Mein Gott ist der Limbecker Platz schäbig

Heute habe ich mir den Limbecker Platz von außen angesehen. Ich war erschrocken.

Foto: Flickr.com / allstar.marco

Das Ding ist richtig häßlich. Wie eine 90er Jahre Bausünde. Diese ganze Arkaden-Kacke in Berlin etwa. Das einzige was am Limbecker anders ist, sind diese weißen Knubbel an der Seite, die wie Pickel am Arsch kleben. Die ganze Umgebung: eine Wüste, menschenfeindlich, abweisend, unwirtlich.

Das soll der große Wurf sein? Zu dem drögen Dingen wurde der Münchener "Star-Architekt" Gunter Henn von der berühmten Kleid-Szene in „Das verflixte Siebente Jahr“ mit Marilyn Monroe inspiriert? Da haben wohl ein paar PR-Fuzzis zuviel Kraut geraucht. Oder der Henn hat keine Ahnung von Sex.

Der Limbecker Platz ist von außen jedenfalls tagsüber absolut unsexy. Im Gegensatz zur Monroe. Die auch Tags eine gute Figur machte.

P.S. Hier startet der Wettbewerb "Ugly Ten": Wer macht das mieseste Foto von dem Pickel-Ding? Schicken Sie ihre Beiträge an info@ruhrbarone.de.

Kommenden Sonntag (13. April) sehen Sie dann hier die Auswahl der dreckigsten, schmierigsten und ekeligsten Pix des Limbecker Platzes.

 

Aufklärung? – Ach neeeeeee, doch nicht in Bottrop

Kennen Sie Bottrop? Nein, das ist diese kleine verschlafene Stadt am Nordrand des Ruhrgebietes. Hier herrscht Ruhe.

c: Stadt Bottrop

Ich bin Bürger in Bottrop. Und mir kommt diese Ruhe oft trügerisch vor. Wie ein Morast, unter dessen Oberfläche die fauligen Schlämme sich verquirlen, zusammenschmieren und irgendwann hochkommen und explodieren

Warum denke ich das? Es sind ein paar Beobachtungen, die mich mißtrauisch machen. Ich sehe NPD-Sticker an Laternenpfählen. Ich höre von Naziparties und von Schlägereien.

Wussten Sie, dass einer der Täter aus dem Siegburger Knast aus Bottrop kommt? Ja, einer von denen, die ihren Zellenkumpel zu Tode gefoltert haben, lebte hier. In Bottrop. Und hat Schwulenpornos gedreht.

Bottrop ist beschaulich, sagen alle.

Mir kommt es so vor, als sei Bottrop so verlogen, wie der Säufer, der seinen Kindern sagt, eine Flasche Korn am Abend sei völlig OK.

Vor ein paar Tagen habe ich Flugblätter von PRO NRW gesehen. Die hatten irgendwelche Typen in die Briefkästen der Stadt gesteckt. Auf den Flugblättern war ein roter Kreis, mit einem roten Querbalken. Im Kreis, eine Moschee. Darüber der Spruch "Nein zu Minaretten und Muezzinruf" Darunter: "Islamistische Terrorgefahr bekämpfen:"

Mit dieser Rechts-Propaganda versucht PRO NRW in Bottrop Stimmen bei den kommenden Kommunalwahlen zu gewinnen.

Ich wollte meine Stadt über PRO NRW aufklären.

Deswegen habe ich bei der Lokalzeitung angerufen. Bei dem örtlichen Chefredakteur der WAZ. Ich hab ihm gesagt, dass ich freier Reporter bin. Ich hab ihm gesagt, dass ich seriös arbeite. Dass ich vor kurzem den Wächterpreis gewonnen habe. Zwar nur den dritten Platz, aber immerhin. Ich habe dem örtlichen WAZ-Chef gesagt, dass ich gerne über PRO NRW in Bottrop schreiben würde. Damit die Menschen in unserer Stadt wissen, wer sich hinter der Biedermann-Fassade versteckt.

Pro NRW. Das ist ein rechtsdrehender Verein, der mit übler Propaganda versucht, Dummköpfe zu ködern. Der Verfassungsschutz beobachtet die Bande. Fast wie unter einer Tarnkappe schleichend will die Truppe landesweit bei den kommenden Kommunal- und Landtagswahlen antreten. Ortsverbände gibt es schon in Gelsenkirchen, Bottrop, Nettetal und Warendorf.

Hinter Pro NRW steckt die fast gleichnamige Gruppe Pro Köln. Hier in der Domstadt, da haben die Populisten ihren ersten Erfolg gefeiert. Sie sitzen im Stadtrat. Dank ihrer verquasten Hetz-Sprüche.

Die „Pro Köln“-Aktivisten nennen sich "seriös“ und „demokratisch“. Es soll scheinen, als gehöre man zur politischen Mitte, sei sogar die „Stimme der schweigenden Mehrheit der einheimischen Bevölkerung“. Kritik wird als „billige propagandistische Masche“ des Establishments abgetan. „Werden Sie misstrauisch, wenn irgendjemand den Eindruck zu erwecken versucht, Pro Köln würde mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache machen“, heißt es auf der Pro-Köln-Homepage.

Tatsächlich aber laufen im Umfeld der Gruppe und ihres politischen Vorläufers der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ haufenweise dubiose Figuren herum.

Da ist der glühende Hitler-Verehrer Thomas Adolf etwa.

Adolf fuhr den damaligen Liga-Aktivisten und heutigen Pro-Köln-Stadtrat Manfred Rouhs zu Veranstaltungen. Später machte er als „Killer von Overath“ von sich reden. Mit einer Schrotflinte erschoss er einen Anwalt, dessen Frau und Tochter.

