Abfallgesellschaft Ruhr – Auf die Schnelle

Dass es beim Tochterunternehmen des Regionalverbandes Ruhr (RVR) Korruption gibt, war schon lange bekannt. Nun geht es bei der AGR-Tochterfirma DAR um Autos.

Nachdem im Februar der einstige Geschäftsführer der Dualen Abfallwirtschaft und Verwertung Ruhrgebiet GmbH (DAR), Dr. K., wegen Untreue verurteilt worden war, traf es gestern den früheren technischen Leiter und Prokuristen. Auch er hatte ein Faibel für Autos. Die DAR ist eine hundertprozentige Tochter der Abfallgesellschaft Ruhr. Diese wiederum gehört zu 100 Prozent dem RVR.

Bei der DAR ließ sich der Prokurist wie sein Chef von einem Autohändler aus Wattenscheid schmieren. Dafür, dass überzogene Rechnungen für Firmen-Lkw  aus der DAR-Kasse bezahlt wurden, gab es für beide Männer einen Sondertarif für dolle Privatautos.

Der DAR-Boss hatte für den Schmu im Februar 22 Monate auf Bewährung sowie eine Auflage von 40 000 Euro kassiert. Sein untergebener Prokurist kam jetzt mit 90 Tagessätze à 40 Euro davon. Also mit einer Strafe von 3600 Euro.

Warum? Weil der Chef sich gleich 37-mal auf Kosten der AGR-Tochter bereichert hat, sein Untergebener nur einmal um einen Rabatt von 5100 Euro für einen Mittelklassewagen. Im Gegenzug hatten die beiden Männer dem Wattenscheider Händler versprochen, dass die DAR pro Lkw 1700 E Aufschlag zahlen werde.

Hurra. Das stärkt mein Vertrauen in die AGR-Aufsichtsmechanismen. Immerhin wurden die beiden Typen enttarnt.

Interessant ist noch folgendes. Der alte AGR-Chef Michael Vagedes hatte gleich zwei Dienstwagen. Einen Dicken mit Fahrer für Werktags und einen Mittelklassewagen ohne Fahrer für das Wochenende. Kein Scheiß. Das ist verbürgt. Vagedes war auch der, der damals den Deal mit Brochier eingefädelt hatte.

Gestern bei Neil Young

 

Ich war gestern bei Neil Young. Und es war gut. Das Konzert war in Oberhausen. Irgendwie ging es um Rock’n Roll. Aber irgendwie auch nicht. Getanzt hat eigentlich keiner. Hier und da Hände. Sitztänzer, Schulterwipper, Fußklapper.

 

Bei „Into the blue“ war es wie früher, dachte ich. Wenn die Frauen 20 Jahre jünger wären und die Kerle 30.

Fotos gingen leider nur vom Handy. 🙂

Ich war bei Neil Young. Und es war gut. Wen interessiert es, dass die Zuschauer älter werden. Wen juckt es, dass niemand tanzt. Bei „Mother Earth“ geht es sowieso ums zuhören.

Und das funktioniert. Neil Young hat mich auf eine Traumreise geschickt. Ich habe drüber nachgedacht, über alles mögliche. In Ruhe anderthalb Stunden lang. Dabei gute Musik auf den Ohren. Das war Luxus. Ich habe an die Akten gedacht, die ich gerade durcharbeite. An den Sprengsatz, den ich da jeden Tag kompletiere. An diesen seltsamen Vogel im LKA. Ich musste darüber nachdenken, dass es wichtig ist, diese Arbeit zu machen. Dass irgendeiner diese Arbeit machen muss. Schließlich geht es immer irgendwie um die Freiheit, sagt Neil. Ich musste drüber nachdenken, dass einige Leute Sorgen haben müssen, wenn ich mit den Akten durch bin und anfange zu schreiben.

Dann ging es um „Back to the country“. Und diesmal musste ich daran denken, dass Neil Young Gitarre spielt, wie Joe Cocker singt. Einfach unansehnlich. Den Renterarsch rausgestreckt und auf spitzen Füßen rumhüpfen. Ehrlich Neil Young sah manchmal aus wie ein Gummiball, auf den man einen Fiffy montiert hat. Aber OK, die Musik war klasse.

Ich mag Neil Young. Ich hoffe er lebt ewig.

Das Foto hab ich eine halbe Stunde später geschossen. 🙂

Als das Konzert zu Ende war, ging ich mit meiner Frau durch den Seiteneingang raus. Durch die Absperrung für die Raucher. Es gab ein Freibier. Jedem in die Hand gedrückt. Lemon Bier. Also so eine Mischpampe.

Ich habs getrunken. Und mich gefragt, wo die Cowboys waren.

P.S. Die Harten waren natürlich die "The Hives". Die Vorband. Mein Gott haben die abgerockt. Es war höllisch gut, laut und rein. Schönes Kontrastprogramm zum Nachdenkbarden Neil. OK, die sind auch 50 Jahre jünger.

Ging leider nicht anders. Die Hives waren zu fix für mein Handy

 

Abfallgesellschaft Ruhr – Mal wieder eine Nachricht

In der vergangenen Woche wollte ich was Positives über die AGR schreiben. Ich hatte gehört, dass die Müllfirma des Regionalverbandes Ruhr, nach den Katastrophenjahren, nun endlich in 2007 wieder einen Gewinn eingefahren hat. Bei einem Umsatz von 100 Mio Euro zwar nur 7 Mio. Aber: Immerhin. Nach all den Hunnenmeldungen, die in der Vergangenheit kamen, dachte ich, schön mal was anders zu schreiben.

Ich habe also nachgefragt, wie es steht. Vor allem wollte ich den Jahresabschluss einsehen, damit man überprüfen kann, was sich hinter der Jubelmeldung verbirgt. Überraschend wurde mir mitgeteilt, dass der Jahresabschluss noch unter Verschluss sei, und nur die Eckzahlen, also die Jubelmeldung, verbreitet würde. Den echten Abschluss gebe es erst, wenn das Ruhrparlament den Abschluss abgesegnet habe.

