Berichte aus dem Sumpf, in dem LKA und das Umweltministerium stecken

Die ganze Sache rund um den PFT-Fall und die Ermittlungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter im Umweltministerium, Harald Friedrich, wird immer wilder. So wurden nach meinen Recherchen bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wuppertal noch mehr Leute abgehört. Bereits jetzt ist bekannt, dass ein Telefonat des grünen Landtagsabgeordneten Johannes Remmel belauscht wurde, bei dem es um politische Einschätzungen des Falls durch Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) ging. Darüber hinaus berichten Betroffene des Verfahrens nun von weiteren Lauschangriffen. So sei zumindest ein Gespräch des Rechtsanwaltes von Friedrich durch das LKA abgehört worden. Ebenfalls wird berichtet, dass möglicherweise Telefonate von Friedrichs Ehefrau mit Journalisten belauscht wurden.

Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Ralf Meyer sagte auf meine Anfrage: „Wegen des Medienrummels möchte ich keine Angaben zum Verfahren machen.“ Der Landtagsabgeordnete Remmel sagte: „Nach allem, was ich weiß, ging es bei den Gesprächen um politische Einschätzungen. Das hat nichts in Ermittlungsakten zu suchen.“ In den nächsten Tagen soll der Rechtsanwalt Remmels die Lauschbänder prüfen dürfen.

Am 29. Mai war der Ex-Abteilungsleiter im NRW-Umweltministeriums Friedrich wegen des Verdachts auf Korruption und banden- und gewerbsmäßigen Betrug verhaftet worden. 270 Beamte durchsuchten bundesweit Wohn- und Geschäftsräume von 12 weiteren Tatverdächtigen. Den Schaden bezifferte die Staatsanwaltschaft Wuppertal auf rund 4,3 Mio Euro.

Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass das Verfahren auch einen politischen Hintergrund haben könnte. Der anerkannte Umweltfachmann Friedrich (Grüne) gilt als einer der schärfsten Kritiker von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) im PFT-Skandal, bei dem es um Gifteinleitungen in die Ruhr geht.

Die Ermittlungen gegen Friedrich wurden auf Grund von drei Strafanzeigen aus dem Haus von Uhlenberg ausgelöst. Während des ganzen Jahrs 2007 gab es immer wieder Kontakte zwischen dem Umweltministerium und dem LKA bei dem das Umweltministerium neue Vorwürfe vorgelegte, oder das Umweltministerium für das LKA Auservate auswertete. Teilweise gab der Staatssekretär Alexander Schink in 2007 dem LKA Tipps wie die Ermittlungen zu führen seien und das LKA ging diesen Vorschlägen nach. Nach seiner Verhaftung verbreitete das Ministerium in vertraulichen Runden: der PFT-Informant sei abgeschaltet worden. Das Ministerium sagte jetzt der WAZ, der Fall sei eigentlich für das Ministerium 2006 abgeschlossen gewesen. Das ist eine Lüge, die sich nach Einsicht in die Akten nicht mehr halten lässt.

Bei Hausdurchsuchungen im Laufe der Ermittlungen beschlagnahmten die LKA-Beamten reihenweise Unterlagen zum PFT-Skandal. Wie aus den Akten hervorgeht, sind die Ermittler mit den beschlagnahmten Papieren in das Umweltministerium gefahren. Dort stellte Staatssekretär Schink daraufhin eine weitere Anzeige wegen des Verdachtes auf Geheimnisverrat.

Doch zwei Vorgänge, auf die sich diese Anzeige zentral bezieht, sind dafür denkbar ungeeignet. Einmal haben die Ermittler Akten aus der Bezirksregierung Arnsberg beschlagnahmt, die dort nach einem Antrag auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz offiziell herausgegeben worden waren. Dann haben die Ermittler einen Brief des Ministeriums an die Landtagspräsidentin mitgenommen. Der Brief was eine offizielle Antwort des Ministeriums auf eine PFT-Anfrage des Landtagsabgeordneten Remmel. Wie die Geschäftsordnung des Landtages das vorschreibt, musste die Antwort über die Präsidentin an Remmel weitergereicht werden. Dessen Büro schließlich übermittelte den Brief an den Fachmann Friedrich mit der Bitte um eine Einschätzung.

