Wie Merkel sogar die FIFA beeinflusst

Angela Merkel Foto: CDU/ Andreas Herzau by Katinka Krieger Repräsentanz

Das derzeit unterhaltsamste Sommerlochthema ist ohne Zweifel der Streit in der Familie des Weltfußballverbandes FIFA. Nach Umsatzstärke könnte sie von allen Mafiafamilien weltweit die Größte sein. Zwar wird verteidigend häufig eingewandt, im Auftrag dieser Familie sei noch niemand umgebracht worden. Ich hoffe sehr, dass das stimmt. Es gab allerdings schon Mitwissende, die behaupteten, dass sie um ihr Leben fürchten.

Erfreulicherweise gibt es hierzulande respektable Journalisten, die schon seit längerem die mehr oder weniger schmutzigen Geschäftszusammenhänge der FIFA-Familie recherchieren. Die Sportredaktionen von Deutschlandfunk und Süddeutsche (Thomas Kistner) gehören dazu, oder der von Ex-DFB-Präsident Zwanziger mit Klagen verfolgte Jens Weinreich. Wenn nicht seit der Fußball-EM „Sport-inside“ (WDR-Fernsehen) in der Sommerpause wäre, könnte man auch diese Redaktion dazuzählen. Die wird nur leider vom Sender immer dann abgeschaltet, wenns besonderen Bedarf gibt: bei großen Fußballturnieren und in Sommerpausen wie jetzt. Produktpräsentationen haben beim deutschen Fernsehen immer Vorrang vor Journalismus.

Naheliegenderweise fragen unsere wenigen kritischen Journalisten bei den deutschen Angehörigen der FIFA-Familie, was die denn dazu beitragen, die schmutzigen Geschäfte zu reinigen. Also beim Deutschen Fußballbund (DFB) als Familienmitglied. Und bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dem gewichtigsten Geschäftspartner des DFB. Und das sind leider dafür keine guten Adressen.

Denn wenn diese deutschen Familienmitglieder mit dem Paten Sepp Blatter über Kreuz liegen, dann nicht, weil ihnen das viele Geld, das er mit der FIFA einsammelt, stinkt, sondern weil sie mehr davon abbekommen wollen. Das meiste Geld kommt dabei immer vom Fernsehen. Und da das meiste von Rupert Murdoch, bekanntermaßen auch eine moralisch weltweit geachtete Respektsperson mit weitverzweigter Familie, und aus Deutschland, was teilweise, beim Sender Sky, wieder das Gleiche ist. Die Firma ISL, die so viele FIFA-Funktionäre bestochen haben soll und mittlerweile insolvent gegangen ist, war übrigens auch eine deutsche Gründung, aus der Adidas-Familie Dassler, die im deutschen Sport auch schon immer sehr, sehr viel durchfinanziert hat, von Uwe Seeler bis Lothar Matthäus. ISL war Zwischendealer bei den Fernsehrechten, ebenso wie Leo Kirch. Der ist auch insolvent gegangen. Firmenleichen pflastern ihren Weg.

Mittlerweile ist die Welt viel unübersichtlicher geworden. Es gibt viele Großmächte und nicht nur eine. Sogar im Fußball. In Deutschland ist diese Erkenntnis noch nicht überall angekommen, wie man an der Resonanz auf die Fußball-EM, bei der Deutschland unter den besten Vier gelandet ist, ablesen konnte. Unter Platz 1 ist hier alles eine Blamage. Nach diesem Gesetz macht schliesslich auch unsere Bundesregierung ihre

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Heiter und tödlich – wie die ARD ausstirbt

Humorvolle Regionalkrimis sollten das ARD-Vorabendprogramm retten. Angesiedelt in Husum, irgendwo in Westfalen (fiktives „Büdringhausen“) und irgendwo im idyllischen Voralpenland. Krimis ohne irgendwas Böses, ohne Brutalität aber mit vielen Postkartenbildern, schönem Wetter und sympathischen Figuren. Ich mag die Reihe „Heiter bis tödlich“ (dienstags bis donnerstags 18.30 h). Nur: ich werde jetzt 55.

Und ich muss gestehen: an den wenigen Tagen, an denen ich im Job um 17 Uhr den Griffel fallen lassen kann, neige ich auf dem TV-Sofa regelmässig dazu, schon vor der Tagesschau einzunicken. Daran hindert mich das TV-Programm nicht, im Gegenteil. Ich verpasse ja nichts. Alles ist so langsam erzählt, dass ich jederzeit wieder reinfinde.

