Ein Geständnis: So sehr ich mich stets redliche mühe, unvoreingenommen an jeden Theaterabend heranzugehen und persönliche Vorlieben zunächst auszublenden, gibt es doch im Positiven wie im Negativen Schlüsselreize gegen die ich kaum ankomme. Ich denke, dass ich mit diesem Problem unter meinen Kollegen allerdings auch nicht alleine bin. Einer dieser Schlüsselreize ist für mich Glitter. Wenn es auf der Bühne ordentlich funkelt und glitzert, bin ich zumindest schon einmal milde gestimmt. Bei der Premiere von Paul Abrahams Jazz-Operette „Die Blume von Hawaii“ am Theater Dortmund am 21.1. glitzerte es schon bevor der Vorhang überhaupt aufging. Mark Weigel steht
Premiere in Oberhausen: Faust 1
Goethes Faust ist Abiturstoff. Das ist durchaus eine relevante Information, die nicht nur erklärt, warum Faust derzeit in verschiedenster Form auf Spielplänen zu finden ist, sondern auch die Inszenierung am Theater Oberhausen stilistisch rechtfertigt. Im Gegensatz zu vielen Inszenierungen der vergangenen Jahre, die sich mühten, den verquasten zweiten Teil des deutschen Großdramas auf die Bühne zu hieven, beschränkt sich Regisseur Pedro Martins Beja gezielt auf den ersten Teil. Da steckt ja auch schon genug Arbeit drin, denn auch wenn der Faust Goethes wohl bühnentauglichstes Werk ist, zuviel Gedankenschwere und zu wenig Lust am originär Dramatischen haften auch ihm an, auch wenn Goethe im
Kay Voges bekommt ein Klo
Im Sommer vergangenen Jahres musste das Schauspiel Dortmund sein Haus in der Innenstadt verlassen und in die provisorische Spielstätte „Megastore“ in Hörde umziehen. Im November 2016 sollte es zurück gehen, doch daraus wurde nichts. Der Neubau des Werkstätten- und Bürotraktes neben dem Schauspielhaus verzögerte sich, weil im Untergrund alte Fundamente aufgetaucht waren, mit denen niemand gerechnet hatte. Intendant Kay Voges musste daraufhin seinen Spielplan über den Haufen werfen und für den Megastore neu planen. Nun vermeldeten die Zeitungen der Funke-Gruppe, dass eine weitere Verzögerung ansteht und Kay Voges und sein
Premiere in Dortmund: Furcht und Elend des dritten Reiches
Vergangene Spielzeit inszenierte Sascha Hawemann „Eine Familie“ von Tracy Letts am Dortmunder Schauspiel. Hawemanns aufgebrochene, auf das theatral unfertige zielende Ästhetik und die manchmal allzu glatte Oberfläche des amerikanischen Well-made-Plays prallten hart aufeinander und die Reibung, die daraus entstand, ließ nicht immer Funken sprühen. Nun nimmt sich der Regisseur mit „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, das am 10.12. im Megastore Premiere feierte, Bertolt Brecht vor. Dass in diesem Fall Autor und Regisseur in ihrem Theaterverständnis weitaus einiger sind, war abzusehen.
Nachgeliefert: GB84 am Theater Oberhausen
Schon einmal inszenierte Intendant Peter Carp einen waschechten Thriller in Oberhausen: „Waisen“ von Dennis Kelly war eine seiner besten Arbeiten. Bereits am 4.11. hatte „GB84“ Premiere. Ein Politthriller nach dem monumentalen Roman von David Peace über den Bergarbeiterkampf, der 1984 Großbritannien erschütterte. Rund drei Stunden Zeit nimmt sich Carp, um das Geschehen in mehreren miteinander verzahnten Handlungssträngen auf die Bühne zu bringen. Die Textfassung dazu erarbeitete Stefanie Carp – Schwester des Intendanten und designierte Triennale-Intendantin – aus dem 500-Seiten-Roman. Und erneut gelang Carp hier eine hochspannende Inszenierung. Das mag auch an den historischen Ereignissen liegen,
Premiere in Dortmund: Mozarts Zauberflöte
Ein todsicherer Repertoirrenner, ein ewiger Kassenschlager – bei Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ stimmt einfach alles. Eine putzige Märchengeschichte, jede Menge bunte Gestalten, Tophits am laufenden Band. Da sieht man doch gern darüber hinweg, dass Schikaneders Fantasystory so einige logische Fehler aufweist, dass dem Librettisten zur Lösung von brenzligen Situationen meist nicht mehr einfällt als der alte Deus-Ex-Machina-Trick, das ganze vollgepackt ist mit einem haarsträubenden Frauenbild und die humanistischen Botschaften schockierend naiv daherkommen. Und auch musikalisch zeigt sich Mozart hier als gewiefter Bühnenkomponist, der die Trickkiste
