„Here I lie in my hospital bed, tell me sister …“ – ein Laien-Lamento

Freitag, vor 9 Tagen.
15 Uhr 15, Hausarzttermin. Das angeschwollene Fußgelenk und Schmerzstellen, die die linke Wade nach oben wandern, machen mir Sorgen. Ich weiß nicht, wo ich mir das eingefangen habe, keine Ahnung. Mein wunderbarer Hausarzt stellt beim Ultraschall fest, dass er an einer Stelle eben einfach nichts feststellen kann: kein Blutfluss. Sagt jedenfalls das Praxisgerät. Ich hatte zuvor erzählt, dass mein Vater in den 1960ern nach einem Beinbruch eine Thrombose bekam, dann die Lungenembolie, Notarzt, zwei Tage Sauerstoffzelt. Sollte er sterben, hieß es damals, würde man auf jeden Fall die Familie über uns anrufen: Die hatten schon Telefon. Er hat’s aber überlebt.
Mit solchen Anekdoten weckt man vor allem schlafende Hunde.
Mein aufgeweckter Hausarzt jedenfalls findet wieder die richtigen maßvollen Worte. Heute spricht er: „Wer A sagt, muss auch B sagen!“ Er telefoniert und lässt telefonieren. Das nahegelegene Krankenhaus soll mich aufnehmen und möglichst noch heute per Phlebografie auf Venen-Thrombose untersuchen.
Ist klar, was jetzt kommt? Die einen im Hospital stehen noch im OP, die anderen sind schon weg. Mein Hausarzt empfiehlt mir dennoch, die Chirurgische Ambulanz des Hospitals aufzusuchen.

Ausgerechnet im Keller der Chirurgischen Ambulanz herrscht Tropenklima an diesem schwülen Tag. Ich komme schnell an die Reihe, unterschreibe alles, was man mir vorlegt, irgendwas mit Datenschutz und Behandlungsvertrag, kenn‘ ich schon. Dann tritt er auf: Ein freundlicher Arzt östlicher Herkunft. Wenn er spricht, erinnert er mich stark an Wladimir Kaminer. (Ich sage ihm das irgendwann, aber er kennt Kaminer nicht. Ich erzähle ihm, wie komisch Kaminer die Deutschen aus russischer Sicht und die Russen aus deutscher Sicht karikiert, empfehle „Russendisco“ und „Das Leben ist kein Joghurt“. Er schmunzelt etwas, aber ich habe das Gefühl, er glaubt, ich veräpple ihn. Also besser nix mehr sagen.)
Dr. „Kaminer“ nimmt Blut ab, erneut eine Ultraschall-Untersuchung: Alle tiefen Venen sind gerinselfrei. Ich lerne was über den Unterschied von tiefen und oberflächlichen Venen. Dann spricht der gute Mann ruhig wie ein alter Indianer: „Tiefe Vene frei, Sie nach Hause gehen.“ Ich meine noch verstanden zu haben, ich solle sicherheitshalber was zur Blutverdünnung bekommen. Dann noch ein Ratschlag obendrauf: „Wenn was anschwillt oder sehr weh tut, schnell wiederkommen.“
Jetzt so ohne genaueren Befund ins Wochenende entlassen zu werden, das gefällt mir gar nicht. Doch Rettung naht für den kleinen Hypochonder in mir. Meine Blutwerte sind eingetroffen, irgendwo im Hintergrund sehe ich den Chefarzt in Zivil herumhuschen. Dann kommt mein Doc wieder rein: „Chef sagen: ‚Alles zurück‘!“ Erhöhte

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Alltagssplitter (9): Kulinarik, Esoterik – etwas über Gerichte und Wein(en)

Physiker wissen natürlich, dass Allerkleinstes (wie ein String) je nach Schwingungsgrad unterschiedliche Teilchen darstellen kann, etwa Photon oder Quark.
Was isst man denn jetzt bei einem Auch-Molekularkoch wie Nelson Müller in dessen Essen-Rüttenscheider Restaurant „Schote“? Quarks oder nur noch Schwingungen? Meine Familie war mal da und ich habe dann u.a. supraatomares, gut sichtbares Lammfilet genommen. Ging auch.

Agar-Agar
Schwieriger war’s beim mit Agar-Agar angerichteten Rotwein-Gelee. Das lässt sich zwar nicht mehr trinken, aber immerhin doch schlürfen – falls man sich das in der „Schote“ traut. Wenn da allerdings im wackelnden Rest-Rotwein noch Wahrheit läge, sähe es nicht gut aus fürs Gelee.

