Frauen WM: Spaßbremsen – dann geht doch arbeiten!

Frauen WM: Fan-Meile in Bochum

…. aber lasst uns endlich in Ruhe Fußballgucken!
Ich will vorausschicken: ich halte den Weltfußballverband FIFA noch vor dem Internationalen Olympischen Komitee IOC für die global umsatzstärkste Mafiaorganisation. Sein Vorsitzender benutzt die gleiche „Familien“-Begriffswelt, Regierungen und ganze Staaten setzen für die Organisation ihre Gesetze außer Kraft und treten die administrative Souveränität bereitwillig an diese Organisation ab. Sie ermöglichen ihr so Extraprofite, wie sie sonst nur in illegalen Ökonomien erzielbar sind. Es wird behauptet, im Unterschied zu Mafias habe es im Auftrag der FIFA noch keine Morde gegeben. Ich hoffe sehr, dass das stimmt.

So weit meine Vorbemerkung. Mit diesem Problemkreis beschäftigt Ihr Spaßbremsen Euch allerdings überhaupt nicht. Stattdessen versucht Ihr uns die Laune mit der Debatte um Fotoshootings, sexuelle Orientierungen, fortwährenden Geschlechtervergleichen, dem Für und Wider hoher Einschaltquoten, Männerkommentatoren und – interviewern (die erste TV-Live-Reportage eines Fußballspiels durch eine Frau in Deutschland war a) im Mittelalter? b) in den 50er Jahren? c) zu Beginn des Farbfernsehens? oder d) im Juni 2011?), dem fortwährenden Personalisieren eines Teamsports und feministischen und antifeministischen Aufladungen zu verderben. Dabei ist das alles vollständig selbstreferentiell und fußballerisch uninteressant.

Fußballerisch gelten folgende Tatsachen:
Diese WM bringt einen einen qualitativen und quantitativen Durchbruch für den Frauenfußball in Deutschland. Das Publikumsinteresse ist größer als von den Organisatoren und TV-Anstalten erwartet.

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Vom Ende der korporatistischen Demokratie

Turbulente Zeiten, mehr noch woanders als hierzulande. Stuttgart 21 war ein lindes Lüftchen gegen die Demokratiebewegungen in zahlreichen islamischen, aber auch chrstlich-südeuropäischen Ländern, wie derzeit Spanien und Griechenland. Näheres dazu z.B. hier in der seit einiger Zeit intessantesten deutschen Wochenzeitung Jungle World

Viel wurde in diese Protestbewegungen schon hineinfantasiert. Dass das Internet- und Facebook-Revolutionen gewesen seien, können nur Altmedien halluzinieren, denen ihre kenntnisarme Angst davor schon das Gehirn vernebelt hat. Es sagt mehr über die Halluzinierer als über die Fakten aus. Und insofern sind sie mit den Feudalherren vergleichbar, die einst den Buchdruck fürchteten.
So wie der Buchdruck einst den Impuls zum massenhaften Erlernen von Lesen und Schreiben gab, so kommen wir heute, und das fast schon im globalen Maßstab an die historische Stelle, an der das Totschweigen von Fakten und Ereignissen unmöglich wird. Im Sinne des Wortes wird es fast jedem Menschen möglich, sich ein eigenes Bild von allem zu machen, was ihn ernsthaft interessiert. Es ist noch nicht so weit, aber wir sind auf dem Weg dahin.
Für mich wiederum ist es nun besonders interessant und verräterisch, wer sich alles davor fürchtet. Es sind nicht nur böse Konzerne und Diktatoren, es sind auch demokratisch gewählte Regierungen und Parteien, Gewerkschaften und Kirchen. Selbst KommunalpolitikerInnen soll es geben, die diese neue Entwicklung als „Schrott“ empfinden.

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Die Welt mag untergehen – aber die ARD sendet keine Tagesthemen

