Premiere in Dortmund: Tristan und Isolde

Tristan und Isolde Opernhaus Dortmund (Foto: Thomas Jauk)
Tristan und Isolde
Opernhaus Dortmund (Foto: Thomas Jauk)

Zum Spielzeitauftakt an der Dortmunder Oper hat Intendant Jens-Daniel Herzog sich einiges vorgenommen. Mit Richard Wagners „Tristan und Isolde“ wagt er sich an eine Oper, die an alle Beteiligten höchste Ansprüche stellt. Die Interpreten haben enorme Rollen zu stämmen, Dirigent und Orchester müssen in der „Treibhausmusik“ Wagners einen Pfad zwischen atmosphärischem Schweben und durchsichtiger Klarheit finden und die Regie in den eher handlungsarmen vier Stunden dieser „Handlung mit Musik“ Spannung erzeugen, ohne in Aktionismus auszubrechen. Und was macht Jens-Daniel Herzog? Er legt ganz locker die Latte auf internationales Niveau. 

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Uraufführung: Moi Non Plus in Oberhausen

Lise Wolle, Jürgen Sarkiss, Dominique Horwitz in Moi Non Plus. (Foto: Birgit Hupfeld)
Lise Wolle, Jürgen Sarkiss, Dominique Horwitz in Moi Non Plus. (Foto: Birgit Hupfeld)

Es ist eine Traumkombination: Dominique Horwitz spielt und singt Serge Gainsbourg. Wer auf diese Kombination setzt, muss gar nicht mehr viel dazutun, sollte man meinen. Doch das Theater Oberhausen setzt in Koproduktion mit den Ruhrfestspielen noch einen drauf und lässt sich ein Stück über den französischen Sänger von Albert Ostermaier schreiben. Immerhin einer der wichtigsten lebenden deutschen Autoren. 

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DIE SHOW im Theater Dortmund

Eva Verena Müller und Peer Oscar Musinowski in DIE SHOW (Foto: Birgit Hupfeld)
Eva Verena Müller und Peer Oscar Musinowski in DIE SHOW (Foto: Birgit Hupfeld)

Die „DIE SHOW“ ist eine perfekte (Fernseh)Show. Dass Intendant Kay Voges und sein Ensemble unterhaltsame Galas auf die Bühne bringen können, haben sie schon bei diversen Gelegenheiten unter Beweis gestellt. Die „DIE SHOW“ ist nun aber eine Inszenierung im Spielplan und will mehr sein als nur ein unterhaltsamer Abend, der garantiert immer ausverkauft ist. Und so unterhaltsam ist es dann auch gar nicht, denn es gibt zahllose Redundanzen, irgendwann drohen die vielen Einspieler zu langweiligen und der eine oder andere Auftritt eines Stargastes ist vielleicht auch zu lang. Zu lang fanden auch einige Zuschauer den Abend. DIE SHOW hat aber genau die richtige Länge, nämlich die von all den Final-Shows, die heute über die Sender flimmern.

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Der Intendantensucher – Michael Townsend zeigt volle Sachkompetenz

 

Michael Townsend (www.bochum.de)
Michael Townsend (www.bochum.de)

Nachdem der Weggang von Intendant Anselm Weber nahezu beschlossene Sache ist, meldet sich nun Stadtdirektor und Kulturdezernent Michael Townsend in den Ruhrnachrichten zu Wort. Und er überrascht mit erstaunlicher Sachkompetenz. Nachdem er zunächst umfangreiches Verständnis für die Entscheidung Webers zeigt und erneut auf die nicht rosige finanzielle Lage des Schauspielhauses verweist, bringt er seine Hoffnung zum Ausdruck, dass dennoch hochrangige Bewerber sich für die Intendanz in Bochum finden würden. Immerhin gehöre das Bochumer Haus zu den Top 5 in Deutschland, so Townsend. Das bedeutet, es rangiert auf einer Stufe mit Hamburger Thalia Theater, Berliner Volksbühne, Residenztheater München und Berliner Ensemble. Andere Häuser wie das Staatstheater Stuttgart, die Berliner Schaubühne, das Schauspielhaus Hamburg und die Münchener Kammerspiele müssen sich die Plätze dahinter teilen. Ja, auch Frankfurt – die neue Wirkungsstätte von Anselm Weber – findet sich in Michael Townsends Theaterranking

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Raus aus der Armutskomfortzone – Ein Kommentar zum Wechsel von Anselm Weber ans Schauspiel Frankfurt

Anselm Weber (Foto: Diana Küster)
Anselm Weber (Foto: Diana Küster)

Anselm Weber verlässt das Bochumer Schauspielhaus und geht nach Frankfurt. Glaubt man den Kommentaren auf Facebook oder Nachtkritik, ist das erst einmal eine gute Nachricht für Bochum. Das Haus, das Kulturdezernent und Stadtdirektor Michael Townsend in seiner Verlautbarung noch als „eines der ersten Häuser der Republik“ bezeichnet, spielt längst im nationalen Theaterdiskurs keine Rolle mehr. In seinem Text auf derwesten.de bringt Jürgen Boebers-Süßmann die finanziellen Engpässe des Hauses in Stellung. Sie seien dafür verantwortlich, dass Weber eher „Buchhalter als Künstler“ gewesen sei. Es sind jene Engpässe, die Weber von seinem Vorgänger Elmar Goerden übernommen hat, die wahlweise in der Argumentation sich plötzlich wie ein Bergschaden aufgetan haben, oder über Jahre hinweg entwickelten. Dass am Schauspielhaus Bochum schon in den letzten Jahren

