zu einer totalitären Diktatur wird. Ein Wandel im Frieden ist scheinbar möglich.

Dies hat für uns in Europa weitreichende Auswirkungen. Sollte es gelingen, den neuen Iran-Präsidenten davon zu überzeugen, Israel anzuerkennen und auf Atomwaffen zu verzichten, dann steht dem Handel nichts mehr im Wege. Die Beziehungen zu den USA würden sich normalisieren und damit auch die Beziehungen zur EU.

Das allerdings würde gerade uns in Europa voranbringen. Iran ist einer der größten Energielieferanten der Welt. Es geht nicht nur um Öl. Es geht vor allem um die Erdgasreserven des Golfstaates. Denn diese sind mit denen Russlands zu vergleichen. Bei einer Entspannung dürften unsere Konzerne im Iran Gas kaufen. Damit könnte die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas gelockert werden. Ein unschätzbarer Vorteil. Sowohl für die Energiepreise als auch die Versorgungssicherheit. Ein Streit zwischen der Ukraine und Russland könnte nicht mehr für kalte Wohnungen in Schwaben sorgen.

Bereits jetzt bemühen sich die Konzerne wie E.on und RWE das Verhältnis zum Iran zu entspannen. Dabei haben sie durchaus gute Argumente. Das Gas des Iran kommt auf den Markt – das ist ein Fakt. Warum sollen wir das nicht kaufen? Sollen wir die Reserven den Chinesen und Russen überlassen?

Zusätzlich hat der Energiehandel mit dem Iran weitere stabilisierende Folgen für den Mittleren Osten. Wer Geld hat, sein Land zu entwickeln, will weniger intensiv einen Krieg mit den Nachbarn führen, um alles zu ruinieren. Selbst auf Afghanistan bezogen würde sich die Entspannung lohnen. Nur mit Hilfe des Iran lässt sich die Situation dort verbessern.

Wir könnten also einen Stück Frieden kaufen und Wohlstand bringen. Vielleicht sogar die weitere Demokratisierung des Iran voranbringen. Und im Gegenzug würden wir Energie erhalten. Wenn die Entspannung gelingt. Das hört sich doch nach einem guten Deal an, oder?

Selbst wenn Ahmadinejad die Wahlen gewinnen sollte, bleiben die Gründe für eine Entspannung weiter richtig. Deswegen hoffe ich, dass es dem Westen gelingt, den Iran nach den dortigen Wahlen aus der Schmollecke zu locken. Barack Obama hat in seiner Kairo-Rede die Signale gegeben, alte Feindschaften zu überwinden und Beziehungen neu aufzubauen. Diese Chance müssen wir nutzen.

Zumindest die Energiekonzerne scheinen auch überzeugt zu sein, dass dies gelingt. Nicht umsonst führt die Gaspipeline Nabucco bis an die Grenzen des Iran.

Noch dürfen die beteiligten Konzerne wie RWE keine offiziellen Gespräche über eine Verbindung mit dem Mullahstaat führen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits gedroht, in diesem Fall ihre Unterstützung für das Projekt zu entziehen.

Aber es ist klar, dass es in den kommenden Monaten Versuche geben wird, diese Blockade zu überwinden. Ich drücke die Daumen.

E.on: Der Frieden ist zu Ende

E.on Chef Wulf Bernotat hat seinen Energiekonzern zum größten Versorger Europas gemacht.  Doch nun, im Glanze des Erfolges, zeigen sich die ersten Risse im multinationalen Geflecht. Die Belegschaft rebbeliert gegen ein Sparprogramm, mit dem 1,5 Mrd Euro zusammengschnurrt werden sollen. In der kommenden Woche kommt es sogar zu einer Demonstration vor der E.on Geschäftsstelle in Düsseldorf. Ein ungesehener Arbeitskampf in einen Konzern, in dem bislang nur eitel Sonnenschein zu erkennen war.

Die Amtszeit von Wulf Bernotat an der E.on-Spitze geht im kommenden Jahr zu Ende. Vielleicht schlagen deshalb die Wellen so hoch. Jedenfalls verschärft sich bei E.on ein Konflikt mit der eigenen Belegschaft. Nach meinen Informationen ruft die Gewerkschaft Verdi sowie die Betriebsräte der deutschen E.on-Gesellschaften für den kommenden Donnerstag zu einem Aktionstag vor der Düsseldorfer Konzernzentrale auf. Sie protestieren damit gegen befürchtete Einschnitte aus dem Pogramm "Perform to Win", mit dessen Hilfe in den kommenden drei Jahren bis zu 1,5 Mrd Euro eingespart werden sollen. E.on-Chef Wulf Bernotat hatte die Sparrunde im vergangenen Herbst angekündigt. Verdi rechnet mit über 4000 Mitarbeitern, die nach Düsseldorf kommen. Dies wäre die größte Demonstration, die E.on bislang erlebt hat. Bereits in den vergangenen Wochen hatten E.on Beschäftige 19.000 Unterschriften gesammelt, um gegen das Sparprogramm zu protestieren.

Wie aus Gewerkschaftskreisen zu erfahren war, verhandeln Konzernspitze und Arbeitnehmer derzeit um ein Eckpunktepapier in dem die Einschnitte fixiert werden sollen. Demnach soll vor allem in den zentraleuropäischen Geschäftsfeldern der Rotstift angesetzt werden. Betroffen seien zunächst die Vertriebsgesellschaften unter dem Dach der E.on Energie, sowie die Osteuropäischen Töchter, ohne die russischen Beteiligungen. Ferner sollen auch die Geschäfte in Großbritannien und Schweden zurechtgestutzt werden. Ziel sei es, Betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und den Wandel „möglichst sozialverträglich“ zu gestalten, wie ein E.on-Sprecher bestätigte.

Konflikte gibt es vor allem in der Frage, wie weit E.on Geschäfte auslagern darf. Den Informationen zufolge, sollen mehrere tausend Menschen aus den unterschiedlichen Betriebseinheiten in neue Beschäftigungsgesellschaften überführt werden. Vor allem der bereich der Informationstechnologie sei betroffen. Genaue Zahlen wollte keiner der an den Verhandlungen beteiligten Partner nennen. Dies sei der zentrale Gegenstand der Gespräche, hieß es. Zuletzt sollen die Overhead-Kosten in den Hauptverwaltungen von E.on Ruhrgas in Essen, E.on Energie in München und der E.on-Zentrale in Düsseldorf reduziert werden.

