Was mir Angst macht

Wir stehen vor einem neuen Jahr. Und Bomben fallen auf Gaza. Raketen fallen auf Israel. Menschen sterben.

Mir macht das Angst.

Der Hass wächst, wie eine Tide. Sie wird größer und größer und irgendwann, bricht sich die Tide einen Weg.

Es gab diesen versuchten Anschlag in den Zügen quer durch das Ruhrgebiet. Die Kofferbomber.

Sie kehren zurück. Irgendwann.

Der Krieg in Gaza macht zornig. Egal, wer angefangen hat.

Dem Zorn bleibt nur der Terror. Egal, ob eine Mini-Rakete auf ein israelisches Dorf abgefeuert oder ein Sprengsatz im Klo versteckt wird.

Ich will nicht gegen Israel schreiben. Die Leute haben jedes Recht, sich gegen die Hamas-Raketen zu verteidigen.

Aber muss man gleich hunderte Menschen töten? Ist das nötig? Ist das klug?

Wenn das Prinzip Auge um Auge gilt, bleibt die Frage, von wessen Augen die Rede ist?

Bislang hat es nicht geklappt, die Hamas auszubomben oder abzuschrecken. Warum soll es jetzt klappen?

Bis jetzt haben die Klein-Raketen der Hamas Israel nicht ruinieren können. Warum soll es jetzt klappen?

Das macht mir Angst. Die Unfähigkeit andere Antworten als Raketen und Bomben zu finden.

Man kann politisch über den Krieg reden, man kann menschlich über den Krieg reden, voller Mitgefühl für jeden.

Aber ich will von der Angst reden. In den vergangenen Tagen bin ich immer mal wieder über islamistische Seiten gesurft.

Man spürt, wie dort der Hass wächst. Wie die Wut wächst. Wie die Worte sich nach Taten sehnen.

Auf der Seite sumoodan erklären Fanatiker, was DU tun kannst, um das Abschlachten in Gaza zu benden. Die acht Regeln lassen sich auf den folgenden Kern reduzieren: Sammle Geld, sende es über vertrauenswürdige Kanäle in das Kriegsgebiet und bereite Dich mit allen Deinen Fähigkeiten darauf vor, den Feind in der Schlacht zu treffen. Damit das nciht falsch verstanden wird, ruft noch ein Hamas-Freund in Jordanien zum heiligen Krieg auf und zum Durchbruch aller Grenzen.

Dahinter möchte die alte Terrororganisation Ansar Al Islam nicht zurückstehen. Sie verbreitet ihre Terrorvideos von den Kämpfen im Irak und sucht neue Ziele: klack Im Forum werden ständig neue Bilder aus Israel hochgeladen.

Die Terrorpropaganda ist überall verfügbar. Anders als die Filme von Armeen werden die Taten entschlossener Fanatiker gepriesen. Wer sich einliest, findet die Anleitungen zur „asymetrischen Krieg“. klick

Mir macht diese Propaganda Angst, denn die Menschen, die diese Propaganda betreiben und die diese Propaganda konsumieren, sitzen nicht irgendwo. Sie sitzen meist direkt in unseren Städten.

Ich habe einen Jungen aus Köln in einem dieser Terrorforen aufgetan, Daniel S.. Der Kleine ist 17 Jahre alt. Er sucht nach einer Frau und nebenbei diskutiert er wild über den Terror und was man in Deutschland tun kann.

Das macht mir Angst.

Oder die Geschichte von Malika el Aroud. Ihr Mann hat vor ein paar Jahren Achmed Shah Massoud getötet. Sie selbst hat Terrorserver in der Schweiz und in den Benelux-Ländern unterhalten. Sie hat sich für den Export der Ansar Al Islam Ideen eingesetzt und Propaganda für den Terror im Irak gemacht. Malika hat in der Schweiz gelebt, sie hat in Belgien gelebt und sie hat Freunde hier. Vor ein paar Tagen wurde Malika verhaftet. Wird jetzt einer aus ihrem Umfeld durchdrehen?

Ich will keinen asymetrischen Krieg. Ich will gar keinen Krieg.

Bomben und Raketen helfen niemanden.

Seltsame Subventionen für Energieriesen

Manchmal führt Recherche zu obskuren Ergebnissen. Jetzt habe ich beispielsweise herausgefunden, dass die deutschen Energiekonzerne Subventionen von der EU bekommen. Alle werden bedacht: E.on, RWE, Vattenfall und EnBW – selbst für den börsennotierten Stadtwerkekonzern MVV ist noch was im Topf. Dabei geht es um Subventionen für die atomare Sicherheit, Energie-Entwicklungshilfe und Kohleforschung. Alle kassieren: So steht es im Beihilferegister der Kommission.

Doch warum eigentlich? Die Elektroriesen haben nach einer Untersuchung der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes im Jahr 2007 einen Rekordgewinn von knapp 20 Mrd Euro eingefahren. Gleichzeitig strichen die Konzerne EU-Subventionen in Höhe von zusammen rund fünf Mio. Euro ein. Nicht mitgerechnet, Beihilfen aus Bundes- und Ländertöpfen, die nach Angaben aus den Konzernen zusätzlich geflossen sind. Das Verhältnis zwischen Gewinnen und Subventionen erscheint lächerlich gering.

Manchmal sind die geschenkten Summen so klein, dass die Energieversorger bis zu meiner Nachfrage nicht einmal wussten, dass sie die Subventionen überhaupt bekommen. Umso mehr verwundert es, dass die Energiekonzerne trotzdem die Hand bei den europäischen Steuerzahlern aufhalten. Die Projekte, die gefördert werden, sind teilweise skurril. So bekommen beispielsweise Vattenfall, RWE und E.on für die Kernkraftwerke Gundremmingen und Krümmel 8.406,50 bzw. 7.884,00 Euro für Sicherheitstechnik aus dem EU-Fördertopf 06.05.01 „Nuclear safeguards“. Dahinter verbirgt sich eine Kostenstelle für die Anschaffung von Videokameras, die auf dem Gelände der jeweiligen atomaren Zwischenlagers angebracht werden, damit die Internationale Atomaufsichtsbehörde zu Nichtverbreitung von Kernwaffen in Wien nachsehen kann, ob irgendwer die Castor-Behälter klaut, in denen abgebrannte Kernbrennstäbe gesammelt werden. Der arme Kerl, der die Bänder nachher ansehen muss. 🙂

Größere Summen werden dagegen für die Kohleforschung ausgegeben. Hier bekommen beispielsweise E.on und EnBW 1.061.839,00 Euro für die Untersuchung von Katalysatoren, die Stickoxyde aus dem Rauchgas von konventionellen Kraftwerken eliminieren. Oder der Konzern RWE kann gemeinsam mit dem griechischen Energiekonzern Public Power Corporation 1.555.064,00 Euro für die Erforschung der Clean Coal Technologie einstreichen.

Diese Subventionen spüren auch die Versorger. Können sie sich doch dank der staatlichen Beihilfen einen Forschungsvorteil verschaffen.