Der dritte Vorgang ist die Email, über die ich schon geschrieben habe. Das LKLA will hier Fingerabdrücke von der Email nehmen, um herauszufinden, wer der Absender ist. Den Inhalt der Email war kein Geheimnis, sondern wurde später per Pressemitteilung bekannt gemacht.

In meinen Augen liegt hier der Verdacht nahe, dass nur ein „Maulwurf“ im Ministerium gesucht wird. Schade, dass sich das LKA für so etwas hergibt.

Auch die Vorwürfe im Vergabeverfahren sind denkbar dünn. Sie basieren vor allem auf die Aussagen von nur zwei Belastungszeuginnen aus der Abteilung Friedrichs: Dorothea Delpino und Ulrike Frotscher-Hoof. Beide Zeuginnen wurden im Laufe der Ermittlungen im Umweltministerium befördert. In einer Aussage vor dem LKA gab Delpino an, Friedrich bei Staatssekretär Schink angeschwärzt zu haben, weil dieser die Zeugin Frotscher-Hoof „massiv gemobbt“ habe. In mehreren privaten Schreiben an Schink bot Delpino an, belastendes Material in den Unterlagen des Ministeriums zu suchen.

Bei ihren privaten Ermittlungen schreckte Delpino auch vor harten Methoden nicht zurück. Am 27. Juni 2006 trafen sich Delpino, Frotscher-Hoof, Professor Harro Stolpe von der Uni Bochum, der ein von Delpino angegriffenes Projekt betreute, sowie ein Ingenieurbüro, das im Auftrag der Uni die Projektdaten auswertete, im Umweltministerium. Aus einem Protokoll des Treffens, das der WELT am Sonntag vorliegt, geht hervor, dass die Belastungszeuginnen auf einen Abbruch des Projektes drängten. Während einer Pause soll Delpino schließlich im Beisein des Projektleiters Stolpe laut Protokoll gesagt haben: „Sie müssen verstehen, ich muss meine Aufgaben erledigen. Ich will nicht demnächst noch von einer Uni in der Zeitung lesen.“ Auf die Frage, ob das eine Drohung sei, soll Delpino geantwortet haben. „Natürlich nicht.“

Professor Stolpe und das Ingenieurbüro beharrten zunächst auf einer Fortführung des Projektes. Heute zählen die beiden zu den Beschuldigten der Ermittlungen. Beide werden vor allem durch Aussagen von Delpino und Frotscher-Hoof belastet.

Im Kern konzentrieren sich die Ermittlungen heute auf den Vorwurf, es habe bei Vergaben von Forschungsprojekten Fehler gegeben. Doch auch hier stehen die Vorwürfe auf dünnen Boden. Das Gutachten eines renommierten Kölner Juristen, beweist zumindest in drei Vergabefällen, die vom LKA und der Staatsanwaltschaft auf Anregung des Umweltministeriums angegriffen worden sind, dass es keine falsche Vergabe gab. Das Gutachten wurde im Auftrag von betroffenen Firmen erstellt, die im Zuge der Ermittlungen an den Rand des Ruins getrieben wurden, da ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt wurde. Alle Zeugen in diesem Fall haben aber bislang, zumindest nach Aktenlage, bestritten, dass es Vergabefehler gab.

So ist auch folgender Vorgang nachvollziehbar. Am 4. April 2007 schlug der Justitiar des Umweltministeriums dem LKA in einer Besprechung vor, den Landesrechnungshof einzuschalten. Laut Justitiar sollte ein interner Prüfbericht des Ministeriums über das LKA weitergereicht werden. Die Anregung wurde vom LKA ausgeführt. Allerdings teilten die unabhängigen Rechnungsprüfer dem LKA am 14. Mai 2007 mit, dass „kein Bedarf für Prüfungen“ gesehen werde. Die ganze Nummer entwickelt sich zum Flopp.

Es gibt nur eine Spur, die in eine tatsächlich möglicherweise strafbare Richtung führt. Wie gesagt möglicherweise. Es geht um die Wasserwirtschaftsinitiative NRW. Eines dieser Leuchtturmprojekte der Ära Clement. Dieses Projekt hatte wenig mit Forschung zu tun, wurde aber aus dem Forschungstopf zumindest mitfinanziert.