Manfred Rouhs selber ist auf einem Foto zu sehen, wie er auf einer Demo für die Jungen Nationaldemokraten redet.

Jungen Nationaldemokraten – hinter dem Titel verbirgt sich die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.

Der Neonazi-Führer Axel Reitz gab schon mal als Berufswunsch „SA-Standartenführer“ an. Seine politischen Gegner wollte er mit eigenen Worten eines Tages auf den „Marktplatz stellen und erschießen."

Für Pro Köln hat Reitz nach eigenen Angaben eine Kundgebung organisiert – was die Kölner Rechten bestreiten.

Das sind die Kumpane, mit denen sich der Jupp Scholand eingelassen hat.

Jupp Scholand, Ex-Bergmann, Diplom-Ingenieur, 53 Jahre, baut mit offenem Bezug auf die Kölner Truppe den Kreisverband der Neodumpfer in Bottrop auf.

Sein Thema: "In Köln und Duisburg hat die Bevölkerung massive Kritik am Bau von Groß-Moscheen geäußert. Schon morgen kann es Bottrop treffen."

Ich habe dem Bottroper WAZ-Chef gesagt, dass ich gerne über die Hetzer im "seriösen" Kleid schrieben würde.

Der lokale WAZ-Chef hat abgelehnt. Er sagte, er wolle den Rechten keinen Platz in seiner Zeitung einräumen. Ich sagte, ich würde keine Propaganda Pro Scholand schreiben. Ich würde dafür sorgen, dass die Bottroper erfahren, wer hinter der Pro Truppe steckt. Damit sie nicht auf die Propaganda reinfallen. Ich habe gefragt, was der lokale WAZ-Chef von Aufklärung hält.

Der lokale WAZ-Chef hat gesagt: Aufklärung sei nicht nötig.

Vielleicht hat er ja recht, wenn er meint, die Rechten würden sich über jeden Text in der Zeitung freuen – auch wenn sie verrissen würden. Vielleicht hat er recht zu ignorieren, was da aus der Gosse stinkt.

Aber ich glaube an die Kraft der Aufklärung.

Die Menschen müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Sie brauchen keine selbstgewählte Zensur, sondern klare Worte. Gerade wenn es um Pro NRW geht.

Nur Aufklärung garantiert Freiheit.

Darum wurden Zeitungen einst gegründet, verboten und im Untergrund verteilt.

 

 

 

 

 

Schmutzige Geschäfte in Mülheim

Die Geschichte von Mülheim an der Ruhr ist schmutzig. Es geht um Bestechung, Ämterkauf und dubiose Zeugen. Im Zentrum der Affäre: die Mülheimer SPD und ein offenbar gekaufter Ratsherr.

  Zentrale der RWW in Mülheim an der Ruhr copyright: frankstorkmh @ flickr.com

Man muss weit zurückgehen, um zu verstehen, was in diesen Tagen in der kleinen Ruhrstadt, eingeklemmt zwischen Duisburg und Essen, aufbricht wie ein Geschwür, das nie heilen konnte.

Es begann im Jahr 2001. Damals bereitete die Stadt Mülheim eines der größten Privatisierungsvorhaben in der Geschichte des Ruhrgebietes vor. Die Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) sollten verkauft werden. Ein komplizierter Deal. Mehrere Kommunen hatten sich unter Leitung der Mülheimer Stadtverwaltung zusammengeschlossen, um möglichst viel Geld herauszuschlagen. Es gab nur zwei nennenswerte Bieter. Auf der einen Seite der Gelsenwasser Konzern und auf der anderen das RWE mit seiner Tochterfirma RWE Aqua.

Nach zähen Verhandlungen und einem dubiosen Vergabeverfahren, an dessen Ende RWE und Gelsenwasser bis auf den Cent genau die Summe von 113 Millionen Euro boten, drohte ein Debakel. Während die SPD für einen Verkauf an das RWE war, favorisierte der damalige OB Jens Baganz einen Verkauf an Gelsenwasser. Gleichzeitig mobilisierte die Mülheimer Bürgerinitiative MBI ihre Ratsmitglieder gegen den Verkauf. Eine Entscheidung im Stadtrat schien nicht mehr gewiss.

In dieser heißen Phase fiel die Aufmerksamkeit der Macher auf den MBI-Mann Mounir Y. Vor allem die SPD-Strippenzieher wirkten im Hintergrund: Würde der Y. in ihr Lager wechseln, wäre der Verkauf an das RWE gesichert.

Tatsächlich wurde Mounir Y. erfolgreich bearbeitet. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung wechselte der gebürtige Marrokaner die Seiten. Damit sprengte er die Fraktion der MBI und verschaffte der SPD mit ihren Partnern von der FDP eine stabile Mehrheit pro RWE.

Allerdings wurde Y. damals wohl auch mit unlauteren Mitteln massiert. Wie vor kurzem bekannt wurde, hat Mounir Y. offenbar als Gegenleistung für seinen damaligen Seitenwechsel einen gut dotierten Job bei den SPD-kontrollierten Müllwerken bekommen. Und obendrauf einige Aufsichtsrats- und Ausschussmandate.

Es häufen sich weitere Unstimmigkeiten: Bei seiner Einstellung als Leitung einer Vergärungsanlage hat Mounir Y. gefälschte Uni-Zeugnisse vorgelegt. Der Neu-Genosse gab sich als Diplom-Chemiker aus. Dabei hatte er nie die erforderlichen Prüfungen abgelegt. Zudem ließ sich Y. Überstunden auszahlen, die er offenbar nie abgeleistet hat. Diese Vorwürfe wurden mittlerweile vor dem Arbeitsgericht Oberhausen erhärtet.

