PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 7

 

Was ist eine Lüge? Was Frisieren, was Schönen? Was bedeutet es, auf einer falschen Aussage zu beharren? Ich denke, wohl jeder muss für sich selbst entscheiden, wie viel Ehre er in sich trägt.

 

NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) sagt jedenfalls von sich selbst, er sei kein Lügner. Auch im PFT-Skandal habe er "nicht gelogen." Selbst als ich ihm gerichtsfest nachweisen konnte, dass eine Tabelle geschönt ist, mit der er seine Erfolge feiert, blieb der Minister bei seiner Linie. Zwar hätten Untergebene geringfügige Fehler gemacht, doch die große Aussage sei nach wie vor richtig. Er habe die PFT-Einleitung aus Klärwerken in die Ruhr gesenkt.

Aber gerade das stimmt nach meinen Recherchen nicht. Im Kern geht es um die Aussage Uhlenbergs, er habe die PFT-Last aus den Kläranlagen an der Ruhr von rund 200 Gramm, die täglich in den Fluss gekippt werde, um rund 30 Prozent gesenkt. Wörtlich sagte Uhlenberg. "Für die Ruhr wird eine Fracht von 147 Gramm am Tag ausgewiesen."

Tatsächlich hat das Uhlenberg-Ministerium Daten auf Null gesetzt, PFT-Emissionen weggelassen und Messreihen ignoriert, um diese Aussage zu bestätigen. Das Landgericht Berlin stellte in einem Urteil fest: Die Aussagen des Ministers seien falsch und "geschönt".

Tatsächlich ist es noch schlimmer. Die Minister-Aussagen führten die Bürger in die Irre. In Wahrheit ist die PFT-Belastung an der Ruhr durch die Kläranlagen offensichtlich gestiegen. Aus aktuellen Unterlagen, die mir vorliegen, geht hervor, dass die Belastung bei mindestens 240 Gramm am Tag liegt. Uhlenbergs Anwalt, Gernot Lehr, warnte seinen Mandanten vor kurzem in einem Vermerk "PERSÖNLICH/VERTRAULICH", in Berufung gegen das Berliner Urteil zu gehen: "Hiervon raten wir jedoch intern ab."

Während der Minister also mit der Wahrheit einen flexiblen Umgang pflegt, versucht er die öffentliche Meinung auf seine Seite zu holen. Wie ich erfahren habe, hat Uhlenberg für einen Trip zur Erkundung der Forstwirtschaft in Finnland, der am Sonntag oder Montag beginnen soll, auch den kritischen Journalisten einer wichtigen Regional-Zeitung eingeladen. Welchen Berichterstattungsgrund gibt es, im Ruhrgebiet etwa, über die Wald- und Baumwirtschaft des Nordens zu berichten?

Ich finde, es kann schnell schmierig werden, wenn man nicht aufpaßt, wie man sich mit wem einläßt. Ich kenne den Kollegen und habe eine hohe Meinung von ihm. Deswegen glaube ich nicht, das er sich buttern läßt. Aber der Minister jedenfalls macht in meinen Augen den Versuch, alles ein wenig flüssiger zu gestalten.

Schalke bekommt neuen Trainer

Aus sehr gut informierter Quelle habe ich erfahren, dass Schalke 04 sich von seinem Trainer Mirko Slomka trennt. Als Nachfolger favorisiere der Club-Präsident Josef Schnusenberg den ehemaligen Chelsea-Coach José Mourinho, heißt es.

 Foto: Schalke 04

Letzter Auslöser der Trennung soll das Debakel gegen Bremen gewesen sein. Als weitere Alternativen für die Slomka-Nachfolge wird der Mainz-Trainer Jürgen Klopp diskutiert. Dieser hatte gerade erst erklärt, seinen Vertrag mit Mainz nur zu verlängern, wenn der Aufstieg gelingt. Klopp könnte erst zum Saisonende in Gelsenkirchen anfangen. Mourinho könnte früher kommen.

Schwarz-Grün im Ruhrgebiet

Wenn es um die Ruhrgebietspolitik geht, herrscht seltene Einigkeit zwischen CDU und Grünen. Jetzt unterstützen die Grünen sogar den Vorstoß des Essener Oberbürgermeisters Wolfgang Reiniger (CDU) gegen den Ruhr-Städtebund-Plan des Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer (SPD). Und das, obwohl SPD und Grüne eigentlich im Regionalverband Ruhr (RVR) koalieren.

Zur Erinnerung: Die SPD um Langemeyer will den RVR zu einer besseren Agentur machen, die im Dienste der Städte steht. Damit wäre der RVR völlig bedeutungslos.

Grüne und CDU dagegen wollen den RVR stärken. Etwa indem die Planungshoheit von den drei Bezirksregierungen, die den Pott zerschneiden, auf den Verband übertragen wird. Und genau das will die SPD verhindern.

Normalerweise würde man bei solchen politischen Konstellationen erwarten, dass die Parteien die Konsequenzen ziehen. Sprich: Es müsste eigentlich schwarz-grün im Revier regieren. Auch für die kommenden Wahlen wäre das zwischen Duisburg und Dortmund eine Alternative.