E.on Personalverstand Christoph Dänzer-Vanotti verteidigte die Sparrunde gegenüber dem Handblatt. Das Programm „Perform to Win“ ziele auf Effizienzsteigerungen. Dabei ließen sich zwar „Auswirkungen auf die Beschäftigung“ nicht vermeiden. Allerdings würden auch weiter Führungskräfte eingestellt, um das Wachstum des Konzerns zu sichern.

Der Betriebsrat der E.on Wassersparte Anton Baumgartner sagte nun: „Wir werden jetzt nach Düsseldorf kommen, um unsere Forderungen zu verdeutlichen.“ Den Mitarbeitern gehe es vor allem um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, sagte Baumgartner.

Deutsche Kinderhilfe dubios

Grafik: Ruhrbarone

Die Deutsche Kinderhilfe ist ein Verein, der in den vergangenen Monaten immer öfter aufgefallen ist. Vor allem dann, wenn es um den öffentlichen Kampf PRO Netzsperren von Zensursula ging. Und diese unsägliche Kampagne pro BKA-Listen. Doch wer ist das überhaupt – die "Deutsche Kinderhilfe"? Der Kollege Kristian Frigelj von der Welt hat sich schon im vergangenen Jahr auf die Suche gemacht, und ein Netzwerk von dubiosen Datenhändlern, Adressensammlern, Firmen und Vereinen aufgetan. Das eigentliche Ziel dieses Netzes ist nicht leicht zu verstehen. Man könnte sagen, es geht darum, aus der Sorge um Kinder Geld zu machen. Der Deutsche Spendenrat hat die Deutsche Kinderhilfe schon vor etlichen Monaten wegen mehrerer Vergehen ausgeschlossen – auch wenn die Kinderhilfe sagt, sie sei einem Ausschluss durch freiwilliges Ausscheiden zuvorgekommen.

Einer der sich noch intensiv mit der Deutschen Kinderhilfe beschäftigt hat, ist Markus Kurth. Der 42-Jährige Sozialpolitiker ist Bundestagsabgeordneter der Grünen. Ich hab mit ihm über den Verein gesprochen.

Ruhrbarone: Haben Sie was gegen Kinder?

Markus Kurth: Ganz und gar nicht. Kinder sind etwas ganz tolles. Ätzend ist der Missbrauch von Kindern für PR-Geschichten und Schein-Politik. Keinem der vielen armen Kinder, die es in Deutschland gibt, geht es durch den Aktionismus von Frau von der Leyen oder der Kinderhilfe besser. Dabei könnte man ganz viel machen, um sofort Abhilfe zu schaffen. Eine kostenlose, gesunde Mahlzeit in der Schule für alle Kinder würde direkt wirken.

Warum sehen sie dann die Rolle der "Deutschen Kinderhilfe" kritisch?

Ich halte nichts von Leuten, die viel Wind machen, aber nichts essentiell bewegen. Dabei gibt es doch ganz konkrete Dinge für Kinder, die man tun kann. Alle Experten wissen, dass die Regelsätze für Kinder z.B. viel zu niedrig sind. Sie müssen endlich an die tatsächlichen Bedarfe angepasst werden. Aber das kostet natürlich Geld. Und das darf nach den neokonservativen Ideologen nicht fließen. Stattdessen soll dann lamoyantes Gequatsche über die Schlechtigkeit der Welt die Probleme lösen.

Wo ist Ihnen die "Deutschen Kinderhilfe" bislang aufgefallen?

Mein Blut hat das Konstrukt zum ersten Mal in Wallung gebracht, als der Kinderhilfe-Chef Ehrmann dem nach seinen Bierzelt-Ausfällen in Bedrängnis geratenen JU-Chef Missfelder Schützenhilfe geleistet hat. In dem Zeitungsartikel, in dem Ehrmann zitiert wurde, war eben von der „Deutschen Kinderhilfe“ die Rede. Suggeriert wurde, da würde sich ein Experte äußern. Da wurde ich stutzig. Ich bin seit 2002 im Bundestag und habe mich eingehend mit Kinderarmut beschäftigt. Die Kinderhilfe als kompetente Organisation war mir da nie untergekommen. Da habe ich dann einfach mal ein wenig recherchiert.

Die "Deutschen Kinderhilfe" sagt, sie wäre transparent. Sehen Sie das auch so?

Transparent ist ein Verein, wenn jeder nach Anerkennung der in der Satzung verankerten Ziele Mitglied mit allen Rechten werden kann und die Aktivitäten und die wesentlichen Geldströme in jeder Hinsicht kontrolliert werden können. Daran habe ich bei der Kinderhilfe meine Zweifel. Daran ändern auch bestimmte Testate nichts. Denn schon in der Kommunalpolitik lernt man, dass es darauf ankommt, was genau testiert wird.

Wie beurteilen Sie das Geschäftsmodell der "Deutschen Kinderhilfe"?

Das ist ein Geschäft auf Kosten Dritter. Im Ergebnis bekommen von der Leyen und Konsorten Aufmerksamkeit und Ehrmann ölt seine Maschinerie mit wertvollen Kontakten. Auf der Strecke bleiben die Kinder, denen es wirklich schlecht geht, denn gute Sozialsysteme lassen sich schlecht bebildern. Weil soziale Sicherung zu sperrig ist, muss dann die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger leiden. Es soll eine Sperrungsinfrastruktur im Netz aufgebaut werden, die prinzipiell gegen jede dort zirkulierende Information eingesetzt werden kann aber gerade Kinderpornoseiten nicht verhindert.

Foto: Präventionsrat Hildesheim

Kennen Sie auch das Modell der Notinseln?