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Premiere in Dortmund: „Saul“ von Georg Friedrich Händel

© Björn Hickmann / Stage Picture GmbH
© Björn Hickmann / Stage Picture GmbH

Es ist erst ein paar Jahre her, dass die Barockoper und insbesondere Händels 42 Werke in diesem Genre einen Boom erlebten. Plötzlich standen sie wieder überall auf den Spielplänen und fanden eine enorme Fanbase. Zwischenzeitlich wirkte es fast so, als würde das schwule Opernpublikum, seinem ewigen Anbetungsobjekt Puccini den Rücken kehren und zum puderperückten Barockgenie überlaufen. Wie sich gerade das schwule Musiktheaterklientel, das nicht zu letzt deshalb wichtig ist, weil es zur Senkung des Durchschnittsalters in den Zuschauerräumen beiträgt, seine Lieblinge aussucht, wäre eine Frage, die die Musiksoziologie zu klären hat. Eine Rolle spielt sicher,

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Die Regierung – heute so wichtig wie immer

Copyright: Die Regierung
Copyright: Die Regierung

Essen ist keine Hochburg der Popmusikgeschichte. Martin Kippenbergers GRUGAS haben einen Platz in der Historie, Klaus Nomi hieß noch Sperber mit Nachnamen als er bei seiner Großmutter in Altenessen wohnte, lange bevor er in New York zur außerirdischen New-Wave-Ikone wurde, am bekanntesten und prestigeträchtigsten sind noch Mille Petrozza und Kreator. Und dann ist da natürlich Die Regierung. Jene Band um Sänger Tilmann Rossmy, die zwischen 1984 und 1994 nur vier Alben veröffentlichte und nun am Samstag im Essener Grend wieder auf der Bühne stehen wird.

Der Legende nach beginnt die Geschichte bereits 1982. Tilmann Rossmy startete Die Regierung als Soloprojekt, mit Rhythmusmaschine, Korg-Syntheziser und Gesang nahm er Stücke auf Kassette auf. Alleine ging es aber nicht weiter und Rossmy suchte sich Mitstreiter. 1984 erschien das erste Album „Supermüll“. Kommerziell völlig erfolglos, aber von Michael Ruff in der Spex als beste Platte der 80er Jahre bezeichnet. Sechs Jahre später kam das von Alfred Hilsberg

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Premiere in Dortmund: Don Giovanni

Copyright: Thomas Jauk / Stage Picture
Copyright: Thomas Jauk / Stage Picture

Don Giovanni von Mozart – Das ist so eine todsichere Angelegenheit. Jede Menge Opernhits, eine Story mit Sex (meist eher verklemmt), Gewalt, Mord, Grusel und Höllenfahrt. Null Risiko für ein Haus, immer ausverkauft. Ein paar hübsche Kostüme, schmuckes Bühnenbild, ein eindrucksvoller steinerner Gast, der vielleicht noch ein bisschen mit dem Arm wackelt, und Papierflammen, die dekorativ aus der Unterbühne hervorzüngeln, dann ist das Publikum glücklich. Dass Intendant Jens Daniel Herzog es sich in Dortmund nicht so leicht machen würde, war abzusehen. Dass er an nahezu allen Fronten auf volles Risiko geht, überrascht trotzdem. 

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Premiere am Aalto: Monica Lewinsky und der Tod der ipod-Generation

Le Grand Macabre am Aalto Foto: Matthias Jung
Le Grand Macabre am Aalto Foto: Matthias Jung

Der Vorhang ist geschlossen während das Autohupen-Vorspiel von György Ligetis Oper „Le Grand Macabre“ erklingt. Er bleibt auch erst mal geschlossen und im Parkett steht ein Sänger auf. Es ist Rainer Maria Röhr der den Piet vom Fass spielt. Er hat lange fettige schwarze Haare eine bemerkenswert grünliche Blässe im Gesicht und erinnert irgendwie an Jonathan Meese. Später werden wir feststellen, dass Nekrotzar und ein Computernerd genauso wie Piet aussehen. Da aber keiner von den dreien einen schwarzen Adidas-Jogginganzug trägt, den Hitlergruß macht oder eine Mutter dabei hat, verwerfen wir die Erstassoziation – der debile Kunstdiktator

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LAIBACH: das Ende der Missverständnisse

Laibach (foto: Maya Nightingale)
Laibach (foto: Maya Nightingale)

Das slowenische Künstlerkollektiv LAIBACH und NSK werden seit jeher missverstanden. Sie haben allerdings auch alles dafür getan, dass das lange so bleibt.

Missverständnis 1: Laibach ist eine Band.
Waren sie nie und wollten sie nie sein. Zunächst gibt es keine festen Mitglieder von Laibach, sondern nur das Kollektiv. Bereits auf dem Album „Nova Akropola“ von 1987 findet sich der programmatische Song „Vier Personen“. Laibach besteht immer aus vier Personen, deren Namen Eber, Keller, Dachauer und Salinger sind, sobald sie dem Kollektiv angehören. Auf dem Album WAT von 2003, das die erste deutliche Erklärung des Laibach-Selbstverständnisses

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