Klar? Die Jubelarien soll man singen, aber man darf nicht nachschauen, welche Melodie gespielt wird. Seltsam.

Ich habe mir dann die Pressemeldung genau angesehen. Und dann sehe ich, dass die AGR immer noch überschuldet ist. Und zwar mit 3 Mio Euro. Gut, normalerweise muss die AGR deshalb ihren Betrieb einstellen und Insolvenz anmelden. Sonst macht sich der Geschäftsführer strafbar wegen Insolvenzverschleppung.

Aber da der AGR-Geschäftsführer Dietrich Freudenberger keine Insolvenz anmeldet, muss er eine so genannte positive Fortführungsprognose in der Tasche haben. Das bedeutet. Die Wirtschaftsprüfer der AGR glauben, die Firma kann sich aus eigener Kraft aus dem Schlamassel befreien. Sie könne also die Überschuldung abbauen. Deswegen geben sie diese Prognose ab.

Es bleibt also zu prüfen, ob die Wirtschaftsprüfer Recht haben. Dazu muss man wissen, dass die Prüfer nur das prüfen, was man ihnen vorlegt. Manchmal stellen sie Fragen, aber im Prinzip schreiben sie ab. Bei der AGR sagen sie, die baldige Einweihung der Müllverbrennungsanlage RZR II bringe die Wende zum Guten. Die Wirtschaftsprüfer schreiben also genau das auf. Um Freudenberger eine positive Fortführungsprognose zu geben.

In der weiteren Recherche musste ich mich also mit dem Projekt RZR II beschäftigen. Läuft es da rund oder krum?

Und dabei stoße ich auf folgende Geschichte: Kurz vor Ostern traf sich der AGR-Chef im Wintergarten der Müllverbrennungsanlage von Herten mit Vertretern des Abfallverbandes Ekocity, um eine existenzielle Krise zu bewältigen.

Denn ausgerechnet das RZR II stand unmittelbar vor dem Kollaps. Aus Unterlagen, die mir vorliegen, geht hervor, dass einer der größten Lieferanten der neuen Anlage im Dezember Insolvenz angemeldet hatte. Dabei sollte die Firma SSM Pfalz eigentlich ab Juli bis zu 60.000 Tonnen Müll im Jahr im RZR II verbrennen. Die AGR meldete beim Insolvenzverwalter der SSM einen Vertragsschaden von über 126 Millionen Euro an.

Um die Misere zu überwinden, musste AGR-Chef Freudenberger die Ekocity-Vertreter im Wintergarten überreden, Müllmengen an das RZR II abzutreten – obwohl Ekocity damit Millionen verliert. Das Überreden fiel Freudenberger offensichtlich nicht schwer. Der Verband vereinigt die kommunalen Entsorger aus mehreren Ruhrstädten. Freudenberger selbst ist einer von drei Geschäftsführern der Ekocity GmbH. Eigentümer der AGR ist der Regionalverband Ruhr (RVR). Gleichzeitig ist Ekocity ein Verband von Ruhrkommunen, die auch im  RVR vertreten sind. Eine Pleite der AGR würde also auch sie schwer treffen. Deswegen schien es ihnen wohl offensichtlich leichter auf ein paar Millionen im RZR I zu verzichten.

Denn die Pleite der SSM kam für die AGR denkbar ungünstig. Denn, wie gesagt, nur dank einer positiven Fortführungsprognose kann die AGR überhaupt weiter arbeiten. Und genau diese Prognose war durch die Pleite des Müll-Lieferanten SSM gefährdet. Der Bau der Verbrennungsanlage RZR II wird über einen Millionen-Kredit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) finanziert. Als Garantie für ihr Geld hatten die Schwaben Bürgschaften der Lieferanten gefordert. Nach der Pleite der SSM hätte die LBBW den Kredit kündigen können. Damit wäre der Bau des RZR II gescheitert und die AGR an die Insolvenz gerutscht.

Nach kurzer Diskussion stimmte der Verband Ekocity einer Vertragsänderung mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein zu. Demnach werden ab 2009 jährlich rund 10.000 Tonnen Müll aus dem Sauerland vom RZR I auf die Anlage RZR II umgeleitet. Das Geld für die Verbrennung (über 20 Millionen Euro über die gesamte Vertragslaufzeit) kassiert dann nicht mehr der Verband Ekocity, sondern die AGR über ihre Tochter RZR II.

Das besondere dabei ist die Preisstruktur. Die SSM hatte der AGR zugesagt, 17 Jahre lang für jede Tonne verbrannten Müll 125 Euro an die AGR zu zahlen. Traumhafte und vor allem überhöhte Preise, denn nach Angaben des Insolvenzverwalters der SSM liegen die Marktpreise aktuell zwischen 80 und 100 Euro. Er schreibt: "Keiner dieser Verträge konnte kostendeckend erfüllt werden." Anders formuliert bedeutet das aber auch, dass nun Siegen-Wittgenstein, zu überhöhten Preisen an das RZR II liefern muss. Die Bürger im Sauerland bezahlen also mit ihren Müllgebühren die schlecht geplante Müllverbrennungsanlage in Herten. Prima, dass die Sauerländer da mitmachen.

Bis zum Schluss hat die AGR versucht, die SSM zu retten. Beinahe um jeden Preis. So war die AGR bereit 450.000 Euro in die marode Klitsche zu pumpen, wenn nur die SSM einfach nicht Insolvenz geht. Die AGR wollte sogar so auf Forderungen verzichten und die Verträge neu verhandeln. Hauptsache, SSM lebt weiter und mit der SSM die Hoffnung, das RZR II auszulasten.

Nun, das sollte nicht sein. Und so wird entgegen den Versprechungen nun kommunaler Müll aus dem Kreis Siegen Wittgenstein, der bislang im RZR I verbrannt wurde, in Zukunft im RZR II verbrannt. Damals hieß es, für das RZR II gebe es eine riesige Nachfrage nach Gewerbemüllkapazitäten. Das war dann wohl Geschwätz. Auch nach dem Ekocity-Deal beläuft sich der Vertragschaden für die AGR aus der Pleite der SSM auf umgerechnet über 100 Millionen Euro.