Premiere in Dortmund (2): Heimliche Helden
Es ist der Abend des Rollkragenpullover des Schreckens. Alle tragen ihn, dieses fiese Teil in ekelerregendem, schleimartigen Grüngelb. Eine Farbe, die nur in reinem, billigen Polyester denkbar ist, die die Achselschweißflecken schon von Geburt an in sich trägt, genauso wie den Geruch. Kostümbildnerin Vanessa Rust hat alle gut zwanzig Gefangenen des Großraumbüros in dieses textile Folterinstrument gesteckt und es überwiegend mit braunen Hosen, Röcken und Jacketts kombiniert, die ihre wollene Kratzigkeit deutlich zur Schau tragen. Die fahle Blässe der Gesichter verschmilzt mit der Kleidung zu einer
Premiere in Dortmund (1): Das Interview
Katja und Pierre treffen sich in Katjas Wohnung zu einem einstündigen Interview. Katja ist eine kommerziell erfolgreiche Schauspielerin. Pierre ist Journalist. Das ist die schlichte Ausgangangssituation des Stückes „Das Interview“, das Theodor Holman nach dem Film von Theo van Gogh geschrieben hat und das am 22.10. im Dortmunder Megastore Premiere hatte.
Jan P. Brandt baut dafür in die kleinste Spielstätte des Megastores ein ebenso einfaches wie schlüssiges Setting. Vor raumbreitem Glitzervorhang markiert ein großer wollweißer Berberteppich die Spielfläche. Zwei Barcelona Chairs und die dazugehörige Liege zeigen neureichen Stil. Stefan Gimbel platziert auch hinter dem Spaghettivorhang zwei Scheinwerfer, deren Licht die Spielfläche mit wandelbaren grafischen Schattenmustern überzieht, die sowohl den Verlauf der Tageszeit wie wechselnde Kräfteverhältnisse im Gespräch aufscheinen lassen. Merle Wasmuth als Katja gefährlich sexy in ultrakurzer rosa Samthose, durchsichtiger Bluse, mit Netzstrümpfen und Highheels und Carlos Lobo als Pierre im grauen Anzug betreten die Arena.
Premiere in Essen: Das Prinzip Jago
Wenn Volker Lösch die Regie übernimmt, dann ist das Ergebnis eher nichts für Theaterconaisseure. Feinsinnige Personenpsychologie interessiert ihn wenig, poetische Bilder schon gar nicht. Lösch will unbedingte Aktualität und politische Relevanz. Oft brachte er dazu Laienchöre auf die Bühne – Arbeitslose, Hartz4-Empfänger, Geflüchtete –, die mit ihren eigenen Geschichten den oftmals klassischen Stoffen den nötigen Aktualitätskick gaben. Bei „Das Prinzip Jago“, dessen Uraufführung am 1.10. die Spielzeit am Grillotheater in Essen eröffnete, verzichtete Lösch allerdings auf dieses Mittel. Auch bringt Lösch hier keinen klassischen Text auf die Bühne. Stattdessen bildeten er, Oliver Schmaering und Ulf Schmidt gemeinsam mit Dramaturgin Vera Ring einen „Writer’s Room“ wie er aus Fernsehproduktionen bekannt ist. Entstanden ist ein komplett neuer Text, der allerdings in sehr großen Teilen die Personen und Handlung von William Shakespeares „Othello – Der Mohr von Venedig“ übernimmt. Ganz heutig wird die Handlung aus dem venezianischen Adel und Militär in einen Fernsehsender verlegt. Der Intrigant Jago funktioniert in jeder Umgebung. Wie bei Shakespeare ist er auch bei Lösch
Premiere in Oberhausen: Deportation Cast
Nach dem Abkommen zwischen Deutschland und dem Kosovo von 2010 wird eine Roma-Familie abgeschoben. Teenager Elvira lebt dort nun mit ihren Eltern und dem behinderten Bruder Egzon auf einer Müllkippe. Dosen im Müll sammeln ist die einzige Einkommensquelle, den Vater zieht es immer mehr zurück in die Vergangenheit, hin zu dem Dorf, in dem sie vor der Flucht nach Deutschland lebten und das im Kosovo Krieg einfach niedergebrannt wurde. Er hofft, dort Antworten zu finden. Die Mutter kämpft darum, Geld für die Medikamente des behinderten Sohnes zusammen zu kratzen. Und Elvira versucht, den Kontakt nach Deutschland aufrecht zu erhalten. Dafür