RWE gibt Gasnetz ab

Am Ende sind sich immer alle einig. Nach fast zwei Jahren Streit hat sich die Europäische Kommission mit dem Energieversorger RWE auf einen Vergleich geeinigt. Der deutsche Versorger verkauft sein Gasnetz – im Gegenzug werden die Untersuchungen wegen Missbrauchs der Marktmacht im Rahmen eines Kartellverfahrens gegen das Unternehmen eingestellt. Damit entgeht RWE einer drohenden Milliardenstrafe.

Die grundsätzliche Bereitschaft des Versorgers, sich von seinem Netz zu trennen, ist seit langem bekannt. Es stand nur noch die offizielle Entscheidung der EU aus, das RWE-Angebot anzunehmen. Die jetzt gefundene Lösung ist rechtsverbindlich. Gleichwohl bestreitet der Versorger, sich nicht gesetzeskonform verhalten zu haben. „Die Verpflichtungszusage gegenüber der EU-Kommission stellt kein Schuldeingeständnis dar“, sagte eine Sprecherin. Es gehe allein darum, einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden.

Die Europäische Union verteidigte gleichzeitig die Einstellung des Kartellverfahrens. Durch den nun getroffenen Vergleich werde der deutsche Gasmarkt grundlegend verändert, sagte EU-Kommissarin Neelie Kroes. Wenn der RWE-Konzern sein Leitungssysteme abgebe, werde dies für mehr Wettbewerb sorgen „Ohne Kontrolle über das Übertragungsnetz ist das RWE nicht mehr in der Lage, sein eigenes Gasliefergeschäft zu begünstigen.“ Bislang wird der deutsche Markt von wenigen Anbietern dominiert, die zum großen Teil auch die Gasnetze kontrollieren. Nach Angaben von Kroes will die Kommission auch sicherstellen, dass auch die Käufer keine Anreize bekämen, den Wettbewerb zu beschränken. Der Verkaufsprozess selbst soll unter der Aufsicht eines Treuhänders gestellt werden. Alle Käufer müssten zudem von der EU genehmigt werden.

Der Entscheidung voraus gegangen war unter anderem ein so genannter „Markttest“. Dabei hatte die EU-Kommission RWE-Wettbewerber gefragt, ob der vergleich mit dem deutschen Versorger ausreiche, um die Vorwürfe zu beseitigen. Dieser Markttest wurde Anfang des Jahres abgeschlossen. Vom Verkauf des Transportnetzes ist nur das deutsche Leitungssystem betroffen. RWE wird weiter die ausländischen Gasnetze behalten.

Als Interessenten für das nun frei werdende Pipelinen steht seit Februar ein Konsortium aus mehr als 30 kommunalen Unternehmen bereit. „Wir sind weiterhin interessiert“, sagte eine Sprecherin der Stadtwerke Bochum. Der Verbund wolle das rund 4000 Kilometer lange RWE-Netz zusammen mit dem niederländischen Netzbetreiber Gasunie und dem börsennotierten Versorger Gelsenwasser führen. Zu dem Konsortium gehören Stadtwerke aus Bielefeld, Detmold und Münster. Im vergangenen Jahr hatten Analysten den Wert des RWE-Netzes auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt. Die Stadtwerke-Sprecherin sagte, das Konsortium werde Mitte April wieder zusammenkommen und weitere Einzelheiten klären. „Gespräche mit RWE gibt es aber noch nicht.“

Seinen Ursprung hat das EU-Verfahren gegen RWE im Juni 2007 genommen, als die europäische Wettbewerbsaufsicht eine formelle Kartelluntersuchung gegen RWE eingeleitet hatte. Im vergangenen Jahr bot RWE dann erstmals einen Verkauf des Fernleitungsnetzes an. Laut Kommission hat der Versorger seine dominante Marktstellung bei Gas ausgenutzt und Konkurrenten den Zugang zu seinem Leitungsnetz in Nordrhein-Westfalen erschwert.

Zuvor hatte die EU-Kommission schon Branchenprimus E.on dazu gezwungen, sich von seinem Höchstspannungsnetz sowie ein Fünftel seiner Kraftwerkskapazitäten in Deutschland zu trennen. Auch hier hatte die EU-Kommission im Gegenzug ein Kartellverfahren eingestellt. Der Verkauf des E.on-Netzes ist noch nicht abgeschlossen.

Ersatz-Rosa Sahra zieht’s nach Düsseldorf

Foto: die Linke

Die linke Politprominente Sahra Wagenknecht will über Düsseldorf in den Bundestag einziehen, nachdem ihre Kandidatur zuvor in Essen gescheitert ist.

Derzeit ist die Rosa Luxemburg Doppelgängerin Europaabgeordnete der Linken. Zuletzt machte die Chefin der kommunistischen Plattform –neu: im Jahr 2002  — innerhalb der Linken von sich bundesweit reden, als ihr damaliger Mann  im Fadenkreuz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen stand. Ihm wurde vorgeworfen, mit gefälschten Kunstwerken zu handeln. Nachdem die Nummer geklärt war — neu: 2004 Verurteilung in Köln, später Einstellung in Mühlhausen nach §154 Strafprozeßordnung, wegen Verurteilung in ähnlicher Sache — stand dann wieder Sarah Wagenknecht bei der Polizei im Kurs. Oder genauer gesagt, sie stand im Focus der Verfassungsschützer. Diese warfen ihr vor, nach wie vor die deutsche Staatsordnung umwerfen zu wollen.

Aber auch in ihrern eigenen Reihen ist die Linksauslegerin umstritten. So wird ihr innerhalb der Linkspartei vorgeworfen, zu unkritisch dem Stalinismus gegenüber zu sein. Auch Gregor Gysi und der Bundestagsabgeordneten Michael Leutert hatten diese Pro-Stalin-Haltung kritisiert. Letzter sprach sich vor einem Jahr sogar in der taz stellvertretend für jüngere Parteimitglieder öffentlich gegen ihre Kandidatur als stellvertretende Parteichefin aus, weil sie sich zu wenig vom Stalinismus distanziert habe.

Auch im Ruhrgebiet war Wagenknecht zuletzt nicht gut gelitten. Wie gesagt, in Essen ist sie mit ihrem Wunsch abgeblitzt, auf die Liste zu kommen. Ich selbst habe Wagenknecht nur zweimal gesehen. Einmal davon im Zug. Da saß sie mir gegenüber. Ich kann sagen: Sie sieht überhaupt nicht aus, wie auf dem Foto. Das ist ein Photoshop-Meisterwerk. Das muss reichen.

Wie dem auch sei: Wagenknecht will nun über Düsseldorf ihr Comeback in Berlin starten. Ende März will sie sich auf den 5. Platz der Landesliste der Linken setzen lassen, berichtet der Düsseldorfer Kreisverband. Damit stehen ihre Chancen gut ihr Ziel "Reichtag" zu erreichen. Die Linke erzielte bei der letzten Bundestagswahl in NRW 5,1 Prozent und schickte sieben Abgeordnete nach Berlin. Im September soll die Liste noch weiter ziehen.