Allerdings waren hier die Initiatoren Wolfgang Clement und Kumpane. Da hatte der angegriffene Harald Friedrich wenig mit zu tun.

Auch jetzt führen die Ermittlungen in ziemlich wirre Richtungen. So schmierte das Umweltministerium unter anderem den Umweltprofessor Johannes Pinnekamp von der RWTH Aachen an. Dieser habe sich ungerechtfertigterweise die Taschen vollgemacht. Umweltstaatssekretär Schink war über die Vorwürfe informiert. Trotzdem beauftragte Schink den Professor einen PFT-Bericht zu schreiben, der die Taten des Umweltministers entlasten sollte. Man könnte auf die Idee kommen, hier sollte ein Abhängiger über die Ermittlungen gefügig gemacht werden.

meine Recherchen in diesem Fall gehen weiter. Wenn jemand Hinweise, Tipps oder Dokumente hat. Ich bin immer dankbar für Informationen unter david.schraven@ruhrbarone.de

Langemeyer kurz entlastet

Der Dortmunder OB Gerhard Langemeyer (SPD) hat Glück gehabt. Die Staatsanwaltschaft seines Sprengels hat die Strafermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Untreue eingestellt. Die zuständige Sprecherin der Behörde sagte, nur in "krassen Fällen", etwa wenn Steuergelder "voll zweckentfremdet werden" könne über das Haushatsrecht hinaus durch das Strafrecht sanktioniert werden.

Gerhard Langemeyer. Foto: Stadt Dortmund

Langemeyer hatte das Klinikum in Dortmund mit einer Bürgschaft der Stadt vor der drohenden Pleite bewahrt. Damit der Haushalt nicht allzusehr belastet wird, hatte er im nächsten Schritt städtische Tochtergesellschaften, vor allem die Entsorgung Dortmund – EDG, dazu gezwungen, erhöhte Gewinausschüttungen an die Stadt zu tätigen. Dieses Geld wurde dann an das Klinikum weitergereicht.

Regierungspräsident Helmut Diegel (CDU) läßt nun prüfen, ob diese Übereckfinanzierung mit dem Haushaltsrecht vereinbar ist. Im schlimmsten Fall droht Dortmund eine Haushaltssperre. Gerade weil Dortmund seit kurzem die Stadt in NRW mit den meisten Arbeitslosen geworden ist, könnte das fatal werden. Die Sozialkosten drücken auf die Handlungsfähigkeit der Stadt. Freiwillige Ausgaben müssten rigeros zusammengestrichen werden.

Denkwürdig ist das Langemeyer Vorgehen auch deshalb, weil gerade die EDG Müllgebühren nur kostendeckend abrechnen darf. Wenn jetzt also die Müllgebühren angehoben werden müssten, um das Klinikum zu finanzieren, wäre das ein Problem. Es wäre auch ein Problem, wenn die EDG einen Kredit aufnehmen müsste, um das Klinikum zu finanzieren. Oder wenn Gewinne, die zur Absenkung der Müllgebühren hätten herangezogen werden können, in das Klinikum gesteckt worden wären.

Das wird jetzt geprüft.

Kulturhauptstadt: Die Enttäuschung wächst

Alles hörte sich so gut an. Im Jahr der Kulturhauptstadt sollten die Museen im Pott glänzen wie nagelneue Schuhe. Auch für Geld sollte gesorgt werden. Dazu hatte die Ruhr.2010 GmbH zusammen mit anderen Partnern 11 Mio Euro versprochen. Das ganze hieß „RuhrKunstMuseum“ und umfasst 16 öffentliche Museen und zwei private Ausstellungsflächen. Von Dortmund über Unna und Hagen bis nach Essen und darüber hinaus. Selbst das Dortmunder U sollte auf zwei Etagen bespielt werden. Tja, es kam anders.