Für den Vorsitzenden der MBI, Lothar Reinhardt ist das alles ein klarer Fall von Korruption. „Mr. Y. hat sein MBI-Ratsmandat meistbietend verkauft.“

Wer wusste von diesen Umstimmigkeiten? Nach Auskunft aus der SPD-Fraktion in Mülheim sind die ehemaligen SPD-Vormänner, Gerd Müller und Thomas Schröer, für den Deal verantwortlich. Beide waren eng mit RWW verbunden – Müller als Geschäftsführer, Schröer als Aufsichtsratschef. Weil beide tot sind, kann man allerdings sie nicht mehr fragen, ob diese Mär stimmt.

Trotzdem ist die Geschichte nicht beerdigt. Nachdem die Vorwürfe gegen Y. bekannt wurden, hat die SPD ihren Fraktionsvorstand aus der Partei entfernt. Trotzdem will sie ihn nicht aus den verschiedenen Aufsichtsräten und Ausschüssen abwählen. Auch sein Ratsmandat kann Mounir Y. behalten. SPD-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld will sich nicht zu den Vorgängen äußern. Gibt es etwa weitere pikante Details des Stimmenkaufs zu verschweigen, die Y. enthüllen könnte? Die Vermuttung liegt nahe, den die SPD belässt den schmierverdächtigen Ratsherrn tatsächlich ausgerechnet im Amt des stellvertretender Vorsitzender im Rechnungsprüfungsausschuss.

Eine zweite Geschichte beginnt. Vor wenigen Tagen präsentierte die WAZ einen Zeugen, der behauptete im Auftrag einer Beratungsfirma des RWE dem Abgeordneten Y. 20.000 Mark zugesteckt zu haben, damit dieser zu den RWE-Kollegen von der SPD kommt. Der Zeuge Christian L. hat eine entsprechende eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sowohl RWE als auch die Beratungsfirma bestreiten aber die Bestechungsvorwürfe.

Und tatsächlich erweist sich der Zeuge bei genauem Blick als sehr unzuverlässig. Gegen Christian L. ihn laufen Vollstreckungsbefehle, Taschenpfändungen werden vorbereitet. Gegenüber Bekannten prahlte er kürzlich damit bald zurück „nach Mallorca“ zu gehen. Für Christian L. ist die Insel kein Neuland. Als vorbestrafter Steuerhinterzieher und Unfallflüchtiger war er während eines Hafturlaubs dorthin geflüchtet. Menschen die den gebürtigen Bottroper Christian L. kennen, bezweifeln, dass der „notorische Lügner“ im Fall des Stimmenkaufs die Wahrheit sagt: „Der erzählt nur Mist.“

Für den CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Stefan Zowislo ist das alles nicht mehr nachvollziehbar. „Die alten Fälle müssen endlich aufgeklärt werden. Wir brauchen einen politischen Neuanfang.“ Es sei unmöglich, dass die SPD die ganze Verantwortung auf zwei Tote abschiebt.

Grüne Contra Langemeyer

Die grüne Fraktion im Regionalverband Ruhr wehrt sich gegen die Versuche des Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer, den Verband in eine Agentur umzuwidmen und einen Städtebund als Alternative zum RVR zu etablieren. Martin Tönnes, Fraktionsvorsitzender der grünen RVR-Fraktion meint: „Der Dortmunder Oberbürgermeister Dr. Langemeyer vertritt inzwischen ohne Rücksicht auf die Interessen der Metropole Ruhr einzig und allein seine eigenen Interessen.“

 

Martin Tönnes, B90/Die Grünen. Foto: Grüne RVR-Fraktion

Pikant wird die Lage durch zwei Punkte. Einmal ist die SPD im RVR in einer Koalition mit den Grünen. Zum anderen arbeitet die SPD auch in Dortmund mit den Grünen zusammen. Auch hier ist Martin Tönnes einer der führenden Köpfe.

„Um als Metropole Ruhr im Wettbewerb mit anderen europäischen Metropolen bestehen zu können, ist jedoch eine regionale Sicht und regionale Kooperation aller 53 Kommunen notwendig. Der von ihm geplante Städtebund geht zu Lasten der kleineren Städte, da ein solches Modell faktisch auf eine Dominanz weniger großer Städte hinauslaufen würde. Damit verabschiedet sich OB Dr. Langemeyer von der regionalen Solidarität in der Metropole Ruhr.“

Auch für Langemeyers Absage an eine einheitliche Regionalplanung und einen eigenen Regierungsbezirk für das Ruhrgebiet haben die Grünen kein Verständnis. „Das Gezerre um die Umweltzone hat erst kürzlich bewiesen, dass die bürokratische Dreiteilung der Region schadet und durch Doppel- oder Dreifachzuständigkeiten immer wieder städteübergreifende Initiativen gehemmt werden“, fährt Tönnes fort. „Und wo steht eigentlich die Ruhr SPD in dieser Diskussion? Erst vor drei Wochen hat sich die SPD-Fraktion einschließlich elf SPD-OberbürgermeisterInnen und SPD-Landräte im RVR gemeinsam mit allen anderen Fraktionen zum Regionalverband als starke regionale Klammer bekannt. Falls dies nicht nur ein Lippenbekenntnis war, ist es nun höchste Zeit zu einer klaren Aussage der Ruhr SPD. Die Störfeuer aus Dortmund müssen endlich ein Ende finden, weil dies dem Verband wie auch der Region massiv schadet.“

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Dortmunds OB Langemeyer will den aktiven Städtebund

 

Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer. Foto: dortmund.de

Man muss dem Dortmunder OB Gerhard Langemeyer einiges lassen. Unter anderem, dass er sich kreativ für neue Lösungen im Ruhrgebiet einsetzt, auch wenn sie Kontroversen auslösen.