Zum Schluss stellen sich mir noch folgende Fragen: Wer ist Klaus Döbel? Und was hat der mit der AGR oder ihren Chefs und Ex-Chefs zu tun? Warum schließt seine Firma SSM einen Harakiri-Vertrag mit der AGR ab, der nur Verluste bringen kann? Wie immer bin ich unter david.schraven@ruhrbarone.de zu erreichen.

 

 

Die Akte F. – Wie das Umweltministerium einen Ex-Mitarbeiter verfolgt

 

Die Geschichte, die ich hier erzähle ist fast unglaublich. Sie handelt davon, wie in NRW das Umweltministerium das Landeskriminalamt (LKA) auf die Fährte eines unbequemen Kritikers hetzte. Wie sich das Ministerium dabei der Dienste zweier Frauen bediente, und diese dafür später beförderte. Diese Geschichte konnte nur deswegen bekannt werden, weil wir Gott sei Dank in einer freien Gesellschaft leben, in der diese Menschen keine Chance haben ihre Intrigen im Verborgenen durchzuziehen.

Als am Morgen des 29. Mai 2008 im Sauerland die Polizei im Örtchen Meschede an der Tür des ehemaligen Abteilungsleiters des NRW-Umweltministeriums, Harald F., klingelte, begann eine der größten Polizeiaktionen der letzten Zeit in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt durchsuchten 270 Polizeibeamte bundesweit 45 Wohnungen und Büros. Die Vorwürfe waren extrem. Es ging um Korruption im NRW-Umweltministerium. Ein Haftbefehl gegen den Harald F. wurde vollstreckt. Den Einsatz hatte das Korruptionsdezernat des Landeskriminalamtes organisiert. Das LKA stellte bei den Razzien umfangreich Papiere und elektronische Speichermedien sicher. Die Vorwürfe gegen den 55-Jährigen F. und seine zwölf Mitbeschuldigten lesen sich wie die Anklage aus einem Mafia-Film: banden- und gewerbsmäßiger schwerer Betrug, damit einhergehend Untreue- und Korruptionsdelikte. Der Schaden liege bei rund 4,3 Mio. Euro, teilte die Staatsanwaltschaft Wuppertal mit. Erst vor wenigen Tagen wurde Harald F. aus der Untersuchungshaft entlassen.

Doch die Suche nach der Wahrheit ist schwierig. Das LKA mauert genauso, wie die 13 Beschuldigten und deren Anwälte. Auch die Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt. Offiziell teilte die Ermittler lediglich mit, dass Harald F. zwischen Oktober 2003 und Mai 2006 aus Abwassergebühren Ingenieurleistungen und Programmierarbeiten an der Uni Bochum und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) finanziert hat, obwohl das Geld für Forschungsarbeiten zweckgebunden gewesen sei. Zudem seien Leistungen überhöht abgerechnet worden, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde.

Der Ruf von Harald F. wurde durch die anschließende Berichterstattung ruiniert. Während er in Haft saß, erschienen duzende Zeitungsartikel unter Überschriften wie: „Wasserexperte leitete Millionen um“, „Unter Korruptionsverdacht“ oder „Ende eines Kettenhundes“.

Erst jetzt habe ich umfangreich Einblick in die Ermittlungsunterlagen nehmen können. Mehrere tausend Seiten Vernehmungsprotokolle, LKA-Vermerke und Emails konnten dabei gesichtet werden. Aus juristischen Gründen darf nicht wörtlich aus den Akten zitiert werden. Die Auszüge aus den Unterlagen werden deswegen sinngemäß wiedergegeben.

Beim Lesen der Papiere zeichnet sich das Bild einer Hetzjagd auf einen unliebsamen Angestellten. Angefacht und befeuert von führenden Mitarbeitern des Umweltministeriums. Das Vorgehen war dabei laut Unterlagen bis in Ministeriumsspitze hinein mit dem LKA abgestimmt.

Begonnen hat alles im Sommer 2006. Harald F. wurde während eines Urlaubs fristlos gefeuert. Das Ministerium warf dem Angestellten Ausschreibungsverstöße und Geheimnisverrat vor. Das anschließende Arbeitsgerichtsverfahren zog sich über Monate. Schließlich mussten die Vorwürfe im Oktober 2006 zurückgenommen werden. Das Ministerium unterschrieb eine Ehrenerklärung für Harald F. und zahlte eine hohe Abfindung.

Im Zuge des Arbeitsgerichtsverfahrens wandte sich das LKA laut Vermerk an das Ministerium und erkundigte sich, ob der Kündigung auch Anhaltspunkte für Korruption zugrunde liegen würden. Die Behörde von Minister Eckhard Uhlenberg (CDU) reagierte schnell. Bereits am 14. Juli 2006, kurz nach Beginn des Arbeitsgerichtsverfahrens, registrierte das LKA eine Anzeige gegen Harald F durch das Umweltministeriums. Ein Uhlenberg-Justiziar warf dem Ex-Abteilungsleiter in der Anzeige die „freihändige Vergabe von Forschungsaufträgen“ und die „Verletzung von Dienstgeheimnissen“ vor. Dabei habe sich Harald F „geldwerte Vorteile in derzeit nicht bekanntem Umfang“ verschafft. Der Anzeige waren „Aussagen“ und „schriftliche Unterlagen“ aus dem Ministerium als Beweismittel beigefügt. Die Vorwürfe bezogen sich unter anderem auf die Korruptionsparagraphen des Strafgesetzbuches.