RWI-Schmidt: Es wird schlimmer

Foto: RWI

Seit kurzem ist der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, RWI, Christoph Schmidt einer der deutschen Wirtschaftsweisen. Damit bekommen seine Prognosen noch mehr Gewicht. Umso schlechter, was er mir gesagt hat. Schmidt befürchtet einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Bislang ist der Schmidt von einer Rezession um 2,0 Prozent und damit von einem Verlust von rund 600.000 Arbeitsplätzen ausgegangen. Allerdings habe sich die Lage in den vergangenen Monaten verschärft. "Wir wissen mittlerweile, wie schlecht das vierte Quartal 2008 ausgefallen ist, und die Frühindikatoren in diesem Jahr sehen auch nicht gut aus.“ Die Folge sei, dass auch das RWI seine Prognose revidieren müsse. Es drohe eine Abschwung von bis zu 4 Prozent, sagte Schmidt, ohne eine genaue Zahl zu nennen. Dies habe einen direkten Einfluss auf die Beschäftigungszahlen in Deutschland. „Ja, wir rechnen mit einer deutlich höheren Arbeitslosigkeit. Da kann man im Moment nichts gegen machen.“ Die hohe Zahl von 5 Mio Arbeitslosen aus den Zeiten vor den Hartz-Reformen werde aber wohl nicht wieder erreicht.

Trotzdem lehnt Schmidt ein neues Konjunkturpaket ab. „Wir müssen jetzt abwarten, wie sich die bis jetzt getroffenen Entscheidungen im Herbst auswirken“, sagte Schmidt Die meisten Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Infrastrukturinvestitionen würden erst in den kommenden Monaten greifen. Bei allem Verständnis nach dem Ruf zum Handeln, müsse immer abgewägt werden, wie sich die Maßnahmen langfristig auswirken würden. Ein unsinniges Auftürmen von Schulden müsse vermieden werden. Gleichwohl betonte der Wirtschaftsweise die außergewöhnliche Härte der Krise. „Wir haben einen so gleichzeitigen Einbruch der Märkte weltweit noch nie erlebt. Es gibt keine Region, die jetzt eine andere Regionen wieder nach oben ziehen könnte.“ Trotzdem mahnt Schmidt zum Optimismus. „Wir haben uns bis heute einen sehr hohen Lebensstandard erarbeitet. Wenn wir jetzt zehn Prozent dieses Wohlstandsniveau abgeben, ist es weniger hart, als noch vor hundert Jahren.“

Natürlich sei es für die Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren immer noch schwer, aber immerhin gebe es ein soziales Netz, das auch Leute auffangen kann. „Bei uns fällt niemand ins Bodenlose.“ Schon aus diesem Grund sei die heutige Lage auch nicht mit der Depression im vergangenen Jahrhundert zu vergleichen. „Wir haben dann halt nicht mehr ein Pro Kopf einkommen von 30.000 Euro, sondern von vielleicht 27.000 Euro. Das ist immer noch sehr viel.“ Zudem gebe es alle Vorraussetzungen für einen neuen Aufschwung. „Wir haben einen hohen Bildungsstand, ein stabiles Rechtssystem, einen Kapitalstock, der nicht angegriffen ist, und eine gute Infrastruktur.“ Nach Ansicht von Schmidt ist damit das Fundament der deutschen Wirtschaft immer noch intakt.

Flaute auf hoher See – Finanzkrise trifft Windfarmen im Meer

Foto: Flickr.com / phault

In der vergangenen Woche habe ich über die Offshore-Windparks recherchiert. Das sind diese Riesenwindstromfabriken auf offenem Meer. Sie sollen in der Nordsee wachsen und in der Ostsee. Milliardenprojekte. Hochglanztauglich. Sie sind der Schaum auf jeder Präsentation zur Zukunft der deutschen Energieversorgung. Nur: bis heute kann niemand mit einem Schiff zu einem deutschen Windpark auf hoher See reisen. Es geht immer noch nur mit einem Mausklick vom Schreibtisch aus. Denn die Offshore-Projekte sind alle virtuell. Immer noch. Trotz aller Ankündigungen von Unternehmen und Bundesregierung wurde noch keine Stromfarm im tiefen Wasser errichtet.

Zum Beispiel der Windpark Borkum Riffgrund West. Ursprünglich wollte hier die Firma Energiekontor außerhalb der 12-Seemeilen-Zone 458 Windpropeller in die Nordsee stellen. Baubeginn sollte im Jahr 2004 sein. Hunderte Anleger zeichneten Anteilsscheine an dem Projekt. Doch bis jetzt wurde nur Papier bedruckt. Kein Mast gestellt. Cerstin Kratzsch von Energiekontor sagt: „Entscheidend für die Realisierung ist die Projektfinanzierung. Wir verhandeln derzeit mit Banken. Das ist während der aktuellen Finanzkrise allerdings schwierig.“

Die Pläne der Bundesregierung zum Ausbau von Windparks auf hoher See geraten unter Zeitdruck. Eigentlich sollten im vergangenen Jahr bereits 1500 Megawatt (MW) vor den deutschen Küsten stehen. Bis zum Jahr 2020 gar über 10.000 MW Leistung. Das entspricht der Kraft von zehn Kernkraftwerken. Doch von den Planspielen ist man weit entfernt. Bislang lag es vor allem an technischen Problemen und Schwierigkeiten bei der Netzanbindung.

Und nun kommt auch noch die Wirtschaftkrise dazu. Die Finanzierung der kostenintensiven Projekte in Nord- und Ostsee steht auf der Kippe. Besonders mittelständische Projektentwickler seien betroffen, heißt es bei Banken. Ohne Unterstützung des Staates können offensichtlich nur noch große Versorger die so genannten Offshore-Parks realisieren. Torsten Hinsche ist Leiter des Kompetenzzentrums Erneuerbare Energien der Commerzbank. Er sagt: „Gerade die sehr großen Projekte der Mittelständler haben das Problem, dass sie derzeit schwierig zu finanzieren sind.“

Selbst der Bau des Pilotprojekt „Alpha Ventus“ 40 Kilometer östlich von Borkum musste verschoben werden. Auch hier steht noch kein Windspargel. Der Baugrund 40 Kilometer östlich von Borkum ist schwieriger zu beherrschen als gedacht. Gleichzeitig verteuern sich die Projektkosten. Als im vergangenen Sommer die ersten sechs Rotoren installiert werden sollten, musste ein eigens angeheuertes Montageschiff quer über den Atlantik reisen, um anschließend wieder unverrichteter Dinge im Herbst in den Golf von Mexiko abzudampfen. Nun soll der Park in diesem Sommer fertig gestellt werden, heißt es bei den beteiligten Partnern E.on, Vattenfall und EWE. "Bis Spätherbst werden wir das schaffen", sagte ein Sprecher.

Die Weltwirtschaftkrise verschärft die ohnehin komplizierte Finanzierung für unerprobte Windparks in der stürmischen Hochsee. Banker und Unternehmen sagten mir übereinstimmend, die Ansprüche an die Eigenkapitalbasis für Offshore-Projekte seien in den vergangenen Wochen drastisch gestiegen. Reichte früher ein Eigenanteil von 15 Prozent aus, um einen Fremdfinanzierung zu bekommen, verlangen Banken heute, dass ein Kreditnehmer bis zu 30 Prozent der Kosten für die Hochsee-Spargel alleine trägt.