„Modell“ ist nett gesagt. Die Idee ist aber basal und kann von jeder einigermaßen intakten Stadtverwaltung auch ohne fremde Hilfe umgesetzt werden. Da kann sich das Jugendamt einfach mal mit den örtlichen Gewerbetreibenden hinsetzen und so etwas aufziehen. Die städtische Pressestelle flankiert das ganze und dann müssen die örtlichen Geschäfte nur noch mitziehen. Dafür muss man nicht viele hundert Euro zahlen. Eine Stadtverwaltung muss so etwas schon selbst hinbekommen.

Sehen Sie dort ähnliche Strukturen wie bei der "Deutschen Kinderhilfe" erwachsen?

Es gibt auffällige Ähnlichkeiten. Es geht um Kinder. Es geht um emotional aufgeladene Themen. Es geht um „Law and Order“ und nicht um Sozialtransfers. Also ideal für Neokonservative. Außerdem kann man sowohl aus den PR-Auftritten als auch den Notinseln Geld saugen. Wenn man so will geht es um verwandte Geschäftsmodelle ohne Schaffung von Mehrwert.

Was halten Sie von den Notinseln?

Ein Aufkleber, der Hilfe in bestimmten Situationen verheißt, ist prinzipiell nichts schlechtes. Noch besser ist, wenn die Hilfe dann auch kommt. Ähnliche Projekte gibt es ja seit Jahren für Opfer rechtsradikaler Gewalt. Ich will das nicht verurteilen. Aber wer Geld mit so etwas verdient, hat meines Erachtens schon ein moralisches Rechtfertigungsproblem.

Wirtschaftsweiser Schmidt: „Auch der Staat hätte die Arcandor-Arbeitsplätze nicht retten können!“

Die Arcandor-Spitze hat einen Insolvenz-Antrag beim das Amtsgericht Essen gesstellt. Die endgültige Entscheidung ist gerade im Konzernvorstand gefallen. Die Besitzer waren wohl nicht bereit, sich stärker an der Rettung des Konzerns zu beteiligen.  Betroffen sind gut 43.000 Mitarbeiter. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat sich für die 5000 Mitarbeiter von Opel in die Bresche geworfen – bei Arcondor in Essen war von ihm nichts zu sehen. Für Christoph M. Schmidt, dem Präsidenten des RWI-Essen, ein Schritt in die richtige Richtung.

Für Christoph M. Schmidt vom RWI, der sich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, den  sogenannten Wirtschaftsweisen, erst heute in der FAZ angesichts der Arcandor-Misere gegen einen zweiten Fall Opel ausgesprochen hat, gab es gute Gründe, warum sich der Staat bei Arcandor zurückgehalten hat: "Der Staat kann Unternehmen retten, aber keine Arbeitsplätze. Hätte er Arcandor gerettet, wären Jobs bei Konkurrenten wie Kaufhof, die ja erfolgreich am Markt agieren, gefährdet worden." Der Grund: Im seit Jahrzehnten schrumpfenden Markt der Kaufhäuser hätte das Überleben eines  gescheiterten Markteilnehmers den Wettbewerb verzerrt und die erfolgreichen Unternehmen unter Druck gesetzt. Dass der Arcandor-Vorstand, der sich wohl Aufgrund der Weigerung der Anteilseigner, sich an der Sanierung stärker als bislang zu beteiligen,  sein Sanierungskonzept nicht nachbesserte kommentierte der Wirtschaftsweise knapp: "Die Anteilseigner werden gute Gründe haben, ihr Geld nicht in die Arcandor-Sanierung zu investieren."  

In den Karstadt Filialen wird nach eine Mitteilung des Konzerns der Verkauf erst einmal weiter gehen. Nicht von der Insolvenz der Arcandor AG betroffen sind die börsennotierte Thomas Cook Group, an der Arcandor nur über Aktienbesitz beteiligt ist sowie Spezialversender der Primondo-Gruppe und der TV-Händler HSE 24. Auch die Karstadt Warenhaus GmbH, die Primondo GmbH und die Quelle GmbH haben Insolvenz beantragt.

 

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Presseschau Migration und Integration

Foto: Beate Moser

Das Ruhrgebiet ist die größte Einwanderungsregion Europas. Da kann es nichts schaden manchmal über den Tellerrand zu schauen, wie es in der Einwanderungs-, Integrations- und Flüchtlingspolitik zugeht. An dieser Stelle erscheint ca. einmal im Monat eine Presseschau zu diesem Thema. Sie erhebt keinen Anspruch auf enzyklopädische Vollständigkeit, sie enthält Texte, die aus meiner Sicht für – die oftmals kontroverse – Debatte in diesem Themenbereich von Interesse sind. Die Aufnahme von Texten bedeutet keine Identifikation mit ihren inhaltlichen Aussagen. Auf den Link klicken führt zum Text.

Einen sehr guten Überblick über die rechtsradikalen Kräfte in der EU gab Bernhard Schmid in der Jungle World

Rassismus und Rechtsextremismus in Tschechien und Ungarn (Telepolis)

EU-Kommission fordert Flüchtlingsaufnahme durch Mitgliedsstaaten (Die Zeit)

FR-Korrespondent meint, die griechische Regierung sollte härter gegen Flüchtlinge vorgehen

Die italienische Regierung lässt dagegen kaum etwas aus (Jungle World)

Zehntausende müssen Abschiebung fürchten (Junge Welt)

Die Residenzpflicht für Flüchtlinge erinnert an die Passgesetze der Apartheid (Telepolis)

Wiener Fußballfans organisieren Solidarität für Flüchtlingshelferin (Jungle World)

Kopftuchfrau berät Obama (Tagesspiegel)

Aaqil Ahmed, ein umstrittener Islam-Experte der BBC (Tagesspiegel)

Hat das FBI den jüngsten Terrorplot selbst inszeniert? (hintergrund.de)

"Ein Käfig voller Enten" (Deutschlandfunk-Feature dazu, wie das die deutschen Dienste machen)

Bei einer deutsch-britischen Tagung in London wird die Marxloher Moschee gepriesen (FAZ)

Necla Kelek kritisiert Leggewies Moscheenbuch (FR)

Der türkische Popstar Tarkan zeigt politisches Engagement gegen deutschfinanzierten Staudammbau (Sp-onl)

Deutsche Gesundheitstouristen nutzen türkisches Gesundheitswesen (Jungle World)