Vor diesem Hintergrund verteidigt Langemeyer im Gespräch mit mir auch die Idee eines Städtebundes Ruhr mit den Oberbürgermeistern als einzige legitime Spitze, die sich in geheimen Runden treffen, um gemeinsame Strategien abzusprechen.

„Wir sind als Oberbürgermeister direkt gewählt und für unsere Kommunen verantwortlich. Wenn wir uns treffen, dann sind wir von unseren Bürgern dafür demokratisch legitimiert“, sagte Langemyer. Mehr öffentliche Kontrolle sei also nicht nötig. Und wenn es was mitzuteilen gebe, werde das von den lokalen Pressestellen weitergereicht. Nachfragen – leider noch nicht vorgesehen.

Aber natürlich geht es um die Inhalte des Städtebundes, und hier zieht Langemeyer eine scharfe Trennlinie zum Regionalverband Ruhr. „Der RVR ist eine kommunale Veranstaltung. Wenn dorthin jetzt staatliche Aufgaben wie die Planungshoheit verlagert werden, dann ist das nicht hinnehmbar. Welcher Oberbürgermeister soll das gut finden?“ Und weiter: „Eine Quasi-Staatliche Form der regionalen Verwaltung ist nicht tragbar. Das ist Fremdbestimmung. Das brauchen wir nicht.“

Für den Fall, dass der RVR wie von der Landesregierung vorgesehen die Planungshoheit über das Revier im Jahr 2009 erhalten sollte, kündigte Langemeyer bereits jetzt weitreichende Schritte an. „Wenn wir aus dem RVR austreten, bleiben wir automatisch im Regierungsbezirk Arnsberg, dann ändert sich für uns nichts. Die Frage ist doch, was wir brauchen, eine staatliche Regionalplanung im RVR oder eine Regionalplanung in Arnsberg.“

Druck von außen will sich Langemeywer auf jeden Fall nicht beugen: „Die Landesregierung muss zur Kenntnis nehmen, dass es im Ruhrgebiet kommunale Interessen gibt. Und diese Interessen müssen vertreten werden. Es gibt keine Lösung an den Städten vorbei. Das kann kein Lammert durchsetzen.“

Auch an die Lösung der Kleinstädterei durch gemeinsame Finanzinstrumente glaubt der Dortmunder Oberbürgermeister nicht. Einen kommunalen Finanzausgleich bei den Gewerbesteuereinnahmen könne es nicht geben, so wie er von einigen Städten angestrebt wird. „Der Ausgleich funktioniert über das Land durch die Kommunalzuweisungen. Mehr ist nicht nötig.“ Eine Ausnahme macht Langemyer nur bei gemeinsam entwickelten Gewerbegebieten in städtischen Randlagen. „Hier kann es Insellösungen geben.“

Auch ein gemeinsamer Flächennutzungsplan mit anderen Städten, wie ihn das Landesplanungsrecht für das Ruhrgebiet vorsieht, ist für Dortmund kein Thema:. „Wir haben erst 2004 einen neuen Plan aufgestellt und ihn in die Planungen der Bezirksregierung Arnsberg eingepasst. Wir haben keinen Bedarf an neuen Planungen. Unser Plan ist sicher 20 Jahre gültig.“

Langemeyer will endich die Strukturdebatten im Ruhrgebiet beenden: "Wir brauchen Lösungen für konkrete Projekte. Darauf sollten wir unsere Kraft konzentrieren.“ In diesem Sinne könnte der RVR die Rolle einer Agentur übernehmen, die gezielt Projekte für die Kommunen umsetzt. Sei es in der Grünpflege oder im Tourismus. „Ich sehe die Rolle des RVR ähnlich wie die des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr. Er muss sich um konkrete Aufgaben kümmern und nicht um die Belange der Kommunen."

Von dem gemeinsamen Ruhrbezirk, wie ihn SPD und Grüne noch in den letzten Wochen der rot-grünen NRW-Koalition vereinbart hatten, will der Dortmunder OB nichts mehr wissen. Das "Düsseldorfer Signal", so hieß die Vereinbarung damals, spielt für Langemeyer „keine Rolle“ mehr. „Die SPD steht für diese Überlegungen nicht mehr zur Verfügung.“

Klare Worte des Oberbürgermeister.

 

 

 

Volksherrschaft in Bottrop – ach Sch… drauf

Flugplatz Schwarze-Heide. Foto: Flickr/der dennis

In Bottrop wird in diesen Tagen über die Erweiterung des Flugplatzes "Schwarze Heide" diskutiert.

Das ist eine alte Feldpiste aus dem zweiten Weltkrieg, auf der bis Mitte der neunziger Jahre nur Segelflieger und ein paar Motorflieger ihrem Hobby nachgingen. Nun hat sich die Lage geändert. Auf Beschluss der SPD-Mehrheit wurde die Graspiste vor ein paar Jahren asphaltiert. Die Schwarze Heide soll ein richtiger Flugplatz werden. Den Bedarf dafür gebe es auch, sagt die Stadt, schließlich würde ein Flugzeugbauer eine Werft am Platz unterhalten und Geschäftpiloten immer mal wieder Station zwischen Dorsten und Kirchhellen machen.

Schon jetzt gibt es ein Gewerbegebiet mitten in der Pampa neben einem aufgegebenem Munitionsdepot der NATO. Leider stehen die Hallen größtenteils leer. Und auch die örtliche Flugschule am Waldessaum ist weniger als gut besucht.

Doch das soll bald alles anders werden, denn die SPD will ja die Landebahn verlängern. Dazu muss der Rat der Stadt am Nordrand des Ruhrgebietes dem Projekt zustimmen, denn er herrscht ja im Namen des Volkes über die Knete der Kommune, die im Sand der Heide verbuddelt werden soll.