Hohle Knochen
Die Chinesen sagen, man soll einen Brunnen nicht erst zu bohren beginnen, wenn man zu verdursten droht. Aber ein Kalb erst zu schlachten, wenn man Hunger hat, das geht durchaus – wenn man etwas Fastenzeit einrechnet.

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Der Kulturnekropole Ruhr fehlt es an Ritualen

Ralf Rothmann liest - Foto: Jörg Briese

Nach dem Zechensterben darf das Kultursterben nicht sang- und klanglos vonstattengehen

Gerade eben habe ich drei Tage an der zeeländischen Küste verbracht, um Kopf und Herz durchzulüften und ein wenig Distanz zum Alltag zu gewinnen.
Ganz allerdings konnte ich auf die samstägliche Frühstückslektüre der WAZ nicht verzichten und las dort unter der Überschrift „Theater und Festival in Moers bedroht“ die einleuchtenden Zeilen:
„Es ist eine Liste der Grausamkeiten, die derzeit in Moers kursiert, und wenn sie exekutiert wird, ist die bis jetzt so charmante Niederrhein-Stadt tot …“ Und dann berichtet die WAZ von einer möglichen Schließung des Schlosstheaters, einem Ende des Moers Festivals, des Comedy Arts Festivals, von Schließungen bei den Stadtteilbibliotheken oder Altentagesstätten und Kürzungen bei der Sportförderung.
Alles todtraurig, doch nicht neu. Aus anderen Ruhr-Städten treffen solche Hiobsbotschaften regelmäßig ein (die Ruhrbarone berichteten). Und was 2012 nicht abgeholzt wird in der Kunst und Kultur, das kommt eben 2013 ff. an die Reihe, mein Wort darauf.

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Alltagssplitter (8): Scheinheilige und Obszönes

obszön: Adjektiv –
1. in das Schamgefühl verletzender Weise
2. [moralisch-sittliche] Entrüstung hervorrufend“

In der klugen WDR-Scala-Sendung vom 23. Mai 2012 ging es um den „Neuen Atheismus“. Darin durfte die obszöne Pfaffentochter Angela Merkel wieder einmal am Versuch scheitern, Esprit zu zeigen. Hören Sie bitte ruhig selbst nach. O-Ton Angela Merkel:
„Ein frommer Muslim in der Moschee ist mir lieber als eine besoffener Atheist im Freudenhaus.“

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Que sais-je? Eine Antwort auf Mirs Kommentar zu meinem Wallraff-Beitrag

…o.k., Mir, Dank für den Kommentar unter „Alte Einsichten…„.
Und ich frage frei nach Montaigne zurück: Was weiß ich? Was weiß ich wirklich? Was soll ich wissen?

Zugegeben, eigentlich wünsche auch ich mir, dass mehr ‚Wallraffiaden‚ erschienen. Und mit der ‚Enthüllung‘ bzw. besser dem ‚Zur-Sprache-Bringen‘ inhumaner Arbeitsverhältnisse hat sich Günter Wallraff so oder so sicher Verdienste erworben.

Meine Kritik aus dem Ruhrbarone-Artikel „Alte Einsichten, neu verklebt“ bleibt aber bestehen.
Sie schreiben dazu zuletzt:
‚Wallraff hat den Anspruch eines Journalisten und er ist kein erfundene-Geschichten-Erzähler.‘ Das aber berührt genau den Kern meiner Kritik: Mittlerweile müssen wir annehmen, dass Günter Wallraff durchaus auch Teile seiner Reportagen erfunden bzw. entlehnt hat, oder? (Was im Prinzip nicht schlimm wäre, wenn er selbst auch offener damit umgehen würde.)

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Alte Einsichten, neu verklebt. Dem Montagearbeiter Günter Wallraff gewidmet

Die Wahrheiten des Enthüllungsreporters Wallraff oder Wie dokumentarisch ist die Vorspiegelung richtiger Tatsachen?