Heute will das Umweltministerium nichts mehr von dieser Anzeige wissen. Stattdessen versucht der amtierende Staatssekretär, Alexander Schink, die Rolle seines Hauses in der Causa Harald F. herunterzuspielen. So sagte Schink im Landtag, es habe keine Strafanzeige gegeben, die sich auf „Vergabeverfahren“ bezog. Für einen „Korruptionsverdacht“ habe es damals „keine Anhaltspunkte“ gegeben, „die eine Strafanzeige gerechtfertigt hätten.“ Stattdessen verweist Schink auf zwei weitere Anzeigen, in denen es allenfalls um Nebensächlichkeiten gegangen ist. Schink sagte weiter: „Um welche Verfahren es im Einzelnen bei dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft geht, ist mir nicht bekannt.“

Dabei sollte es Schink eigentlich genau wissen. Seit das Uhlenberg-Ministerium die Korruptionsanzeige stellte, konzentrieren sich die Ermittlungen des LKA vor allem auf Material aus seinem Haus. In einer Email der Ermittler an den Justiziar des Ministeriums vom 21. November 2007 heißt es beispielsweise, sobald im Ministerium das weitere Vorgehen mit Schink abgestimmt worden sei, könnten LKA und Ministerium gemeinsam besprechen, welche Schritte als nächstes unternommen werden sollen.

Vor allem die Kronzeugin des Umweltministeriums, Dorothea D., brachte in ihren Aussagen und Vernehmungen immer neue Vorwürfe gegen Harald F. vor. Sie beschuldigte den früheren Abteilungsleiter, geldwerte Vorteile angenommen zu haben. Und dafür Millionenausschreibungen manipuliert zu haben. Konkret sagte sie zum Beispiel aus, Harald F. habe einen Lap-Top der Firma Dell im Gegenzug für eine Auftragsvergabe erhalten. Dann beschuldigte sie Harald F., er habe auf fremde Kosten Urlaub in Südfrankreich gemacht oder sich einen Smart von Auftragnehmern zuschustern lassen. Dorothea D sagte, der Abteilungsleiter habe nach der Philosophie gelebt, keine Leistung ohne Gegenleistung.

Ein mögliches Motiv, warum sie immer weiter beschuldigte, lieferte Dorothea D. gleich zu Beginn der Aussagen im August 2006. Sie wolle verhindern, dass Harald F. wieder zurück ins Amt kommt. Sie mochte seinen Führungsstil nicht.

Wenn man den Vorwürfen nachgeht, bleibt in den Akten nicht viel mehr als Kantinentratsch, der mit Hilfe der Ministeriumsspitze aufgebauscht wurde.

Der angesprochene Lap-Top beispielsweise trägt eine Inventurnummer der RWTH Aachen. Nach Aussagen mehrerer Zeugen wurde auf den Lap-Top die Testversion einer Umweltsoftware aufgespielt, die Harald F. im Rahmen seines Jobs überprüfen musste. Er selbst hatte in dieser Zeit keinen Dienstcomputer. Nachdem der Abteilungsleiter seine Stelle im Ministerium verloren hatte, gab er den Rechner im Sommer 2006 zurück. Das LKA bestätigt diese Version in den Akten. Ein normaler Vorgang also, könnte man denken.

Allerdings sehen die Ermittler trotzdem einen geldwerten Vorteil: In einem Vermerk heißt es, Harald F. habe nach seiner Kündigung im Juni 2006 den Rechner für einige Wochen nur privat nutzen können, da er ja nicht mehr für das Ministerium arbeiten durfte. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass er seinen Job erst offiziell zum 1. Oktober 2006 verloren hatte. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal bestätigte, dass in der Sache Lap-Top weiter wegen Vorteilsannahme ermittelt werde.

Der Vorwurf des überlassenen Mercedes Smart ist ähnlich. Tatsächlich nutzte der ehemalige Abteilungsleiter einen entsprechenden Miniwagen rund drei Wochen privat, als ein befreundeter Wissenschaftler in den Urlaub fuhr. Die beiden Männer kennen sich seit Jahren und Harald F. hatte sich zuvor über das Kleinstauto lustig gemacht. Nach der Rückkehr des Freundes war Harald F. zwar von dem Auto begeistert, kaufte sich aber trotzdem später einen Volvo. Der geldwerte Vorteil ist hier die Nutzung des Autos.

Um den Vorwurf einer fremdfinanzierten Reise nach Südfrankreich zu erhärten, filzte das LKA großangelegt Konten von Firmen und Privatpersonen. Die Ermittler konnten nichts finden. Trotzdem glaubten sie den Verdacht. Denn: Im fraglichen Zeitraum seien vom Konto des Verfolgten Harald F. nur 300 Euro abgehoben worden, heißt es in einem Vermerk. Und so ein Urlaub sei sicher teurer. Später stellte sich heraus, dass der Reiseveranstalter alles vorfinanziert und erst nach dem Urlaub eine detaillierte Rechnung über 739,12 Euro gestellt hatte, die Harald F. umgehend beglich. Das ist nicht einmal mehr ein Hauch von einer kriminellen Handlung. Das ist nichts. Wie auch das LKA nach den Hausdurchsuchungen einsah und den Vorwurf aus der Liste der Verdächtigungen strich – nachdem sie wie die Stasi im Privatleben von Harald F. herumgeschnüffelt hatte, die Lebensverhältnisse seiner ehemaligen Freundin ausspioniert und alle Konten der Frau kontrolliert hatte.

Im Ministerium drehte die Hausspitze im Zuge der Ermittlungen jeden Stein um und suchte neue Vorwürfe. So zeigte das Ministerium die Reisekostenabrechnungen von Harald F. per Fax beim LKA an. Dieser habe sich unter anderem für zwei andere Fahrten nach Aachen einen Gesamtbetrag in Höhe von acht Euro erstatten lassen. Bei einer Dienstfahrt nach Rostock habe er ein bereitgestelltes Mittagessen nicht in der Abrechnung angeben. Ein Ermittler sagt dazu im vertraulichen Gespräch: „Das ist alles Pipifax.“ Nichts für das man 270 Polizisten auf Razzien schickt.