Bei Internetsperrverfügungen kennen Regierungen keinen Clash of Civilizations (Die Zeit)

Die Duisburgerin Fatmire Bajramaj hat das Frauenpokalfinale zugunsten ihres alten Vereins FCR-Duisburg gegen ihren neuen Verein Turbine Potsdam mitentschieden (7:0), vor dem Spiel erschien dieses Porträt im Tagesspiegel

Eine große Welle ging durch die deutschen Feuilletons, nachdem der Kölner Navid Kermani den Hessischen Kulturpreis erst bekommen, und dannn doch nicht bekommen sollte. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit folgende Textbeispiele, zuerst der Text, über den sich die christlichen Protagonisten – zunächst nichtöffentlich – erregten:

Warum hast Du uns verlassen (Im Original in der NZZ, hier dokumentiert vom KStA)

Kermani selbst zum Vorgang (FAZ)

"Ich liebe Jesus" (Tagesspiegel)

Micha Brumlik (FR)

Der Krieg der Kulturen (FR)

Deutschlands neue Eliten (Tagesspiegel)

Kant hätte dasselbe wie Kermani gelehrt (FAZ)

KWI-Chef Claus Leggewie (FR)

Kreuzbetrachtungen (Telepolis)

Glückwunsch an Navid, wer ihn noch nicht kannte, kennt ihn jetzt!

 Der rot-rote Berliner Senat hat Stress mit einer Gruppe von Roma, die aus Rumänien geflohen sind, dazu gibt es zahlreiche Berichte in der Berliner Presse, u.a. diese:

Roma wollen bleiben (Junge Welt)

Kontaktsperre für Roma (Berl.Zt.)

Auf gepackten Koffern (Tagesspiegel)

Kirchenasyl für eine Nacht (Berl.Zt.)

"Man soll uns eine Wohnung geben und Arbeit" (Berl.Zt.)

Roma sollen Autofenster putzen (Tagesspiegel)

Kommentar von Andrea Dernbach (Tagespiegel)

Kommentar von Brigitte Fehrle (Berl.Zt.)

 Weitere Themen:

Psychische Erkrankungen bei Muslimen (taz)

Streit um den nächsten Unesco-Chef (Tagesspiegel)

Mädchen in arabischen Ländern wehren sich gegen Zwangsverheiratung (Junge Welt)

Der Film "Tangerine" zeigt den Alltag marokkanischer Prostituierter (Berl.Zt.)

Analyse zur Ausgangslage vor den iranischen Präsidentschaftswahlen (Telepolis)

Zur Lage der Frauen im Iran vor der Präsidentschaftswahl (Die Zeit)

Im Iran brummt alles, was verboten ist, z.B. HipHop (Berl.Zt.)

Ein ägyptischer Maler stoppt Immobilienhaie in Kairo (Berl.Zt.)

Wibke Bruhns und Dunja Hayali über den Kampf der Kulturen beim ZDF einst und jetzt (FR)

Kulinarische Stadtführung durch Istanbul (Die Zeit)

RWE-Chef Großmann will eine Milliarde Euro Fördermittel für seinen Konzern

Foto: RWE

Vor ein paar Tagen habe ich mit meinem Kollegen Daniel Wetzel ein Interview mit Jürgen Großmann, dem RWE-Vorstandschef, für die Welt am Sonntag gemacht. Es ging um das angespannte Verhältnis zu den Kommunen, den Sinn und Unsinn CO2-reduzierter Kraftwerke sowie eine Milliardensubvention für den Energieriesen. Wir haben uns in Berlin getroffen, in der RWE-Repräsentanz, mit einem weiten Blick über die Hauptstadt. Es gab Kaffee und Gebäck.

Ruhrbarone: Herr Großmann, der RWE-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Fischer hat auf der jüngsten Hauptversammlung seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt. Für viele Beobachter sah das nach dem Ende eines Machtkampfes zwischen Ihnen und Teilen des Aufsichtsrates aus. Liegen Sie mit dem Kontrollgremium im Clinch?

Jürgen Großmann: Wir haben nach dem Aktiengesetz eine bewährte Arbeitsteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Der Aufsichtsrat hat ein Geschäftsführungsverbot, der Vorstand wiederum wird durch den Aufsichtsrat bestellt und überwacht. Im Aufsichtsrat sind Mitarbeiter und Aktionäre vertreten, das klappt hervorragend. Es hat keinerlei Reibereien zwischen Herrn Fischer und mir gegeben. Im Gegenteil, wir sind uns über die Ziele des Unternehmens immer einig gewesen.

Ruhrbarone: In Ihrem Aufsichtsrat sind Ihre wichtigsten Kunden, die nordrhein-westfälische Kommunen, ähnlich stark vertreten wie Vertreter der Kapitalseite. Ein institutionalisierter Dauerkonflikt. Kann der Vorstand gegen die widerstreitenden Interessen dort frei genug agieren?

Großmann: Vorab: Andere Unternehmen würden jubeln, wenn sie auch einen Anker-Aktionär mit einem Anteilsbesitz von rund 25 Prozent hätten, der sich so konstruktiv verhält und Konstanz in der unternehmerischen Planung ermöglicht. RWE kann die Interessen aller Stakeholder, von den Mitarbeitern bis hin zu den Aktionären, sehr gut abbilden. Mit unserem Kraftwerkspark bieten wir die Möglichkeit einer Risikostreuung, die es den Kommunen erlaubt, auf den Aufbau einer eigenen, kapitalintensiven Energieversorgung vor Ort zu verzichten.

Ruhrbarone: Offenbar sind aber nicht alle Kommunen glücklich mit RWE. Im Münsterland, im Sauerland und rund um Gelsenkirchen diskutieren Lokalpolitiker, die Netze zurückzukaufen und eigene Versorgungsunternehmen zu gründen.