Demnächst dürfen wir alle dafür zahlen, über die sog. Haushaltsabgabe. Und ja, ich mag sogar Ina Müller. Allerdings sah ich am liebsten Inas Nacht im NDR, als die Gäste noch unprominent waren, jetzt in der ARD dagegen verliert Ina Biss. Es ist schade für sie, wenn sie und ihr Management meinen, dass es gut für ihre Karriere ist, so’n Preisscheiss wegmoderieren zu müssen. Wenn ich ihr Manager sein dürfte, würde ich sie nicht so billig verkaufen, aber sie steht ja mehr auf jüngere Typen.
Was aber eigentlich wirklich irre ist, dass die ARD, die ihr angebliches Nachrichtenflaggschiff Tagesthemen sogar in Halbzeitpausen von Fußballspielen einsetzt, wegen so einem Kram der abschiffenden deutschen Musikindustrie, während in Libyen Krieg ist, Japan atomar verstrahlt wird und in unserem vergleichsweise unbedeutenden Land zwei evtl. spannende Landtagswahlen unmittelbar bevorstehen, dass die da einfach ihr Nachrichtenflaggschiff versenken.
Dabei gehört ihnen das gar nicht. Sondern uns! Wir bezahlen es! Und die versenken es. Da wird es langsam Zeit für ägyptische Verhältnisse. Oder tunesische. Oder bahrainische. Ob dann hier auch diese saudischen Freunde von denen einmarschieren werden?
Werden sie den Deutschlandfunk auch noch abschaffen?
Update: Die Tagesthemen wurden um 0.22 h doch noch gesendet. Ich entdeckte das einen Tag später auf meiner Videoaufzeichnung von Harald Schmidt. Es war von der ARD erfolgreich geheim gehalten worden. In der Tagespresse fand sich kein Hinweis, im ARD-Videotext am Abend auch nicht. Trotzdem erreichte diese Geheimsendung den gleichen „Marktanteil“ wie der oben beschriebene Preisscheiss: 12,5%. Dieses magere Ergebnis hielt die ARD nicht davon ab, einen Vertrag für drei weitere Jahre Übertragung von diesem Preisscheiss abzuschließen.

Allein im B1-Tunnel – Adolf Winkelmann über „Die Abfahrer“ (BRD 1978)

Adolf Winkelmann wird in der kommenden Spielzeit sein erstes Theaterstück im Theater Dortmund inszenieren. Wir sprachen mit ihm über seinen Film „Die Abfahrer.“

Ich habe kürzlich im WDR-Fernsehen mit 30 Jahren Abstand Ihren Film Die Abfahrer von 1978 wiedergesehen und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Die Schauspielergesichter kamen mir aus heutiger Sicht richtig „frisch“ vor. Wie haben Sie die damals gecastet?
Von Casting haben wir damals nicht gesprochen. Das Wort kannte ich gar nicht.
Das waren die Menschen, von denen die Geschichte handelt und die bei mir in der Nähe wohnten.

Ich habe aus heutiger Sicht nur Tana Schanzara und Hermann Lause in Nebenrollen wiedererkannt. Was ist aus den anderen geworden?
Tana Schanzara und Hermann Lause sind verstorben.
Delle Quandt ebenso wie Anastasios Avgeris und meine Mutter

In den 70ern als Jugendlicher habe ich eigentlich alle „Ruhrpottfilme“, die ich aus dem Fernsehen kannte, gehasst, weil sie jede Menge Klischees abbildeten und ich die Wirklichkeit ganz anders empfand. Die Abfahrer waren insofern eine leuchtende Ausnahme, weil auch die Sprache verhältnismässig echt wirkte. Jetzt beim Wiedersehen habe ich aber das unbestimmte Gefühl, dass sich auch die Ruhrpottsprache verändert hat. Teilen sie diesen Eindruck? Und woran könnte das liegen? Einwanderung? Akademisierung auch des Ruhrpotts?.

Die Sprache lebt. Es gibt immer neue Wörter, alte verschwinden. Der Tonfall ändert sich. Gilt nicht nur fürs Ruhrgebiet sondern für jede lebendige Sprache. Sowas wie „hömma, komma,samma“ gab es damals wie heute

Sie haben ein paar Szenen im B1-Tunnel in Essen gedreht. Ich erinnere mich, dass den der einzige Bundespräsident, den ich wirklich mochte, Gustav Heinemann eröffnet hatte. Damals galt der Tunnel als Topprodukt der verkehrsindustriellen Moderne, heute dagegen …. naja. Wie haben sie die Sequenzen gedreht? Wurde der Tunnel für die Dreharbeiten gesperrt? Denn es sind ja keine Verkehrsteilnehmer zu sehen – nur der apokalyptisch leere Tunnel 😉
Wir haben an diesem Drehtag die ganze Nacht gedreht und als wir durch den Tunnel sind, war kein Auto mehr auf der Straße, außer uns. So war das früher

Und wo haben sie die Szenen in den hübschen Grüngebieten gedreht, unter anderem unter einer „formschönen“ Betontalbrücke?
Kann mich nicht erinnern

Aus meiner heutigen Sicht war der Film fast schon angenehm action(nicht handlungs-!)arm, das Betrachten war total relaxend. Wer beim WDR hat Ihnen den damals denn abgekauft?