Was mag nur in den Köpfen der Programmmacher vorgegangen sein? Haben sie zuviel mit ihren Eltern geredet. Meine zum Beispiel finden den „Tatort“ schon zu brutal und aufregend. „Inspektor Barnaby“ würden sie verkraften, aber der läuft für sie schon zu spät (22 h, ZDF). Sie gucken nur noch Phönix, und NDR, wenn dort das Ohnsorgtheater wiederholt wird. Diese Alten sind viele und werden immer mehr. Die Kategorie der „werberelevanten Zielgruppe 14-49“ wird sich, wenn sie jemals ökonomisch relevant war, durch den ökonomischen Strukturwandel unserer Gesellschaft bald in Luft auflösen. Ist es das, was die ARD leitet?

Das Problem ist nur, dass die Alten im Durchschnitt auch als erste sterben. Und so schafft „Heiter bis tödlich“ eben auch nur einstellige Marktanteilprozente. Nur niemandem wehtun, niemandem auf die Füsse treten, im Apothekenwerbeumfeld auf keinen Fall irgendetwas Unangenehmes oder Anstrengendes bringen. Das kann die ARD

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Die Falle der Selbstreferentialität

Christian Wulff Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Die ganze Welt diskutiert über den (Finanz-)Weltuntergang. Nur ein kleines Land irgendwo in Mitteleuropa diskutiert darüber, ob sein Häuptling die halbe oder nur ein Viertel Wahrheit gesagt hat. Das ganze Land? Nein, es ist nur ein kleiner Berufsstand, Journalistinnen und Journalisten, die tatsächlich glauben, das ganze Land damit beschäftigen zu können. Und weil sie sich mit den Politikerinnen da hinten im Osten des kleinen Landes, in Berlin immer um sich selbst drehen, wie die Erde, denken sie, sie seien die Erde. So kann man sich irren.

In den diversen Talkshows betonen die Vertreter des Journalistenstandes, wie einig sie sich in der Angelegenheit seien, und dass sie schon deswegen nicht irren können. Und merken nicht, wie peinlich dieses Eingeständnis fehlender Pressevielfalt ist. Wenn Spiegel und Bild zum gleichen Rechercheergebnis kommen, dann muss das wohl die Wahrheit sein – so ihre Logik. Geht es noch peinlicher?

Ich war und bin auch jetzt kein Anhänger oder Verteidiger des jetzigen Bundespräsidenten. Aber ich bin froh, dass es doch schwieriger als gedacht ist, die Insassen dieser Republik beliebig zu manipulieren. Allein deshalb bin ich schon froh, dass einer wie großen oder kleinen „Hälfte“ auch immer der altmediale Anti-Präsi-Shitstorm doch so stark am Arsch vorbei geht, dass die sich nicht zu einer Rücktrittsforderung entschliessen kann.

Die Taktik von Bild und Springer ist ja an Schmierig- und Widerlichkeit auch kaum noch zu toppen. Was mich daran am meisten stört, ist, dass sie den Präsidenten mit Verfehlungen überführen wollen, die kleinlich und unwichtig sind, verglichen mit dem, über was wir mit ihm und gesamtgesellschaftlich dringender diskutieren müssten.

Dazu gehören für mich die Fragen:
– welche Politik und Stategie hat dieser Mann als Aufsichtsrat bei VW und Porsche verfolgt? Da gings nicht um Häuschenkauf von ein paar Hunderttausend, sondern um Besitzverhältnisse von mehreren Milliarden und zigtausend Arbeitsplätze mit ökologisch grenzwertiger Relevanz, garniert mit Prostituiertenskandalen eines Politiker-, Gewerkschafter- und Industriellennetzwerks gegen das die Jungs von der Ergo-Versicherung ja wohl Waisenknaben sind; eine Dokumentation von Lutz Hachmeister über Peter Hartz hat gerade an diese Begebenheiten erinnert.
– was ist dran an Gerüchten, dass der Präsident mit der Europa-Krisen-Politik der Regierung Merkel nicht einverstanden ist, die ja in der Tat jede gesellschaftliche Debatte wert wäre, und der Herr deswegen an der einen oder anderen mehrere hundert Milliarden schweren Gesetzes-Unterschrift zweifeln soll? Und dass die ganze „Affäre“ eigentlich nur dem Zweck dient, ihm diesen Zahn oder diese Zähne zu ziehen? Warum wird darüber nicht öffentlich diskutiert, sondern nur in den Treppenhäusern und Hinterzimmern da hinten im Osten der Republik? Denken die

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Der Fußball und die Schwulen

Bemerkenswert an den jüngsten Entwicklungen im Spitzenfußball ist, dass er immer häufiger als Projektions- und Spielfläche für gesellschaftliche Fragen verwendet wird. Kaum ein Politiker kommt rhetorisch ohne Fußballsprachbilder aus, und die höchste Adelung ist, wenn schon nicht in die Umkleidekabine, so doch wenigstens zum Dinner einer Mannschaft zu dürfen, natürlich unbedingt inklusive entsprechender Pressefotos.