Die ganze Finanzierung ist in sich zusammengebrochen. Wie ich nun gehört habe, soll es anstelle der 11 Mio Euro nun nur noch 260.000 Euro geben. Inklusive Sponsorengeldern für das gesamte Projekt für alle 16 Museen und die zwei privaten Ausstelllungsflächen. Das kann man auch Beerdigung erster Klasse nennen. Mit dem Kleingeld ist keiner der ursprünglichen Pläne umsetzbar. Eine engere Kooperation der Museen klappt einfach nicht, wenn die Arbgeit nicht unterfüttert wird. Die Enttäuschung in den Kunsthäusern ist verständlicherweise groß. Hatten die doch das Projekt zusammen mit der Ruhr.2010 GmbH entwickelt.

 

Es steht zu befürchten, dass es in den kommenden Wochen noch jede Menge weitere Enttäuschungen rund um die Kulturhauptstadt geben wird. Denn nun kommt die Auswahl. Wenn sich die Kulturmanager rund um Fritz Pleitgen nicht schnell etwas einfallen lassen, wie sie mit der miesen Laune umgehen sollen, ist die Euphorie bei vielen schnell verflogen.

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FDP gegen saubere Revierluft

Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Holger Ellerbrock, will im Ruhrgebiet keine zusammenhängenden Umweltzonen, in denen keine Stinkerautos mehr fahren dürfen. Seiner Ansicht nach ist das alles überzogenes Ökogeschwafel, diese Ideen von Feinstaub und so…

Im Umweltausschuss des Landtages sagte Ellerbrock, der Mann mit der Fliege: "Das von SPD und Grünen geforderte flächendeckende Fahrverbot für das gesamte Ruhrgebiet ist unverhältnismäßig." Der FDPist fürchtet, mittelständische Betriebe müssten mehr Geld für saubere Autos ausgeben. Genauso wie Familien, die mit alten Dreckschleudern rumkurven.

Dass der Europäische Gerichtshof vor kurzem geurteilt hat, dass Menschen in miefigen Städten Anspruch auf Einhaltung von Umweltgesetzen und auf saubere Luft haben, kann Ellerbrock nicht beeindrucken. "Die Luftreinhaltepläne der schwarz-gelben Koalition sehen über 80 Maßnahmen zur Luftreinhaltung vor." Es gibt unter diesen Maßnahmen auch Umweltzonen, in denen für bestimmte Fahrzeuge Fahrverbote herrschen, aber eben keine zusamenhängende Flächen, sondern nur Flickenteppiche – hier mal eine und dort ’ne andere. Ellerbrock nennt die Flickschusterei "Augenmaß" und einen "sachgerechten und verhältnismäßigen Weg", der "alle Belange" berücksichtigt.

Nach Ansicht des Liberalen seien jetzt Land und Kommunen gefordert, die Auflagen in den Flickenteppichen konsequent zu kontrollieren, auch die Durchfahrverbote. Das dies praktisch kaum durchsetzbar ist, weil niemand genau weiß, wo eine dieser Umweltzönchen überhaupt sein könnte, interessiert Ellerbrock nicht. 

"Da verbrennungsbedingte Stäube nur einen Bruchteil der Staubimmissionen ausmachen, können Fahrverbote nur das letzte Mittel im Kampf gegen Feinstaub sein. Fahrverbote dürfen nicht zu einer untragbaren Belastung für Familien und Kleinbetriebe werden, die sich kein neues Auto leisten können."

Wenn das seine Argumentation ist, soll Ellerbrock doch auf eine Verkehrsinsel ziehen. Am besten auf der B1.

 

RVR gibt Kohle für Hagen

Mitten in die Diskussion über einen Austritt der Stadt Hagen aus dem Regionalverband Ruhr (RVR) diskutiert der Verband über ein Geldgeschenk an die Gemeinde. Es geht um 300.000 Euro für das wichtigste Prestigeprojekt in der Randgemeinde des Pott: den Bau eines Kunstquartiers rund um die Museen Emil Schumacher und Karl Ernst Osthaus. Die Eröffnung ist in 2009 geplant. 