Besonders agil zeigt sich der Stromkonzern MVV aus Mannheim bei der Akquise von Beratungsaufträgen. Beispielsweise konnte das Unternehmen 230.000 Euro aus dem Topf 06.04.03.02 an Land ziehen. Mit dem Geld soll die grenzüberschreitende Energieversorgung unterstützt werden. Zunächst wurde mit dem Geld eine Studie bezahlt, mit der abgeschätzt werden sollte, wie das Messwesen im Strom- und Gasgeschäft so läuft. Und dann gab es noch einmal Geld für eine Untersuchung, die herausfinden sollte, wie die verschiedenen Marktteilnehmer im Stromgeschäft agieren, um Angebot und Nachfrage auszugleichen.

Zusätzlich freute sich MVV noch über 100.000 Euro aus einem anderen Topf, um nachzusehen, wie sich die Eu-Richtlinie 96/67/EC auswirkt. Mit diesem Beschluss wurde der freie Zugang zu Flughafengeschäften in Europa geregelt. Zum Abschluss bekam MVV noch einen Beratervertrag in Höhe von 2 Mio Euro. Diesmal ging es von Mannheim in die weite Welt nach Asien. Unter dem politischen Deckmantel, die Beziehungen zwischen der EU und den Energiereichen zentralasiatischen Ländern auszubauen, sollten die Berater der MVV „nationale Energiestrategien in Ländern der ehemaligen Sowjetunion“ ausarbeiten. Betroffen sind Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und Turkmenistan.

Schalkes Schnusenberg pro Russland-WM

Foto: Josef Schnusenberg / Schalke

Ich habe eine Rede von Schalke Präsident Josef Schnusenberg bekommen, die dieser Anfang Dezember auf Einladung der Russischen Förderation in Bonn vor deutschen und russischen Unternehmern gehalten hat. In der Rede ging es um das Thema: „Mit dem runden Leder zur deutsch-russischen Freundschaft“

Nun ja, mir ist zunächst aufgefallen, dass Schnusenberg auf Gegenkurs zu seinem Manager Andreas Müller geht. Während Müller drum kämpft, das Thema Meisterschaft aus den Köpfen des Clubs zu kriegen, bezeichnet Finanzfachmann Schnusenberg die Deutsche Meisterschaft weiter als "unser größtes Ziel"

Der übergeordnete Schwerpunkt von Schnusenberg und Müller ist also nicht klar übereinander. Aus den unterschiedlichen Vorstellungen sprießen unterschiedliche Ansprüche. Und damit unterschiedliche Erwartungen an die Leistungsfähigkeit des Kaders.

Sei’s drum. Eigentlich könnte dies ein Detail sein. Aber dann sagt Schnusenberg noch: „Wir müssen uns jedes Jahr für die Champions League qualifizieren, um über den sportlichen Aspekt hinaus an das große Geld der Champions League heran zu kommen.“

Das verdeutlicht die Dramatik, in die Schalke kommen könnte, wenn in dieser Saison nicht der dritte Platz erreicht wird, denke ich. Warum das so ist, verdeutlicht ein anderes Schnusenberg Zitat aus der Rede: „Nur mit solider Finanzkraft sind wir überhaupt in der Lage, einen wettbewerbsfähigen Spielerkader zu finanzieren."

Um damit im Zirkelschluss die Deutsche Meisterschaft als "unser größtes Ziel"zu erreichen.

Ich denke, die meisten Schalker Fans werden diese Argumentationskette von Schnusenberg unterstützen. Sie ist wohl wahr. Bange kann man nur kriegen, wenn Schalke auf dem fünften Platz steht.

Tja, und dann kümmert sich Schnusenberg um die deutsch-russische Freundschaft und wirbt für Russland als Austragungsland für die Fussball-WM 2018 oder 2022. „Für mich ist das nur eine Frage der Zeit. (…) Es gibt weltweit kein größeres Spektakel. Kein Fest der Welt erreicht eine größere Aufmerksamkeit. Mit keiner Kampagne und keiner Werbung könnte ein Land eine größere Bewegung entfachen. Ich glaube sogar, dass selbst die Olympischen Spiele da nicht mitkommen.“

Schnusenberg richtet damit auch und vor allem an Gazprom ein freundliches Signal. Denn Schalke ist über Gazprom mit dem Petersburger Fussballclub Zenit verwoben. Und wenn man neue Sponsoren braucht, oder mehr Geld von alten Sponsoren, falls man beispielsweise die Champions League nicht erreicht und die oben beschriebene Handlungskette zu brechen droht, dann macht das Werben für den reichen Ostfreund durchaus tieferen Sinn.

Schnusenberg: „Stellen Sie sich nur einmal kurz vor, Russland würde eine WM ausrichten. Russland mit seinen Städten, seiner Kultur und vor allen seinen Menschen. Die vielen Millionen Fans, die nach Russland reisen, werden sich wundern über die Ausstrahlung dieses fantastischen Landes und sie werden sich fragen, warum sie nicht schon früher dieses Land besucht haben. Russland wird in den Köpfen der Fans hängen bleiben, und Russland selbst hat die wunderbare Chance, sich der Welt zu präsentieren.“

Lustreisende aus Essen

Fotos: Rheinhard Paß / SPD Vogelheim // Jutta Eckenbach / LWL

Ich schreibe mal wieder über Essen. Eine schwierige Stadt. Diesmal dräut ein Skandal, in den die lokalen Spitzen von SPD und CDU verwickelt sind. Es geht um eine Lustreise des Aufsichtsrates der städtischen Entsorgungstochter EBE. Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte meine Infos, nach denen derzeit geprüft wird, ob Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Untreue und Betrug eingeleitet werden sollen. Betroffen sind zum Beispiel der Spitzenkandidat der SPD für die kommende Oberbürgermeisterwahl Reinhard Paß und die Essener CDU-Bundestagskandidatin, Jutta Eckenbach. Diese sollen mit anderen Lustreisenden und diversen Lebenspartnern im Jahr 2005 an einer Reise des EBE-Aufsichtsrates nach Polen teilgenommen haben.

Auslöser des Verfahrens ist meinen Infos zufolge ein Schreiben eines EBE-Rechtsanwaltes an die Kölner Staatsanwaltschaft. In dem Papier bittet der Jurist um eine Prüfung der Reise auf mögliche Straftaten. Obwohl einige mitreisende Partner den Trip aus der eigenen Tasche bezahlt hätten, könne zum Beispiel ein Verstoß gegen Steuergesetze vorliegen.

Der EBE-Anwalt soll nach Angaben aus der Essener Lokalpolitik die Kölner Staatsanwälte angesprochen haben, da befürchtet wurde, die Reise könne in Essen publik werden. Zudem wäre die Kölner Staatsanwaltschaft am besten geeignet, den Fall zu beurteilen.

Seit Sommer 2005 laufen dort Ermittlungen in der Affäre um so genannte Lustreisen in der Energiebranche. Dabei wurden rund 150 Verfahren gegen mehr als 1000 Beschuldigte eröffnet. Sie sollen als Aufsichtsräte kommunaler Energie-Unternehmen an Reisen teilgenommen haben, die mehr touristischen als informativen Charakter hatten. Die meisten Fälle wurden gegen Zahlung von Geldauflagen und Schadenersatz eingestellt. Mitte Januar soll in Gummersbach ein erster Prozess in der Affäre beginnen.