Selbst die Staatsanwaltschaft in Wuppertal spricht nicht mehr von einer Vorteilsannahme im herkömmlichen Sinn. Also Geld für Leistung. Stattdessen führen die Ermittler gegenüber Journalisten nun vor allem vom Motiv „Ego“ an. So habe Harald F. eine Ehrenprofessur angestrebt. Damit er diesen Titel anstreben konnte, so das Vorwurfs-Konstrukt, habe er die RWTH Aachen bei Auftragsvergaben bevorzugt. Zudem habe keine Nebentätigkeitserlaubnis für die Dozententätigkeit vorgelegen, fügt der Uhlenberg-Sprecher Fliege hinzu. Doch das stimmt so offenbar nicht. Zwar geht aus den Unterlagen hervor, dass Harald F. unentgeltlich fünf Jahre lang Vorlesungen gehalten hat. Doch der Rektor der RWTH Aachen, Burkhard Rauhut, sagte mir: „Wir haben alle Ausschreibungen des beschuldigten Institutes überprüft. Darunter ist nichts Auffälliges.“ Zudem geht aus den Ermittlungsunterlagen hervor, dass seine Vorlesungen von Ministerin Bärbel Höhn genehmigt wurden. Was bleibt ist das Bemühen, eine Ehrenprofessur anzustreben. Kann das strafbar sein?

In einigen Aussagen aus den Akten wird die Vermutung geäußert, Harald F. habe sich während seiner Amtszeit und danach aufgrund seines energischen Umweltschutzes mächtige Feinde gemacht, die nach einer Möglichkeit gesucht hätten, ihn zu zerstören.

Tatsächlich ist Harald F. einer der Profiliertesten Kritiker von Umweltminister Uhlenberg im PFT-Skandal, bei dem es um die Einleitung von Gift in den wichtigsten Trinkwasserfluss des Landes geht. Harald F. hielt engen Kontakt zu mehreren Journalisten. Unter anderem sprach er auch mit der Welt am Sonntag über Hintergründe des Skandals. Der Pressesprecher des Umweltministeriums, Markus Fliege, sagte nach der Verhaftung von Harald F. zu Journalisten in Düsseldorf, nun werde die PFT-Berichterstattung im Land in sich zusammenbrechen. Harald F. habe als eine Art Strippenzieher die Informationen in dem Skandal gelenkt.

Während der Hausdurchsuchungen beschlagnahmte das LKA unter anderem einen Ordner mit der Aufschrift „PFT-Ruhr“ und etliche weitere Unterlagen zum PFT-Skandal. Diese Unterlagen wertet das LKA nun akribisch aus. Eine Email aus dem Umweltministerium zum PFT-Skandal wurde vom LKA beispielsweise an den Umweltstaatssekretär Schink weitergeleitet. Dieser stellte daraufhin eine Strafanzeige gegen einen angeblichen Informanten in den eigenen Reihen.

Nach Ansicht der zuständigen Haftrichterin konzentriert sich das weitere Verfahren gegen Harald F. nicht auf die Frage, ob er bestechlich gewesen sei. Vielmehr gehe es um die Frage, ob die Vergaben aus dem Topf für Abwasserabgaben finanziert werden durften. Auch die Staatsanwaltschaft bestätigt diese Version. Dieser Vorwurf kann den Straftatbestand der Untreue erfüllen.

Normalerweise werden diese Fragen vom Landesrechnungshof behandelt. Im Fall von Harald F. ließen sich die Ermittler des LKA vom Umweltministerium zu Haushaltsexperten machen. Denn nach einem Vermerk aus dem LKA sah der Rechnungshof keinen Prüfbedarf in Sachen Vergaben durch Harald F.

Stattdessen ließen sich die Ermittler Vermerke aus dem Umweltministerium schreiben, nach dem insgesamt elf Vergaben nicht koscher gewesen seien. Zudem übergab das LKA der Belastungszeugin Dorothea D. Ermittlungsakten, damit die Bauingenieurin nach Durchsicht der Papiere ihre rechtliche Bewertung abgeben konnte. Das reichte weitgehend für die Ermittlungen.

Im Kern geht es bei den Vorwürfen darum, ob die Arbeiten, die Harald F. in Auftrag gegeben hat, der Forschung und Entwicklung im Wasserhaushalt zugute gekommen seien. Das LKA hat zur Beantwortung dieser Frage unter anderem eine Definition von Forschung und Entwicklung aus dem Internet-Nachschlagewerk Wikipedia in die Akten kopiert. Unter anderem auf dieser Grundlage, zusammen mit den Vorwürfen aus dem Umweltministerium, kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass etwa die Entwicklung von Computerprogrammen durch die RWTH Aachen oder die Uni Bochum nicht der Wissenschaft dienen konnten.

Unberücksichtigt blieben bei diesen Einschätzungen bislang die Aussagen des zuständigen Referatsleiters Viktor M., der genauso wie gut ein duzend Zeugen aus den betroffenen Universitäten zu dem Schluss kommt, dass die angegriffenen Vergaben der Forschung und Entwicklung neuer Wassersysteme diente. In der Bewertung der Vorwürfe spielen diese Aussagen, obwohl sie in den Akten stehen, bislang keine Rolle.

Bereits im Arbeitsgerichtsprozess vor zwei Jahren spielten die Vergaben eine zentrale Rolle. Als die Ermittler von der Ehrenerklärung des Ministeriums hörten, rief ein LKA-Mann laut Vermerk vom 27.Oktober 2006 im Ministerium an und erkundigte sich, ob nun das Verfahren eingestellt werden könne? Der Uhlenberg-Justiziar wiegelte ab. Nein, auch wenn man aus taktischen Gründen die Ehre des beschuldigten wieder hergestellt habe, bestehe nach wie vor der Verdacht der Korruption. Das Ministerium sei bereit, die Ermittlungen weiter aktiv zu unterstützen.

Aufgrund der Ermittlungen und der Anzeigen aus dem Uhlenberg-Ministerium stehen bislang unbescholtene Unternehmer vor der Pleite. Etliche Arbeitsplätze sind gefährdet. Renommierte Wissenschaftler sehen sich als Kriminelle Vereinigung verunglimpft. Alles weil das Umweltministerium unter Uhlenberg einen Ex-Angestellten verfolgt hat.