Die etwas zurückgebliebene Männerabteilung des deutschen Fußballs war bis vor kurzem noch ein Reservat, in dem Männer noch Männer sein durften, in der an Affen angelehnte Körpersprache nicht nur toleriert, sondern erwünscht war, und Zuspruch eines Massenpublikums bekam. Ein intakter Brot-und-Spiele-Markt für Jungs; und Mädchen, die noch bereit sind, sie anzubeten. Doch der historische Fortschritt ist unaufhaltsam, diese Zeit geht vorbei und wir alle

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Es gibt einen Weltklasse-Fußball außerhalb Deutschlands

Kolumbien Foto: Steelplug at the English language Wikipedia Lizenz: GNU 1.2

Zur Zeit sind ja noch alle besoffen von Mario Götze und dem 3:2 gegen Brasilien. War auch super, keine Frage. Wer den Weltklasse-Fußball von morgen sehen will, einen, der auch richtig Spaß macht, sollte seinen Blick allerdings weiten über den Tellerrand einer beliebigen deutschen Angeber-Arena hinaus. Da gibt es zum Beispiel in Kolumbien gerade eine U20-WM vom Feinsten.

Die schreckliche, die fußballlose Zeit, die gab es ja zum Glück dieses Jahr überhaupt nicht. Frauen-WM, U17-WM, U19-EM, und während die Bundesliga schon läuft, jetzt die U20-WM. Verwirrend? Ist doch egal, Hauptsache guter Fußball. Bei der U17-WM diesen Sommer in Mexiko hat sogar die deutsche Mannschaft eine Superfigur gemacht. Das 4:3 im Spiel um den 3.Platz, ebenfalls gegen Brasilien, nach 1:3-Rückstand, war ebenso geil, wie das von den Millionären letzten Mittwoch. Überragende Spieler waren u.a. Yesil und Aydin. Die Nachfolger von Özil und Gündogan sind also schon unterwegs. Sieger des Turniers: Uruguay. Der Sieger der diesjährigen Copa America könnte also eine gewisse kontinentale Vorherrschaft entwickeln. Jedenfalls haben die „Großmächte“ Argentinien und Brasilien kein Abo

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Der Teamgeist entscheidet

Ich sass am Freitagabend mit 3-4 weiteren Fußball-Connaisseurs in einem Bonn-Beueler Bistro. Die meisten waren mit Knobeln, dem Spielautomaten oder ihren alkoholischen Getränken beschäftigt. Aber beim 2 und 3:0 des BVB brach die gesamte Kneipe in spontanen Beifall aus. Die Loblieder auf den BVB sind heute in allen Montagsblättern gesungen. Ich will hier kein weiteres hinzufügen. Aber Vorfreude hat es auf diese Bundesligasaison gemacht, die sich am Samstag und Sonntag verstärkte.
Bereits die Japanerinnen hatten uns bei der Frauen-WM vor Augen geführt, wie wichtig es physisch und mental ist, dass ein Team auf dem Platz steht, das immer bereit ist füreinander einzustehen. Was in unseren Gesellschaften ein immer selteneres und damit kostbareres Gut wird, feiert derzeit spektakuläre Siege auf den globalen Fußballplätzen. Mag sein, dass das eine Erklärung für die immer noch

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Beverly Ranger – Dank an Tagesspiegel, peinlich für Bonn

Die Frauen-WM ist vorbei. Ich habe sie genossen. Die zwei Halbfinalpartien und das Endspiel haben frauenfußballerisch Maßstäbe gesetzt. Und dramaturgisch waren sie so gut ausgearbeitet, dass man schon wieder FIFA-Manipulation verschwörungstheoretisieren könnte.
Dass ich mich aber hier nochmal aufraffe, überhaupt was zu schreiben, hat mit Beverly Ranger zu tun. Sie hat dem Bonner SC zu seiner zweiten deutschen Meisterschaft verholfen, 1975. Sie hat ein Tor des Monats geschossen, ebenfalls 1975. Daran erinnere ich mich, als wenn es gestern gewesen wäre, so eindrucksvoll fand ich das damals, in der guten alten Zeit, als mein Lieblingsteam Abonnementmeister und ich 17 war.
Ich habe mich schon bei der vorigen Frauen-WM gewundert, dass kein Medium an Beverly Ranger erinnerte. Die WDR-Lokalzeit Bonn trieb seinerzeit zwei BSC-Spielerinnen auf, die 75 Meisterinnen waren und die erzählen konnten, wie das damals so zuging im Frauenfußball. Heute ist der Bonner SC