In Essen geht es nun erstmals um einen Fall, an dem kein Energieversorger beteiligt ist. Die EBE gehört zu 51 Prozent der Stadt Essen und zu 49 Prozent dem Entsorger Remondis, der seine Anteile im Frühjahr 2005 von RWE Umwelt übernommen hatte.

An der angeblichen Lustreise nahmen auf Einladung von Remondis vom 18. bis zum 20. August 2005 mehrere Lokalpolitiker samt Frauen und Gästen teil. Insgesamt handelte es sich um gut zwei duzend Personen. Die Fahrt ging von Köln per Flugzeug nach Krakau und Warschau.

Es gab zwei offizielle Tagesordnungspunkte der Reise: Am Freitag, dem 19. August war in Warschau gegen 17:00 Uhr eine Aufsichtsratsitzung bis etwa 17:30 terminiert. Zudem sollte in der polnischen Metropole ein Werk des Entsorgers besichtigt werden. Einen Tag vorher waren die Aufsichtsräte in Krakau und schauten sich die frühere Königsstadt an. Am Samstag, den 20. August gab es dann noch ausreichend Gelegenheit zur Besichtigung von Warschau.

Nach Angaben aus dem Aufsichtsgremium hatte die EBE-Spitze zunächst eine Reise nach San Sebastian in Spanien geplant. Doch diese Fahrt sei wegen des Gesellschafterwechsels von RWE Umwelt zu Remondis abgeblasen worden.

Als Ersatz boten die neuen Miteigentümer eine Fahrt nach Bremerhaven an. Dort hätte man ein Abfallwerk der westfälischen Entsorger besichtigen können. Dies erschien den Aufsichtsräten offenbar zu unspektakulär. So entschied man sich für eine Reise nach Polen, um hier ein anderes Remondis-Werk – und ein paar Sehenswürdigkeiten zu sehen.

Nach Auskunft aus EBE-Kreisen, gibt es nun zunächst ein steuerliches Problem. So hätten die Aufsichtsräte eine Fahrt mit überwiegend privatem Charakter als geldwerten Vorteil selbst versteuern müssen. Doch dies sei offenbar nicht geschehen. Ob die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren eröffnet, ist noch nicht absehbar.

Die betroffenen Personen konnten ich wegen der Weihnachtsfeiertage nicht für eine Stellungnahme erreichen. Ich hab sie angeschrieben. Sollte eine Reaktion kommen, baue ich sie umgehend ein.

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Offene Akten für die Belastungszeugin

Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU und auf dem Foto links) verließ sich bei seinen Beschuldigungen gegen einen Ex-Mitarbeiter auf die dürftigen Aussagen einer Mitarbeiterin

Diese Geschichte fängt mit einem Fax an. Das Schreiben von Josef Horriar ging am 8. September beim Landeskriminalamt – Dezernat 15 Korruption – ein. Mit nur zwei Sätzen beantragt der Rechtsanwalt im Namen seiner Schwester Dorothea Delpino Einsicht in die Ermittlungsakten zum Fall Friedrich. „Aufgrund erheblicher Verletzung der Interessen meiner Mandantin in obigem Verfahren ist mein Tätigwerden erforderlich. Ich beantrage deshalb, mir in obiger Sache hinsichtlich der laufenden Bände 1-10 Akteneinsicht zu gewähren.“

Nur wenige Stunden später antwortet ein Beamter des Landeskriminalamtes (LKA) mit einem Satz: „Sehr geehrter Herr Horriar, in der Anlage übersende ich Ihnen wunschgemäß in Absprache mit OStA Meyer eine CD mit 10 pdf-Dateien, die die Bd 1-10 der Hauptakte in digitalisierter Form beinhalten.“

Dies ist ungewöhnlich.

Denn normalerweise hätte die Bitte von Horriar keine Aussicht auf Erfolg haben dürfen. Delpino dient im Korruptionsverfahren gegen Harald Friedrich als Hauptbelastungszeugin. Vor allem auf Basis ihrer Vorwürfe wurden gleich mehrere Anzeigen gegen Friedrich gestellt. Und noch etwas ist seltsam: Bis zur Delpino-Anfrage behandelte der ermittelnde Oberstaatsanwalt Ralf Meyer die Akteneinsicht restriktiv. Den Beschuldigten wurden reihenweise ähnliche Bitten abgeschlagen. Und dann muss man sich noch fragen, warum der Delpino-Anwalt seine Bitte um Akteneinsicht an das LKA stellt und nicht an den Oberstaatsanwalt Meyer direkt.

Nach Ansicht von Matthias Jahn, Strafrechtsprofessor an der Uni Erlangen und Richter am Oberlandesgericht Nürnberg, ist es nicht üblich, die kompletten Akten eines Verfahrens an Belastungszeugen auszuhändigen. Normalerweise würden allenfalls wenige Blätter, etwa zu der eigenen Aussage, weitergereicht. Jahn: „Die Beteiligten bewegen sich auf sehr dünnem Eis.“

Die beiden oben genannten Schreiben könnten zum Sprengstoff werden, der aus den Korruptionsermittlungen gegen den Ex-Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium Harald Friedrich endgültig einen Justizskandal macht.  

Lange galt Dorothea Delpino als Vertraute von Umwelt-Staatssekretär Alexander Schink, wie Schriftstücke aus dem Ministerium nahe legen. Schink selbst ist die rechte und linke Hand von Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU). Delpino wurde sogar im Laufe des Verfahrens im Uhlenberg-Amt in eine höhere Gehaltsklasse befördert. Nur auf Basis der besonders schweren Delpino-Vorwürfe konnte Oberstaatsanwalt Meyer einen der größten Lauschangriffe in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen lostreten.

Alle Konten der beteiligten Firmen und Privatpersonen wurden geöffnet – bis hin zu den Sparbüchern von Kindern. Über 2500 Gespräche schnitt das Landeskriminalamt mit. Dazu kamen über 2000 mitgeschrieben Emails. An Autos von Wissenschaftler wurden Peilsender installiert. Scheinbar nichts war vor den Spähern des LKA sicher.

Ein Gespräch des Landtagsabgeordneten Johannes Remmel über die politische Dimension der Vorwürfe gelangte sogar in die Akten – etliche andere aufgezeichnete Remmel-Gespräche wurden später gelöscht, als die Übergriffe bekannt wurden. Duzende Telefonate mit Journalisten wurden mitgeschnitten, genauso wie mindestens eine Email einer Bundestagsabgeordneten.

Bei der Lektüre dieser LKA-Akten bekamen die Ermittler einen tiefen Einblick in die intimsten Räume der zu unrecht beschuldigten Menschen.

Nur ein Beispiel: die Konten nahezu aller Firmen, Stiftungen und Vereine, an denen Professor Max Dohmann beteiligt ist, wurden geöffnet und analysiert. Wie sich später herausstellte, hat Dohmann mit dieser Affäre nichts zu tun. Trotzdem wurde sein Ruf angegriffen. Und seine Konten offengelegt.

Und dann gab Oberstaatsanwalt Meyer diese intimen Informationen aus Dohmanns Leben zusammen mit den intimen Details über die anderen Belauschten an den Rechtsanwalt und Bruder der Hauptbelastungszeugin Delpino heraus.