Großmann: Ob es am Ende dazu kommt, wird man sehen. Ich weiß nicht, ob es viel Sinn macht, in jedem Konzessionsgebiet mit viel Geld das Knowhow für die Betriebsführung und Wartung von Stromnetzen und Erzeugungsstrukturen neu aufzubauen. RWE hat den Kommunen sehr viel zu bieten. Wir haben rund 100 Kraftwerke verschiedenster Größe und mit unterschiedlichen Energiequellen. So können wir es auffangen, wenn mal ein Kraftwerk ausfällt oder sich bei den Brennstoffpreisen ein paar Relationen verschieben. Wenn Sie als Kommune aber nur ein Kraftwerk haben, können Sie das nicht. Da machen Sie nur eine Wette, und wenn die daneben geht, hängen sie wirtschaftlich ganz schön in den Seilen. Risikostreuung, Dividenden und Konzessionsabgaben sind zugkräftige Argumente gegen den Ausstieg aus RWE und den Aufbau paralleler teurer Versorgungsstrukturen.

Ruhrbarone: Also nehmen Sie die Bestrebungen der Kommunen nicht besonders ernst?

Großmann: Ich nehme sie ernst. Wenn man als Kommune solche Pläne nicht mit aller Konsequenz verfolgt, kann man auch nicht ordentlich verhandeln. Aber am Ende, wenn es zum Schwur kommt, werden sich viele Kommunalpolitiker schon überlegen, an welcher anderen Stelle dann das Geld fehlt, das sie da in die Energieversorgung stecken wollen. Ob sie ihre knappen Mittel nicht lieber in Schulen, Kindergärten und Infrastruktur investieren als in eine schon bestehende Energieversorgung, wird man dann sehen.

Ruhrbarone: Die Kommunen könnten auch weges des Konzern-Umbaus verstimmt sein. Sie haben mit der RWE Energy und RWE Systems ganze Zwischenholdings aufgelöst und ihre Entscheidungskompetenzen in die Zentrale nach Essen verlagert.

Großmann: Die Straffung der Entscheidungsprozesse war alternativlos. Dortmund wird im Übrigen für RWE ein Standort von hoher Bedeutung bleiben. Denken Sie etwa an die neue RWE Vertrieb AG, die dort ihren Sitz haben wird. Was wir derzeit machen, ist ein vergleichsweise kleiner Umbau. Es ist ja nicht so, dass wir ganze Sparten auflösen. Wir versuchen nur, im bestehenden Geschäftsmodell effizienter zu werden. Veränderungsbereitschaft muss es in jedem Unternehmen geben.

Ruhrbarone: Mit der Auflösung der Zwischenholding RWE Energy verlieren Kunden allerdings vertraute Ansprechpartner.

Großmann: Keineswegs. Durch die Zusammenlegung der Regionalgesellschaften RWE Rhein Ruhr und RWE Westfalen Weser Ems zu einer neuen Vertriebs- und Netzgesellschaft werden wir für die Kunden sogar noch transparenter. Bislang gab es gleich drei Vertriebsvorstände in der Zwischenholding RWE Energy und jeweils in den Regionalgesellschaften. Auch aus Sicht der Kunden sind die Zuständigkeiten jetzt klarer.

Ruhrbarone: Die Zusammenlegung vieler Entscheidungskompetenzen in Essen könnte die Konzernzentrale überfordern

Großmann: Grundsätzlich ist es wünschenswert, kleine operative Einheiten mit eigener Gewinnverantwortung zu haben. Denn das fördert Unternehmertum. Allerdings kann man Dezentralisierung auch zu weit treiben. Schauen Sie sich die frühere Kaskade im Konzern doch an: Oben die RWE AG mit 20 Aufsichtsräten, darunter die RWE Energy AG mit 20 Aufsichtsräten und darunter wieder die Regionalgesellschaften mit ihrerseits 20 Aufsichtsräten. Bei RWE musste der Entscheidungsprozess dreimal hintereinander durchlaufen werden, bevor eine Vorgabe des Vorstands umgesetzt wurde. Deshalb hat es früher manchmal Monate gedauert, bis große Projekte unterschriftsreif waren. So konnte es nicht weiter gehen. Wir müssen schneller werden.

Ruhrbarone: Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen für die RWE?

Großmann: Im Ausland, zum Beispiel in Zentral- und Osteuropa. Nach den Entscheidungen des Bundeskartellamtes ist es uns ja praktisch untersagt, in Deutschland noch weiter zu wachsen.

Ruhrbarone: Gibt es Indizien dafür, dass das Bundeskartellamt seine Definition des wettbewerblich relevanten Marktes auf Europa ausweitet – und den großen Energiekonzernen damit auch wieder Übernahmen im Inland gestattet?

Großmann: Es wird sich etwas ändern müssen. In anderen europäischen Ländern betrachten die Kartellbehörden längst nicht mehr nur ihre eigenen inländischen Marktverhältnisse. Weil sie den europäischen Markt zum Maßstab nehmen, erlauben sie es den dortigen Konzernen viel eher, durch Übernahmen zu wachsen. Das ist eine kartellrechtliche Ungleichbehandlung, die unseren ausländischen Wettbewerbern einen erheblichen Vorteil garantiert. Und den werden sie auch gegen uns ausspielen.

Ruhrbarone: Um die kartellrechtlichen Fesseln zu sprengen, brauchen Sie politische Unterstützung.

Großmann: Die werden wir mittel- und langfristig auch bekommen.

Ruhrbarone: Sind Sie sicher? Für Politiker war es zuletzt nicht sehr vorteilhaft, sich öffentlich mit Energiekonzernen zu solidarisieren.

Großmann: Glauben Sie nicht, dass sich das schon ändert? Die Politik nimmt inzwischen zur Kenntnis, dass bei allen großen deutschen Energiekonzernen die Bereitschaft vorhanden ist, ohne staatliche Beihilfen zu investieren und damit Konjunkturprogramme ohne Belastung für öffentliche Haushalte loszutreten. Wir werden von der Politik nicht mehr in dem Maße wie früher als Sündenbock gesehen, wofür ich mich auch persönlich eingesetzt habe. Warum kommt denn Frau Merkel zu RWE, Eon oder anderen Energieunternehmen zu Grundsteinlegungen von Kohlekraftwerken? Die deutsche Energiediskussion befreit sich aus der Zweidimensionalität von Preisen und Umweltschutz. Sie sieht die Versorgungssicherheit wieder als hohen Wert.

Ruhrbarone: Woran machen Sie das fest?