Und genau hier, im Rat von Bottrop, trug sich vor wenigen Tagen folgendes zu:

Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte auf 220-Seiten in einer Stellungnahme zum Planfeststellungsbeschluss festgestellt, dass der "auf eine Prognose gestützte Bedarf" für den Flugplatz Schwarze Heide "nicht nachgewiesen werden konnte." Sprich: Nach Ansicht der Bezirksregierung wird der Flugplatz nicht wirtschaftlich zu führen sein und stattdessen zu einem Millionengrab. Das Ding ist überflüssig wie ein Kropf. Insgesamt listete die Bezirksregierung knapp 70 Problemfelder contra "Schwarze Heide" auf.

Beeindruckt das die Bottroper Stadtverwaltung oder die SPD? Ach wo!

Stattdessen heißt es: In der Feststellung der Bezirksregierung wimmele es vor "sachlichen Fehlern". Und deswegen habe man die Stellungnahme auch erst gar nicht an den Rat weitergeleitet, sagt Rechtsdezernent Paul Ketzer. Schon gar nicht, bevor der Beschluss zur Finanzierung gefallen ist. Wo käme man denn da hin, schließlich werde das Papier der Bezirksregierung ja soweiso in ein paar Wochen "Makulatur" sein, hofft Ketzer, wenn man erst eine eigene Stellungnahme abgegeben habe.

Und deswegen wurde im Bottroper Rat auch zuerst der Haushalt verabschiedet und dann ließ sich die Herrschaft herab, ein paar Worte zum Flugplatz zu sagen.

Ablauf klar?

1. Stadt will Landebahn für Flugplatz Schwarze Heide ausbauen.

2. Bezirksregierung sagt, das ist Unsinn.

3. Stadtverwaltung gibt Stellungnahme der Bezirksregierung nicht weiter.

4. Rat bleibt dumm.

5. Rat beschliesst Enwurf der Stadtverwaltung zum Haushalt – und damit Förderung der Landebahn.

6. Stadtverwaltung gibt Einwände der Bezirksregierung teilweise bekannt und sagt, das ist alles Mumpitz.

7. Stadtverwaltung beantwortet einige Fragen des Rates zur Stellungnahme der Bezirksregierung.

8. Aber das ist auch egal, weil der Haushaltsbeschluss ja schon gefällt ist.

Mir fällt zu einem solchen Gehabe nichts mehr ein.

 

 

PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 4

Uhlenberg. Foto: nrw.de

Es ist nicht leicht gegen die Macht zu bestehen. Wir wollen der Macht vertrauen, wollen glauben, dass wir in guten Händen sind.

Es ist nicht leicht zu bestehen, besonders dann nicht, wenn sich die Macht in Person eines Ministers in den Landtag stellt und Reporter diffamiert.

Wem glauben die Menschen? Der Macht? Oder dem Mahner?

Für die meisten ist es leichter der Macht zu vertrauen. Das ist der sichere Weg. Gerade für Journalisten. Ich schreibe auf, was die Macht sagt. Fertig, kein Ärger mit Niemanden.

Den Mahner zu verstehen, bedeutet dagegen, sich auf einen beschwerlichen Weg hinab zur Wahrheit zu begeben. Man muss lesen, Daten begreifen, Zusammenhänge schaffen. Der Weg führt tief in die Details, in Archive, in Messlisten, in Jahresberichte. Es ist ein mühsamer Weg. Und er führt zu einem schweren Ziel.

Denn am Ende des Weges steht man gegen die Macht. Es gibt keinen Kompromiss. Die Macht leugnet die Wahrheit.

Ich will hier im PFT-Skandal nur ein Detail aufgreifen. Man könnte meinen, es ist langweilig. Aber der Reihe nach.

NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg sagt, es seien keine Daten für das Klärwerk Brilon Scharfenberg aus seiner Veröffentlichung zu den PFT-Emissionen aus den Ruhrklärwerken gelöscht worden.

Stimmt das?

Wir müssen uns auf den Weg durch die Details machen.

In seiner Tabelle komkas.pdf gibt der Minister folgende Daten an.


Hier sehen wir, dass für die Kläranlage Brilon Scharfenberg Konzentrationen verzeichnet sind. Doch da, wo die täglichen Frachten verzeichnet sein sollten, stehen nur Sternchen.

Warum?

Der Rechtsanwalt des Ministers sagt, es gebe für dieses kleine Klärwerk keine Jahresabflussmengen, mit deren Hilfe man aus den Konzentrationen eine PFT-Fracht hätte berechnen können. Die Kläranlage Brilon Scharfenberg sei schlicht zu klein.

Stimmt das?

Ich habe nach mühsamer Recherche folgende Tabelle des Ruhrverbandes gefunden:


Aus der Tabelle gehen zunächst drei Dinge hervor:

1. Es ist offensichtlich die gleiche Messung, die auch in der Tabelle des Ministers verwendet worden ist. Wie man sieht, stimmen die Konzentrationen auf die dritte Stelle hinter dem Komma überein. (Zur Erklärung, der Ruhrverband stellt auf Nannogramm ab, der Minister stellt die Konzentration in Mikrogramm dar. Dadurch verschiebt sich aber nur das Komma um drei Stellen. Die Zahlen bleiben gleich.)

2. Es ist offensichtlich, dass der Ruhrverband bei seiner Messung eine Ablussmenge bestimmen konnte. Und zwar 1.200 Kubikmeter am Tag. Diese Abflussmenge liegt den so genannten Jahresabflussmengen zugrunde.