Hier jetzt der Zuspruch der Grünen zum CDU-Mann Reiniger durch den Chef der Ruhrgebiets-Grünen Börje Wichert:

"In dem Brief an seine Kolleginnen und Kollegen entlarvt Dr. Reiniger das Langemeyer Papier zum "Städtebund Ruhr" als das, was es ist: eine inhaltlich dünne, wenig durchdachte Idee, deren einziges Ziel es war, den RVR zu diskreditieren und den Verband durch undemokratische, informelle Kooperationen zu ersetzen. Im Gegensatz zum Dortmunder OB Dr. Langemeyer sieht Dr. Reiniger jedoch die Notwendigkeit einer sachorientierten Kooperation, wie sie derzeit schon in den demokratisch verfassten Strukturen des RVR geschieht.

Ebenfalls begrüßen wir Dr. Reinigers klare Worte zu der peinlichen Posse, einen solchen informellen "Städtebund Ruhr" zu fordern, nachdem man nur wenige Tage zuvor in der Verbandsversammlung ein klares Votum für den Regionalverband abgegeben hatte. Es bleibt abzuwarten, wann sich auch die ersten SPD-Oberbürgermeister von diesem Papier verabschieden, welches sie im Februar scheinbar ungelesen unterzeichnet haben."

Ich meine dazu: Wer die Lippen spitzt muss auch pfeifen.

Lieblings-Ruhrbaron Wowi Clement in der Bredouille

 

Da entscheidet die SPD in Bochum über das Aus für ihren einstmals liebsten NRW-Ministerpräsidenten. Der jetzt lieber gegen seine eigene Partei stänkert. Und dann dass:

 

Da machen sich doch tatsächlich Öko-Utopisten über den ausgeglichenen Charakter von unserem Clement lustig. (Kann sich noch jemand an das spektakuläre Clement-Fernsehinterview im Wahlkampf-Bus erinnern?)

Jetzt soll Spielverderber Wowi den Spot per anwaltlicher Abmahung unterbunden haben. So richtig kann ich das nicht glauben. Aber die Utopisten behaupten das. Was weiß ich.

 

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Vollpleite für grauen Ruhr-n-Bauern aus Deppendorf

Der Chef des Energieriesen E.on und nebenbei einer der führenden Köpfe im Imageverein Initiativkreis Ruhr, Wulf Bernotat, will den zweifelhaften Spruch Ruhr hoch N – Team Capital – oder wie der auch immer heißt – nachbessern. Und zwar deutlich. Das war heute in Düsseldorf aufzuschnappen.

 

Die WAZ hat es noch genauer. Er halte die Kampagne für "noch nicht ausgereift", sagte Bernotat da. Damit reagiert der Macher auf die deutliche Kritik am Deppert-Spruch aus dem Düsseldorfer Werbefuzzi-Haus Grey. Zuvor hatten Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet heftige Kritik geübt. Und der Initiativkreis hatte schon versprochen, bei der weiteren Ausgestaltung des Dachmarkenkonzeptes mit dem Regionalverband Ruhr und dessen Brauser-Tochter Wirtschaftsförderung Ruhr zusammenzuarbeiten. Vernunft siegt manchmal doch.

PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 6

Nun ist es soweit. Ich habe das Urteil des Landgerichts Berlin zu der Gegendarstellung, die Uhlenberg haben wollte.

 

Und Gott sei Dank hat das Gericht sich intensiv mit den Beweisen beschäftigt, die ich vorgelegt habe.

Foto: Eckhard Uhlenberg Copyright: nrw

Nach diesem Urteil ist die politische Aussage Uhlenbergs nicht mehr aufrechtzuerhalten, es habe eine Verbesserung der PFT-Emissionen aus den Klärwerken entlang der Ruhr gegeben. Vielmehr lässt sich nachweisen, dass aus den Klärwerken weiter wie bisher, ohne jede Verbesserung, PFT in die Ruhr gekippt wird.

Man kann es auch anders sagen. Uhlenberg hat Unsinn geredet in einem zentralen Punkt der Gesundheitsvorsorge. Wer soll ihm noch glauben, wenn das Gericht urteilt:

Er habe die Öffentlichkeit mit einer Gegendarstellung „offen unrichtige“ auf jeden Fall aber „irreführende“ Behauptungen verbreiten lassen wollen.

Genug der Vorrede: Zunächst also die Gegendarstellung, die Uhlenberg durchsetzen lassen wollte:

In der „Welt am Sonntag", NRW-Ausgabe, vom 20.01.2008 ist auf Seite NRW 6 unter der Überschrift „Gift-Skandal Ist Iängst nicht ausgestanden" ein Bericht veröffentlicht, in dem ich erwähnt werde.

Es heißt, in einem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Bericht des Ministers seien Klarwerke, in denen sich die PFT-Situation verschlechtert habe, auf Null-Emission gesetzt worden. Hierzu stelle ich fest: Kein Klarwerk wurde auf Null-Emission gesetzt.

Weiter wird behauptet, die Tabelle des Ministeriums gebe für das Klärwerk Werdohl eins PFT-Last von 0 Gramm an. Hierzu stelle Ich fest: Die PFT-Last wird in der Tabelle nicht mit 0 Gramm angegeben.

Es heißt, die Daten des Klärwerks in Brilon-Scharfenberg seien in dem Bericht gelöscht worden. Hierzu stelle ich fest: Es wurden keine Daten gelöscht.

Weiter heißt es, aktuelle Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg seien in dem Bericht nicht berücksichtigt worden. Hierzu stelle ich fest: Die aktuellen Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg sind berücksichtigt worden.