Besonders mittelständischen Unternehmen macht das zu schaffen. Willi Balz von der Projektgesellschaft Wetfeet Offshore berichtet, dass er für seinen Windpark Global Tech vor Cuxhaven insgesamt 1,3 Mrd Euro beschaffen muss. Der Eigenanteil liegt heute nach dem Einstieg der Stadtwerke München, der HSE Darmstadt sowie privaten Investoren bei rund 200 Mio Euro. „Wir brauchen aber mindestens 300 Mio, damit wir eine Finanzierung bekommen“, sagt Balz. Doch selbst wenn das Geld beisammen ist, sind noch nicht alle Probleme gelöst. „Heute ist es schwierig, eine Bank zu finden, die als Konsortialführer auftritt.“ Stattdessen müsse er mit jeder Bank einzelne Verträge aushandeln. Auch die Kreditsummen je Bank würden geringer, sagt Balz. „Keine Bank schultert mehr 300 Mio alleine. Stattdessen machen die Banken Verträge um die 50 Mio Euro.“

Von einem weiteren Problem berichtet Torsten Hinsche von der Commerzbank: „Langfristige Kredite sind nicht leicht zu erhalten und erhöhte Risiken teurer geworden.“ Gleichzeitig müssten bei Offshore-Finanzierungen die Risiken klar aufgezeigt werden. Hier würden die Banken besonders auf Versicherungen drängen, die alle Unwägbarkeiten absichern würden. „Gerade auf hoher See kann es zu wochenlangen Ausfällen der Anlagen kommen.“ Doch hier liegt das Problem: Erst wenn die Versicherer genau wissen, wie die Risiken definiert werden, sind sie bereit diese zu übernehmen. Ohne Versicherungen aber gibt es keine Finanzierungen.

Es entsteht eine Lücke, in die die großen Energieversorger bereitwillig vorstoßen. E.on, Vattenfall und EnBW wollen Projekte in der Nordsee realisieren. Der Finanzchef der RWE Innogy Hans Bünting sagt, gerade kleinere Projektierer hätten oft nicht die Möglichkeiten, die Schwierigkeiten zu meistern. „Viele werden ihre Projekte abgeben müssen, weil sie nicht die Finanzkraft haben, die Windparks zu realisieren. Hier haben die großen Versorger und starke Stadtwerkeverbünde eindeutig Vorteile.“ Den Worten lässt RWE Innogy Taten folgen. Der Konzern sicherte sich genauso wie die Konzerne E.on und Vattenfall auf Jahre hinaus die Produktion eines Windturbinenproduzenten. Dies verknappt die Kapazitäten der Propeller und macht sie teurer. Wieder steigen die Kosten für die Mittelständischen Projektierer. RWE Innogy Finanzchef Bünting bietet den in Schwierigkeit geratenden Unternehmen einen Ausweg an. „Wir stehen bereit, die angefangenen Vorhaben mit den Projektentwicklern gemeinsam umzusetzen.“

Windparkprojektierer berichten bereits, die großen Konzerne würden offen Lobbyarbeit in der Bundesregierung betreiben, um die Mittelständler aus den Projekten zu drängen. „Im Umweltministerium sagen Vertreter der Konzerne, die Offshore-Entwicklung könnten nur die großen Versorger bewältigen.“, sagte einer, der an den Gesprächen teilnimmt. „Das stimmt nicht. Das Know How liegt bei uns.“

Einen Grund für das aggressive Vorgehen der Energieriesen sehen die Mittelständler in den Versäumnissen der Großen aus der Vergangenheit. Weil in den Chefetagen der Konzerne lange Widerstand gegen die „Phantastereien“ herrschte, haben sich die Versorger zu spät um die Entwicklungen auf hoher See gekümmert. Heute besitzen E.on, RWE und Co kaum Anteile an den bereits genehmigten 20 Windparks mit 1497 Propellern.

Doch nicht nur in den Finanzierungen liegen Probleme der Offshore-Industrie. Auch technische Fragen ist noch nicht gelöst: Zum Bau der Windparks werden neue Spezialschiffe benötigt, die schnell über 100 Mio Euro kosten können. Dazu sind auf hoher See die Zeitfenster sehr knapp, in denen die Parks errichtet werden können. An Land kann an rund 300 Tagen im Jahr gearbeitet werden, auf dem Meer oft nur in weniger mehr als der Hälfte der Zeit. Commerzbank-Financier Hinsche sagt, unter anderem aus diesem Grund sei es schwierig, genaue Terminpläne zu entwerfen. „Diese aber sind wichtig, wenn es darum geht, die Projektabläufe zu koordinieren.“ Beispielsweise könne es von der Bestellung eines Seekabels bis zur Lieferung zwei Jahre dauern.

Das bedeutet: Nur wenn in diesem Krisensommer die Finanzierungen fixiert werden, kann der Bau der Anlagen im Jahr 2011 begonnen werden. Da die Vorlaufzeiten der Projekte sehr lang sind und die Kapazitäten für den Bau der Anlagen sehr begrenzt, müssen spätestens dann die ersten Anlagen in Betrieb gehen, damit die Ziele der Bundesregierung noch erreicht werden können. Ansonsten droht die Initiative im Nordseeschlick stecken zu bleiben.

Das ist nciht das einzige Problem. Derzeit sind die Windanlagen auf dem Festland billiger und sicherer zu bauen. Es gibt keine unkalkulierbare Risiken, dafür sichere Renditen. Die Folge: finanzkräftige Investoren setzen eher auf die traditionellen Windspargel.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat das Problem erkannt. Er fordert eine Art Rettungsschirm für die Offshore-Industrie. "Ein Einbruch beim Ausbau der erneuerbaren Energien muss verhindert werden", sagte der SPD-Politiker. Zunächst wurde im Konjunkturpaket II eine verbesserte Förderung der Hochsee-Projekte beschlossen. Seit wenigen Tagen kann die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) die Banken von bis zu 50 Prozent der Darlehenshaftung freistellen. Das schont das Eigenkapital der Geldhäuser und ermöglicht großzügigere Kredite. Gleichzeitig wird über Bürgschaften nachgedacht, die den Offshore-Projektierern gewährt werden soll. Dies würde vor allem die Eigenkapitalbasis der Mittelständischen Unternehmen stärken und den Zugang zu Finanzierungen erleichtern.

Commerzbanker Hinsche ist zuversichtlich: „Derzeit verzögert sich die Umsetzung der Off-Shore-Projekte. Ich halte diese Entwicklung aber auch für gesund.“ Der Zeitdruck dürfe nicht zu Leichtsinn verführen. „Eine sorgfältige Abwägung muss sein, um der Industrie die Chance zu geben, für die Projekte reif zu werden. Erst wenn alle Fragen geklärt sind, kann es richtig losgehen.“

Auch bei Energiekontor gibt man sich zuversichtlich, das Projekt Borkum Riffgrund West mit sechs Jahren Verspätung realisieren zu können. „Wenn wir im Laufe des Jahres die Finanzierung bekommen, können wir schon 2010 mit dem Bau beginnen“, sagt Cerstin Kratzsch.