Damit bekam die Mitarbeiterin im Umweltministerium Zugriff auf alle Dokumente, die im Verfahren beschlagnahmt wurden.

Seltsam erscheint der Fall vor allem deshalb, weil mehreren Beschuldigten wenige Tage zuvor die vollständige Akteneinsicht verweigert wurde, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Am 1. September schreibt Oberstaatsanwalt Meyer beispielsweise lapidar an den Rechtsanwalt eines Verfolgten: „Eine weiterreichende Akteneinsicht kann z. Zt. nicht gewährt werden, da die Gefahr der Gefährdung des Untersuchungszwecks besteht.“

Im Gegensatz zu der Frau, die sie angreift, durften die Angeschuldigten nicht alles sehen.

Ich versuche das mal mit meinen Worten zu verdeutlichen. Ich gehe hin und beschuldige meinen Nachbarn, ein korrupter Sack zu sein. Dann hört das LKA meinen Nachbarn und alle dessen Freunde und Bekannte ab. Auch den Bäcker, bei dem mein Nachbar einkauft und  die Scheiderin, einfach alle, die meinen Nachbarn schon mal gesehen haben, oder die einen gesehen haben, der meinen Nachbarn schon mal gesehen hat. Damit nicht genug. Die Fahnder schauen nach, was mein Nachbar verdient, was dessen Freunde verdienen, und ob der Bäcker eine Nichte hat, die ein Sparbuch hat, auf dem sie Kommuniongeld hat. 

Dann gibt das LKA alles das an mich weiter. Auf einer CD-Rom. Weil ja meine Interessen verletzt wurden, wie mein Bruder und Rechtsanwalt schreibt. Warum und wieso meine Interessen verletzt wurden – das brauch ich ja nicht sagen, oder schreiben oder offenlegen. Ich behaupte das einfach mal so. Oder besser gesagt mein Bruder.

Was denken Sie jetzt? Und was denken Sie, wenn sich herausstellt, dass alle meine Vorwürfe nur heiße Luft waren?

Bei Delpino war das nämlich so. Die Korruptions-Beschuldigungen aus dem Mund von Delpino gegen Friedrich und ein Dutzend mitangeklagte Wissenschaftler und Unternehmer haben sich inzwischen in Luft aufgelöst. Oberstaatsanwalt Meyer hat sie genauso fallen gelassen, wie die Vorwürfe auf banden- und gewerbsmäßigen Betrug.

Es gibt mehr auffälliges: Zum Beispiel erhielt Delpino auch die Akten zum PFT-Skandal per CD, die in der Privatwohnung von Harald Friedrich beschlagnahmt worden sind.

Wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, sind fast alle diese PFT-Papiere aus den Ermittlungsakten in das Umweltministerium von Uhlenberg gewandert. Ob dies auch über Delpino geschah, ist ungewiss.

Oberstaatsanwalt Meyer wollte nicht sagen, warum er der Belastungszeugin die Unterlagen ausgehändigt hat.

Kommen wir zurück zu den Ermittlungen gegen Friedrich, die unter anderem von Delpino durch falsche Beschuldigungen angestoßen wurden.

Nach meinen Informationen klammert sich der Oberstaatsanwalt mittlerweile nur noch an einen letzten nebensächlichen Vorwurf, wie an einen Rettungsring. Und zwar behauptet Meyer, Friedrich habe möglicherweise eine so genannte fremdnützige Untreue begangen. Das bedeutet: ohne eigenen Vorteil habe Friedrich zugelassen, dass sich andere aus dem Töpfen des Umweltministeriums bereichern. Im Kern geht es um das Projekt „Mapro“. Hier sollen Wissenschaftler Aufträge erhalten haben, die zweckwidrig aus der Abwasserabgabe finanziert worden seien. „Mapro“ sollte die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie begleiten.

Oberstaatsanwalt Meyer glaubt, die Aufträge seien mit Wissen von Friedrich auf über 400.000 Euro aufgepumpt worden, ohne dass es entsprechende Gegenleistungen gegeben habe. Um den Beweis der „Luftbuchungen“ zu führen, hat das LKA das Projekt „Mapro“ mit einem neuen Projekt zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie verglichen. Das neue Projekt wurde nach dem Rauschmiss von Friedrich im Umweltministerium beauftragt und ist wesentlich billiger.

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit, denn im Projekt „Mapro“ wurde erheblich mehr getan, um die EU-Wasserrahmenrichtlinie voranzutreiben, als im neuen Uhlenberg-Projekt. Letzteres zeichne sich vor allem durch „Mangelwirtschaft“ aus, berichten mehrere beteiligte Wissenschaftler. Inhaltlich seien die Vorhaben jedenfalls keineswegs zu vergleichen.

Damit nicht genug. Um eine Verurteilung zu erreichen, müsste Oberstaatsanwalt Meyer den "Vorsatz" beweisen, dass Friedrich wissentlich Geld veruntreuen wollte. Dies sei aber nahezu unmöglich, wird aus der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf kolportiert. Zumal Friedrich als Abteilungsleiter im Umweltministerium die Aufgabe gehabt hätte, die Projekte voranzutreiben und gleichzeitig die Auftragnehmer bei „Mapro“ darauf hingewiesen habe, sie sollten ihre Anträge an die Richtlinien zur Abwasserabgabe anpassen, wie es in den Ermittlungsakten heißt. „Wenn Friedrich einen Ferrari geschenkt bekommen hätte, dann wäre es einfach, ihm etwas zu beweisen. Aber das gab es nicht.“

Oberstaatsanwalt Meyer wollte nichts zu den Vorwürfen sagen. Vielleicht wird er Anklage erheben. Vielleicht auch nicht. Ich rechne mit allem.

Ich habe Friedrich zu den Vorwürfen befragen wollen. Über seinen Rechtsanwalt läßt er ausrichten, er sei sich keiner Schuld bewusst. Vor Gericht könne er seine Unschuld beweisen.

Ein Ausstand.

Es steht ein Abschied an. Der Abschied von Wulf Mämpel. Derzeit noch ist der Mann der Chef der WAZ-Lokalredaktion Essen. Und damit einer der wichtigsten Medienmänner im Revier. Am 31. Dezember hört er auf. Sein Ehrenabschied auf Kosten der WAZ in Zollverein ist wohl geplatzt. Deswegen schreibe ich.

Dies ist das Ende einer Ära. Wulf Mämpel ist einer der letzten Lokalchefs der alten Schule im Ruhrgebiet, der die Nähe zur Macht sucht und dafür weit geht. Wulf Mämpel hat ein paar Bücher geschrieben. Über die Gesichter der Stadt Essen. Über Trees for Peace. Und die Kulturhauptstadt und so Sachen. Dazu einen historisierenden Roman über einen gewissen jungen Ritter Thur von Cornwal, der die Friedensgrüße des Papstes an die ersten Islamisten überbringt. 

Mämpel hat wenigstens eine Auszeichnung gekriegt in seinem Leben. Papst Benedikt XVI. verlieh ihm das Päpstliche Ehrenkreuz „Pro Ecclesia et Pontifice“.

Ich will den Abschied von Mämpel für eine Kritik nutzen an einem, der lange selbst viele Menschen kritisierte. Ich weiß, eigentlich tut man das nicht, wenn ein in der Öffentlichkeit führender Mann von seinem Posten scheidet.