Erst heute bekommt man im Umweltministerium langsam kalte Füße. In einer Vernehmung am 6. Juni sagte die Hauptbelastungszeugin Dorothea D., ein Mann aus der Hausspitze des Ministeriums habe sie unter vier Augen aufgefordert, beim LKA vorsichtig mit ihren Aussagen zu sein. Sonst drohe der Beschuldigte Harald F. reingewaschen zu werden – wie einst im Arbeitsprozeß. Und zurückzuschlagen.

Ich werde weiter in dieser Sache recherchieren. Ich suche nach dem Grund, warum sich das LKA in die Sache so tief reingekniet hat? Wie konnte so eine Jagd passieren. Ich kenne einige der Ermittler. Das sind enorm korrekte und gute Männer und Frauen, denen ich nichts vorwerfen kann. Aber sie wurden hier offenbar auf eine Schiene gesetzt, die in die Irre führte. Warum und von wem? Wer war über die Jagd informiert und deckte sie?

Wenn einer Hinweise hat. Ich freue mich auf Leserbriefe oder ein gutes Gespräch. david.schraven@ruhrbarone.de

 

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Langemeyer schlägt zurück – und setzt sich durch

Der größte Kämpfer unter allen Sozialdemokraten in NRW, der Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer, hat es den aufmüpfigen Genossen in der Bierstadt mal wieder gezeigt. Ob man es glaubt oder nicht. Der SPD Vorstand unterstützt Langemeyer nun bei der kommenden Oberbürgermeisterbewerbung – obwohl er ihn vor zwei Wochen noch absägen wollte. Die Langemeyer-Festspiele sind heftiger als damals die Treueschwüre auf Stoiber.

Der Parteivorstand beschloss schon am Dienstag abend, dass Gerhard Langemeyer die SPD im Juni 2009 als Nr. 1 der Liste und als OB-Kandidat in die Kommunalwahl führen soll. Das ist der Fakt. Für Langemeyer spricht diese unglaubliche Durchsetzungsstärke. Wäre er zehn Jahre jünger könnte er die Hoffnung der NRW-SPD sein.

Ich bin auf die nächste Drehung im Dortmunder SPD-Lager gespannt. Im Kommunalwahlkampf wird sicher der wegen der Klinikum-Affäre angespannte Haushalt unter Langemeyer und der Strafprozeß wegen der unterschlagenen Million aus dem Langemeyer-Büro eine Rolle spielen. Zudem denke ich, der Einfluss der Linkspartei wird in Dortmund heftig sein. Wenn die einen Kandidaten gegen Langemeyer aufstellen, kann es knapp werden. Denn es gibt keine Stichwahl mehr. Und die Schwierigkeiten des jetzigen OB belasten vor allem dessen Ruf in der eher linken Wählerschaft.

Faruk Sen abgeschossen

Der streitbare Türkeispezialist Faruk Sen ist gescheitert. Wegen des Eklats um seinen Vergleich von Türken und Juden muss der Direktor des Zentrums für Türkeistudien nun abtreten. Das beschloss der Vorstand nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag in einer Sondersitzung. Sen selbst ist zu der Sitzng gar nicht mehr aufgetaucht. Er sei erkrankt, hieß es. Als Grund für den Abschuss nannte der Vorstand Sens Juden-Vergleich. Er habe "dem deutsch-türkischen Verhältnis, der Integrationspolitik und vor allem dem Stiftungszweck schwer geschadet." Beim Kuratoriumsvorsitzenden wurde zudem beantragt, Sen mit sofortiger Wirkung seiner Amtsgeschäfts zu entbinden.

Sen hatte in einem Artikel in der türkischen Zeitung "Referans" die Diskriminierung von Türkeistämmigen in Europa mit der Judenverfolgung während der Nazizeit verglichen. Er bezeichnete die Türken als "die neuen Juden Europas", die "wie die Juden diskriminiert und ausgeschlossen" würden, wenn auch "in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlichen Erscheinungsformen".

Sen bedauerte erneut seine umstrittene Äußerung. Es sei "vollkommen klar, dass nicht nur das Schicksal der Juden in der Nazizeit und das der Türken unvergleichbar sind, sondern die gesamte 2000-jährige Geschichte der Judenverfolgung eine einmalige Qualität hat, die historische Vergleiche überhaupt verbietet". Er wolle dies auch in seiner nächsten Kolumne in der Zeitung "Referans" klarstellen.

Bereits vor wenigen Monaten war Sen wegen angeblich überzogener Bewirtungsrechnungen und Verschwendung von Steuermitteln in seinem Institut in die Kritik geraten. Damals allerdings konnten die Vorwürfe ausgeräumt werden. Nun heißt es aber aus dem Kuratorium, das Vertrauen in Sen habe aufgrund der damaligen Kabale erheblich gelitten.

Designstadt Essen – kurz korrigiert

 

Vor eiger Zeit habe ich über die Designstadt Essen geschrieben. Und zwar, dass von all den großen Plänen eines neuen creativen Viertels nicht mehr geblieben ist als eine Designetage in einem Bürohaus. Und dass diese Designetage jetzt auch noch größtenteils lehrgezogen wird.

In dem Artikel habe ich einen Fehler gemacht, den ich hiermit korrigieren möchte. Ich habe geschrieben, die Designer hätten einen Subventionsmietvertrag mit der Essener Wirtschaftsförderung abgeschlossen. Und zwar würde die EWE selbst vom Unternehmen SIG-Schürmann die Designetage mieten und die Räume dann zu einer günstigeren Miete an die Gründer weiterreichen. Nun, das stimmt so nicht. Die Essener Entwicklungsgesellschaft Zollverein (EGZ) bekommt das Fördergeld, mietet dann beim Unternehmen SIG-Schürmann die Büros an und gibt diese dann subventioniert an die Gründer weiter.

Mit anderen Worten: Der Artikel ist mit EGZ richtig, mit EWE falsch. Die Kürzel müssen ausgetauscht werden. Sorry für den Fehler.

An den anderen Tatsachen des Artikels ändert sich sonst eigentlich nichts.