Bild: Irgendwas von Emil Schumacher. Aus der Kunstsammlung NRW

Insgesamt will der RVR laut einer Vorlage im Kultur- und Sportausschuss 300.000 Euro locker machen, um eine PR-Kampagne für die Museen starten zu können. Für 25.000 Euro soll ein Corporate Design für die „neue Kunstadresse in NRW“ gestrickt werden. 65.000 Euro sollen in die Entwicklung und Produktion von Print- und Onlinemedien fließen, die für Werbemaßnahmen genutzt werden sollen. 30.000 Euro sollen für die „nationale und internationale PR- und Pressearbeit“ vorgehalten werden. Und zum Schluss sollen 180.000 Euro in „Print, Online und Außenwerbung gesteckt werden.“ 

Alles zusammen ein Paket, um Geld für die regionale Werbung zu haben. Nicht mehr – nicht weniger. „Wir wollen die Eröffnung des Kunstquartiers in Hagen als Prolog für die Kulturhauotstadt Hagen nutzen“, sagt der Projektverantwortliche Dieter Nellen Schließlich seien das Schumacher-Museum und das Osthaus-Museum die ersten Museen, die im Zuge der Kulturhauptstadt 2010 eröffnet würden.  Die Hagener wird es freuen. 

Allerdings hat die Sache einen Haken. In der Vorlage geht der RVR davon aus, dass vom Land eine Förderung von 80 Prozent für das PR-Projekt kommt. Also 240.000 Euro sollten eigentlich aus Düsseldorf fließen. Die restlichen 60.000 Euro wollten der RVR und die Emil-Schumacher-Stiftung zu gleichen Teilen tragen. 

Jetzt allerdings hat das Land nur eine Förderung in Höhe von 50 Prozent zugesagt. Das bedeutet: Um das Vorhaben wie geplant durchzuziehen, müssten RVR und Stiftung 150.000 Euro aufbringen. Das wird so nicht klappen. 

Nun sucht der RVR fieberhaft nach Möglichkeiten, die Lücke in Höhe von 90.000 Euro irgendwie zu schließen. Gedacht ist etwa an eine Streckung der Ausgaben. So könnte im kommenden Jahr der RVR noch mal ein wenig Geld aus seinem Haushalt bereitstellen. 

Fazit der Geschichte: Für Hagen bringt der RVR Geld. Er organisiert Kohle für PR-Arbeit in regionaler Kooperation. Für die anderen Städte kostet der RVR Geld, der er gibt Kohle für Hagen, die den anderen Städten fehlt. Da aber auch die anderen Gemeinden hin und wieder irgendwas vom RVR bezahlt bekommen, wird so die Solidarität der Ruhrstädte bezahlt.

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Langemeyer: „Ich kann gut loslassen“

Gerhard, genannt Gerd, Langemeyer, ist ein Mann der klaren Worte. Im Interview mit den Ruhrbaronen hat sich der Dortmunder Oberbürgermeister Zeit genommen, über seine Stadt, das Ruhrgebiet, die SPD und Wolfgang Clement zu sprechen. Vor allem der Wahlkampf im Ruhrgebiet steht dabei natürlich im Mittelpunkt. Denn Gerd will nochmal ran.

Dortmund OB Gerhard Langemeyer. Foto: Stadt Dortmund

Im Gespräch kündigt Langemeyer direkt an, bis 2015 regieren zu wollen. Eine mutige Ankündigung: denn der derzeit mächtigste Oberbürgermeister im Pott steht in der eigenen Stadt unter Druck. Noch im Sommer hatte der SPD-Vorstand um den Unterbezirksvorsitzenden Franz Josef Drabig versucht, den regierenden SPD-Oberbürgermeister zu stürzen. Der Amtsinhaber sollte nicht bei den Wahlen antreten. Mit einem beispiellosen Kraftakt hat Langemeyer aber die parteiinternen Kritiker gezwungen, seine Kandidatur zu unterstützen. Er drohte damit, beim Nominierungsparteitag im Herbst gegen den Kandidaten des Vorstands in einer Kampfabstimmung anzutreten. Diese ungewöhnliche Drohung zeigte Wirkung. Die Langemeyer-Kritiker fügten sich mit der Faust in der Tasche.

Wir treffen den Oberbürgermeister in seinem Büro am Friedensplatz. Alles modern eingerichtet, ein paar Kunstwerke an der Wand, ein niedriger Couchtisch, Kaffe und Wasser. Es kann losgehen.

