Wie bekommt man einen Androiden in eine Frauenhandtasche? Motorola glaubt, die Lösung gefunden zu haben.
Eigentlich ist Apple der Spezialist für Mädchenfarben: Frühere Exemplare des Ipod mini waren dafür berüchtigt, nur in für richtige Kerle untragbaren Pastelltönen lieferbar zu sein. Doch auch andere Hersteller haben inzwischen Geräte in Barbie-Farben im Sortiment.
Als ich das neueste Motorola Android-Handy mit Tastatur zum Test anforderte, erwartete ich eigentlich den Nachfolger des Milestone, einem technisch hochwertigen Android-Smartphone.
Das Milestone 2 kommt allerdings erst in einigen Wochen auf dem Markt. Solange gibt es das Flipout (zu deutsch: Ausrast) und das Backside Backflip. Ersteres ist laut Motorola für 300 € ohne Vertrag bei O2, The Phone House und Vodafone zu haben, letzteres laut Motorola für 200 € mehr ebenso vertragsfrei bei Amazon und Mogelcom.
Das Flipout richtet sich an eine junge Zielgruppe, die auch mal mit kleineren Taschen unterwegs ist. Gerade für junge Frauen ist es besonders interessant, da es in praktisch jede Handtasche passt und zu jedem Kleidungsstil dank seiner unterschiedlich farbigen Cover passt. Das Backflip ist da viel erwachsener und zielt auf etwas ältere Nutzer ab.
so die Erklärung von Motorola zum Unterschied der Ausrichtung der beiden Geräte, die sich technisch außer in Gewicht, Größe und Auflösung der Kamera (3 MP vs. 5 MP) nicht wesentlich unterschieden.
Tatsächlich liegen Flipout und Blackflip inzwischen beide bei etwas unter 300 € ohne Mobilfunkvertrag auf Amazon.de. Beide haben eine Tastatur, eine Kamera und „Motoblur“, eine Motorola-eigene Android-Ergänzung, die die Verknüpfung mit Twitter, Facebook & Co. erleichtern soll sowie alle eingerichteten Mailaccounts, auch via Exchange, zusammenfaßt.
Letzteres nennt sich „universeller Posteingang“, in dem dann alle eingegangen Mails chronologisch aufgelistet werden, unabhängig von ihrer Quelle. Beim Antworten werden sie aber wieder entsprechend auseinandersortiert. Zudem lassen sich mit Motoblur Accounts auch fernlöschen, falls man sich das Handy klauen läßt und zu blöd oder faul war, ein Paßwort für den Zugriff einzurichten.
Das Flipout dürfte momentan das kleinste Android-Smartphone mit Tastatur darstellen. Es ist wirklich für junge Frauen gedacht: Der älteren Generation dürfte das Display doch etwas zu klein sein, und spitz gefeilte Fingernägel dürften dem Treffen der kleinen Mäusetasten sehr zuträglich sein. Die Rückseite kann gewechselt werden – es muß also nicht Rosa sein, Orange und Lindgrün sowie Schwarz stehen ebenfalls zur Verfügung. Außerdem kommt frau nicht so in Streß wie mit einem Iphone.
Gegenüber dem ersten in Deutschland verfügbare Android-Handy, dem G1, benahm sich der Browser auf Spiegel online wesentlich ungeschickter und mußte ständig manuell gezoomt werden – andernfalls war zwar die Media-Markt-Flash-Werbung bestens zu sehen, doch der Text unlesbar. Die Ruhrbarone erscheinen dagegen auf dem Flipout in einer gut lesbaren Mobile-Version.
Beim Ansehen des täglichen Dilbert-Cartoons machte das Flipout seinem Namen schließlich alle Ehre: Es rastete aus und zeigte diesen flackernd hin- uind herspringend wie auf einem alten Fernseher, bei dem das Bild durchläuft. Es gab auch hin und wieder Probleme mit Umlauten und HTML in E-Mails, doch seltener als bei anderen Geräten.
Außerdem versagte die einzig mir bekannte sinnvolle Anwendung für eine Kamera im Handy, Android Shop Savy, mit dem Flipout: Shop Savy liest den Barcode von Verpackungen und zeigt dann die günstigsten Händler im Umkreis und im Netz, die dieses Produkt anbieten. Doch die Kamera des Flipout war im Ggeensatz zum HTC G1 nicht imstande, einen Barcode lesbar einzuscannen: Offensichtlich kann sie im Nahbereich nicht ausreichend fokussieren.
Alles andere funktioniert jedoch einwandfrei mit dem Flipout und der Android Market stört sich auch nicht am ungewöhnlichen Bildschirmformat: Die gängigsten nachträglich zu ladenden kostenlosen Android-Anwendungen wie QYPE oder CAB4me stehen fur das Flipout zur Verfügung und funktionieren auch.
Das Ein- und Ausklappen der Tastatur ist praktisch gelöst. Das fast quadratische Display-Format versagt es einem allerdings leider, längere Texte nach dem Einklappen der Tastatur hochkant zu lesen: Der Text dreht sich zwar wie bei Androids üblich beim Deaktivieren der Tastatur um 90°, aber das Format ändert sich dabei nicht wesentlich. Die Eingabe längerer Texte ist über die Mini-Tastatur wiederum sogar mühsamer als auf dem Bildschirm.
Die Batterielaufzeit, ein Schwachpunkt vieler Android-Telefone, ist bei Nichtbenutzung durchaus brauchbar – das Flipout schaltet von sich aus viele energieintensive Baugruppen bei Nichtbenutzung in Standby. Beim Surfen via UMTS ist dagegen der Akku angesichts der kleinen Bauform schnell leer und das Gerät erwärmt sich spürbar. Deutlich sparsamer – auch gebührentechnisch – ist das Flipout, wenn man es über einen WLAN-Hotspot benutzt.
Wer unterwegs einfach nur auf dem Laufenden bleiben will und einen schicken, kompakten, damenhandtaschenkompatiblen Fremdenführer mit Navigations- und Taxiruffunktion sucht, bei dem ist das Flipout gut aufgehoben. Ich warte lieber auf das Milestone 2.