Großmann: Nehmen Sie als Beispiel den Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland. Es gibt in der Politik wieder erhebliche Zweifel, ob man die Energieerzeugung in Deutschland wirklich allein aus Gründen des Klimaschutzes komplementär zu den erneuerbaren Energien stark auf Erdgas umstellen und die ohnehin hohe Importabhängigkeit noch weiter steigern sollte. Wenn Sie Ihren Strom aus Erdgas machen, schicken Sie 70 Prozent des Strompreises zurück an den Gaslieferanten. Wenn Sie ihn aber aus heimischen Brennstoffen wie Braunkohle machen, bleiben 100 Prozent der Wertschöpfung hier im Lande. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise gewinnen solche Überlegungen wieder an Bedeutung.

Ruhrbarone: Im Dezember wollen die Vereinten Nationen auf einer Gipfelkonferenz in Kopenhagen ein internationales Klimaschutzregime gründen, um das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu ersetzen. Auf was stellt sich die RWE als größter CO2-Emittent Europas ein?

Großmann: Der Erfolg der Kopenhagener Konferenz hängt stark vom Verhalten der USA ab. Wenn sich die USA nicht klar zu einem globalen System zur Begrenzung von CO2 und zum Handel mit Emissionsrechten bekennen, ist die Konferenz zum Scheitern verurteilt. Die CO2-Emissionen der USA sind 1,5mal so hoch wie die Gesamteuropas. Daneben stehen China und Indien im Fokus: China hat gerade die Erhöhung der Kohleverstromung und Kohleförderung um 30 Prozent bis zum Jahr 2015 bekannt gegeben. Das heißt, die Weltenergieversorgung geht im Moment eher in die Kohle hinein als von ihr weg. Was nützt es uns, wenn wir in Deutschland mit der guten Absicht, CO2 zu sparen, wichtige Industrien mit Tausenden Arbeitsplätzen aus dem Land vertreiben, während woanders Kohlekraftwerke in den Himmel wachsen?

Ruhrbarone: Sie räumen dem Klimaschutz keine große Chancen ein?

Großmann: Das habe ich nicht gesagt. Aber aus unserer Sicht liegen in der Erneuerung der Kraftwerke riesige Chancen. Der durchschnittliche Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken weltweit beträgt weniger als 30 Prozent. RWE baut derzeit Kohlekraftwerke, deren Effizienz zwischen 45 und 50 Prozent liegt. In dieser Erhöhung des Wirkungsgrades liegt eine gewaltige CO2-Ersparnis. Bei meinem Amtsantritt hat RWE pro Jahr zwischen 180 und 190 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Wir können das kurzfristig unter 140 Millionen Tonnen drücken.

Ruhrbarone: Sie planen auch die Entwicklung einer neuen Generation so genannter CCS-Kraftwerke, in denen Kohlendioxid herausgefiltert werden kann.

Großmann: Wichtig ist dabei, ob sich die CCS-Technik auch wirtschaftlich realisieren lässt. Wir gehen davon aus, dass sich ein CCS-Kraftwerk rechnet, wenn die Preise für Emissionszertifikate zumindest bei 35 bis 40 Euro pro Tonne CO2 liegen. Wir sind im Moment bei 15 Euro, waren aber auch schon einmal bei mehr als 30 Euro.

Ruhrbarone: Die EU fördert den Bau von CCS-Kraftwerken.

Großmann: Das von RWE geplante Demonstrationskraftwerk in Hürth kostet 2,2 Milliarden Euro, wobei allein die CCS-Technik Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro ausmacht. Die Förderung durch die EU macht nur einen kleinen Teil dieser Zusatzkosten aus. Bei solchen Beträgen für ein einziges mittleres Kraftwerk muss ich mich von meinen Aktionären fragen lassen: Hättest du nicht besser gewartet, bis jemand anders die Kastanien aus dem Feuer geholt hat?

Ruhrbarone: Der Bau des CCS-Kraftwerks Hürth steht also noch unter dem Vorbehalt einer Co-Finanzierung durch Steuergelder?

Großmann: Wir wollen dieses Kraftwerk bauen und tun alles, was zur Verfahrensentwicklung nötig und möglich ist. Der Tag der Bauentscheidung kommt Ende 2010 oder Anfang 2011. Ohne zusätzliche Förderung bin ich aber skeptisch, ob sich die Baupläne halten lassen. Dennoch schauen wir konstruktiv nach vorn. Deutschland hat mit CCS eine Chance und sollte sie unbedingt nutzen. Wir sollten zumindest eine, besser zwei CCS-Demonstrationsanlagen in unser Land holen. Richtig ist andererseits aber auch, dass CCS nicht der alleinige Königsweg ist. Viele andere Projekte sind ebenfalls nötig, um das Klima zu schützen. Dazu zählt die Aufforstung tropischer Regenwälder.

Und der Barsch geht an…… Andreas Scholz:

Barsch Foto: Wikipedia/GeradM/Lizenz: GNU

Wir hatten um einen Barsch gewettet, wer am besten Vorhersagen kann, wann die ersten vernünftigen Prognosen zur Europawahl online gehen. Die These war, dank Twitter kommt alles früher raus.

Nun, gewonnen hat Andreas Scholz: Er lag nur eine Minute daneben. Andreas Scholz hatte kurz nach 18:00 Uhr getippt. Und damit hatte er recht. Alle Gerüchte, die über Twitter gingen, waren nämlich Bullshit. Und kaum mehr als die Wiederholungen der letzten tagealten Prognosen. Erst um 18:01 lieferten ARD und ZDF verläßliche Zahlen. Das Prognosegeheimnis hat also noch einmal gehalten. Bis zur Bundstagswahl?

Wie kommt Andreas Scholz jetzt an seinen Barsch? Per Fax, Email, oder Verleihnix? Wir finden es raus. 🙂

Der Terror aus dem Himmel und sein fragwürdiger Nutzen

Die Maschinen sehen aus wie Modellflugzeuge. Nur größer. Vor allem die Reaper ist fett. Sie hat die Spannweite eines Tennisplatzes. Unter den Tragflächen: Panzerbrechende Hellfire-Geschosse, Sidewinder-Raketen und zwei Paveway II Laserbomben. Die Reaper ist eine Drohne. Sie tötet.