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Das ist Fair-Play-Fussball

Es war einmal in Holland. Ein Kicker von Ajax Amsterdam liegt verletzt auf dem Boden. Ein gegnerischer Spieler pölt den Ball ins Aus. Nach dem Wiederanpfiff will ein anderer Ajax-Mann den Ball zurückgeben. Er trifft so ungeschickt, dass er ein Supertor reinhämmert. Alle sauer. Der Schiri gibt das Tor. Gleich danach stehen die Spieler von Ajax regungslos auf dem Platz, damit der Gegner den Ausgleich macht. Schön und fast noch schiefgegangen. Dank an Wolle 🙂

AGR baut Stellen ab. Entsorgung bricht zusammen

Vor ein paar Tagen habe ich darüber berichtet, dass die Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhr (AGR) Stellen abbauen will. Ich hatte die AGR damals auch um eine Stellungnahme gebeten, warum 50 Arbeitsplätze verschwinden sollen. Die Geschichte ist interessant, denn die Müllfirma ist eine 100prozentige Tochter des Regionalverbandes Ruhr. Und es ist schon selten, wenn eine kommunale Firma Leute freisetzt. Morgen früh ist in Herten Süd eine Betriebsversammlung auf der die schlechten Nachrichten bekannt gegeben werden sollen.

Nun, die AGR hat mir keine Antwort gegeben. Weder wollte die Firma bestätigen, dass Stellen abgebaut werden, noch wollte Firmensprecher Heinz Struszczynski sagen, was die Ursachen für den Stellenabbau sind. Mir erschien das ganze Ding seltsam. Denn es hieß immer, in diesen Tagen sollte die Müllverbrennungsanlage RZR II in Betrieb gehen. Und in den Bilanzen der AGR steht zudem geschrieben, dass nur bei einem erfolgreichen Betrieb des RZR II die Zukunft der AGR und damit die Nachsorge der größten Deponien im Ruhrgebiet gesichert ist.

Kurz: der Stellenabbau erscheint mir wie ein böses Omen.

Ich habe deswegen vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen von AGR die Antworten auf meine Anfrage erstritten. Heute morgen teilten mir die Anwälte der AGR auf meine Klage hin folgendes mit:

Der Stellenabbau sei eine Folge der einbrechenden Müllmengen, die von der AGR-Gruppe behandelt werden. Statt 4 Mio Tonnen Müll pro Jahr werden nur noch 1 Mio Tonnen behandelt. Das bedeutet: Die wichtigste Umsatzquelle der AGR ist um 75 Prozent eingebrochen. Damit gibt die AGR zu, dass sich die Lage in der Firmengruppe bedrohlicher zugespitzt hat, als bisher angenommen wurde. Es fehlt an frischem Geld.

Und das in einem Jahr, in dem die Papierpreise verfallen und die AGR kaum noch Erträge aus der Vermarktung von Sekundärrohstoffen erzielen kann. Selbst die Entsorgungspreise in den Müllverbrennungsanlagen verfallen. Sie liegen im Moment zwischen 70 und 80 Euro je Tonne. Damit das RZR II wirtschaftlich arbeiten kann, müssten Preise von weit über 100 Euro erzielt werden, wie aus AGR-internen Unterlagen hervorgeht.

Darüberhinaus sagten die Anwälte der AGR, der Stellenabbau der Firma sei auch darauf zurückzuführen, dass die Gesellschaft verschlankt und die Organisation gestrafft wurde. Zudem müssten Abläufe optimiert werden. Naja.

Mir erscheint der Zeitpunkt des angekündigten Stellenabbaus verdächtig. In diesen Tagen müsste die AGR ihre Bilanz für 2008 aufstellen. Ich vermute auf Basis der alten AGR-Bilanzen, dass die Firma derzeit einen Überschuldungsstatus erstellen muss. Und um eine positive Fortführungsprognose bis zum Ende des März zu bekommen, wird der Stellenabbau unvermeidlich sein. Ohne positive Fortführungsprognose müsste die AGR insolvenz anmelden.

Wenn das so ist, wird der Herbst für die AGR zur Zeit der Wahrheit. Dann dürfte das freie Geld in der Firma nahezu aufgebraucht sein. Wenn bis dahin das RZR II keine Millionen einspielt, wird der Regionalverband einspringen und Millionen zahlen müssen. Da er das nicht kann, dürften die Städte im Revier zur Kasse gebeten werden.

Wenn ich Hellseher wäre, würde ich sagen, die AGR-Geschäftsführung wird in diesem Fall die Weltwirtschaftskrise für die dramatische Lage als Ausrede gebrauchen und nicht die eigenen Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre. Vielleicht wissen das noch einige. Selbst vor der Brochier-Pleite wurde bei der AGR Geld verschwendet. Da war zum Beispiel die Zeit, als der AGR-Geschäftsführer zwei Dienstwagen hatte. Einen mit Fahrer für Werktags und einen ohne Fahrer fürs Wochenende.

Vor wenigen Tagen hatte mir AGR-Sprecher Struszczynski in einer Email geschrieben, er wolle nicht auf meine Fragen antworten, weil ich seine Angaben in den Ruhrbaronen veröffentliche.

Nun, in diesem Punkt gebe ich dem AGR-Sprecher recht. Ich werde meine Informationen auch über die Ruhrbarone verbreiten.

Denn wir Ruhrbarone wollen unter anderem die Öffentlichkeit über Themen des Ruhrgebietes informieren.

Cross Border Theater – Jetzt hängen die Landesbanken drin

Skizze: Aus CBL-Vertrag ergänzt von David Schraven

Cross Border Leasing ist ein Problem. Das weiß heute jeder. Vor ein paar Jahren war es hipp, um klammen Kommunen oder kommunalen Firmen wie der AGR ein paar Millionen frisches Geld zu verschaffen. Als Faustformel kann man sich merken, je ärmer und gieriger eine Gemeinschaft war, umso anfälliger war sie für diese Grenzgeschäfte. Jetzt werden sogar die deutschen Landesbanken wegen der Mauscheleien mitten in der Wirtschaftskrise belastet. Ihnen drohen erhebliche Wertberichtigungen, sollten die Cross-Border-Leasing tatsächlich platzen. Nach meinen Recherchen könnten Bilanzverluste in Milliardenhöhe fällig werden.

Zum Urspring: Um einen Steuervorteil in den USA auszunutzen, verleasten deutsche Kommunen Straßenbahnen, Messehallen oder Kanalnetze über einen langen Zeitraum an amerikanische Investoren. Diese vermieteten das Eigentum direkt zurück an die Kommune. So sollte ein Steuerschlupfloch in den USA ausgenutzt werden. Insgesamt wurden in Deutschland weit über 100 dieser grenzüberschreitenden Geschäfte abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der Deals bewegt sich nach Branchenschätzungen zwischen 50 und 80 Mrd Euro.

Sowohl die Städte als auch die beteiligten Banken versuchen die Details zu den Risiken zu verschleiern. Selbst Stadträten und Aufsichtsbehörden wird oft die Einsicht in die Schriftstücke verwehrt. Dabei wird erst bei einer Analyse der Cross-Border-Verträge klar, wie tief die deutschen Banken involviert sind. Mir liegen entsprechende Schriftstücke vor, in denen sowohl die NordLB als auch die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) als Financiers ausgewiesen sind, die mit hohen Millionensummen im Risiko stehen.