3. Der Ruhrverband war in der Lage eine PFT-Fracht für die Kläranlage Brilon Schrafenberg zu berechnen. Und zwar kommt der Ruhrverband auf 5,7 Gramm.

Wir haben jetzt gelernt, dass es Abflussmengen für die Kläranlage Brilon Scharfenberg gibt. Nun ist die Frage, ob diese Abflüsse auch im Ministerium bekannt sind.

Wieder müssen wir im Archiv suchen. Und wir werden fündig.

Der Minister selbst hat eine Publikation herausgegeben. Und die heißt: „Entwicklung und Stand der Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen – 13. Auflage – Langfassung“.

Hier steht auf Seite 223 die Tabelle „12.30 – Ruhreinzugsgebiet – Kläranlagen“.

In der 8. Zeile dieser Tabelle findet man das Klärwerk Brilon-Scharfenberg.

Hier ist ein Abflusswert von 748 Liter je Einwohner (l/EW-d) am Tag angegeben.

Gleichzeitig werden für Brilon-Scharfenberg 1800 Einwohner aufgeführt.

Daraus ergibt sich ein Tagesabflusswert von 1.346,4 Kubikmeter am Tag.

Die Publikation des Ministers ist von ihm persönlich unterschrieben im Januar 2008 erschienen und bezieht sich auf Daten zum Stichtag 31. Dezember 2006.

Es gibt weitere Berichte, ältere Berichte des Ministeriums, die ebenfalls Abflussmengen für Brilon Scharfenberg angeben.

Wir haben jetzt gelernt, dass es Abflusswerte für die Kläranlage gibt.

Damit wissen wir, dass der Rechtsanwalt des Ministers Mumpitz erzählt.

Wurden jetzt aber Daten gelöscht? Ich kann keine andere Erklärung für die Sternchen in der Tabelle komkas.pdf finden.

Aber warum wurden Daten entfernt?

Zur Erinnerung, das verseuchte Feld in Brilon Scharfenberg führt der Minister als einer der Hauptgründe für die PFT-Misere in der Ruhr an.

Die letzte bekannte Messung der Kläranlage Brilon Scharfenberg stammt aus der Zeit vor der Sanierung des genannten Feldes, wie aus den oben angeführten Daten des Ruhrverbandes hervorgeht. Demnach stammt die Messung vom Dezember 2006. Gab es danach keine Messungen mehr?

Oder ist bei der Sanierung des Feldes irgendwas schief gegangen? Floss vielleicht sogar PFT-verseuchtes Wasser aus dem Südhang des Feldes in die Kläranlage? Und ruinierte deren Werte? Wurde vielleicht die Kläranlage zwischendurch abgeschaltet? Wir wissen es nicht.

Aber wir werden es erfahren. Denn die Suche geht weiter.

Und solange stehe ich halt weiter gegen den Minister, denn der Weg zur Wahrheit hat mich hierhin geführt.

Profi übernimmt Initiativkreis – RAG-EVONIK-Müller abgelöst

 

  Wulf Bernotat, Copyright E.on

Der Vorstandschef des Energiekonzerns E.ON, Wulf Bernotat, übernimmt im August die Rolle des Moderator im Initiativkreis Ruhrgebiet. Dies entschied am Samstag die Vollversammlung des Kreises, wie ein Sprecher in Essen mitteilte. Bis dahin wird der Ex-Wirtschaftsminister, Ex-Rag-Chef und amtierender Vorsitzender des Mischmasch-Konzerns Evonik, Werner Müller, weiter als Moderator amtieren.

Der Initiativkreis Ruhrgebiet ist ein Zusammenschluss großer Unternehmen im Ex-Kohlenpott, die sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen verdient machen wollen. Intern war in den vergangenen Monaten öfter Kritik an Müller laut geworden, da der Ex-Politiker den Initiativ-Kreis zu oft als Werbeplattform für seine Firma missbraucht haben soll. Ich enthalte mich hier einer Bewertung und gebe nur wieder was im Initiativkreis erzählt wurde. Es hieß, Müller wolle an die Börse, deswegen haue er eben auf die Pauke. Die anderen Firmen hätten das nicht nötig, die seien schon lange am Parkett.

Gut, jetzt tritt Müller aus der ersten Reihe ab. Mit Bernotat hat der Initiativkreis Ruhrgebiet einen sehr fähigen Mann als Moderator gewonnen, der mehr Wert auf Sein, denn auf Schein legt.

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PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 3

Umweltminister Uhlenberg. Foto: umwelt.nrw.de

Das Gift, um das es hier geht, heißt PFT. Perflourierte Tenside. Man braucht es für Wasser abweisende Beschichtungen, etwa für Goretex-Jacken. PFT reichert sich im Menschen an, vor allem im Blut. Vermutlich ist der Stoff krebserregend.

In Nordrhein-Westfalen fließt das Gift täglich in den Fluss Ruhr. Seit Jahren. Ununterbrochen. Niemand weiß, wie lange schon. In der einen Woche sind es 11 Kilo. In der nächsten nur 2,5 Kilo. Das Gift ist da. Das beweisen Daten, die mir vorliegen.