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Ruhrbarone: Herr Langemeyer, seit 1999 sind Sie Oberbürgermeister von Dortmund. Jetzt wollen Sie bei den Wahlen im nächsten Jahr wieder antreten. Warum eigentlich? Können sie nicht die Macht loslassen?

Langemeyer: Ich kann gut loslassen. Aber im konkreten Fall habe ich eine ganze Reihe von Themen angefasst, die noch nicht abgeschlossen sind. Das Dortmund Projekt wurde ausgelegt bis 2010, das Museum im Dortmunder U wird zu Kulturhauptstadtjahr 2010 fertig gestellt. Und natürlich ganz herausragend die Phoenix-Standorte Ost und West. Der neue See wird Ende 2009 geflutet. 2010 wird man etwas sehen können. Und richtig gut wird es vielleicht 2012.

Heißt das: wenn Sie die Wahl gewinnen, kündigen Sie jetzt schon Ihren Rücktritt 2012 an?

Nein. Wie käme ich dazu. Es ist noch einiges zu tun. Das Familienprojekt, der Aktionsplan soziale Stadt. In Süddeutschland ist die Wahlperiode für einen Oberbürgermeister 8 Jahre lang. Nehmen sie zwei Perioden, dann kennen sie den Zeitraum, den ich anstrebe.

Dortmund hat seit kurzem mehr Arbeitslose als der Kreis Gelsenkirchen. In ihrer Amtszeit ist Dortmund auf dem letzten Platz der Arbeitsmarktstatistik in NRW gefallen. Auch so ein Projekt, das Sie vollenden wollten?

Man muss die Zahlen differenziert betrachten. Wir haben 1999 gesagt, wir brauchen 70.000 neue Arbeitsplätze, um die Beschäftigungslücke aus den Bereichen Kohle, Stahl und Bier zu schließen. Die Berater von McKinsey haben gesagt, dies sei bis 2010 zu schaffen. Das war aber vor der Krise am neuen Markt. Außerdem haben die Berater unterschätzt, wie viel Zeit man braucht, um mit Hilfe von Fördermitteln, auch aus der EU, Strukturen im Ruhrgebiet zu verändern. Insofern ist das Ziel mutig gewesen, aber aus heutiger Sicht nicht mehr zu erreichen. Trotzdem haben wir bis heute weit über 37.000 neue Arbeitsplätze gewonnen.

Trotzdem haben sie jetzt die rote Laterne. Tut das nicht weh?

Ich will die Zahlen nicht in einem Städteranking nebeneinander stellen. Man muss sich die örtliche Situation anschauen. In Dortmund ist nicht nur die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen, sondern wir sind jetzt auch bei der Zahl der versicherungspflichtigen Jobs wieder im Vormarsch. Es gibt den richtigen Trend.

Wenn Gelsenkirchen Sie überholt hat, hat dann Gelsenkirchen mehr richtig gemacht als Dortmund?

Ich will das nicht nebeneinander stellen.

Dortmund schneidet ja sonst gut in den Städterankings ab.

Ich hab nichts dagegen, wenn wir gut abschneiden. Aber ich nehme es auch in Kauf, wenn wir in anderen Rankings schlecht abschneiden. Die Frage ist, haben wir genügend getan? Wir haben die Hälfte des Weges hinter uns gebracht. Wir werden sicher die Beschäftigungslücke schließen.

Wie kommen Sie darauf?

Ich habe sichere Anzeichen. Am Montag war ich bei Boehringer-Ingelheim. Das Unternehmen will seinen Standort hier weiter ausbauen. Die Beschäftigtenzahlen werden auf 900 verdreifacht. Beim Ikea-Logistikzentrum hatten wir vor drei Jahren im Dortmunder Norden null Jobs. Jetzt haben wir 1300. Es gibt viele solcher Beispiele. Unsere Konzentration auf Cluster hat Erfolg.

Es braucht halt nur länger?

Ja. Bestimmte Prozesse dauern halt länger.

Im Februar zum Beginn des Wahlkampfes im kommenden Jahr werden Sie 65 Jahre alt. Andere gehen an so einem Tag in den Ruhestand. Ist der runde Geburtstag ein guter Wahlkampfauftakt?