Ich habe 10 Jahre intensiv daran gearbeitet meinen ersten Kinofilm drehen zu können. Es ist mir nicht gelungen. Aber ich konnte den WDR davon überzeugen für einen Sendeplatz im Jugendprogramm , immer alle 14 Tage sonntagsmorgens um 11.15h, Filme zu machen. Da der Sendeplatz immer nur 45 Minuten hatte, danach kam ja der Internationale Frühschoppen, waren meine Beiträge maximal 45 Minuten lang. Also stellte ich einen Zweiteiler her: 2x 45 Minuten und behielt bei der Produktion die Kinorechte.
Nach der TV-Ausstrahlung habe ich die beiden Teile zusammengeklebt, bin zu Filmfestivals gefahren, habe den Verleih Filmwelt aus München gefunden, den 16mm Film auf 35mm aufgeblasen und dann lief er erfolgreich im Kino, gewann den Bundesfilmpreis.

Hat das viel Überzeugungsarbeit gekostet?
WDR war stolz

Würde Ihnen Die Abfahrer heute überhaupt noch jemand abkaufen oder ist ein vergleichbares Projekt heute unmöglich?
Es kommt immer wieder vor, dass kleine schmutzige Filme erfolgreich sind.

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TV ohne Fußball – letzte Folge

Sebastian Flyte will kein Spiel um den 3. Platz (heute um 20.30 h) mehr sehen. Ihm kann geholfen werden. Und Ihnen auch, liebe Fußballdesinteressierte.

Ich hoffe Sie haben eine kühle Altbauwohnung mit dicken Wänden, wie meine Eltern in Essen-Karnap. Innenabdunkelung der Wohnung nützt überhaupt nichts. Sie benötigen dicke oder wenigstens helle Aussenwände und helle Aussen(!)-Jalousien, jede Menge alkoholfreie Getränke im Kühlschrank und eine bequeme Sofalandschaft, um darauf zu warten, bis um ca. Mitternacht normalmenschliche Temperaturen beginnen. Die Fußballfans unter Ihren Bekannten werden heute Schland gegen Uruguay und morgen Spanien gegen Niederlande schauen, sind also mindestens zwischen 20.30 h und 22.30 h nicht ansprechbar – bei eventueller Verlängerung müssen Sie brutto noch eine Stunde dazurechnen.
Wenn Sie also aus irgendeinem Grund gezwungen sind, zuhause vor der Glotze zu sitzen, gibt es vor allem heute ein reichliches Angebot, morgen ist es etwas dünner, weil die Sender wohl wie Sebastian Flyte glaubten, Deutschland komme quasi gesetzlich ins Endspiel. Wenn Sie Video haben, legen Sie sich heute einen Vorrat für morgen an.
Für die Intellektuellen unter Ihnen gibts heute einen Heinrich-Böll-Abend auf 3sat (20.15 – 22.40 h) – der deckt ziemlich exakt das Fußballspiel ab. Noch radikaler: Oper gucken auf Arte (20.15 – 23 h). Im ZDF laufen den kompletten Abend Krimiwiederholungen. Ich gestehe: selbst, wenn ich fußballdesinteressiert wäre, wäre mir das alles zu hardcore. Mein persönlicher Tipp: machen Sie sich lustig über die Deutschen, also uns, also auch sich selbst! Das geht so: 20.15 h auf Sat1 Kleinruppin forever (D 2004). Um 22.40 h gehts auf 3sat weiter mit Ja, was glauben Sie denn?, dem Soloprogramm von Jürgen Becker, dem um 23.40 h noch Fast ein Selbstporträt von ihm folgt.
Selbst wenn Sie meinem Tipp nicht folgen wollen, haben Sie reichlich Alternativen: 18.45 h auf EinsFestival Tim Fraser, ein Straßenfeger von 1963, Die unglaubliche Entführung der Mrs. Stone (USA 1986, 22.10 h, RTL2, kein Link, die Homepage ist scheisse mit Werbung überladen, und Links so sie existieren, schwer zu finden), Kika von Almodovar (SPA 1993, 22.10 h EinsFestival), Samantha Ryan (UK 1996, 22.15 h, SuperRTL, wenig Infos auf der Homepage), Ich – Die Nummer 1 mit Lino Ventura (FRA 1972, 23.10 h WDR), Basic Instinct (USA 1992, 23.40 h RTL). Das müsste auch für Sebastian Flyte reichen ;-Nun zu morgen. Eisenbahnfreaks nicht verpassen: die Erstausstrahlung neuer Eisenbahnromantik-Folgen (16 h, SWR)! Erstausstrahlungen während des Endspiels gibts natürlich keine. Die ARD und EinsFestival bringen beide Tatort- und Wallander-Wiederholungen, wers mag …. Wenn ich denn um die Zeit vor der Glotze liegen müsste, würde ich persönlich noch Mad Dog – Der Rebell mit dem kürzlich verstorbenen Dennis Hopper (AUS 1976, 0.30 h 3sat) auswählen.
Und dann, liebe Fußballdesinteressierte, haben Sie es geschafft. Die WM ist zuende, Schland ist nicht Weltmeister geworden, in Kürze sind Ihre Mitmenschen wieder zurechnungsfähig, wenn man mal von der Hitze absieht, und von der schrecklichen, der fußballlosen Zeit, die jetzt anbricht ….