Im Detail lassen sich die Zahlungsströme und die daraus resultierenden Schwierigkeiten am besten anhand des Wuppertaler Cross-Border-Leasing beschreiben. (Siehe auch die Skizze des Geschäfts oben) Die Stadt verleaste ihre Müllverbrennungsanlage im Jahr 1999 für 423 Mio US-Dollar über 75 Jahre an einen Trust der beiden US-Unternehmen KeyCorp und PNC, um sie anschließend für 25 Jahre gleich wieder zurückzumieten. Die Wuppertaler kassierten für ihre Dienste 28,5 Mio Dollar. Obwohl es ein reines Papiergeschäft war, sollten die amerikanischen Steuerbehörden denken, die Anlage sei tatsächlich verkauft worden. Im ersten Schritt zahlten die US-Investoren rund 60 Mio Dollar in das Eigenkapital des Trustes ein. Dieses Geld diente als Basis, um bei der norddeutschen Landesbank Nord-LB einen Millionenkredit loszueisen.

Wie das geschah, lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen rekonstruieren. Zunächst verlangten Steuerberater, es müssten mehrere rechtlich unabhängige Geldhäuser in die Kreditvergabe involviert werden. Damit sollte verschleiert werden, dass es sich nur um ein Luftgeschäft handelt, wie ein beteiligter Banker berichtet.

Aus diesem Grund lieh nicht die NordLB-Zentrale den Amerikanern Geld. Stattdessen wurde eine unauffällige Tochter eingeschaltet. Und zwar versorgte die rechtlich unabhängige Luxemburger NordLB-Tochter (in der Skizze NLL) den Trust der Amerikaner mit 331 Mio Dollar. Als zweite Bank wurde die LBBW (in der Skizze LBW) hinzugezogen. Diese lieh den Amerikanern weitere 37 Mio Dollar. Das Geld floss vom Trust direkt an die Wuppertaler Abfallentsorger. Offiziell deklariert als Leasinggebühr. Die Wuppertaler reichten die Millionen direkt an die NordLB-Zentrale in Hannover (in der Skizze NLG) weiter. Hier wurde das Geld in einem Depot angelegt.

Laut Vertrag zahlt die NordLB nun jedes Jahr aus diesem Depot die Leasingraten an den Trust zurück, der damit wiederum seine Kredite bei der NordLB-Tochter in Luxemburg und bei der LBBW bedient. Die Finanzströme selbst sichert die Kommune ab.

Ein Geschäft ohne Risiko also? Wohl kaum. Die US-Steuerbehörde IRS hat die Investoren in den Staaten ultimativ aufgefordert, ihre CBL-Verträge mit den Deutschen zu beenden. Sonst würden diese zwangsaufgehoben. Die IRS will das Steuerloch stopfen. Bereits 80 Prozent der US-Investoren haben nach Auskunft der IRS einen entsprechenden Vergleich unterschrieben.

Und das mit Folgen für die deutschen Landesbanken. Ähnlich wie in Wuppertal waren die Strukturen in nahezu allen Cross-Border-Verträgen. Neben der NordLB waren nach meinen Informationen in anderen Geschäften die LBBW und der WestLB federführend.

Die Banken schaufelten Milliarden Dollar von der rechten Tasche in die linke Tasche. Durch die Geldströme über die US-Trusts wurden die Bilanz so künstlich aufgebläht. Denn sowohl die Kredite an die Amerikaner als auch die Depots der Kommunen wurde in den Büchern der Landesbanken als Geschäfte mit fremden Dritten eingebucht. Allein im Fall von Wuppertal liegt die Luftbuchung der NordLB bei über 300 Mio Euro. Würden die Cross-Border-Geschäfte abgewickelt, müssten die Banken die eigenen Bilanzen bereinigen, Milliarden würden sich in Luft auflösen.

Aus diesem Grund scheint es, als würden Landesbanken wie die NordLB oder die LBBW auf deutscher Seite die Auflösung der Verträge blockieren. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, werden derzeit Kommunen gezwungen, selbst in die Rolle der US-Investoren zu schlüpfen. Sie müssen die Trusts in Übersee übernehmen und damit die Geldströme mit den Landesbanken aufrechterhalten.

Dabei verkünden die beteiligten Kommunalpolitiker weiter: Alles ohne Risiko.

Gerade die AGR tut sich bei diesen Behauptungen wieder hervor. Zur Erinnerung: Die AGR gehört unter dem Namen Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhrgebiet mbH zu 100 Prozent dem Regionalverband Ruhr. Zunächst verbreitete die AGR sie habe das Cross Border Leasing beendet. Dann wurde ergänzt – mit den amerikanischen Partnern. Das bedeutet: Die AGR unterhält nach wie vor das Cross-Border-Konstrukt mit den Banken. Und wie in Wuppertal sind bei der AGR auch die NordLB und die LBBW involviert.

Der Trust im Fall der AGR sitzt in Delaware in den USA. Zunächst hieß es, der Trust gehöre nun der AGR. Diese habe das Eigenkapital am Trust übernommen. Auf Nachfrage musste der RVR dieser Darstellung widersprechen. Nun heißt es von Seiten des RVR: „AGR hat im Rahmen dieser Restrukturierung der Verträge aber keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung erworben, sondern es handelt sich um eine Begünstigtenstellung, die zu 100 Prozent in der Hand der AGR ist.“ Mit anderen Worten: Der Trust gehört irgendwem. Wem – das verschweigen sowohl AGR, als auch RVR. Und die AGR hat sich an dieser geheimen Briefkastenfirma einen Beherrschungsvertrag gesichert. Das ist alles.

Es ist nach wie vor unklar, ob tatsächlich das Geschäft mit den Amerikanern beendet ist. Denn nun stecken die AGR und der RVR selbst bis zum Hals im Leasing fest. Sie sind an einen Steuersparfomds in den Staaten gekettet, von dem keiner sagen kann, ob der amerikanische Staat diesen liquidiert, ob die Steuerbehörden gegen den Trust Forderungen stellen oder ob der Trust illegal errichtet wurde. Das einzige was klar ist: die AGR und der RVR haften für alles. Auch gegenüber der LBBW und der NordLB. In den politischen Gremien des RVR sagen alle, es war ein toller Deal, den die Verantwortlichen um den RVR-Direktor Heinz-Dieter Klink da angerührt haben. Man habe noch mal Glück gehabt und sei mit einem blauen Auge aus dem Cross-Border herausgekommen. Ich glaube das nicht.

Wer von den politisch Verantwortlichen hat die Verträge gelesen? Wer hat sie verstanden? Wer hat sich einen Bären aufbinden lassen?

Wer von den Verantwortlichen weiß zum Beispiel, dass die Millionen aus dem Bargeldvorteil immer noch auf einem Konto bei der NordLB festliegen?

Wie dem auch sei: die NordLB bestreitet, dass es Probleme geben könnte: „Werden Verträge aufgelöst, ist damit für die NordLB weder eine Auszahlung verbunden noch besteht ein Abschreibungsbedarf“, sagte ein Sprecher. Die Bank bestreitet aber auch nicht, dass die Bilanzen gekürzt werden müssten. Allerdings sagte ein Sprecher, ohne konkrete Summen zu nennen: „Die Bilanzverluste wären sehr gering.“

Es kokelt im Ruhrpott

Foto: Flickr.com / m.p.3.

Vor zwei Tagen habe ich mit ein paar Leuten bei Opel gesprochen. Es war komisch. Ich konnte fast die unterdrückte Wut spüren, oder war es nur zornige Hoffnungslosigkeit? Irgendein ein seltsames Gefühl. Keine Ahnung, schwer zu sagen.