Nach Ansicht des Gerichts ist das alles Mumpitz. Eine Verfälschung der Tatsachen, eine Irreführung der Öffentlichkeit. Oder wie die zuständige Richterin sagte. „Geschönt.“

Hier also die Begründung des Landgerichts Berlin, warum Uhlenberg nur gebabbelt, nicht aber geredet hat. Ich zitiere aus dem Urteil:

Der Antragsteller (also Uhlenberg – Erklärung durch den Autor) hat eingeräumt, dass Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg in Bezug auf die Kläranlage Witten-Herbede in der Komkas-Liste nicht berücksichtigt worden sind, nämlich die Frachtwerte von März und April 2007. Es kann dahinstehen, ob deren Berücksichtlgung zu einer – so der Antragsteller – ,,Verfälschung des Ausgangsniveaus" geführt hätte; jedenfalls ist seine Entgegnung. die aktuellen Messdaten seien berücksichtigt, insoweit falsch oder zumindest irreführend. Mag der Antragsteller (also Uhlenberg) auch seine Gründe für die Nichtberücksichtigung bestimmter Daten bzw. Frachtwerte gehabt haben, steht außer Streit, dass er solche nicht berücksichtigt bzw seinen Berechnungen in der Komkas-Liste zugrunde gelegt hat. Es hätte dem Antragsteller (also Uhlenberg) freigestanden, die selektive Datenauswahl in der Komkas-Liste, mit der er zum Nachweis der Frachtreduzierung nach Bekanntwerden des PFT-Skandals an die Öffentlichkeit getreten ist, zu erläutern und die Nichtberücksichtigung aktueller Messdaten zu begründen: der Hinweis auf die Berücksichtigung der aktuellen Messdaten ist ihm jedoch verwehrt.

Noch deutlicher zeigt sich am Beispiel der Klaranlage Werdohl die Nichtberücksichtigung bzw. falsche Berücksichtigung von Messdaten in der Liste des Antragstellers (also Uhlenbergs) mit der er die inzwischen erreichte PFT-Frachtreduzierung im Ruhreinzugsgebiet aufzeigen will: Zwar gibt die Tabelle die PFT-Frachtreduzierung zur Kläranlage Werdohl mit Null an, lässt jedoch unberücksichtigt. Dass die Fracht dort aktuell im Verhältnis zu den Ausgangsbedingungen um über 60 Gramm am Tag angestiegen ist. Der Antragsteller (also Uhlenberg) hat es unterlassen, in seine Berechnungen diesen positiven Emissionswert einzustellen, hat vielmehr nur die Frachtreduzierungen addiert und ist so am Ende zu einem falschen Wert bezüglich der hervorgehobenen Frachtreduzierung gekommen. Die aktuellen Werte zum Frachtanstieg wurden offenkundig im Endergebnis nicht berücksichtigt.

Diese Messdaten wurden einfach weggelassen im Ergebnis der die Frachtreduzierung präsentierenden Liste des Antragstellers (also Uhlenbergs), so dass die Gegendarstellung insoweit offensichtlich unrichtig ist.

Im Ergebnis wurde in der Tabelle zum Klärwerk Werdohl mit einer Null-Emission gerechnet; damit sind auch die beiden ersten Absätze der Gegendarstellung offenbar unrichtig, jedenfalls aber irreführend.

Ich denke, mit dieser Wahrheit muss Schönfärber Uhlenberg jetzt klarkommen.

Mich würde noch interessieren, wie viel Geld der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr für der Sache bekommen hat. Wahrscheinlich hat keine Leistungsprämie verdient.

Gelsenwasser Deal geplatzt?

Nach Informationen aus Dortmund und Bochum sperrt sich der Konzern RWE gegen die kommunale Zusammenarbeit der Ostruhrstädte unter dem Dach der Gelsenwasser AG. Eigentlich sollte hier ein neuer Energiekonzern entstehen. Wow.

Foto: Wikipedia

Das ist ein herber Schlag. Bereits zum zweiten Mal droht damit die Fusion/Kooperation der Bochumer und Dortmunder Stadtwerke zu scheitern. Und das, obwohl die beiden Städte mitlerweile erprobt und stabil im Unternehmen Gelsenwasser zusammenarbeiten. Beim ersten Mal war übrigens die Kirchturmspolitik der auslösende Brechpunkt.

Der Hebel, den das RWE jetzt offenbar nutzen kann, ist eine Minderheitsanteil am Dortmunder Energieversorger DEW 21, den der Konzern nutzt. Die Mehrheit von DEW 21 gehört den Stadtwerken Dortmund. Siehe auch den Bericht in der WAZ.

Eigentlich sollte gerade die DEW 21 in Gelsenwasser aufgehen.

Die Gründe warum sich RWE sperrt, sind noch im unklaren.

Auch ist unklar, ob die Weigerug des RWE eine neue Ohrfeige für den Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) ist. Grundsätzlich arbeitet Dortmund in den DEW 21 gut mit RWE zusammen. Andererseits konnte auch Langemeyer als RWE-Aufsichtsrat und einflussreichster Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre nicht verhindern, dass RWE Systems nun zerschlagen wird. Und das Unternehmen hat seinen Sitz in Dortmund.

Hintergrund des Versuches einen neuen Ruhrversorger zu konstruieren ist eine kartellrechtliche Besonderheit. So muss 2014 die 47-Prozent-Beteiligung des RWE an DEW 21 neu vor den Behörden verhandelt werden. Dabei könnte es unter den gegenwärtigen Bedingungen gut sein, dass RWE seinen Anteil abgeben muss, um nicht gegen Wettbewerbsrecht zu verstoßen.