390 Nanogramm. Zum Vergleich: im Trinkwasser gelten mehr als 300 Nanogramm je Liter als gesundheitlich bedenklich. Die Kinder leiden schon lange an einer schweren Krankheit, heißt es in einer Untersuchung. Deswegen hätten sie viel klares Wasser trinken müssen. Und wegen des vielen Wasser wären ihre PFT-Werte heute so miserabel. Woher sollten die Eltern auch wissen, dass aus dem Hahn Gift fließt? Was mit den Kindern jetzt passiert, ist ungewiss. Genauso ungewiss wie das Schicksal der anderen Menschen, deren PFT-Werte im Blut deutlich erhöht sind. Etliche werden medizinisch beobachtet, wie Mäuse in einem Feldversuch. Hunderttausende wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass sie Gift im Blut haben.?260 Nanogramm PFT je Liter Blut gemessen. Ein anderes Kind hatte einen PFT-Wert von 226?Mehr als vier Millionen Menschen trinken Wasser aus dem Uferfiltrat der Ruhr. Die Ruhr ist damit einer der wichtigsten Trinkwasserflüsse der Republik. Im Blut eines Kindes in der Stadt Arnsberg an der Ruhr wurde eine Konzentration von 396

Als der PFT-Skandal vor fast zwei Jahren bekannt wurde, reagierten die Behörden zunächst schnell. Im „Kaufland“ im Arnsberger Stadtteil Bruchhausen haben sie portioniertes Trinkwasser an die Bevölkerung verteilt. Dann bauten die Wasserwerke an der Ruhr Aktivkohlefilter in ihre Anlagen ein. Die Giftkonzentrationen im Trinkwasser sanken auf ein unbedenkliches Maß. Die Lage beruhigte sich. Es wurde still.

Und in dieser Stille an der Ruhr wurden die Aktivkohlefilter in vielen Wasserwerken wieder abgestellt. Der Betrieb der provisorischen Anlagen war offenbar zu teuer. Was dann passierte, war absehbar. Die PFT-Werte im Trinkwasser stiegen an. Das Gift kehrte zurück in die Wassergläser. Als ich das für die „Welt am Sonntag“ enthüllte, ordnete der zuständige NRW-Umweltminister Eckehard Uhlenberg (CDU) an, die Filter sofort wieder einzuschalten. Kurze Zeit später veröffentlichten die Wasserwerke einen Beschluss, ihre Anlagen für 140 Millionen Euro PFT-fest nachzurüsten. Die Lage schien sich wieder zu beruhigen.

Doch eine Frage blieb weiter unbeantwortet. Wo kommt das Gift überhaupt her? Schnell machte Umweltminister Uhlenberg eine kriminelle Firma verantwortlich. Staatsanwaltliche Ermittlungen enthüllten, dass Geschäftmacher als Biodünger getarnte Klärschlämme an Bauern verteilt hatten. Die Schlämme waren PFT-verseucht. Das Umweltministerium fand ein Feld im Sauerland-Ort Brilon Scharfenberg, das besonders verschmutzt war. Für eine Million Euro wurde der Acker mit einer Drainage versehen. In Pressemeldungen aus dem Hause Uhlenberg heißt es seither, die wichtigste Quelle der PFT-Verschmutzung sei damit verstopft. Der Minister selbst sagte vor dem Düsseldorfer Landtag weiter: „Es gibt heute kein spezifisches PFT-Problem in der Ruhr.“

Doch das stimmt nicht. Aus Unterlagen, die mir vorliegen, geht hervor, dass aus dem Acker in Brilon vor der Sanierung durchschnittlich rund 22 Gramm PFT am Tag in die Ruhr geflossen sind. Nach der Sanierung waren es sieben Gramm. Mit dieser geringen Menge können nicht die hohen PFT-Frachten in der Ruhr erklärt werden, die auch ein Jahr nach der Sanierung des Ackers festgestellt werden. In der Ruhr liegt der Wert durchschnittlich bei 600 Gramm am Tag. Es scheint, als erfülle die Fläche in Scharfenberg fast nur die Rolle eines Sündenbocks. Das Umweltministerium erklärte dazu, das Gift sei aus dem Acker weiter in die Möhnetalsperre an einem Zufluss der Ruhr gesickert, und von hier aus weiter in den Fluss. Dabei habe sich die Talsperre wie ein gigantischer Puffer mit dem Gift aufgeladen, das nun nach und nach wieder abgegeben werde.

Doch diese Theorie hat einen Schwachpunkt. Messungen beweisen, dass aus der Talsperre rund 200 Gramm PFT am Tag in die Ruhr fließen. Das aber kann nicht mit einem täglichen Zufluss von 22 oder sieben Gramm erklärt werden. Offensichtlich muss es noch andere PFT-Quellen geben.

Die Wahrheit ist schwer zu finden. Sie liegt versteckt und bewacht in Behördenschränken. Erst nach einer Auskunftsklage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg bekam ich Messdaten aus den Klärwerken an der Ruhr. Aus diesem Material kann rekonstruiert werden, dass ausgerechnet die kommunalen Klärwerke im Schnitt 210 Gramm PFT täglich in den Fluss pumpen, aus dem Millionen Menschen ihr Trinkwasser beziehen. Das entspricht etwa 30 Prozent der PFT-Verseuchung. Wenn man dazu die Möhnetalsperre mit ihren unbekannten PFT-Quellen nimmt, kann man gut 70 Prozent der täglichen PFT-Last identifizieren. Für weitere Verschmutzungen müssen verseuchte Äcker und Böden entlang der Ruhr die Ursache sein.

Wie aus vorliegenden Unterlagen hervorgeht, konnte die PFT-Last in der Ruhr seit Dezember 2006 nicht nennenswert reduziert werden. Als ich das für die "Welt am Sonntag" und die Ruhrbarone enthüllte, griff mich Minister Uhlenberg vor wenigen Wochen scharf an. Er behauptete, anders als berichtet, seien die PFT-Emissionen aus den Klärwerken an der Ruhr um fast 30 Prozent reduziert worden. Um diesen Erfolg vorweisen zu können, rechnete der Minister PFT-Daten aus Klärwerken zusammen, bei denen sich in den letzten Monaten die Lage gebessert hatte. Dabei lies der CDU-Mann allerdings Daten aus den Klärwerken unter den Tisch fallen, in denen sich die Lage verschlechtert hatte. Auch bestritt er, dass die gemessenen PFT-Werte im Ruhrwasser gefährlich sind.