PFT – Das Problem von NRW – Die Kette

Nach gut zwei Jahren Arbeit habe ich vermutlich die ganze Kette der PFT-Verschmutzung an der Ruhr aufgeklärt. Wie also das Gift auf die Äcker im Sauerland kam. Von da aus in die Ruhr und weiter ins TRinkwasser. Dann habe ich aufklären können, dass für 50 Prozent der PFT-Einträge n die Ruhr der Ruhrverband mit seinen Kläranlagen sorgt, das versuchert zumindest der Laborleiter des Ruhrverbandes, Ralf Klopp, an Eides Statt. Nur noch eine kleine Quelle oben an dem Möhnesee ist offen. Da weiß ich noch nciht, wo das Zeug herkommt. Aber auch das werde ich eines Tages herausfinden.

Dabei sind im Skandal um die krebserregende Chemikalie immer noch nicht die Hauptursachen der Giftverseuchung ausgeschaltet worden. Dies habe ich herausgefunden. Noch immer gelangt das krebserregende Gift aus den neun am stärksten betroffenen Kläranlagen nahezu unverändert in die Ruhr und von da aus weiter in die Nahrungskette.

Neu ist allerdings, dass neben den bekannten Schwierigkeiten mit PFT nun noch ein neues Problem auftritt. So wurde eine weitere Substanz aus der Familie der PFT in einer Konzentration von 200 Nanogramm je Liter Trinkwasser im Wasserwerk Möhnebogen nachgewiesen. Der Stoff heißt PFBA. Der Zielwert für die Stoffgruppe von 100 Nanogramm je Liter wird überschritten, teilte das Landesumweltamt mit.

Offensichtlich kann diese Chemikalie nicht von den bestehenden Aktivkohlefiltern aus dem Trinkwasser entfernt werden. Allerdings gelten die PFBA als weniger krebserregend als die bereits bekannten PFT. Die Herkunft der PFBA-Stoffe ist unbekannt.

Die PFT-Belastung allein aus den Klärwerken Werdohl, Rahmedetal, Menden, Iserlohn-Baarbachtal, Wickede, Hemer, Arnsberg-Neheim, Lüdenscheid-Schlittenbachtal sowie Sundern lag nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landesumweltamtes im Mai bei rund 142 Gramm am Tag. Dazu kommt das Gift aus über fünfzig weiteren Kläranlagen.

Genaue Aussagen zu den PFT-Einträgen dieser Kläranlagen sind nicht möglich, da das Umweltministerium die ständige Beobachtung für diese Anlagen weitgehend eingestellt hat. Eine Sprecherin des Landesumweltamtes erklärte dazu, die vorhandenen Mittel müssten auf wenige Anlagen konzentriert werden. Proben für die Monate März wurden darüber hinaus vernichtet. Bislang hatte Umweltminister Eckhard Uhlenberg öffentlich vertreten, dass jeden Tag 147 Gramm PFT aus den Kläranlagen in die Ruhr abgehen. Nach meinen Recherchen der lag dieser Wert im vergangenen Januar bei über 200 Gramm am Tag.

Heute will Uhlenberg keine Fracht-Werte mehr nennen. Seine Argumentation ist einfach: Da die Gift-Konzentration im Ruhrwasser unterhalb der Trinkwasserschwelle liege, sei es nicht nötig, die Daten zu erheben, wie ein Sprecher des Umweltministeriums erklärte. Allerdings geben allein die Frachten Aufschluss darüber, wie viel Gift in die Natur und weiter in die Nahrungskette gelangt. PFT konnte bereits in Mais, Fischen und in einer Kuh in bedenklicher Menge nachgewiesen werden.

Die PFT-Konzentrationen im Ruhrwasser geben dagegen nur an, wie viel Wasser verschmutzt wird. Auch bei der Suche nach den weiteren Ursachen für die PFT-Verseuchung spielen Kläranlagen nach meinen Recherchen eine entscheidende Rolle. Das Gift wird vor allem in der Industrie eingesetzt. Über das Abwasser der Betriebe gelangt es in die Kläranlagen und von dort aus weiter in die Flüsse. Ein Teil des PFT lagert sich dabei im Klärschlamm ab.
Nach Angaben des Ruhrverbandes weisen die Schlämme von 18 Kläranlagen an der Ruhr einen "erhöhten" PFT-Wert auf. Jahrelang wurde demnach Klärschlamm auch aus den belasteten Anlagen ins Sauerland gefahren und dort auf die Felder gekippt.

Allerdings ist nicht nur der Ruhrverband verantwortlich. Augenzeugen aus dem besonders von der PFT-Belastung betroffenen Ort Rüthen berichten, dass bis vor wenigen Jahren auch nachts Lastwagen aus Hessen gekommen seien, um Klärschlamm auf die Felder zu kippen. Neben der bereits bekannten Firma GW Umwelt seien mehr als ein halbes Dutzend weitere Unternehmen beteiligt gewesen. Auch liegt der Verdacht nahe, dass die Firma GW Umwelt tatsächlich stark PFT-verseuchten Klärschlamm aus Belgien oder Holland unter eigenen Klärschlamm gemischt hat. Nur eines ist klar: Auch die Firma GW Umwelt ist nicht der einzige Verursacher. Es gibt neben dem Ruhrverband noch weitere.

Einige Felder können identifiziert werden. Eines liegt an der Kreisstraße 776 in der Nähe des Stadtwaldes Rüthen. Dort werden heute Erdbeeren direkt von einem Klärschlammacker verkauft, berichtet ein Augenzeuge, der aus Angst vor seinen Nachbarn anonym bleiben will.

Aus den Unterlagen, die mir vorliegen, können weit über 100.000 Tonnen Klärschlamm nachgewiesen werden, die im Kreis Soest verklappt wurden. Insgesamt müssen mehrere hundert Äcker im Sauerland betroffen sein. Das Umweltministerium hat bislang allerdings nur zwei Äcker bekannt gemacht: Einen in Rüthen und einen in Brilon-Scharfenberg. Einige wenige weitere Äcker würden "beobachtet", hieß es. Um die Bauern zu schützen, werde die genaue Lage dieser Felder geheim gehalten.