Ich selbst habe die Zeitungsarbeit von Mämpel das erste Mal bewusst kennen gelernt, als ich vor ein paar Jahren über den damaligen SPD-Fraktionschef von Essen, Willi Nowack, recherchierte. Die NRZ war damals weit vorne – sehr oft weit vor mir. Meine Geschichten erschienen in der Süddeutschen Zeitung. Ich glaube, man kann sagen, dass wir den Filz rund um Nowack weitgehend aufgeklärt haben.

Ich bin mir sicher, dass auch Mämpel in diesen Jahren etliches wusste über den Filzokraten Nowack. Aber gelesen habe ich davon in der WAZ wenig. Wenn ich nachdenke, eigentlich gar nichts. Die Lokalredaktion unter Mämpel hat bestenfalls abgeschrieben. Einen eigenen Scoop haben die Kollegen nicht gelandet. Vielleicht durften sie nicht, vielleicht konnten sie nicht. Ich bin mir aber sicher: wenn Mämpel gewollt hätte, hätte er in der Geschichte vor mir stehen können.

Das nächste Mal habe ich Mämpel bewusst in den so genannten Mämpel-Talks erlebt. Da hat sich der WAZ-Lokalchef ein paar dieser in Anführungszeichen wichtigen Leute aus der Stadt, gerne auch mal aus den Nachbargemeinden, eingeladen, um mit diesen auf einer Bühne zu talken. Die Idee ist gut. Es geht um Vernetzung, lokale Präsenz und direkten Kontakt zu den Lesern.

Um dauerhaft Erfolg zu haben, hätte Mämpel auf der Bühne spannende Gespräche organisieren müssen. Und die Nummer wäre ein Vorbild für andere Lokalredaktionen geworden.

Aber immer wenn ich im Mämpel-Salon war, wurde dort nur gelabert. Ich will mal nicht auf die Einzelheiten eingehen.

Allein dieser Hinweis soll reichen: Ich habe in nur ganz wenigen Fällen nach einem Mämpel-Talk eine Nachricht in der WAZ Essen gelesen, die diesen Namen verdient hätte.

Auch regional hat Mämpel wenig geliefert. Mir ist eine Veranstaltung auf der Expo Real in Erinnerung. Da saß Mämpel als Moderator auf der Bühne. Mit ihm Hanns-Ludwig Brauser (SPD) und der Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) und noch ein paar Leute. Es ging um das Ruhrgebiet.

Mämpel brachte es fertig, so ausschließlich über Essen zu schwadronieren, dass Langemeyer das Podium verließ. Selbst Brauser gelang es nicht, Mämpel wieder einzufangen, der offensichtlich nicht mal die vorbereiteten Papiere gelesen hatte. Und das will etwas heißen.

Eigentlich müsste ich über Mämpel auch was Gutes schreiben. Aber mir fällt nichts ein. Dies können vielleicht Leute in den Kommentaren tun. Mämpel hatte die besten Chancen, aus der wichtigsten WAZ-Redaktion, der Lokalredaktion Essen, etwas Besonderes, ein Vorbild für den Konzern und für das Ruhrgebiet zu machen. Ich habe das aber nicht erlebt. Unter Mämpel dümmpelte die WAZ in Essen vor sich hin in der Mittelmäßigkeit.

Nun wollte Mämpel Mitte Januar seinen Abschied feiern. Offiziell. In der Zeche Zollverein. Von der WAZ bezahlt.

Natürlich kann man vertreten, dass die WAZ-Gruppe einem Lokalchef den Ausstand schenkt. Schließlich war Mämpel gut 40 Jahre im Konzern. Es geht schließlich auch darum, den Mämpel-Nachfolger einzuführen. Aber auch hier kommt es auf Augenmaß an.

Doch dieses zu nutzen, liegt Mämpel offenbar nicht nahe. Er wollte einen Abschied für die ganz Großen. Die von ihm erstellte Gästeliste war rund 200 Personen lang. Darunter alle Mächtigen des Konzerns. Und der lokalen Politik. Die WAZ-Gesellschafter sollten kommen. Und zwar aus beiden, miteinander verfeindeten Familien. Dazu Bodo Hombach und alle Anderen. Es scheint, als wollte sich ein alter Mann am Ende seiner Karriere unter Gleichen wähnen. Die WAZ-Konzernführung hat den Abschied in dieser Form in dürren Worten abgelehnt.

Dies auch aus dem Fingerspitzengefühl heraus, das Mämpel samt Augenmaß wohl abging.

Wie fühlte sich das an, wie sähe das aus, wenn die Konzernleitung in Zollverein die Korken knallen lässt, um einen Lokalchef zu verabschieden, während fast dreihundert Redakteure aus Spargründen um ihre Jobs zittern müssen. Mämpel scheint das alles nicht verstanden zu haben, als er seine Einladungsliste verfasste.

Wie weit das Ego von Mämpel reicht, kann man vielleicht an folgender Namensgebung erkennen. Der WAZ-Lokalchef hat nämlich eine PR-Agentur gegründet. Die nennt er „Kompetenz hat einen Namen – aMMMadeus.“

Damit nicht genug. Mämpel erklärt in seinem neuen Agentur-Briefkopf die drei großen M folgendermaßen: „Mämpel. Marketing. Medien-Agentur für: Kommunikation. Marketing. Werbung. Konzepte. Texte. Moderationen. Events. Vorträge.“

Das steht da. Meist untereinander. Inklusive der Interpunktion. Im Briefkopf der "aMMMadeus".

Kompetenz hat einen Namen.

Anfang Dezember hat Mämpel mit diesem Kopf an eine Reihe von Honoratioren in Essen einen Brief geschrieben. Er hat sich um Berateraufträge bemüht, erzählen sich diese Menschen. Auch von der WAZ wollte Mämpel Aufträge haben – während der Konzern spart. Zum Beispiel als Berater in Sachen Kulturhauptstadt. Doch der Konzern wird Mämpel wohl keinen Beratervertrag geben. Auch der Mämpel-Talk soll wohl nach dem Ausscheiden des WAZ-Lokalchefs in absehbarer Zeit abgewickelt werden. Denn, wie gesagt, es wird gespart.

Selbst bei der Philharmonie-Mutter-Gesellschaft, der Theater und Philharmonie Essen GmbH (TUP), soll Mämpel als Vorsitzender des Freundeskreises-TUP Theater und Philharmonie Essen e.V. wegen eines Beratungsauftrages angeklopft haben. Mir hat man gesagt, dort waren die Herren bass erstaunt über das Ansinnen des Freundeskreis-Vorsitzenden. Wo Mämpel doch schon einen Mämpel-Talk über die Philharmonie organisiert hatte.

Ich habe Mämpel um eine Stellungnahme gebeten zu seinen Mühen um die Beraterverträge und seinen geplatzten Riesenabschied. Bis jetzt habe ich von ihm keine Reaktion. Sollte diese kommen, baue ich sie umgehend ein.