Der Rotor klingt wie ein Sportflugzeug. Unter dem Rumpf hängt eine Extrem-Optik, feinjustiert aus der Creech Air Force Base irgendwo in der Nähe von Las Vegas. Damit kann der Operator aus 3000 Meter Höhe ein Nummern-Schild lesen oder einen Zug Taliban aufklären. Selbst als Waffenleitstand kann die Technik herhalten. Nur 1,2 Sekunden braucht der Befehl aus Vegas nach Pakistan, um die Bomben auszuklinken.

2002 ließ eine Predator zum ersten Mal Blut fließen, als die CIA im Jemen ein Geländewagen vernichtete. Derzeit donnern die Reaper und ihre kleine Schwester Predator  in Schwarmesstärke über Afghanistan und das angrenzende Pakistan. Die Drohnen der Firma General Atomics seien saubere Waffen, heißt es.

Es sei denn, der Operator verwechselt im Nebel eine betende muslimische Männergruppe mit einer Horde Gotteskrieger. Das bringt dann politische Probleme.

Für die USA sind die Todesroboter der letzte Schrei im Hindukusch-Krieg. Sie müssen keine eigenen Soldaten riskieren. Die Technik kostet nur rund 10 Mio US-Dollar. Irgendwer meinte, er habe vor ein paar Jahren Osama bin Laden auf einem Predator-Bild gesehen. Er hätte am liebsten eine Sidewinder abgeschossen. Aber das durfte er damals nicht, hieß es.

Heute dürfte er. Seit Januar haben die US-Streitkräfte ihre tödlichen Drohneneinsätze im Pakistanisch-Afghanischen Grenzgebiet hochgeschraubt, berichtet das Time Magazine. Duzende Angriffe. Tägliche Einsätze. Der Klang der Rotoren ist dort in Waziristan mittlerweile vertraut. Die Menschen hören die Killer aus der Höhe kommen. Sie sehen die Todesmaschinen. In ihren Dörfern, die an Mittelalter erinnern. Es müssen Szenen wie aus der Apokalypse sein. Ein Licht zuckt über die Häuser, bleibt hängen. Ein roter Punkt. Der Laser. Dann der Einschlag der Raketen. Das Stöhnen der Verletzten, das Blut der Toten.

Die USA behaupten bei den Drohneneinsätzen rund zwanzig „high-value al-Qaeda targets“ vernichtet zu haben. Pakistanische Medien sprechen von 687 Zivilisten. Von Kindern. Von Frauen. Von unbeteiligten Männern, die den Bomben aus dem Himmel zum Opfer fielen.

Regierungsvertreter der USA sagten dem Time Magazine, sie würden auf die Todesmaschinen setzen, weil sie einen Deal mit der pakistanischen Regierung hätten. Keine Fußsoldaten auf den Territorien der so genannten Stammesgebiete im Grenzland. Dafür dürfen sie Drohen schicken. Mehr als öffentliche Kritik haben sie angeblich nicht zu fürchten.

Ich glaube nicht, dass diese Taktik irgendeinen Nutzen hat. Sie ist Terror. Und Terror funktioniert nie. Jeder Tote wird einen ihm nahen Menschen motivieren, die Angriffe zu rächen.

Die Rächer werden zunächst in Pakistan kämpfen, sie werden gegen ihre eigene verlogene Regierung kämpfen. Sie werden heimlich kämpfen, verbissen und mit dem was sie haben. Sie werden in Afghanistan kämpfen. Sie werden da kämpfen, wo sie Nato-Soldaten und Menschen aus Nato-Staaten treffen können. Ihre Ohnmacht gegen den Terror wird zu einem immer heißeren Hass.

Vielleicht gelingt es, einen Taliban-Führer zu töten. Vielleicht aber wird dieser kurzfristige taktische Erfolg zu einem übertriebenem politischen Kurs erkauft. Denn die Terrorflüge mobilisieren gegen den Westen. Gegen seine Feigheit.

Warum sie ihren US-Freund verlassen hat, wird eine Pakistanische Frau in einem populären Witz gefragt. Weil er seine Rakete aus 10.000 Meter Höhe abfeuert, sagt sie.

Ohne einen politischen Erfolg in Afghanistan, wird es nie ein erfolgreiches Ende des Einsatzes geben. Die Patschtunen aus den Grenzgebieten in Afghanistan und Pakistan können nirgendwo hin. Sie müssen den Terror aushalten, bis die USA und der Westen abziehen. Irgendwann. Danach aber werden die, die an ihre Rache glauben, den Abzug als ihren Sieg feiern und alles wird schlimmer als zuvor.

Schon jetzt ist fast die gesamte vom Westen installierte Ordnung desavouiert. Die Politik gilt als heuchlerisch. Vielleicht sogar zu recht. Das US-Militär verdächtigt beispielsweise in internen Dokumenten den Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai der Zusammenarbeit mit Drogen-Baronen. Es heißt der Mann sei korrupt und nehme Bestechungen an, um den Handel mit Stoff unter seinem Bruder straffrei zu stellen.

Trotzdem kooperieren die USA und ihre Verbündeten mit den Karzais.

Warum und wozu? Zu wessen Nutzen?

Für die Freiheit?

Für uns?

Können wir diesen Krieg mit diesen Partnern gewinnen?

Die Reaper fliegen weiter. Sie töten Menschen. Täglich. Auch das bessert unsere Lage nicht wirklich.

Im vergangenen August bat das deutsche Bundesverteidigungsministerium in den USA darum, fünf Reaper für rund 200 Mio US-Dollar kaufen zu dürfen, samt vier Bodenkontrollstationen und dem dazu gehörenden Schnick-Schnack.

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Journalistenpreise für jeden Schwachsinn

Gerade hat mir ein Kollege einen Link geschickt. Zu einem Journalistenpreis. Reporter sollen geehrt werden, die über "vorzeitigen Samenerguss" berichten. Kein Flax. Die zuständige PR-Agentur schreibt: Ejaculatio Praecox sei ein Problem, das man beseitigen könne. Wenn man aufkläre.