Das Verklappen auf den Feldern lief bis mindestens 2006. Aus einer Ausschreibung des Ruhrverbandes geht hervor, dass im Sommer des Jahres 1500 Tonnen Klärschlamm aus der Anlage Warstein-Beleke "möglichst regional" auf ein Feld gekippt werden sollten. Die Aktion wurde nach Auskunft eines am Verfahren Beteiligten erst gestoppt, als der PFT-Skandal bereits bekannt war.

Es liegt nahe, dass mit der oben beschriebenen Klärschlammkette der Kreis der PFT-Verseuchung geschlossen werden kann. Einmal geben die Kläranlagen direkt PFT in die Ruhr ab. Daneben sickert das Gift aus Hunderten Äckern ab, die mit Zehntausenden Tonnen Klärschlamm verdreckt worden sind. Einer der Klärschlamm-Produzenten ist der Ruhrverband, der auch die Kläranlagen kontrolliert.

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Ex-IOC-Präsi Samaranch ein Nazi?

Mein Vertrauen in das Internationalen Olympischen Komitee (IOC) war noch nie besonders groß. Leider. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass so einer wie Michael Vesper, Grüne, Ex-NRW-Bauminister da mit machen darf. Aber egal. Richtig schief hängt das Bild vom ehrlichen Verein erst, seit ich dieses Bild von Juan Antonio Samaranch beim Hitlergruß in Barcelona 1974 gesehen habe. Wow. Das ist ein Ding.

Samaranch ist der vierte von rechts in der ersten Reihe. Barcelona 74. Man achte auf die Hand an der Hosennaht.

Das Bild hat der BBC-Kollege Andrew Jennings besorgt. Ein verdammt guter Mann. Er hat auch das andere Samaranch-Bild unten beschafft. Mein Lieblingsspruch vom ihm war auf der Jahrestagung des Netzwerk Recherche: "Ich gehe jeden Morgen böse Männer jagen. Ich meine, wir reden hier von richtig bösen Männern, die muss man jagen."

Ansonsten hat das Netzwerk dem IOC noch die "Verschlossene Auster" verliehen. Und zwar, weil das IOC mit seiner Informationspolitik das Gegenteil von ‚fair play‘ betreibt. Stellvertretend ging die Auszeichnung an IOC-Vizepräsident Thomas Bach. Routiniert verbreitet der Mann Teilwahrheiten und heikle Themen werden dafür systematisch ausgeblendet. (Wahrscheinlich darf deswegen auch der Vesper da mittun – erinnert sich noch wer an das Olympische Dorf in Düsseldorf?)

Thomas Bach (Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb) Thomas Bach, Vizepräsident des IOC und Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes


So war das IOC war im Zusammenhang mit dem Tibet-Konflikt und der Austragung der Olympischen Spiele in Tibet in der Öffenlichkeit kritisiert worden, weil es sich nicht zu den politischen Ereignissen äußern wollte. "Olympische Spiele in einem politikfreien Raum waren immer eine Illusion", hatte etwa der Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags, Peter Danckert, im April gesagt. Die Regeln des IOC verbieten außerdem bei den Sportveranstaltungen den teilnehmenden Atlethen politischen Meinungsäußerungen.

Warum kann man sich denken, wenn man die Samaranch-Bilder sieht. Prima Spiele bei Freunde. In Peking, Russland und anderen lupenreinen Schröder-Demokratien.

Samarach ist der zweite von rechts in der ersten Reihe. Szene von 1954 in Barcelona.

Das Netzwerk Recherche, zu dem auch ich gehöre, beschuldigt das IOC außerdem, "seit vielen Jahren Korruption und Interessenkonflikte bei der Vergabe der Spiele" zu dulden. Das IOC versucht sich zu reformieren, aber tut zu wenig, um Hinweisen und Indizien für solche Vorfälle nachzugehen und sie aufzuklären. Genehme Journalisten würden zugleich von einzelnen Verantwortlichen bevorzugt bedient. (Das kenn ich doch von Vesper aus NRW?)

Das Netzwerk Recherche verleiht die "Auster" jedes Jahr an einen Menschen, ein Unternehmen oder eine Organisationen, die die Berichterstattung in den Medien behindert haben. In den Vorjahren haben wir das Ding an Bahn-Chef Hartmut Mehdron verliehen, meinen Lieblings-Bundesinnenminister Otto Schily, Ex-DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder und Russlands früherer Präsident Wladimir Putin.

Thomas Bach, herzlich willkommen im Kreis dieser Leuchttürme.

VRR versus Bahn. Verband kündigt Nahverkehrsvertrag

Die Deutsche Bahn hat einen ihrer wichtigsten Großkunden im Regionalverkehr verloren. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat seinen Vertrag mit der Bahn fristlos gekündigt, weil es "grobe Vertragsverletzungen der DB bei der Erbringung von Sicherheits- und Serviceleistungen" gegeben habe, sagte ein VRR-Sprecher. So seien nach 19 Uhr viel weniger Sicherheitsleute in den S-Bahnen eingesetzt gewesen, als versprochen. Und vor allem, viel weniger als der VRR bezahlt habe.

 

Statt einer vereinbarten Quote von 90 Prozent hätten Stichproben eine Besetzung von durchschnittlich 17 Prozent der Züge ergeben. VRR-Vorstand Martin Husmann sagte:. "Wir lassen uns durch den Renditedruck der DB im Vorfeld des Börsengangs nicht verschaukeln. Jetzt haben wir einen handfesten Beweis, dass die DB Regio NRW zu Lasten der Kunden spart." Die Bahn wollte zunächst nicht Stellung nehmen. Der VRR will nun den Betrieb des Nahverkehrs neu ausschreiben. Für die Fahrgäste ändere sich aber nichts. Der Verkehrsverbund werde die Bahn verpflichten weiterzufahren. Gesetzlich sei der VRR dazu berechtigt. Die Sicherheitsleistungen würden zudem unverzüglich an andere Unternehmen vergeben.