Schnorrer Off Ruhr

Die Städte Bochum, Gelsenkirchen und Recklinghausen haben sich verspekuliert. Mit Cross-Border-Geschäften. Sie haben ihre Schulen, Kanalnetze und was noch alles an amerikanische Finanzhaie verkauft und zurückgemietet und müssen nun in der Wirtschaftskrise Millionen hinterherschießen. Weil überraschenderweise die New Yorker Kohlecracks cleverer waren als die Kämmerer aus dem Pott. Nun wollen die Trottel-Kommunen, dass ihnen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zur Seite springt. Wie "Kai aus der Kiste" soll der Peer die Millionen rüberschieben, um drohende Verluste zu vermeiden.

Für mich ist das Schnorrerei. Zuerst mit amerikanischen Finanzprofis die US-Steuerzahler bescheißen wollen – und diese dabei reich machen. Und kaum tauchen die Probleme auf, sollen die deutschen Steuerzahler die Karre aus dem Dreck holen. Moral ist offensichtlich ein Fremdwort für die Profi-Handaufhalter.

Besonders Bochum ärgert mich. Die Kommune muss sich vermutlich um weitere 90 Millionen Euro verschulden, weil sonst 350 Millionen Euro Vertragsstrafe fällig werden. Ottilie Scholz (SPD), die damalige Kämmerin von Bochum und heutige Oberbürgermeisterin, hatte den Deal eingefädelt. Und als ein Bürgerbegehren das miese Geschäft zu blockieren drohte, setzte die Dame in Pömps mit schmierigen Verfahrenstricks durch, dass Bochum doch noch das Leasing abschloss.

Ich kann mich genau an das Gesicht von Ottilie Scholz erinnern, als ich Sie gefragt habe, wer ihr den Flug nach New York bezahlt, um dort die Millionenrisiken einzugehen. Ottilie sagt, die arrangierende Bank hätte ihr den Trip gesponsort. Dann drehte sich sich um, und schimpfte unflätig über meine unverschämte Frage.

Frau Scholz, die Frage ist durchaus berechtigt. Warum hat die Stadt Bochum nicht den Tripp bezahlt, wenn der Deal so toll war? Haben Sie sich schmieren lassen mit Hotel und Flug? Waren Sie nicht aufmerksam genug, als Sie den Vertrag lesen sollten? War das Hotel zu schön? Sind Sie auf Kosten der Bank eingeschlafen, als es um die Risiken ging?

Heute versteckt sich Ottilie in Bochum hinter der SPD. Und die ist sich keiner Schuld bewusst. Es heißt: "Die Bezirksregierungen hätten eingeräumt, dass niemand die aktuelle Finanzkrise habe voraussehen können.” Deswegen soll der Bund oder wer auch immer einspringen.

Wenn ich diese billige Entschuldigung lese, wird mir ganz anders. Die SPD in Bochum hat das Geschäft durchgedrückt – zusammen mit den Grünen. Jetzt gilt es zu der Verantwortung zu stehen. Ottilie Scholz sollte zurücktreten. Sie hat der Stadt den Mist eingebrockt. Dabei hätte sie wissen müssen, was für ein doofes Geschäft sie macht. Die Bürger von Bochum waren dagegen und als Ottilie nach New York flog, hatten die Länder Schleswig Holstein und Bayern ihren Kommunen den Cross-Border-Unsinn schon verboten.

Ich schlage vor, dass jeder Ottilie Scholz einen Brief schickt.

oberbuergermeisterin@bochum.de

Als Inhalt schlage ich vor:

Sehr geehrte Frau Scholz,

Sie haben die Stadt Bochum durch ein unverantwortliches Cross-Border-Leasing mit dem Rücken an den Rand einer tiefen Grube geführt. Sie haben sich dabei über den Willen der Bürger hinweggesetzt. Deswegen rate ich Ihnen – treten Sie jetzt zurück, um weiteren Schaden von der Stadt und den Bürgern abzuwenden.

Sie werden nicht vermißt.

Hochachtungsvoll

Die seltsame Geschichte der STA Bochum

Fotos: flickr.com / arndalarm

Der Wirbel um Zumwinkel-Ermittlerin Margrit Lichtinghagen ist schwer zu verstehen. Wer hat Recht? Wer lügt? Wer verbreitet Märchen? Es kursiert ein Dossier, zusammengestellt von der eigenen Behörde. Als Anklage gegen die renommierte Staatsanwältin. Es heißt, sie  habe versucht, ihren Chef in den Griff zu kriegen. Oder dieser habe probiert, seine Untergebene kaputt zu mobben. All das ist schwer zu verstehen. Nur soviel ist sicher: Das System der Strafgeld-Verteilung in NRW ist so wie jetzt weder haltbar, noch sauber. Das System führt die Ermittler in den Ruch der Korrumpierbarkeit. Egal ob Chef oder Untergebene. Und das beschädigt das Ansehen der Justiz.

Die ernste Lage versucht die Justizministerin mit Humor zu entschärfen. Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) muss eine Kanonade lästiger Fragen im Landtag aushalten und Auskunft geben zu den Zuständen in der Staatsanwaltschaft Bochum sowie dem spektakulären Rückzug der Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen.

Die Opposition geht rasch ins Detail. Der SPD-Abgeordnete Markus Töns fragt sie nun, wie es denn sein könne, dass die Landesregierung sich nicht in Vergabe von Bußgeldern eingemischt habe, und dennoch Namen des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und weiterer Landespolitiker in einem entsprechenden Vermerk Lichtinghagens auftauchen. "Wie kommen dann die Namen der Politiker dahin?", beharrt Töns. Die Justizministerin antwortet ungerührt: "Wahrscheinlich, weil sie jemand dahin geschrieben hat." Im Plenum wird lauthals gelacht.

Die Justizministerin trug in der Fragestunde des Landtags am vergangenen Donnerstag ein bemerkenswert dickes Fell zur Schau. Die 58-jährige Juristin benahm sich so, als könne ihr die Justizaffäre in der Bochumer Staatsanwaltschaft nichts anhaben – oder als habe sie ohnehin nichts mehr zu verlieren.

Es war eine Frage der Zeit, bis das Drama der Bochumer Staatsanwaltschaft um ihren Amtsleiter Bernd Schulte und die bekannte Staatsanwältin Lichtinghagen auch der Justizministerin eine führende Rolle zuteilen würde. Immerhin hatte ihr Haus am vorvergangenen Freitag eine vorläufige Schutzerklärung für Lichtinghagen abgegeben und immerhin angekündigt, die 54-jährige Ermittlerin mitsamt des Liechtenstein-Verfahrens der Staatsanwaltschaft Köln zuzuschlagen, wenn sämtliche Vorwürfe ausgeräumt seien. Doch stattdessen wird Staatsanwältin Lichtinghagen zum Jahreswechsel Amtsrichterin und Behördenleiter Schulte ist selbst mit Prüfungen konfrontiert.