Im Gelsenwasser-Deal sollte nun RWE seinen DEW 21-Anteil gegen eine 20-Prozent-Beteiligung am neuen Ruhrversorger aufgeben.

Eigentlich müste die Nummer beim RWE gut angesehen sein. Denn mit dem neuen Versorger wäre der Verbund aus Kommunen und RWE im Kernmarkt des Konzern festgehämmert. Auch wenn die städtischen Beteiligungen ihre Sperminorität am RWE verloren haben.

Im Netz des Gazprom-Geldes

Falls sich einer fragt, was die Russen von Gazprom in Deutschland so machen. Der muss nur dem Trikot der Schalker folgen. Denn das hängt in der Zentrale der Gazprom-Filiale in Berlin. Nur einen Steinwurf vom Checkpoint Charly entfernt. Die Empfangsdame von Gazprom Germania blättert hier gewöhnlich lustlos in einer Zeitschrift. Und manchmal kaut sie Kaugummi. Hier hinter dem Trikot beginnt der operative Brückenkopf des russischen Staatskonzerns Gazprom in Westeuropa.

Während die großen strategischen Entscheidungen in Petersburg und Moskau fallen, laufen in Berlin die Fäden aus England und Amerika, aus der Schweiz und Zentralasien zusammen. Es geht um Expansion und Zukäufe, um Firmenübernahmen und vertraulichen Geldverkehr. Und dabei werden über die Berliner Filiale auch schon mal Zahlungen an fragwürdige Firmen organisiert. Ich war da und habe mir die Bilanzen und Geschäftsberichte besorgt.

Der Weg des Geldes führt durch ein Labyrinth von Banken an verschwiegenen Plätzen. Im Organigramm der Gazprom Germania tauchen immer neue Firmen mit Verbindungen in alle Ecken der Welt auf, von den Cayman Islands bis nach Kasachstan. Vor allem Usbekistan spielt in der Gazprom-Strategie eine wichtige Rolle. In der zentralasiatischen Steppe liegen riesige Gas- und Ölvorkommen, zum größten Teil noch unerschlossen.

Bislang ist das Geschäft für die Gasputins recht einfach. Alle Leitungen aus Usbekistan in den Westen stehen unter Kontrolle von Gazprom. Die Russen müssen nur den Rohstoff bei den Despoten Zentralasiens einkaufen und es auf den europäischen Märkten für den dreifachen Preis weiterverkaufen. Erst wenn es den Europäern gelingt, über eine eigene Pipeline Zugang zu den asiatischen Lagerstätten zu finden, könnte es mit den einfachen Margen zu Ende gehen.

Doch die zaghaften Geschäftsanbahnungen des Westens können die Gazoviki bislang leicht unterlaufen. Gerade zum usbekischen Diktator Islam Karimow pflegen sie gute Beziehungen. Dabei werden die Verbindungen über ihre deutsche Filiale organisiert. Die Spur führt von Berlin in die Schweiz nach Zürich. Hier sitzt eine Tochter der Berliner Gazprom Germania mit dem Namen ZMB Schweiz. Diese Firma kauft nach eigenen Angaben im Namen von Gazprom Gas in Usbekistan ein.

Erstaunlicherweise aber nicht nur über die staatlichen usbekischen Gasproduzenten, sondern vor allem über die Firma Zeromax. Alleine im vergangenen Jahr waren es nach Gazprom-Angaben sechs Milliarden Kubikmeter. Der Wert allein dieser Lieferungen lag nach einer Vereinbarung zwischen Gazprom und dem usbekischen Staat bei über 400 Millionen Euro. Die entsprechenden Einkaufskurse betrugen nach Angaben der Bundesagentur für Außenwirtschaft (Bfai) 70 Euro je 1000 Kubikmeter.

Das Gas lieferte die Gazprom-Tochter ZMB Schweiz nach eigenen Angaben vor allem in den Kaukasus und in die Ukraine. Ein gänzlich uninteressanter Deal, versichert Gazprom Germania. "Zeromax ist ein normaler Geschäftspartner von uns", sagt ein Firmensprecher. Normalität ist relativ. Die Firma Zeromax sitzt ebenfalls in der Schweiz und zwar im Steuerparadies Zug, in der Poststraße 30. Im Erdgeschoss des Hauses ist ein Laden für Farben und Lacke. An den Briefkästen kleben dutzende Firmenschilder. Ich war da und bin in die Zentrale gegangen.

Die drei Zimmer der Firma Zeromax sind in der dritten Etage des Betongebäudes bescheiden eingerichtet. Direkt hinter der Eingangstür steht ein schmaler Tisch. Dahinter hängt ein Ölbild mit einer usbekischen Landschaft. Obwohl hunderte Millionen Euro durch die Bücher des Unternehmens fließen, braucht es offenbar nicht mal Aktenschränke. In der Zeromax-Zentrale sind lediglich zwei Angestellte und der Geschäftsführer Ikromjon Yokubov, 32, zu sehen.

Das interessante an der bescheiden eingerichteten Firma ist ihre Geschichte: Sie wurde 1999 in Delaware, USA, unter dem Namen Zeromax LLC gegründet. Erst im Jahr 2004 siedelte die Firma in die Schweiz um. Im Geschäftsbericht der Gazprom Germania Tochter ZMB taucht Zeromax erstmals im Frühjahr 2004 als Partner auf. Nach Auskunft von Zeromax-Insidern, sowie mehrerer Quellen aus Usbekistan selbst, soll Zeromax über Strohmänner Gulnara Karimowa gehören, der Tochter des usbekischen Präsidenten. Dies bestätigte der ehemalige Finanzbevollmächtigte von Gulnara Karimowa, Farhad Inoghamboev, gegenüber mehreren Zeugen.