Noch versuchen Gewerkschaften und Betriebsräte Ruhe zu verbreiten. Solange man in Verhandlungen stecke, seien Proteste nicht nützlich, heißt es zum Beispiel bei Opel in einem Flugblatt. Und auch bei ThyssenKrupp werden die Stahlarbeiter nach einem kurzen öffentlichen Protest wieder an die Hochöfen und Walzbänder geschickt.

Doch unter der Oberfläche kokelt es. Und jederzeit kann der Protest aufflammen. In Bochum sammeln Metaller in der Belegschaft von Opel Unterschriften. Sie sind nicht damit einverstanden, dass ihr Lohn gekürzt werden soll oder die versprochenen Tariferhöhungen ausfallen. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt einer der Vertrauensleute. Zur Not sei man bereit, zu streiken und zu demonstrieren.

Die Arbeiterführer im Pott spüren die Unzufriedenheit. Bei ThyssenKrupp beriefen sie eine „öffentliche Betriebsversammlung ein.“ Wenn es nicht gelingt, schnell rund 1,5 Mrd Euro aufzutreiben, dann droht der Konzern sein Ranking bei Banken zu verlieren. Das bedeutet: teure Kredite, mehr Zinsen und weniger Bargeld. Das Ende ist dann nicht mehr weit. Konzernteile sollen verschleudert werden. Ein Sarg wurde vor das Podium gestellt. Es gab Pfiffe für den Konzernchef. Danach gingen die Männer wieder ans Band. Auch der Betriebsratschef im Bochumer Opelwerk, Rainer Einenkel, sorgt mit markigen Sprüchen dafür, dass Druck abgelassen werden kann. Die Bundesregierung müsse schnell über das mögliche Rettungspaket für den angeschlagenen Opel-Konzern verhandeln. "Andernfalls werden wir kreative Lösungen finden, die Arbeitsplätze zu retten", sagte Einenkel. Denkbar seien Resolutionen, Demonstrationen oder "Informationsveranstaltungen", wie ein "wilder Streik" auch genannt wird.

Bernd Kruse unterstützt diesen Kurs. Er ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender beim Essener Stahlriesen ThyssenKrupp. Das ganze „Wischiwaschi" bisher sei "ärgerlich". Wenn Opel die Luft ausgehe, „werden wir uns dazu aufstellen", sagte Kruse. Denn dann seien auch Jobs in der Zulieferindustrie gefährdet. Und dazu gehöre eben auch ThyssenKrupp.

Es kokelt also. Und wie lange die Ventile noch halten, ist unklar. Die Belegschaften fangen an, sich auszutauschen. Sie nutzen die Kanäle der Gewerkschaften. Zum Beispiel organisiert die IG Metall Treffen von Betriebsräten aus allen bedrohten Unternehmen, wie ich erfahren habe. Es wird auch über einen Flächenbrand diskutiert. Was passiert, wenn die Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird. Was passiert, wenn die Fabriken geschlossen werden, wenn die Belegschaften nicht mehr ruhig gehalten werden können?

Allein am ThyssenKrupp-Standort Duisburg-Hamborn sind 14 000 Menschen beschäftigt, bei Opel Bochum rund 5000. Beide Belegschaften sind erfahren im Arbeiterkampf. In den 80ziger Jahren kämpften die Stahlarbeiter über Monate gegen die Schließungen ihrer Werke in Duisburg-Rheinhausen. Im Jahr 2004 retteten die Opelaner mit einem "wilden Streik" ihr Werk in Bochum. Dazu kommen die Arbeiter in den anderen Metallbetrieben. Die auf Lohn verzichten sollen, die in Kurzarbeit sind oder kurz vor der Entlassung.

Doch im Augenblick ist noch nichts von Arbeitskampf zu sehen. Die ganzen Flächenbrand-Szenarien werden unter Verschluss gehalten. Stattdessen wird über Lösungen gesprochen. „Wir protestieren nicht gegen die jeweiligen Geschäftführungen und die Bundesregierung“, sagt Wolfgang Nettelstroth von der IG Metall in NRW. „Solange diese helfen, die Betriebe zu retten, wird es keine abgesprochene Protestwelle geben.“ Die Betriebsräte der großen Ruhr-Konzerne haben sich eine Sprechpause verordnet, bis klar ist, was passiert.

Ein Kollege von mir meint, solange keine ungeheure Provokation kommt – entweder aus den Staaten oder aus der Bundesregierung – wird gar nichts passieren. Die Arbeiter werden auf ihre Löhne verzichten, weil sie Angst haben vor der Arbeitslosigkeit in der Krise. Sie werden auf Urlaub verzichten, auf Zuschläge auf alles. Egal ob bei Opel, ThyssenKrupp oder sonstwo. Zur Not werden sie still in die Arbeitslosigkeit verschwinden.

Man versucht also konstruktiv zu sein. Statt über Streiks wird jetzt über eine Verlängerung der Kurzarbeit gesprochen oder über die Einführung der 4-Tage Woche ohne Lohnausgleich.

IG-Metall-Mann Nettelstroth sagt: „Wir führen in den Betrieben Gespräche, um die Möglichkeiten zu erkunden, die Betriebe zu retten.“ So gibt sich auch der Chef der IG Metall Oliver Burkhard kompromissbereit: Er bietet einen Verzicht auf die im Herbst erstrittene Lohnerhöhung von 2,1 Prozent an, wenn dafür die Arbeitgeber befristet auf Entlassungen verzichten.

Und noch etwas kommt im Sprachgebrauch der IG Metall im Ruhrgebiet vor: Nettelstroth und Kollegen fordern Qualifizierungsmaßnahmen für die Menschen, die ihren Job verlieren. „Wir denken an den Facharbeitermangel. Wir müssen die Krise auch als Chance nutzen.“ Denn irgendwann wird es wieder nach oben gehen und dann braucht man gute Leute.

Tatsächlich ist nicht alles schwarz im Ruhrgebiet. Selbst wenn Opel untergeht. Selbst wenn ThyssenKrupp in die Falle rutscht. Selbst wenn die Metaller untergehen. Überall finden sich Ansätze für neues.

Es wird weitergehen – weil es weitergehen muss. Keine Alternative.

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Gibt es eine eine Zukunft ohne Zeitung?

Foto: Flickr.com / Yaisog

Gibt es eigentlich ein Geschäftsmodell für Journalisten in der Zukunft? Überall werden Leute entlassen, gute Schreiber und auch weniger gute. Zeitungen werden eingestellt und verkauft. Es geht quer durch die Bank. Ein Kollege von mir bekommt schon Panik-Attacken. Dann ruft er an und fragt, ob es wirklich schlimm wird. Ganz ehrlich – kleine Ahnung. Könnte aber sein.

Sie zum Beispiel, lesen den Artikel hier und zahlen dafür keinen Euro-Cent. Dabei habe ich Arbeit in den Bericht gesteckt.

Genauso können Sie zum Beispiel die Inhalte der großen Zeitungen, des Spiegel, und der Bild abstauben, ohne dafür zu zahlen. Und ohne schlechtes Gewissen. Es ist so einfach im Internet zu klicken und konsumieren. Alles für lau.

Es scheint tatsächlich aus der Mode gekommen zu sein, fürs Lesen zu bezahlen. Ende der neunziger wurde das doch noch gemacht, oder? Ein anderen Kollege von mir, Jürgen, sagt immer, wenn er mich sieht. „David, warum machst Du diese Ruhrbarone-Sache? Es gibt doch überhaupt kein Geschäftsmodell, mit dem man im Internet Geld verdienen kann.“ OK, vielleicht ist das auch so – bis auf spiegel.de, bild.de und noch ein paar Seiten macht wahrscheinlich keine Seite eine gute Mark. Außer den Tittenseiten.