Zum Ende einer turbulenten Woche haben viele Personen bei dieser Schlammschlacht Spritzer abbekommen. Das Ansehen der Justiz hat gelitten und eine Institution hat schweren Schaden genommen, denn die Schwerpunktabteilung 35 zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und Korruption galt jahrelang als bundesweites Vorbild für Ermittler. Die Abteilung hatte spektakuläre Verfahren gegen prominente Steuersünder vorbereitet und eingeleitet. Als vorläufige Krönung ihres Erfolges galt der "Liechtenstein"-Komplex, als ein Angestellter der LGT-Bank in Liechtenstein den Bochumer Ermittler Daten mit Angaben zu mehreren hundert Steuersündern überließ, die Schwarzgeld in Stiftungen angelegt hatten. Als am 14. Februar dieses Jahres die Steuerfahnder in der Kölner Villa bei Ex-Postchef Klaus Zumwinkel auftauchten, wurde Staatsanwältin Lichtinghagen mit einem Schlag berühmt. Die resolute Dame mit der Vorliebe für Seidentücher verkörperte nunmehr eine ganze Abteilung. Auf sie wurde medial die Arbeiter eines Ermittlungsstabes, dem auch Kollegen aus Köln zugewiesen wurden, reduziert.

Doch offenbar hat der größte Ermittlungserfolg die persönliche Feindschaft und den Neid noch vertieft. Aber wie kann es sein, dass offenbar ein jahrelang vorherrschendes Mobbing-Klima, das nun beklagt wird, nicht viel früher von Vorgesetzten bemerkt und bereinigt wurde? "Wir haben vor einigen Wochen zum ersten Mal davon gehört, dass es Probleme in der Zusammenarbeit geben könnte", erklärte Justizministerin Müller-Piepenkötter im Landtag. Man habe den zuständigen Generalstaatsanwalt in Hamm, Manfred Proyer, aufgefordert, die Probleme aufzuklären.

Die Konsequenzen freilich waren desaströs: Amtschef Schulte wollte Staatsanwältin Lichtinghagen aus der Schwerpunktabteilung und vom "Liechtenstein"-Verfahren abziehen. Dies soll mit Proyer so abgestimmt gewesen sein. Es gab nicht nur Vorwürfe der "Hinterhältigkeit". Ausgerechnet die bisher für Staatsanwälte und Richter weitgehend freihändige Vergabe von Bußgeldern an gemeinnützige Organisationen wurde skandalisiert. In einem 64-seitigen Dossier der Amtsleitung wurde Lichtinghagen vorgeworfen, in den vergangenen Jahren gemeinnützige Organisationen ihrer Heimatstadt Hattingen sowie die Privatuniversität in Witten/Herdecke mit Zuwendungen in Millionenhöhe bedacht zu haben.

"Für Staatsanwälte und für Richter ist es bereits problematisch, wenn auch nur der böse Anschein der Parteilichkeit bei der Ausübung des Amtes entstehen könnte", sagte die Justizministerin im Landtag und wurde noch konkreter: "Nach meiner derzeitigen Einschätzung ist dieser böse Anschein durch die Zuweisung von Geldauflagen an die Universität Witten-Herdecke durch Frau Lichtinghagen nicht von der Hand zu weisen."

Allerdings ist bemerkenswert, dass Lichtinghagen etwa in einem Gespräch mit dem Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) die Privatuniversität von sich aus angesprochen hatte. "Sie verband dies mit dem Hinweis, dass ihre Tochter dort studiere und sie eine Entscheidung zugunsten der Universität mit Vorgesetzen abstimmen wolle", sagte die Justizministerin. Hat sie sich korrekt genug verhalten oder hat das Gespür der Korruptionsermittlerin versagt?

Die Justizministerin sprach allerdings nicht darüber, dass Lichtinghagens bevorzuge Vergabe an bekannte oder heimische Organisationen in der nordrhein-westfälischen Justiz seit langem üblich ist.

Darüber könnte ihr Erzfeind, der Bochumer Amtsleiter Schulte, wohl einiges erzählen. Der Oberstaatsanwalt soll ebenfalls dafür gesorgt haben, dass Strafgelder an befreundete Organisationen verteilt wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm ermittelt ergebnisoffen, wie es heißt. Sollte Schulte ein sogenanntes Aufsichtsversagen nachgewiesen werden, könnte dies zu einer Strafversetzung führen. Nach meinen Informationen hat sich Schulte in auffälliger Weise bei Lichtinghagen für den Rotary Club Lüdenscheid eingesetzt. Schulte soll diesem einen Kontakt mit Staatsanwältin Lichtinghagen vermittelt haben. Die Rotarier wollten auf dem kurzen Dienstweg Mittel für den Wiederaufbau einer Rokoko-Kirche in Thüringen besorgen. Das Pikante dabei: Schulte ist Mitglied der Lüdenscheider Rotarier. Ein Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft bestätigt den Freundschaftsdienst: "Es trifft zu, dass der Behördenleiter einen Bittsteller an die Dezernentin verwiesen hat, ohne auf die Entscheidung selbst in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen."

Ein Rechtsverstoß liegt wahrscheinlich nicht vor. Freilich könnte man in diesem Fall auch ein Geschmäckle insinuieren.

Von den Rotariern war nämlich früher schon einmal die Rede und zwar in einem erheblich brisanteren Korruptionsfall, in dem gegen den Landrat des Märkischen Kreises, Aloys Steppuhn (CDU), ermittelt wurde. Ein mit dem Verfahren vertrauter Staatsanwalt berichtet, der Amtschef habe sich regelmäßig detailliert über die Ermittlungen unterrichten lassen. Dabei könnte es eine Verbindung von Schulte zu Steppuhn gegeben haben: über die Rotarier. Der damalige CDU-Fraktionschef aus dem Märkischen Kreis und Steppuhn-Vertraute, Manfred Rahmede, gehört dem Rotary-Club Lüdenscheid-Mark an. Schulte wiederum ist Rotarier in Lüdenscheid. Darüber hinaus spielten Schulte und Rahmede zusammen in einem Tennisclub. Die Ermittlungen gegen Steppuhn versandeten. Aber reicht dies für den schwerwiegenden Verdacht aus, es wurde in Korruptionsermittlungen eingegriffen? "So eine enge Verbindung ist ungewöhnlich. Eigentlich hätte Schulte den Fall an eine andere Behörde geben müssen, da er befangen war", meint ein Ermittler.

Offenbar muss sich Schulte nun gegenüber Generalstaatsanwalt Manfred Proyer in Hamm für die Rokoko-Connection rechtfertigen. Doch dies sorgt intern für Unruhe. Immerhin gilt Schulte als guter Bekannter des Generalstaatsanwaltes. Proyer war Amtvorgänger von Schulte in der Bochumer Behörde und soll demnach die Zustände dort selbst mit verursacht haben. "Da kann man auch den Frosch fragen, ob der seinen Sumpf austrocknen möchte", beklagt sich ein Staatsanwalt aus Bochum.

Trotz der Justizaffäre in Bochum soll der Prozess gegen ehemaligen Postchef Zumwinkel wie vorgesehen am 22. Januar nächstens Jahres beginnen – ohne Lichtinghagen.

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Müllmänner, Neujahr und ein frohes Fest

Am Wochenende war ich in Köln. Da gab es ein wunderschönes Weihnachtsmenu. Wildschwein, Knödel, Rotkohl. Perfekt. Zum Essen dazu gab es eine nette Geschichte. In Köln, wie im Ruhrgebiet auch, ist es üblich, dass die Müllmänner am Ende des Jahres von Haustür zu Haustür ziehen, ein frohes Fest wünschen und einen Schnaps und 10 Euro kriegen.