Auch ein leitender Beamter in der deutschen Botschaft in Taschkent bestätigte anonym, dass Zeromax zum Karimowa-Reich gehört. Aus dem Umfeld der Führungsebene von Gazprom Germania heißt es dazu, es sei dem Konzern bekannt, dass hinter Zeromax die usbekische Präsidententochter steckt: "Aber zeigen Sie mir ein zentralasiatisches Land, wo sie nicht solche Konstellationen haben", sagt der Gazprom-Insider.

Das bedeutet zusammengefasst: Die deutsche Gazprom-Tochter bezahlt über eine Schweizer Firma für Gas, das die Russen in Usbekistan kaufen, Bares an eine Firma aus dem Dunstkreis der usbekischen Präsidentenfamilie.

Ich weiß nicht, ob man das schon als Schmiergeldzahlungen bezeichnen kann. Jedenfalls hat mir ein Manager aus dem Ölgeschäft gesagt, das oft solche Geschäfte über dubiose Zwischenhändler organisiert werden, wenn es darum geht, Handgelder für Potentaten zu verschleiern.

In Deutschland kann das aber riskant für Gazprom werden. Denn die Berliner Filiale untersteht deutschem Recht. Und hier gilt das Gesetz zur Bekämpfung der internationalen Bestechung. Danach steht das Schmieren ausländischer Staatsmänner unter Strafe. „Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts“, heißt es in dem Gesetz. Deutsche Unternehmen müssen laut Gesetz damit rechnen, dass alles Geld, das sie mittels Bestechung verdient haben, beschlagnahmt wird. Es ist offen, ob die Staatsanwaltschaft Berlin in dem Dreieckshandel Gazprom-Germania-Zermomax-Usbekistan Gründe finden für einen Anfangsverdacht sehen könnte.

Gazprom Germania jedenfalls sieht in dem Kreuz- und Querhandel keine Bestechung und damit auch nicht die Gefahr von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Das Geschäft sei schließlich völlig alltäglich: "Wir bezahlen ganz normal unsere Rechnungen." Man habe auch nichts mit der Präsidenten-Tochter Karimowa zu tun, sondern verhandele allein mit dem Zeromax-Geschäftsführer Yokubov, versichert ein Gazprom-Sprecher.

Unterdessen bestreitet Zeromax-Geschäftsführer Yokubov eine Beteiligung der Präsidenten-Tochter an seiner Firma. "Diese Geschichte stimmt nicht", sagte Yokubov. Offiziell gehört die Firma mit einem Stammkapital von 20.000 Schweizer Franken auch dem Ehepaar Djalalov aus Taschkent. Diese seien allerdings Strohmänner, sagte der frühere Karimowa-Vertraute Inoghamboev gegenüber mehreren Zeugen.

In Usbekistan spielt die Firma Zeromax eine große Rolle. In einem Verfahren vor dem US-Bundesgericht in Houston, Texas präsentierte die amerikanische Firma Interspan Distribution Dokumente, aus denen ersichtlich ist, wie die Präsidententochter Karimowa mit Hilfe ihres Papas rund um Zeromax ein wirtschaftliches Schattenreich aufbaut. Wer sich nicht fügt, bekommt auch schon mal Ärger. So beschrieb Interspan, wie ein leitender Angestellter in Usbekistan verhaftet und misshandelt worden sein soll, nachdem sich das Unternehmen geweigert habe, Zeromax am eigenen Tee-Handel in Usbekistan zu beteiligen. Erst als man die Beteiligungen im Jahr 2006 in Usbekistan aufgegeben habe, sei der Angestellte aus der Haft entlassen worden, erklärte Interspan. Seither versucht die Firma vor dem Gericht in Texas Geld von einem Exportversicherer einzuklagen.

Die britische Firma Oxus kann von ähnlichen Erfahrungen berichteten. So wurde dem Unternehmen in Usbekistan ein Steuerverfahren angehängt, das erst fallengelassen wurde, nachdem Zeromax in die usbekische Goldmine der Briten einsteigen durfte. Auf diese Art und Weise entstand aus Zeromax ein monströses Konglomerat. Wie aus einer Eigendarstellung der Firma hervorgeht, gehören dem Schweizer Dreimannbetrieb Hühnerfarmen, Gasquellen, Modelabel, Tankstellen, sowie Kühlhäuser.

Wer in Usbekistan Geschäfte machen will, fügt sich besser den Bedingungen. Der Brauseproduzent Coca Cola etwa gründete schon Anfang der Neunziger Jahre gemeinsam mit der Firma Roz Trading eine zentralasiatischen Abfüllungsanlage mit dem Namen "Coca Cola Bottlers". Roz Trading selbst gehörte dem Mann von Gulnara Karimowa. Lange ging alles gut. Doch als sich das Ehepaar trennte, musste der Karimowa-Gatte nach Amerika flüchten und der usbekische Staat übernahm im Jahr 2002 die Anteile der Roz Trading am Cola-Geschäft und gab diese später an Zeromax weiter.

Fast gleichzeitig floss womöglich auch direkt aus Cola-Kassen Geld an Karimowa. Das geht aus internen Buchungsunterlagen der Firma Revi Holdings mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten hervor. Diese Firma gehört nach einem vorliegenden Handelsregisterauszug Gulnara Karimowa persönlich. Eine Firma namens "Coca Colabottlers" zahlte danach allein im Jahr 2003 in vier Tranchen 699753,22 US-Dollar an das Karimowa-Unternehmen. Coca Cola wollte nicht sagen, ob diese Zahlungen möglicherweise von der usbekischen Tochter "Coca Cola Bottlers" stammen.