Pessimisten wie mein Kumpel Hans glauben, die Konsequenz der Online-Nummer ist schlicht: die Nachricht sei nichts mehr wert, weil sie im Netz für taube Nüsse zu haben sei. Das trainiere die Menschen darauf, alles lesbare für umsonst zu fordern. Oder anders gesagt: der Berufstand Schreiber sei am „Arsch“. Wir sollten uns alle Jobs in PR-Agenturen suchen und eine ruhige Kugel schieben.

Ich glaube nicht daran. Warum? Vielleicht bin ich einfach zu optimistisch. Aber dann denke ich auch daran, dass die Menschen immer gute Geschichte lesen wollen – egal was passiert. Und es wird immer Leute geben, die gute Geschichten zu erzählen haben.

Es kommt nur darauf an, die guten Geschichten clever zu verkaufen. Und da bin ich bei dem Geschäftsmodell das Jürgen fehlt.

Vorneweg, hier bei den Ruhrbaronen haben wir kein richtiges Geschäftsmodell. Wenn wir bald anfangen, Werbung zu verkaufen, machen wir das primitivste Ding der Welt. Wir übersetzen wie alle anderen, die Printsache ins Netz, indem wir Platz auf unseren Seiten verkaufen.

Wenn ich über die Zukunft nachdenke, kommen mir aber andere Ideen.

Zunächst frage ich mich, was zur Hölle wurde überhaupt die ganze Zeit verkauft?

Bedrucktes Papier oder Geschichten?

Klassischerweise heißt die Antwort: Geschichten. Aber was ist, wenn ich annehme, es wurde Papier verkauft und die Stories waren nur die Werbung auf dem Papier, damit irgendeiner das Papier nimmt.

Denn sind wir ehrlich: Papier ist langweilig, und außer zum Fisch einwickeln und Feuer anzünden für wenig nütze. Ok, vielleicht noch als Dämmstoff. Aber sonst?

Nur mit den Geschichten drauf, wird aus dem billigen Papier eine mehrwertige Handelsware. Die Verleger haben Druckmaschinen. Die müssen möglichst gewinnbringend ausgelastet werden. Sie wollen also Papier mit Geschichten bedrucken. Mit welchen ist erstmal zweitrangig. Die einen machen Muschimagazine, die anderen Politbrecher. Jeder versucht in seinem Beritt einen möglichst spannenden Aufgalopp hinzulegen, damit möglichst viele Leute möglichst viel Papier kaufen. Jetzt will keiner mehr das Papier haben, weil die Leute lieber im Netz lesen. Schlecht für die Verleger. Druckmaschinen werden überflüssig.

Das muss aber nicht schlecht für die Schreiber sein. Denn die Nachfrage nach guten Geschichten ist nicht zusammengebrochen. Sie werden nur nicht mehr auf Papier gelesen.

Jetzt nähern wir uns der Lösung. Warum verkaufen die Verleger nicht einfach was anderes außer Papier und nutzen die Nachfrage nach den Geschichten als Werbung für ihre neuen Projekte. Dabei denke ich nicht ans Internet. Ich denke an was ganz Anderes.

Wahrscheinlich drücke ich mich wieder zu kompliziert aus. Also ein neuer Anlauf. Wenn ich komplexe Sachen im Internet lese, ist das unbequem. Ich sitze am Schreibtisch. Ich habe meinen Laptop vor mir. Ich werde gestört durch Telefonate, Email, Skype, Twitter, Links und sonstigem Schrott, der meine Konzentrationsspanne auf das Niveau eines Vorschülers reduziert.

Verständiges Lesen geht anders. Entspannter. Ich habe ein Buch in der Hand, eine Zeitung, ein Magazin. Ich sitze auf dem Sofa, in der Badewanne, im Bett.

So und jetzt haben wir dieses Bild. Ich mit Zeitung auf dem Sofa. Weil ich gute Geschichten lesen will.

Was ist in Zukunft falsch an dem Bild? Wenn kein Papier mehr verkauft wird, kann ich nicht mit einer Zeitung in der Hand auf dem Sofa sitzen.

Oder doch?

Ja, ich kann. Oder besser gesagt, ich könnte.

Warum?

Weil die Verleger doch einfach anfangen könnten, was anders als Papier zu verkaufen.

Ich sehe vor mir eine Art Elektrolesebrett, Mit Touchdisplay. Das ist ein wenig größer als eine DIN A4 Seite. Vielleicht ist das schwarz oder rot oder lila oder Pink getupft. Je nach Lesertyp individuell wie ein Handy. Dieses Brett ist leicht. Es wiegt nur soviel wie mein altes Motorola-Klapp-Handy. Und man kann das Elektrobrett aufklappen. Wie eine Zeitung. Die Steuereinheiten sind am Rand des Bretts versteckt. Das Elektrobrett kann ins Internet, über Wlan überall in alle Handynetze, und ich kann mir jeden gewünschten Lesestoff runterladen.

Auf dem Brett selbst kann ich nur lesen, Musik hören und Videos schauen. Ich will da keine Emails tippen. Ich kann mit dem Teil auch nicht telefonieren. Ich will nicht unterbrochen werden durch Krims oder Krams. Ich will lesen und schauen.

Und wo ist das Geschäft für die Verleger?

Ganz einfach: Die Verleger verkaufen das Brett. Oder noch besser, sie vermieten es. Als Elektrobrett-Abo. So wie früher die Telekom die Endgeräte vermietet hat, als sie noch Post hieß.

Die Idee: Du musst einen Zweijahresmietvertrag für das Elektro-Lesebrett abschließen. Dafür bekommst Du das Lesegerät für 1 Euro und Deine Zeitung auf das Brett geschickt. Man könnte dazu Erweiterungen anbieten. Also der Verleger bietet die Grundzeitung im Basis-Abo an. Dazu kann man sich Zusatzzeitungen mieten. Oder Magazine. Oder Video-Filme.

Vielleicht kann man sogar mit dem Verlust-Kauf-TV Premiere zusammen einen Sportkanal anbieten, damit ich überall, wo ich will, den Sportteil lesen und dann direkt mal sehen kann, wie Kuranyi ein Tor gezimmert hat.

Am besten wäre es, einige der großen Verleger würden sich zusammentun und ihre Inhalte auf ein Elektrolesebrett gemeinsam anbieten. Damit der Reiz größer wird, so ein Brett zu mieten. Ich könnte beispielsweise die WAZ aufs Brett abonnieren und den Stern und die Neue Zürcher und die elf Freunde. Oder die Welt und Premiere.

Wenn die Verleger sich zusammentun würden, könnten sie ja eine gemeinsame Elektrobrettfirma mit der Telekom aufmachen. Die hat die Datennetze, um die Infos zu verbreiten, die Verleger die Inhalte. Gemeinsam teilt man sich die Aboeinnahmen.

Voila, ein Geschäftsmodell?

Wir Reporter jedenfalls, wir könnten weiter die Inhalte liefern, die die Elektrobretter attraktiv machen. Genauso wie wir vorher das Zeitungspapier attraktiv gemacht haben. Denn unsere Geschichten will man in 1000 Jahren noch lesen, solange es Menschen auf der Welt gibt. Da sind wir ein wenig wie die Stromindustrie und Bäcker.