Ich will nicht über die Rente mit 67 diskutieren. Ich meine aber, dass für Politiker die Altersgrenze wegfällt. Mit welchem Alter treten heute Präsidentschaftskandidaten an? Mit welchem Alter werden Menschen Minister? In der deutschen Geschichte gibt es Beispiele, dass alte Menschen Kanzler werden.

Sie meinen Konrad Adenauer, der mit 73 Jahren erstmals Kanzler wurde….

Man kann an diesen Geschichten sehen, dass man einen verantwortungsvollen Job unabhängig vom Alter, aber abhängig von der Gesundheit machen kann.

Oder gibt es einfach in Dortmund keinen anderen Politiker, der Sie verdrängen könnte?

Es gibt andere, die das Amt auch ausfüllen können. Und es ist normal, dass es Diskussionen gibt. Aber ich wurde nun einmütig vom Unterbezirksvorstand und von meinem Ortsverein als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt vorgeschlagen.

Befürchten sie keinen Putsch? Noch vor zwei Monaten wollte Sie der Unterbezirksvorstand absägen. Sie stehen vielen Karrieren in der Stadt im Weg.

Ich kenne das politische Geschäft auf vielen Ebenen. Im Land, im Bund und in der Kommune. Kennen Sie eine Situation ohne Personaldebatte? Die Kanzlerkandidatur von Angela Merkel war auch umstritten….

Aber Merkel war noch jung….

Ja gut.

Zudem musste sich Merkel nicht gegen ihren eigenen Parteichef durchsetzen.

Dass man manchmal andere taktische Überlegungen hat, ist doch normal. Das Thema ist jetzt für mich abgeschlossen.

Es wurde viel über Sie in der Öffentlichkeit diskutiert. Verletzt das nicht?

Ich bin Profi genug, um das wegzustecken.

Normalerweise geht man mit 65 nach Hause. Warum Sie nicht? Warten Ihre Frau und Ihr Sohn nicht auf Sie?

Mein Sohn ist groß genug. Er ist Facharzt für innere Medizin und hat eine nette Familie.

Die will Sie auch nicht zu Hause haben?

Mein Sohn kann mich beraten. Meine Frau hat mich bestärkt, weiter zu machen. Politik gestalten ist nicht nur ein hauptamtlicher Beruf, es geht auch darum, sich einbringen zu wollen. Das hat mit inneren Überzeugungen zu tun. Ich ducke mich nicht weg, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, will ich auch das Ziel erreichen. Ich habe eine Reihe von Projekten angefangen. 1999 habe ich gedacht, ich schaffe das in zwei Amtszeiten. Nun gibt es eine Vielzahl von externen Gründen, warum das nicht geklappt hat. Insofern habe ich gesagt, ich bin bereit weiterzumachen. Wenn die Partei mich will.

Wird es nicht für Sie schwieriger, weil mit dem neuen Kommunalwahlrecht die Stichwahl wegfällt und zudem die Linke einen eigenen Kandidaten aufstellt? Nach altem Wahlrecht wäre das egal gewesen. Jetzt könnte Ihnen die Linke die Stimmen klauen, die Sie zum Sieg über den CDU-Kandidaten bräuchten. Es gibt nur noch einen Wahlgang und der mit den meisten Stimmen hat gewonnen.

Da sehe ich überhaupt kein Problem. 2004 hatte ich im ersten Wahlgang 10 Prozentpunkte mehr als der CDU-Kandidat. Und das war nach der Diskussion um die Agenda 2010. Auch damals gab es einen Kandidaten der PDS. Der CDU-Mann hat in etwa die Stimmen der CDU bekommen. Ich dagegen habe auch Stimmen von den anderen Parteien, wie den Grünen und der PDS, gekriegt. Deswegen mache ich mir keine Sorgen. Ich habe mehr Stimmen als meine eigene Partei bekommen. Man kann dem Bürger im Wahlkampf deutlich machen, dass jede Stimme für eine kleine Partei eine verlorene Stimme ist.

 Kennen Sie den Kandidaten der Linken in Dortmund?

Nein. Bislang hat ja noch keine Partei ihren Kandidaten aufgestellt. Auch die SPD hat mich nur nominiert.