Schon einmal, Mitte/Ende der sechziger Jahre, war Schluss mit dem Glauben an ewigwährendes Wirtschaftswachstumswunder. Ökonomische Krise, (wilde) Streiks, Entlassungen: Die soziale Marktwirtschaft zeigte auch öffentlich ihre asoziale Seite.
Die Intellektuellen wollten nach den Reparaturen und Umbauten der Nachkriegszeit endlich wieder öffentlich darüber diskutieren, ob es nicht noch ein anderes, ein demokratischeres Deutschland als das der Adenauer Zeit geben könnte. Man organisierte sich. Ab ’68 probten die Studenten den Aufstand, Autorinnen und Autoren schlossen sich ’69 im Verband deutscher Schriftsteller (VS) zusammen. Auch die Literaten wollten endlich schnell und radikal Gesellschaft verändern. (Im Kursbuch 15 wurde angeblich gar der „Tod der Literatur“ ausgerufen, obwohl sich Enzensberger wohl eher darüber lustig machte.)

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Wolkenweiße Lyrikfürstin: Warte nur, balde dichtest du auch!

Die Gedichte der Best- und Longsellerautorin Allert-Wybranietz als Ruinen alternativer Geschwätzigkeit

Wie soll man einer ‚Autorin‘  trauen, die schon auf ihrer Homepage ( http://www.allert-wybranietz.de/ ) einen Steuerbutton mit „Gallerie“ statt „Galerie“ etikettiert? Die Gal(l)e möchte einem hochkommen. Und doch ist es leider so: Die populärste und auflagenstärkste Dichterin aller Zeiten heißt hierzulande auch 2012: Kristiane Allert-Wybranietz. Weit weit mehr als eine Million Bücher, E-Books (vor allem Gedichtbände) müsste sie seit Ende der siebziger Jahre im deutschsprachigen Raum verkauft haben. Die treuesten Leserinnen ihrer „Trotz alledem“-Verschenktexte“ gehörten einst zur links-vulgärfeministisch-alternativen Szene. Die Texte, ihre Softi-Leser und lila-Latzhosen-Leserinnen wurden schon früh von Cartoonist Tetsche verspottet. Bei Elefanten Press brachte er seine Parodien heraus, unter dem schrägen Titel “’Trotz …dem. Texte, die man sich schenken kann’ von Kristiane Ballert-Pyrowitz“.

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Alltagssplitter (7): Götterdämmerung am Rhein

Grünen-Politiker Ströbele forderte 2009, einen islamischen Feiertag in Deutschland gesetzlich zu verankern. Und warum nicht auch einen für gläubige Juden? Wenn dann noch ein buddhistischer Feiertag hinzukäme, einer der Hindus und Bahei, der Mennoniten und BAPtisten, der Scientologen und der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, dann wären auch meine meine letzten Arbeitstage endlich gezählt.
Im Interesse der deutschen Volkswirtschaft hier aber vorerst nur mein Gegenvorschlag  für einen ersten ökumenischen Feiertag: Allahheiligen!
Da wächst zusammen, was zusammengehört.

Arbeitszeugnis Narziss
Die mir selbst gestellten Aufgaben erledigte ich stets zu meiner vollsten Zufriedenheit. Persönlich wie beruflich wünsche ich mir für meine Zukunft alles Gute.

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Alltagssplitter (6): Eros-ionen (leicht upgedatet)

schling-schlang by herholz

Sie hat ein wirklich bezauberndes Lächeln, also bis an die Zähne entwaffnend.
Man möchte ihr förmlich schreiben: „Ich stehe jederzeit zu Ihrer Verführung.“

Kleinanzeige (Michael Klaus gewidmet):
Würde gern lieben. Wer hat Ahnung?

Mit Liebeslügen kann ich leben, mit Verlogenheit nicht.
Ich selbst lüge nie. Muss allerdings immer öfter darauf hoffen, dass zwei Halb-Wahrheiten eine ganze ergeben.

Versuchen Sie, politically correct zu lieben? Es lohnt sich nicht.

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Hommage an Raymond-Émile

Foto: H. Hinrichsen

Raymond-Émile Waydelich (Jahrgang 1938) ist der jüngste Mann, den ich kenne. Wenn er nicht in der Nähe von Straßburg lebt und arbeitet, fährt er mit dem Motorrad gern durch Afrika. Als echter BaRocker liebt er die Frauen, die Küche (in der er selbst vorzüglich kocht) und den Wein. Ja, von dem Mann kann Mann was lernen.
Armeefotograf war er vor fünfzig Jahren auch schon, Dekorateur, Reisender, Archäologe aus Berufung. Studiert hat er an der École d’Arts Decoratifs in Straßburg und später in Paris.

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