Das sind die Worte, die Brooks Brown verwendete, als er im vergangenen Jahr seine kurzen Gedanken über das Massaker an der Columbine High School bloggte. Der Prototyp des "School Schootings" jährt sich nun zum zehnten Mal, Eric Harris und Dylan Klebold erschossen 13 Menschen. Brown war Beteiligter, kurzzeitig auch Verdächtiger, da er mit den Tätern befreundet war. Eric Harris, einer der Täter, schickte Brown am Tag der Tat nach Hause. Später beriet Brown Michael Moore für seinen Film Bowling for Columbine. Mittlerweile, sagt Brown, habe die Zeit einige seiner Wunden geheilt.
Foto vom Columbine Memorial: Jeffrey Beall via flickr.com
Um Bilanz zu ziehen, was alles leichter geworden ist, wie und ob Zeit die Wunden heilt, ist Brown vielleicht nicht der Richtige, den es zu fragen gilt, da er die 7 1/2 Minuten in denen die Täter in der Bibliothek der Schule wüteten und die die Polzei am Telefon mitschnitt, beispielsweise nicht miterlebte. Aber sein Blogbeitrag vom vergangenen Jahr zeigt, wie leicht unverlangte Informationen fließen und erhalten bleiben und vor 10 Jahren schon schuf der Tattag auch eine Zäsur, die bis heute zu spüren ist: Den ungehemmten Ausstoß von Content und dessen ebenso ungehemmte, teilweise folgenlose, teilweise hysterische Wahrnehmung.
Der Täter Eric Harris schimpfte und beleidigte folgenlos schon seit 1996 auf einer persönlichen Website. Das Netz verbreitete die Fotos der Überwachungskameras aus der Schulcaféteria, Fernsehsender schickten Ausschnitte wie diesen durch das Netz. Noch vor 9/11 lieferte das Netzzu einem besonderen Ereignis eine Fülle an ungefilterten Informationen, von Gerüchten. Alles immer neu, Wahrheitsgehalt fraglich. Die Art, wie Informationen auch heute durch das Netz sickern. Mittlerweile gibt es sogar ein Hörspiel.
Aber noch etwas Anderes machte dieses School Shooting zu einer Zäsur: Die Aufbereitung der erlangten Informationen durch die klassischen Medien. Grob gesagt: "Wie erläre ich dem Fernsehzuschauer, was die Jugend (und gerade die den Massakern zugeneigte) vor dem Rechner treibt?"
Die damals begonnende Debatte über die Ego-Shooter, von ihren Gegnern gerne auch Gewalt- oder Killerspiele genannt, ist bis heute nicht abgeebbt. Die Namen Doom, Half-Life und Quake, um nur eine Auswahl der damals erhältlichen Titel zu nennen, die auch von den Columbine-Tätern gespielt worden seien sollen, dürften noch heute den Mittfünfzigern im Polzeidienst Schweißperlen auf die Stirn treiben. Die Spiele, die es den Spielern leicht machten, eigene Shooting-Areas zu erstellen, wurden und werden natürlich gerne dazu benutzt, die Räumlichkeiten der eigenen Schule nachzubilden, um sich dann dort mit anderen zu duellieren. Findet sich solch eine Schulkarte auf dem Rechner eines School-Shooters ist meist sofort klar, welchen Einfluss der Ego-Shooter auf den Einzellfall hatte. Niemand fragt, welches große Gebäude ein 17-jähriger so in-und auswendig kennt, sodass er es am Computer sofort nachzeichnen kann. Seine Schule. Krank? Nein, bestenfallls erwartbar.
Um zu beweisen, dass sich mit Ego-Shootern durchaus die Lust am aktiven und effektiven Waffengebrauch steigern lässt, eignet sich die US-Army besser: Sie vertreibt seit 2002 kostenlos America’s Army und konnte seitdem die Zahl ihrer Rekruten wieder erhöhen. Ob die alle durch das vorherige Spielen des Spiels zu Killern und Psychopathen geworden sind oder es vorher schon waren, sollen die Army-Psychologen feststellen. In Sachen Abu Ghraib dürfte übrigens eher "Thrill Kill" als vorheriger Katalysator gewirkt haben. Bitte selbst bei youtube suchen, ich werde hier zu diesem nie erschienenen Spiel keine Links posten.
Wenn das schon eklig ist, werde ich hier mal eine kleine Prognose abgeben: Binnen der kommenden zehn Jahre wird es jemand mit ’ner Webcam machen. Und ich will nicht wissen, wer alles hinschaut/hinklickt. Dass es die Technik dazu gibt, sollte uns nicht verstören, nur wie auf der Gedenktafel im Bild oben zu lesen ist,"dass Kinder Kinder töten". Und dass daran immer das Unverstandene, das Neue schuld sein soll, das ist schwer zu ertragen. Oder wie ich es heute (auf einer Shooter-Seite) las:
Sobald die Gewalt aus Spielen, Filmen, Medien und Sprache verbannt wurde, werden auch Sie bemerken, dass man Kinder auch erziehen muss.
Es lassen sich viele Zitate dieser Art im Netz finden. So schlimm kann es also um die Heranwachsenden nicht stehen, die um Erziehung betteln, nur damit sie nebenbei ein bisschen Counter Strike spielen können. Alles also wie früher. Wie sich die Zeiten ändern. Vielleicht sollten wir Herrn Brooks Brown aus Littleton noch einmal dazu befragen. Denn der arbeitet mittlerweile in der Computerspielbranche.