Tatsächlich geht die Bewegung in die von mir beschriebene Richtung. In den Staaten läuft der Amazon Kindle hervorragend. Und auch in Deutschland läuft der Kindle an. OK, das Ding ist nur für Bücher und die Verleger versuchen, ihre Bücher auf das Gerät zu verkaufen – und nicht der Kindle selbst ist ihr Geschäft.

Aber es geht in die Richtung.

In den Staaten wurden gut 500.000 Kindles für 359 Dollar verkauft, seit Oprah Winfrey die Kiste zum Kult machte, berichtet das Time Magazine. Seit einem Monat ist das Nachfolge Modell auf dem Markt. Schicker und leichter.

Was hat den Kindle von all den anderen E-Lesern unterschieden, die erfolglos im Gully der Geschichte weggespült wurden? Das Netz. Der Kindle kann ins Netz und Bücher auf Verlangen runterladen.

Ich glaube nicht, dass sich das von mir beschrieben System über Nacht durchsetzt, aber ich denke, es kann sich mit den Jahren durchsetzen.

So wie die Flachbildschirme. Wer hat noch im Büro einen dieser alten Riesentrums auf dem Schreibtisch?

Oh, nur Du, Du arme Sau?

Wenn etwas verdammt gut ist, setzt es sich durch.

Nehmen wir den iPod und die iPhones. Der Zähler steht bei iTunes auf rund 6 Milliarden verkaufter Songs. Apple macht beim iPhone weiter. Spiele und Krams gibt es im App-Store – gegen Geld und die Leute greifen zu. Es funzt also. Wenn man das richtige Gerät hat, kaufen die Leute Zeugs. Auch im Netz.

Es heißt übrigens, Apple habe vor kurzem haufenweise große Touchscreens gekauft. Vielleicht wollen die ja jetzt den iReader produzieren.

In den Staaten fummelt die Firma Plastic Logic derzeit an solchen neuen Endgeräten rum, die in Magazingröße daherkommen und einen leicht biegsamen Bildschirm haben. Das Teil wird zum Teil in Dresden gebaut. Fortschritt also. Die ersten Zeitungsentwürfe auf dem Reader sehen gut aus. Leider ist das Display bislang nur schwarz-weiß. Also untauglich für eine Killer-Hardware. Aber mal sehen. Es kann ja werden.

Die Firma Pixel Qi beispielsweise produziert Farbscreens für Laptops, die extrem wenig Strom verbrauchen. Man kann sich die Idee hier so vorstellen. Der LCD-Bildschirm des Mobil-Rechner wird abgeschraubt, ein kleiner Prozessor rein, eine MiniW-Lan-Netzwerkkarte und fertig ist das neue E-Book. Ist das für Verleger interessant? Sicher. Das Teil soll später unter 80 Euro kosten und schon ab Mitte des Jahres zumindest als erste Welle verfügbar sein.

Bleibt noch eine Frage: Welche Software nutze ich auf den mobilen Teilen. Irgendein Standard muss her, oder? Auch hier liegt die Antwort so nah wie ein PDF-Dokument. Adobe gibt Adobe AIR raus. Das Programm läuft auf Linux, Macs und Windows. Es ist funktionell wie PDF. Und Du kannst damit Magazine und Zeitungen für die mobile Revolution gestalten. Den AIR-Reader gibt es umsonst. Er wurde bislang über 100 Millionen mal von den Adobe-Servern herunter geladen.

Die neuen Zeitungen und Magazine müssen nicht aussehen wie früher. Alles kann anders werden. Aber es wird eine Zukunft geben. Zumindest für uns Schreiber. Es wird weitergehen. Wie ist noch unklar. Aber wir werden gebraucht.

Verleger sollten drüber nachdenken.

Ach und um zum Schluss ein Mißverständnis zu vermeiden. Ich glaube auch, dass Zeitungen weiter bestehen werden. Als gedrucktes Wort. Sie sind wichtig.

Aber auch sie werden sich wandeln.

Die Topzeitungen werden viel Geld kosten, da sie immer weniger durch Anzeigen mitfinanziert werden. Die Zeitungen haben ihre Leser, und die müssen zahlen. Vielleicht werden deswegen die Auflagen zurückgehen. Aber es wird die Zeitungen geben.

Daneben wird es kostenlose Blätter geben. Die allein von der Massenwerbung leben. Hier wird aber der geschrieben Inhalt nichts mehr in Zukunft kosten. Es wird aus dem Netz abgedruckt. Oder als Nebenverwertung bei größeren Produktionen abfallen.

Das verändert die Struktur in den Verlagen. Die Newsdesks als Werkstätten mit verschiedenen Verwertungsgängen haben sich schon jetzt durchgesetzt. Sie werden in Zukunft ihren Focus ganz auf die mobilen Online-Inhalte setzen.

Vielleicht wäre es deswegen klug, nur noch Online-Newsdesks zu machen und die Print-Inhalte, egal ob für Top- oder Schrott-Zeitungen, als Nebenprodukte abzuwickeln?

Plant die AGR Entlassungen?

Ich habe heute wieder neue Infos aus dem inneren Herrschaftkreis der AGR bekommen. Diesmal geht es um eine Betriebsversammlung der Müllfirma am kommenden Mittwoch im großen Saal des Bürgerhauses Herten Süd.

Die Nachricht, um die es geht, scheint schlecht zu sein. Angeblich soll auf der Betriebsversammlung über Entlassungen gesprochen werden. Bis zu 50 Mann könnten ihren Job verlieren, hieß es. Komisch – wurde doch immer mitgeteilt, die AGR habe keine Probleme, alles sei Meinungsmache von außen und sobald das RZR II liefe, werde alles bestens. Wie dem auch sei. Ich habe die AGR um Stellungnahme gebeten. Sobald die Stellungnahme eintrifft, werde ich sie hier einbauen. Momentan arbeiten bei der AGR nach deren Angaben noch 1200 Leute, davon 800 in Herten. Aber diese Zahl bezweifel ich, ehrlich gesagt.

Mir tun die Leute leid, die ihren Job verlieren. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass sie was anderes finden. Überraschend kommt diese Nachricht allerdings nicht, denn in der Vergangenheit hat die AGR immer wieder schlechte Nachrichten produziert. Erst vor wenigen Tagen musste der AGR-Geschäftsführer Dietrich Freudenberger 10.000 Euro Strafe zahlen wegen unrechtmäßiger Bilanzierung. Dazu kommen Probleme mit dem Papierabfall bei der Tochter DAR.

Auch für den Regionalverband Ruhr ist das eine schlechte Nachricht. Denn die AGR ist eine 100-prozentige Tochter des Regionalverbandes. Dort wurden immer alle halbseidenen Dinger bei der AGR abgenickt. Klare Lösungen wurden vermieden. Nun haben die Angestellten das Nachsehen.

Der RVR wollte die Kündigungen nicht kommentieren. Auf Anfrage hieß es, die Kündigungen betreffen "in erster Linie das operative Geschäft der AGR" und da "dieses in der Verantwortung der Geschäftsführung liegt, wird der RVR als Gesellschafter nicht dazu Stellung nehmen." Eine Stellungnahme der AGR steht noch aus.