Seit 2003 ist Zeromax in den USA jedenfalls wegen der Cola-Geschichte in Schwierigkeiten. Der Mann von Gulnara Karimowa verlangte, dass Zeromax ihm die Anteile am Coca-Cola-Geschäft in Usbekistan herausgibt. Zeromax habe die Beteiligungen nur erhalten, weil er von seiner Ex-Frau erpresst worden sei, schrieb der Ex-Gatte an das US-Bundesgericht in Washington DC. Bis heute läuft ein Prozess mit ungewissem Ausgang.

Nahezu zeitgleich begann Gazprom Verhandlungen mit Usbekistan über eine Ausweitung des Gashandels. Eine Schlüsselfigur des Geschäfts war der Oligarch Alisher Usmanov. Er soll angeblich über 80 Millionen US-Dollar an Schmiergeldern an Gulnara Karimowa gezahlt haben, um unter anderem das Exportgeschäft zu sichern, schrieb der damalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, unter Berufung auf eigene Quellen in seinem Buch "Murder in Samarkand".

Usmanow selbst – der gebürtige Usbeke ist unter anderem auch Generaldirektor der Gazprominvestholding – bestreitet dies öffentlich. Er habe nie intensive Kontakte zur Präsidententochter unterhalten. Und Schmiergeld sei auch nicht geflossen. Im Jahr 2004 schließlich schloss Gazprom mit dem usbekischen Präsidenten Karimow einen neuen Gas-Liefervertrag. Fast zeitgleich erhielt Zeromax Beteiligungen an wichtigen usbekischen Gasfeldern. Im gleichen Atemzug siedelte Zeromax in die Schweiz um und die Überweisungen über die Gazprom-Germania-Tochter setzten ein.

Wow, was ein Riemen.

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RWE – Das E-Geweih kommt weg

Der Energieriese RWE will sich von seiner Hand trennen. Also dem Pixelgriffel im Logo, der aus dem E rauslappte, wie ein Hirschgeweih.

copyright: RWE

Ich finde das eigentlich ganz gut – also dass der Grabbel wegkommt. Damals, vor Jahren, wurde die Hand ins Logo eingeführt, weil RWE damit den Griff auf alles dokumentieren wollte, was die Menschen brauchen. Also Trinkwasser, Abwasser, Müll und Strom. Die Bürger sollten alles aus einer Hand bekommen. Oder eben in einer Hand gefangen sein.

Das war die Bildsprache damals. Kann sich noch irgendwer an den Planet of Visons auf der Expo erinnern? Da ging es auch um die Hand. Weltweit war sie im Einsatz. Überall RWE. Überall alles in einer Hand. Fand ich damals schon nicht so gut.

Wenn jetzt die Hand verschwindet, ist das nur konsequent. RWE hat sich vom Wasser getrennt, zumindest im Ausland, vom Müll, und was weiß ich. Der Konzern will sich auf den Strom konzentrieren. Da ist ein neues Logo richtig.

Dafür 100 Mio auszugeben, wie der Spiegel berichtet, ist viel. Aber OK. Es geht halt um einen Namen und um ein Geschäft.

Dass es jetzt heißen soll: "Vorweg gehen" und dann RWE, das ist so naja. OK? Was weiß ich.

Jedenfalls kein E-Geweih mehr. Hoffentlich wird der neue Schriftzug das Ruhrgebiet auf Dauer schöner prägen.

 

PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 5

Ich habe das Gefühl, es geht dem Ende zu in der PFT-Berichterstattung. In der vergangenen Woche war ich vor Gericht. In Berlin. Vor dem Landgericht 27. Zivilkammer.

Uhlenberg. Foto: nrw.de

NRW-PFT-Minister Eckhard Uhlenberg (CDU) wollte dort eine Gegendarstellung in der "Welt am Sonntag" gegen mich durchdrücken. Dort hatte ich die meisten PFT-Artikel veröffentlicht. Und die Gegendarstellung sollte dann wahrscheinlich als PR-Waffe gegen mich eingesetzt werden. Der Trick wäre einfach gewesen. Eine Gegendarstellung kriegt man üblicherweise immer durch. Egal was wahr ist. Es geht eigentlich nur um Formalia. Dass Uhlenberg diesen Weg gehen wollte, kann man aus seinen Äußerungen im Landtag ablesen. Dort erzählte der PFT-Minister, dass er ein Gerichtsverfahren gegen mich angestrengt habe, an dessen Ende ich als Schwätzer dastehen würde.

Tja, jetzt ist das Verfahren in Berlin zu Ende. Und Uhlenberg hat auf ganzer Linie verloren. Die verhandlungsführende Richterin stellte fest: Der Minister schönte die wichtigste Gift-Tabelle, mit der er die Erfolge seiner Arbeit dokumentieren wollte. Genau so, wie ich es beschrieben hatte. Auch hier.

Eine Gegendarstellung wird nur dann abgelehnt, wenn sie offensichtlich die Unwahrheit behauptet oder die Leser irreführt. Beides trifft nach Ansicht des Landgerichts Berlin auf die von Minister Uhlenberg geforderte Gegendarstellung zu.