Wie sich das für Leute mit Praecox-Problemen gehört, ist die entsprechende Internet-Seite, auf der man sich für den Preis anmelden soll, schon im Beta-Status freigeschaltet worden – und funktioniert natürlich nicht wirklich. Immerhin findet sich da ein "Selbsttest" für Frühfertige. SIC!

Vielleicht ist das ganze ein Hoax. Vielleicht nicht.

Jedenfalls enthüllt der Unsinn den Wert der meisten Journalistenpreise. Statt echte Arbeit zu würdigen, werden Awards benutzt, schwarze PR zu abwegigen Themen in Medien zu drücken. Nach dem Motto: Schreib über unseren Stoff und vielleicht bekommst Du nachher Geld und Anerkennung.

Meiner Meinung nach sollen die Praecox-Jünger besser Werbung schalten. Das wäre ehrlicher.

Aufatmen unter Schmerzen

Foto: Flick.com / dkdas.de

Applaus? Erleichterung? Die Bochumer Opelaner trauen den selbst ernannten Rettern ihres Werkes nicht über den Weg. "Bei uns herrscht Angst und große Wut", sagt Vertrauensmann Steffen Reichelt. Schon vor dem Berliner Tauziehen um ihre Arbeitsplätze haben die Beschäftigten auf zahlreichen Versammlungen heftig um ihre Zukunft gestritten, darüber, welcher Investor der beste sei und welche Forderungen sie an ihn stellen wollen. Alte Gräben zwischen gemäßigten und radikalen Gewerkschaftern in der Belegschaft platzen nun ebenfalls wieder auf.

Jetzt sind wir endlich am Zug", so Reichelt. Die politischen Verhandlungen hätten keine "Heldentaten" hervor gebracht. Denn wenn es einen großen Verlierer im nächtelangen Poker um die Rettung des Autoherstellers gibt, dann ist es die Stadt im Ruhrgebiet. Von den rund 5500 Menschen soll rund ein Drittel die Arbeit verlieren. Ohne betriebsbedingte Kündigungen, heißt es bislang. "Dazu gibt es aber keine schriftliche Vereinbarung. Wir wurden so oft belogen, warum sollten sich die Arbeitgeber diesmal an ihre Versprechen halten?", sagt Reichelt.

In der Belegschaft würde kaum einer den Rettungsaussagen von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers oder Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) Glauben schenken. Seit der besten Zeit des zweitgrößten deutschen Werkes mit weit mehr als 21 000 Arbeitern in den 1980er Jahren müssen die Bochumer nahezu jedes Jahr erneut um ihre Jobs bangen. Zuletzt 2004, als die Bochumer mit einem wilden Streik die Produktion in nahezu ganz Europa lahm legten. Seitdem hat General Motors die Produktionen in den europäischen Werken entkoppelt, sie sind nun nahezu unabhängig voneinander funktionsfähig. Wenig Spielraum besteht auch für ein freiwilliges Ausscheiden der Beschäftigten: Nach einem permanenten Stellenabbau sind in dem Werk nahe der Innenstadt kaum noch Menschen angestellt, die zum Beispiel aufgrund ihres Alters sich mit ihrer Abfindung zur Ruhe setzen wollen.

Aber mit Magna ist erstmalig der deutsche Staat am Verhandlungstisch. Die staatlichen Bürgschaften von Bund und Ländern sollen nun an die Sicherung eines Arbeitsplatz-Kontingents geknüpft werden. Wo genau diese Zielzahl für den Job-Erhalt liegt, solle bis zum November vereinbart werden, wenn die Überbrückungsfinanzierung ausläuft, heißt es aus der NRW-Landesregierung.

Auch Ministerpräsident Rüttgers betonte, genaue Angaben über die künftigen Arbeitsplätze könnten derzeit noch nicht gemacht werden. Er geht nach den nächtlichen Verhandlungen im Kanzleramt davon aus, dass in der Revierstadt 1800 Stellen abgebaut werden. Dies sei aber "noch nicht in Stein gemeißelt". Damit ist Rüttgers komplett umgefallen. Noch vor zehn Tagen hatte der Christdemokrat ein erstes Magna-Konzept strikt abgelehnt, das die Streichung von 2200 Jobs vorsah. "Jetzt herrscht endlich Sicherheit für die Opel-Beschäftigten in Bochum," sagt Rüttgers nun.

"Es ist ein Aufatmen mit Schmerzen", sagt der IG-Metall Bezirksleiter Oliver Burkhard. "Zu Freudentänzen sind wir ganz und gar nicht aufgelegt." Es sei zwar gut, dass die Politik endlich beschlossen hat einzugreifen. "Und dass wir mit Magna endlich ein Gegenüber haben, mit dem wir verhandeln können." Aber dies sei teuer erkauft. "Die Bochumer Beschäftigten scheinen deutschlandweit am härtesten betroffen zu sein", so Burkhard. Er weiß, dass die Verhandlungen auch um Zugeständnisse der Beschäftigten hart werden. Mehr als 80 Prozent der Opelaner in Bochum sind gewerkschaftlich organisiert, mehr als in jedem anderen Opel-Werk. Zudem sind dort traditionell kommunistische und antikapitalistische Gruppierungen wie die MLPD einflussreich. Sie wollen grundsätzlich nicht auf Lohn verzichten oder längere Arbeitszeiten vereinbaren. "Magna muss sich etwas einfallen lassen, um hier einvernehmliche Lösungen zu finden."

Vor wenigen Wochen erst hatten die Opelaner mit hauchdünner Mehrheit für einen vorläufigen Verzicht auf ihre zuvor vereinbarte Lohnerhöhung verzichtet. Einige Betriebsgruppen zweifeln die Abstimmung allerdings an — es seien zu wenig Stimmzettel verteilt worden. "Die Belegschaft ist sehr gespalten", sagt Burkhard. Es werde daher keine schnelle Lösung geben und alles zur Abstimmung gestellt.

Vertrauensmann Reichelt bezweifelt ohnehin, dass die Bochumer bereit wären, etwa auf das Weihnachtsgeld zu verzichten um Jobs zu erhalten. Zugeständnisse würden nicht belohnt. "Die wollen aus immer weniger Leuten immer mehr rausholen."