Der Landeskorrespondent des WDR, Stefan Lauscher, berichtete über die Widersprüche in der Sendung "Westblick". „Die Sache mit den unterschiedlichen Zahlen (…) hat Uhlenberg im Landtag übrigens nicht aufgeklärt. Sein Pressesprecher sagte mir: Eine ganz komplizierte Geschichte, verstehen nur die Fachleute, deswegen haben wir es nicht getan. Ich glaube, es wäre besser gewesen, er wäre darauf eingegangen.“

Auch Toxikologen beurteilen die Lage ganz anders als der Minister: „Man kann die Werte im Wasser nicht schön rechnen. Das Rohwasser muss verbessert werden, “ sagt Hermann Kruse von der Universität Kiel. Das Ziel müsse es sein, „die Quellen der Verunreinigungen zu verstopfen“. Der Giftforscher Hermann Dieter vom Umweltbundesamt beurteilt die Lage ähnlich. Rein aufs Trinkwasser bezogen, würden zwar die PFT in der Ruhr tatsächlich „kein Problem“ mehr darstellen, sagt Dieter. Doch bei den Frachten in der Ruhr gehe es um etwas völlig anderes. „Wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Stoffe jahrzehntelang in der Umwelt bleiben, sich anreichern und kommenden Generationen gefährlich werden können, ist die jetzige Emission in die Ruhr jenseits aller Panikmache sehr relevant.“

Der Wissenschaftler gilt als einer der renommiertesten PFT-Fachleute in Deutschland. Dieter zieht Parallelen zu früheren Skandalen mit Dioxin, DDT oder Pestiziden. „Es wurden nicht ausreichend Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Jetzt ist uns wieder ein Stoff durch die Lappen gegangen." Der Wissenschaftler meint, es wäre wichtiger gewesen, die wirklichen Ursachen für die PFT-Verschmutzung zu finden, „doch ging diese sachlich begründbare Forderung im politischen Hin und Her der letzten Wochen und Monate offenbar verloren.“ Es sei eben einfacher, die Folgen einer kriminellen Handlung zu heilen, als ein System zu verändern, aus dem alle Nutzen ziehen.

Dabei gibt es eine Lösung: Um das Wasser der Ruhr zu reinigen, müssten die Klärwerke an der Ruhr gezwungen werden, ihre Anlagen zu verbessern. Die Kläranlagen gehören alle dem Ruhrverband, der selbst wieder von etlichen Kommunen in NRW und von wichtigen Industriebetrieben beherrscht wird. In seinen Gremien sitzen Lokalpolitiker aus CDU und SPD. Der Ruhrverband hat Schulden in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Die notwendigen Investitionen in die Anlagen schätzen Experten auf bis zu 500 Millionen Euro. Dieses Geld könnte wahrscheinlich nur aufgebracht werden, wenn die Gebühren angehoben werden.

Das PFT fließt weiter aus den Kläranlagen in die Ruhr. Auch morgen. Wir wissen nicht wie viele Kilo. Wir wissen nur: das Gift ist da und es bleibt.

E.ons Befreiungsschlag setzt RWE unter Druck

E.on bietet den Verkauf des Stromnetzes an. Foto: Ruhrbarone

Um ein Kartellverfahren der EU zu beenden, hat der Düsseldorfer Stromkonzern E.on angeboten, Kraftwerke mit einer Leistung von 4800 MW, das sind zwei Kernkraftwerke, sowie die deutschen Übertragungsnetze zu verkaufen.

Das ist ein Befreiungsschlag des größten deutschen Versorgers, der vor allem RWE unter Druck setzt.

Sollte E.on mit dem freiwilligen Verkauf der Kraftwerke und Netze Milliardenschwere Strafen abwenden, muss auch RWE eine eigene Lösung anzubieten, um ebenfalls EU-Kartellermittlungen zu beenden. Sollte sich RWE ebenfalls dem Druck aus Brüssel beugen, würde der E.on-Vorschlag die gesamte Versorgungslandschaft in Deutschland bahnbrechend verändern. Mit großen Auswirkungen auf das Ruhrgebiet.

Hier die E.on-Erklärung im Wortlaut:

"E.ON hat der Europäischen Kommission strukturelle Maßnahmen vorgeschlagen, um alle laufenden Auseinandersetzungen mit der EUKommission im Strombereich konstruktiv zu beenden und um dem Wettbewerb im deutschen Strommarkt im Interesse der Haushaltsund Industriekunden noch stärkere Impulse zu geben. E.ON bietet an, die eigenen Übertragungsnetze an einen Betreiber zu veräußern, der nicht im Bereich der Stromerzeugung oder Stromversorgung tätig ist.

Zudem will E.ON 4.800 MW Kraftwerksleistung an Wettbewerber veräußern.

Die Kommission hatte in der Folge ihrer Sektorenuntersuchung im Energiebereich (Energy Sector Inquiry) eine Reihe von Wettbewerbsverfahren gegen Energieunternehmen durchgeführt, unter anderem in zwei Fällen gegen E.ON.

Die EU-Kommission hat die Vorschläge ausdrücklich begrüßt, da sie die gegen E.ON erhobenen Vorwürfe und Bedenken ausräumen. Die EU-Kommission wird einen Markttest durchführen, um eine Entscheidung nach Artikel 9 der Verordnung 1/2003 herbeizuführen. Nach diesem Verfahren wären die von E.ON gemachten Vorschläge durch Entscheidung der Kommission rechtlich unmittelbar bindend, und die EU-Kommission würde in diesem Fall die derzeit laufenden Kartellverfahren gegen E.ON einstellen."