In Köln ist aus dem Brauch für die Müllmatrosen ein nettes 14 Gehalt geworden. Schwarz und Steuerfrei. Je Tour ziehen die Entsorger an hunderten Haustüren vorbei. Überall wird geklingelt. Fast überall gibt es Schotter. Der Boss, der Fahrer, sammelt das Geld ein – und verteilt es anschließend nach Gutdünken an seinen Trupp. Der Einsammler war nett dies Jahr, der kriegt 10 Prozent. Der Rücksteller hat genervt, der kriegt nur einen Schein. Und so weiter. Willkür eben.

In Köln ist die Nummer wohl so attraktiv geworden, dass die Müllmänner in fremde Bezirke, fremde Touren eindringen, um dort auch die Hand aufzuhalten. Es gibt Schlägereien, Platzkämpfe und Erpressungen. Müllbarone mal anders. Hört sich an, wie eine spannende Story. Vielleicht steig ich da mal richtig ein. Bis dahin hier dies Lied. Es gibt soviel zu sehen…..

RWE macht Dampf

Foto: RWEKraftwerk Grevenbroich flickr.com / derhypnosefrosch

Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern will sich von der Weltwirtschaftskrise nicht Bange machen lassen. Statt dessen wollen die Essener expandieren und investieren. Milliarden für die Zukunft.

Es geht um bis zu 80 Mrd Euro, die RWE in neue Kraftwerke, Öl- und Gasquellen und den Ausbau des Handels stecken will. RWE-Strategie-Vorstand Leonhard Birnbaum sagte, er sei „wild entschlossen“ die Krise zu nutzen, um die Position des Strom- und Gasanbieters europaweit auszubauen. 

Noch ist die Summe nicht genau aufgeschlüsselt, bestätigte Birnbaum. Aber die Richtung sei klar. Bereits jetzt hat RWE in Deutschland, England und in anderen europäischen Ländern Projekte in einer Größenordnung von 30 Mrd Euro angekündigt. Vor allem in neue Kraftwerke werde derzeit Geld gesteckt. „Diese Investitionen sind nicht umkehrbar“, sagte Birnbaum.

Dazu kämen bereits jetzt beschlossene Expansionbestrebungen im Gas- und Ölgeschäft. Hier will der Konzern über die Rohstofftochter RWE DEA für rund 10 Mrd Euro neue Felder entwickeln. Weitere Großprojekte wie der Ausbau einer konzerneigenen Gastankerflotte oder der Bau der Pipeline Nabucco von Europa nach Zentralasien stehen zudem an.

Darüber hinaus sei RWE weiter an Atomkraftprojekten interessiert. In Großbritannien erwartet der Konzern, dass nach der Übernahme der Atomkraftwerksbetreibers British Energy durch den französische Energiekonzern EdF Standorte oder Anlagen abgeben werden müssten.  Zudem schaue sich der Konzern in England auch staatlich verwaltete Flächen für mögliche AKW-Projekte an. Darüberhnaus will RWE in Rumänien und Bulgarien Kernkraftwerke bauen.

Besondere Chancen durch die Krise sieht der ehemalige McKinsey-Berater Birnbaum vor allem dann, wenn der Konzern bereit ist, selbst Risiken zu übernehmen. Während Wettbewerbern das Geld ausgehe, sei RWE aufgrund seiner Finanzkraft in der Lage, profitable Geschäfte zu machen. Gerade im Bereich der Erneuerbaren Energien und bei der Entwicklung von Gasfeldern würden sich so neue Chancen auftun. Mittelständischen Firmen gerieten etwa beim Bau von Windparks unter Druck. „Wir können ganze Projektpipelinen kaufen“, sagte Birnbaum.

Grundsätzlich sei zu erwarten, dass sich RWE vor allem um den Ausbau des internationalen Geschäfts kümmern werde, sagte Birnbaum. Neben Großbritannien stünden dabei die Benelux-Länder, Osteuropa, der Balkan und die Türkei im Zentrum der Überlegungen. Denkbar sei auch ein mögliches Engagement in Russland. Hier hätten sich viele Investoren übernommen, die nun wieder Kraftwerke verkaufen wollten.

Große Übernahmen schloss der RWE-Manager dabei nicht aus. Gleichzeitig sagte er aber, sie hätten keine Priorität. Oft sei es besser eigene Geschäfte im Ausland zu entwickeln, als einen großen Konzern in einem neuen Land zu übernehmen.

Auf dem deutschen Strommarkt kündigte Birnbaum vor allem eine Zentralisierung des Vertriebs an. Der Wettbewerb zwinge das Unternehmen dazu alle drei bis sechs Monate neue Produkte auf den Markt zu werfen. Dies sei nicht mehr durch eine dezentrale Steuerung zu gewährleisten.

Für die Expansion will RWE nur noch auf zwei Marken setzen. Die Energie soll in Zukunft vor allem über den Discouner eprimo und über die Marke RWE verkauft werden. Daneben sollen nur noch wenige regional eingeführte Marken erhalten bleiben, die allerdings auch zentral gesteuert werden sollen. Die Zweimarken Strategie will RWE laut Birnbaum mit einer entsprechenden Struktur unterfüttern. Demnach sollen zwei zentral geführt Gesellschaften den Stromabsatz in Deutschland koordinieren. Mit den kommunalen Gesellschaftern in den Regionalgesellschaften wie EnviaM werde nun das Gespräch gesucht.

Die ersten Experimente mit der Zentralvermarktung sind nach Auskunft von Birnbaum erfolgreich gewesen. Mit Festpreis-Modell auf drei Jahre habe RWE rund 130.000 Kunden beim Gas und rund 500.000 Kunden beim Strom gewonnen. Gut 75.000 Stromkunden hätten sich darüber hinaus in den vergangenen vier Wochen für den neuen "ProKlima"-Tarif entschieden, der neben Strom aus erneuerbaren Energien einen Anteil von 70 Prozent aus Kernenergie vorsieht.

Auch für die Auslandsexpansion hat RWE eine neue Struktur vorgesehen. So sind bereits jetzt in einigen Staaten RWE-Ländergesellschaften aktiv, die vor Ort das Geschäft mit Strom und Gas leiten. Dazu kommen Aktivitäten der RWE Führungsgesellschaften RWE Power, RWE Energie und RWE Innogy. Damit sich die vielen verschiedenen Vertreter nicht bei der Beschaffung von Genehmigungen auf den Füssen rumtrampeln werde sie von einer eigenen Einheit „Geschäftsentwicklung“ in der RWE Holding gesteuert. Die konkrete Umsetzung der jeweiligen Projekte liege dann aber wieder in den Händen der jeweiligen Tochterfirma.

Wenig Bedeutung misst Birnbaum dem Konzernteil RWE Aqua zu. Das Teilunternehmen für das Wassergeschäft werde in den Bereichen fortgeführt, in denen sich Synergien mit dem Strom- und Gasvertrieb ergeben würden. Etwa bei den Rheinisch-Westfälischen Wasserwerken oder der Berlinwasser Gruppe. Weitere Expansionen nach Asien oder Südamerika werde es aber nicht geben. „Wir sind ja gerade erst aus Thames Water und American Water ausgestiegen“, sagte Birnbaum.