Haben Sie mal mit den Linken gesprochen?

Nein.

Glauben Sie, es muss Gespräche geben zwischen Linken und SPD? Nach dem Motto, wenn Ihr keinen Kandidaten aufstellt, bekommt ihr das und das?

Nein. Ich habe in den beiden vergangenen Wahlkämpfen die CDU-Kandidaten hinter mir gelassen. Egal wer antritt. Wer kennt den schon? Ich habe gute Aussichten.

Lesen Sie im zweiten Teil des Interviews, was Langemeyer zu der Kokserin in seinem Büro sagt, zu Müllgebühren für ein Klinikum und zu seiner Rolle im Land NRW

 

Abhörskandal im PFT-Fall? Grüner Landtagsabgeordneter wurde belauscht

Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, Harald Friedrich, könnten sich nach meinen Recherchen zu einem Abhörskandal ausweiten. Ich habe Belege dafür, dass das LKA mehrere Personen zum Teil tagelang abgehört hat, um den Verdacht zu erhärten, es habe unter der damaligen Ministerin Bärbel Höhn (Grüne) bandenmässige Korruption im Umweltministerium gegeben. Unter den abgehörten Personen war offensichtlich auch Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im NRW-Landtag.

Aus einem Abhörmitschnitt, in den ich schauen konnte, geht hervor, dass die LKA-Beamten ein Gespräch zwischen Remmel und der Ehefrau von Friedrichs mitschnitten, in dem es um die Einschätzungen von Bärbel Höhn zu den Vorwürfen ging. Das Gespräch wurde am 29. Mai um 22.55 Uhr aufgezeichnet. Es ist noch unbekannt, ob weitere Telefonate mit Remmel mitgeschnitten worden sind.

Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter Friedrich und weitere Beschuldigte wurden aufgrund von drei Strafanzeigen des Umweltministeriums unter Eckhard Uhlenberg eingeleitet. Die Ermittler stützen ihre Vorwürfe vor allem auf Angaben der Belastungszeuginnen Dorothea Delpino und Ulrike Frotscher Hoof. Beide Zeuginnen wurden im Laufe der Ermittlungen im Umweltministerium befördert. Aus Unterlagen, die der Welt vorliegen, geht zudem hervor, dass Beamte des LKA im Rahmen von umfangreichen Durchsuchungen im Haus von Friedrich als „Zufallsfunde“ etliche Akten zum PFT-Skandal an der Ruhr beschlagnahmt haben. Friedrich gilt als einer der schärfsten Kritiker von Minister Uhlenberg.

Den Unterlagen zufolge sind LKA Beamte mit den beschlagnahmten PFT-Akten in Umweltministerium gefahren. Dort stellte Staatssekretär Alexander Schink daraufhin Anzeige gegen unbekannt wegen des Verdachtes auf Geheimnisverrat. Doch die drei Vorgänge, auf die sich die Anzeige zentral bezieht, sind dafür denkbar ungeeignet. Einmal haben die Ermittler Akten aus der Bezirksregierung Arnsberg beschlagnahmt, die nach einem Antrag auf Akteneinsicht offiziell herausgegeben worden sind. Dann haben die Ermittler einen Brief an das Büro von Johannes Remmel beschlagnahmt, den dieser an Friedrich weitergegeben hat. Zuletzt handelt es sich bei einer Email aus dem Ministerium, die an Friedrich weitergereicht worden ist, nicht um ein Geheimnis, sondern um die Information, dass ein PFT-verseuchtes Rind gefunden wurde. Diese Information wurde vom Ministerium per Pressemitteilung veröffentlicht.

Besonders bedenkenswert ist folgender Vorgang: Um Herauszufinden, wer die Email an Herrn Friedrich geschickt hat, ordnete das LKA an, von einem Ausdruck der elektronischen Post Fingerabdrücke zu nehmen. Nochmal zum Nachdenken: Der Absender einer email soll über Fingerabdrücke an einem Ausdruck dieser Email gefunden werden.

Es liegt der Verdacht nah, das mit den Ermittlungen lediglich ein möglicher "Maulwurf" im Umweltministerium enttarnt werden soll.