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Frauen-WM: Klasse auch in der Niederlage zeigen

Inka Grings Foto Frank-M, Lizenz: CC 3.0

Es war schon sehr merkwürdig, dass in der Vorberichterstattung so oft betont wurde, wie kleinwüchsig die Japanerinnen seien. Das ist Lionel Messi schliesslich auch. Merkwürdig auch dieses FAZ-Interview mit Inka Grings vor dem Spiel, in dem sie nicht nur ihre Liebe zu Merkel und BILD artikulierte, sondern auch ein Ausscheiden gegen Japan nicht wirklich in Erwägung gezogen wurde. Da kann man nur feststellen: die sportliche Gerechtigkeit hat ausnahmsweise mal wieder gesiegt.

Denn die Japanerinnen zeigten eine taktische und technische Spitzenleistung. Sie bekamen zwar dreimal so viele Gelbe Karten wie Nigeria, waren aber auch dreimal so fair, weil sie über erheblich bessere fußballerische Mittel verfügten. Das Tor in der Verlängerung, das nicht viele Menschen aus diesem spitzen Winkel getroffen hätten, hat dem nur die Krone aufgesetzt.
Nachher ist mann immer schlauer. Als einer von Millionen Bundestrainern hätte ich nach 60-70 Minuten Birgit Prinz eingewechselt. Denn das deutsche Spiel war in einer Sackgasse; Prinz hätte nach ihrer gelungenen Pressekonferenz und als Nothelferin in einer anderen Rolle und damit befreiter aufspielen können; ihre Kraft und Erfahrung hätten die japanische Abwehr vielleicht in mehr Verlegenheit gebracht.

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CDU und Merkel – wie lange geht das gut?

Angela Merkel Foto: CDU/Laurence Chaperon

Günter Bannas kenne ich seit Ende der 70er Jahre. Damals stand er bei den Gründungsparteitagen der Grünen immer mitten in den kungelnden Menschentrauben und hörte zu. Danach wunderten sich viele, warum die FAZ so wohl informiert, abgewogen und ohne Schaum vorm Mund über Grüne, Friedensbewegung etc. berichten konnte. Ideologisch passte das nicht zusammen, aber es war so. Seit langem schon ist Bannas Hauptstadtbüroleiter der FAZ, und was heute versteckt auf Seite 5 und unter einer nichtssagenden Überschrift „Im koalitionären Kreisverkehr“ steht, das finde ich spektakulär.
Eingeleitet wird mit Herrn Rösler, und was der in der Koalition so treibt. Weniger interessant. Gelinde gesagt. Dann ist von Schäubles „Angewidertsein“ die Rede – auch das ist ja eher gewöhnlich. Doch wenn geschrieben wird, die „offene Kritik“ innerhalb der CDU an

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Pipel kohl mi se Kaiser

Inka Grings Foto Frank-M, Lizenz: CC 3.0

Vor ein paar Tagen habe ich hier geschrieben, was ich vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) halte. Aber heute bin ich ihm wirklich dankbar. Ich habe in der ARD die Verliererfeierlichkeiten der Münchener Olympiabewerbung für irgendwelche Winterspiele gesehen. Münchens OB Ude, wie er ungelenk mit einem Hammer demonstriert, als würde er ein – real nicht vorhandenes – Bierfass anschlagen. Beckenbauer, wie er sagt, was hier in der Überschrift steht. Und die langen deutschen Gesichter bei der Bekanntgabe der Entscheidung mit Abschiebungsminister Friedrich und Delegationsleiter Michael Vesper, der immerhin als einziger die Hände zum fairen Verliererbeifall bewegt.
Ich habe mich für diese Bilder sooo geschämt – die sollen uns also vor der internationalen Sportwelt vertreten haben. Peinlich, zum im Mauseloch verkriechen. Das war wahrlich absolut nicht weniger provinziell, als es diese Figuren den Garmischer Bergbauern vorgeworfen haben, als die sich gegen die Olympiabewerbung wehrten.
Den besseren Instinkt hatte wie so oft die Bundeskanzlerin. Sie hat sich heute bei der DFB-Frauennationalmannschaft zum Abendessen eingeladen. Mit Super-Inka hätte ich auch heute gerne gegessen.