Inhaltlich geht es um die Tabelle „komkas.pdf“. Mit ihr versucht der Minister seit Monaten zu beweisen, dass der Ausstoß von PFT aus den Kläranlagen an der Ruhr um rund 68 Gramm verringert werden konnte. Die verhandlungsführende Richterin der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin, Anne-Kathrin Becker, sagte dazu wörtlich: „Die Tabelle ist geschönt.“

Wie berichtet, werden unter PFT alle Industriechemikalien der Gruppe „Perflourierte Tenside“ zusammengefasst, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Das Gift reichert sich im Körper des Menschen an. Bei zwei Kindern aus dem Sauerland wurden Werte von über 200.000 Nanogramm je Liter Blut gemessen. Das Gift war nach Ansicht von Wissenschaftlern sehr wahrscheinlich über das Ruhrtrinkwasser geschluckt worden. Aber auch über die Umwelt kommt das Gift in die Menschen. Bei einem Angler, der regelmäßig Fische aus der Möhne gefuttert hatte wurde ein Wert von über 100.000 Nannogramm je Liter Blut gemessen. Seine Frau hatte noch 67.000 Nannogramm je Liter im Blut. Schließlich kriegte auch sie hin und wieder einen Barsch aus der Möhne ab. Zum Vergleich: Im Trinkwasser gilt derzeit eine Konzentration von 100 Nanogramm als unbedenklich.

Im Januar berichtete ich, der Minister habe in der Tabelle „komkas.pdf“ aktuelle Daten nicht berücksichtigt und zumindest in einem Klärwerk die PFT-Emissionen auf Null gesetzt. Meine Recherchen zeigten außerdem, dass das Ministerium Zahlen offensichtlich frisiert hatte. So fielen die Daten von Klärwerken, in denen sich die Situation verschlechtert hatte, unter den Tisch.

Der Kern meiner Berichterstattung war, dass täglich mehr als 200 Gramm PFT aus den Klärwerken in die Ruhr gelangen. Dies stellt keine Verbesserung der Situation dar – entgegen der Behauptung des Ministers, die Klärwerke würden dank seiner Mühen erheblich weniger PFT in die Ruhr ausscheiden.

Meine Recherchen stützten sich auf Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg, die mit den Angaben des Ministeriums verglichen wurden. Die Daten der Bezirksregierung musste ich mit einer Auskunftsklage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erstreitten. Ich hatte die Nase voll von den Vertröstungen und Heimlichtuereien.

Kurz nach Veröffentlichung der Recherche in der "Welt am Sonntag" verkündete der Minister öffentlich, die PFT-Emissionen aus den Klärwerken an der Ruhr seien von rund 200 Gramm auf 147 Gramm reduziert worden. Weiter gab Uhlenberg in einer Rede vor dem Landtag an, er habe nicht, wie von der dargelegt, Daten geschönt: „Das ist falsch und eine verantwortungslose Verbrauchertäuschung.“ Statt aber die Widersprüche zwischen der Berichterstattung und seinen eigenen Aussagen aufzuklären, überzog Uhlenberg die „Welt am Sonntag“, in der ich die meisten PFT-Geschichten publiziert hatte und mich, mit einem juristischen Kleinkrieg.

Der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr wurde beauftragt, eine Gegendarstellung in der „Welt am Sonntag“ durchzusetzen. Gleichzeitig wurde Lehr noch für den Ruhrverband tätig, dem ich auch heftige Vorwürfe gemacht hatte. Auch dieser Verband will mich mit Gegendarstellungen zupflastern. Aber das, was die vorzubringen haben, sind nur Nebensächlichkeiten. Spannend ist hier vor allem folgendes: Vor Gericht in Berlin war niemand aus dem Umweltministerium, um den Anwälten des Ministers beizustehen. Dafür stand ein Fachmann aus dem Ruhrverband parat, der Lehr und seinem Helfer ins Ohr flüsterte, wenn es brenzlich wurde. Das habe ich selbst gesehen. Es gibt genügend Zeugen.

Vor dem nordrhein-westfälischen Landtag konstruierte Uhlenberg eine passende Verschwörungstheorie: Von „interessierter Seite“ würden „die ungeheuerlichen Unterstellungen und Verleumdungen“ in die „Welt am Sonntag“ gesetzt. Weiter sagte Uhlenberg, „dass wir es mittlerweile nicht mehr mit einem Giftskandal zu tun haben, sondern mit einem Skandal im öffentlichen Umgang mit diesem Thema“.

Das Landgericht Berlin entzog solchen Anschuldigungen nun die Grundlage. Es lehnte die Veröffentlichung einer Gegendarstellung ab und hob gleichzeitig eine einstweilige Verfügung in allen Punkten auf. Uhlenberg ist also vor einem Gericht gescheitert, das sich detailliert mit meiner Berichterstattung in der „Welt am Sonntag“ und der geschönten Tabelle auseinandergesetzt hat.

Unterdessen weitet sich der PFT-Skandal in NRW aus. Insgesamt fließen durch die Ruhr nach Angaben des Ruhrverbandes rund 600 Gramm PFT am Tag. Der Minister gibt öffentlich an, davon kämen 147 Gramm aus den Klärwerken. Aus Daten, die der „Welt am Sonntag“ vorliegen, geht jedoch hervor, dass die Klärwerke über 240 Gramm in den Fluss abgeben. Zudem fließen aus der Möhnetalsperre nach neuen Daten etwa 100 Gramm am Tag in die Ruhr. Bei fast einem Drittel der PFT-Emissionen ist ungeklärt, woher sie stammen.

Der Minister sieht das anders. Er benennt eine verseuchte Ackerfläche in Brilon Scharfenberg als Hauptquelle des PFT. Doch das lässt sich nicht mit unseren Recherchen in Einklang bringen. Denn nach einer Sanierung des Ackers fließen von dort nur noch etwa drei Gramm PFT täglich in die Ruhr.

Stattdessen halte ich es für wahrscheinlich, dass es noch mindestens einen anderen Hauptverursacher der PFT-Verunreinigung gibt. Nach Angaben des Ruhrverbandes sind Klärschlämme aus 18 kommunalen Klärwerken „erhöht belastet“. Zudem wurden über die Jahre etwa 15.000 Tonnen Klärschlamm aus Ruhrklärwerken auf Ackerflächen gekippt. Das geht aus Angaben der Bezirksregierung Arnsberg hervor. Unklar ist, ob es sich dabei auch aus Klärschlamm aus den Klärwerken mit erhöhter Belastung handelt.

Zudem wurden mindestens 62.000 Tonnen Klärschlamm aus den Ruhrkläranlagen in Zwischenlager und Schlammplätze im Sauerland gebracht. Zwischenzeitlich wurden davon etliche Tonnen wieder abtransportiert. Aber große Mengen wurden einfach liegengelassen. Seit 2004 werden die Klärschlämme in der Regel verbrannt.

Es ist denkbar, dass aus dem Alt-Schlamm der Ruhr-Kläranlagen seit Jahren PFT in die Ruhr sickert. Einen Beweis dafür gibt es allerdings noch nicht. Eine amtliche Untersuchung steht offenbar aus.

Unterdessen werden auch die Auswirkungen der PFT-Verseuchung immer deutlicher. Nach aktuellen Daten des Umweltministeriums hat sich die PFT-Konzentration in Barschen aus dem Möhnesee von 2006 bis 2007 auf durchschnittlich über 100.000 Nanogramm je Kilogramm Gewicht verdoppelt. Wie schon gesagt, wurde bei einem Angler aus Soest, der seit Jahren Fisch aus der Möhne isst, eine PFT-Belastung von 118.000 Nanogramm je Liter Blut gemessen, bei seiner Frau 67.000 Nanogramm.

Bislang erzählt Uhlenberg, wenn im Wasser der Ruhr die Normen für Trinkwasser eingehalten würden, gebe es kein Problem. Damit spielt er wahlweise auf den Wert von 100 Nanogramm je Liter an, den die Trinkwasserkommission für unbedenklich hält, oder den Wert von 300 Nanogramm der als duldbar gilt.

Aber diese Rechnung passt nicht zusammen. Weil es einmal um Trinkwasser geht und beim anderen Mal um Emissionen in die Umwelt. Wie gesagt, reichert sich das Gift in Fischen an. Und Menschen, die diese Fische essen, werden wohl mit PFT verseucht. Das wäre der Beweis, dass sich der Stoff die Nahrungskette hocharbeitet. Wer weiß, ob nicht auch schon Kühe verseucht sind, Milch oder Getreide.

Bäh.

Ich wiederhole hier mal ein Interview, dass mir der Toxikologe Hermann Dieter vom Umweltbundesamt vor einiger Zeit gegeben hat. Dieter sagte, rein aufs Trinkwasser bezogen würden die PFT in der Ruhr "kein Problem" mehr darstellen. „Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass diese Stoffe jahrzehntelang in der Umwelt bleiben, sich anreichern und kommenden Generationen gefährlich werden können, ist die jetzige Emission in die Ruhr jenseits aller Panikmache sehr relevant." Dieter ist beim Umweltbundesamt für die Bewertung von Stoffen im Trinkwasser zuständig. Er verweist auf neuere Erkenntnisse, nach denen es wahrscheinlich ist, dass bestimmte PFT beispielsweise im Mutterleib Einfluss auf das Wachstum von Föten haben könnten.

Dieter: "Wir wissen noch nicht genug über die Gefahren, die von den PFT ausgehen, aber alleine ihr Anreicherungs- und Verharrungspotential in der Umwelt ist genügend hoch, um diese Stoffgruppe nicht in die Umwelt gelangen zu lassen." Dieter lobte die Entscheidung der Trinkwasserversorger entlang der Ruhr, ihre Anlagen nachzurüsten, um die Belastung des Trinkwassers mit PFT möglichst gering zu halten. „Das ist ein großer Fortschritt und eine in jeder Hinsicht respektable Vorleistung." Gleichwohl kritisierte der Forscher: "Das Trinkwasser ist das Ende der Verschmutzungskette. Es wäre vielleicht wichtiger gewesen, sich stärker den Emissionsquellen von PFT zuzuwenden, doch ging diese sachlich begründbare Forderung im politischen Hin und Her der letzten Wochen und Monate offenbar verloren." Dabei zog Dieter Parallelen zu früheren Fällen, z. B. den Skandalen mit Dioxin, DDT oder den perchlorierten Pestiziden. "Es wurden nicht ausreichend Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Jetzt ist uns wieder ein Stoff durch die Lappen gegangen." Obwohl die PFT nicht fettlöslich seien, zeigte sich der Toxikologe und Biochemiker überrascht, wieviel davon, insbesondere PFOS. man weltweit im menschlichen Blut findet. "Diese Stoffe erreichen den Menschen auf bisher kaum bekannten Wegen und Umwegen. Deshalb gilt: Nur ein gesperrter Weg ist ein guter Weg."