TV ohne Fußball – „Egal wie der Ball fliegt, ich halte ihn…“ (XXII-XXIII)

Das sagte Manuel Neuer heute im Interview in der Süddeutschen. Und er erzählt dort ausserdem: „Mesut ist wie ich oder wie Hamit und Halil Altintop in Gelsenkirchen geboren.“

Ja, was soll ich dazu sagen, ich auch! Warum erzähle ich Ihnen das, liebe Fußballdesinteressierte? Diese Gelsenkirchener sind mitverantwortlich dafür, dass es so schlimm für sie gekommen ist, wie es nur kommen konnte. Schland – „das ist die Kurzform von Schlaraffenland, dem sagenhaften Reich derer, die an ein Sommermärchen glauben“ (SZ-Phrasenmäher) – ist bis zum Ende der WM am Ende dieser Woche dabei, egal wie es morgen (Anstoss 20.30 h) ausgeht, und also müssen Sie durchhalten.
Wenn Sie verstehen wollen, warum um Sie herum in diesen Tagen alle durchdrehen, suchen Sie im Altpapier nach der SZ von gestern. Dort erklärte auf Seite 3 (kein Online-Link) deren Edelfeder Holger Gertz: „Die Nationalmannschaft und ihr Trainer formen gerade ein völlig neues Bild von ihrer Heimat. Das ist so elegant wie ihr Spiel und hat mit Patriotismus nichts zu tun.“ Jetzt ist aber Schluss mit SZ-Reklame und dem hinterlistigen Versuch, Sie für Fußball zu interessieren.
Heute abend spielen die Niederlande gegen Uruguay (20.30 h). Das wird ihre Mitmenschen nicht zum Ausrasten bringen, weil die davon ausgehen, dass hier nur ausgespielt werde, wer das Finale am Sonntag verliert. Sie haben die Möglichkeit stattdessen heute einen Familienfilm mit der Schwägerin von Nicolas Sarkozy, mit Valeria Bruni-Tedeschi zu sehen: Meeresfrüchte (F 2005, 20.15 h 3sat). Später gibts auf Arte die hier schon mehrmals empfohlene dänische Krimiserie The Killing (DAN 2007, 22.05 h) oder einen DDR-Polizeiruf 110 von 1984 (22.50 h, MDR). Alternativ gibts heute weitere Folgen von Weeds (22.45 h) und Miami Vice (23.15 h, beide zdfNEO).
Mein persönlicher Tipp ist aber heute Phoenix, der Rentner-Sender von ARD und ZDF: er strahlt heute (und morgen auch! jeweils 18.30 h bis 21.45 h mit der Tagesschau in der Mitte) die zu Recht preisgekrönte BBC-Serie Unser blauer Planet aus. Die Serie lief schon vor einiger Zeit in der ARD. Wenn Sie sie noch nicht gesehen haben, erwarten Sie Tiefsee-Bilder, die Sie mit offenem Mund bestaunen werden. Wenn Sie dann zuviel über die Bohrinsel im Golf von Mexiko oder Bohrinseln allgemein nachdenken, besteht allerdings die Gefahr, dass Sie Terrorimusfantasien bekommen …. – Ihre Entscheidung!
Morgen zum Schland-Spiel wäre der härteste Kontrast für Sie auf Arte: Nach Fahrplan in den Tod – Europas Bahnen und der Holocaust (20.15 h), ein von Guido Knopp und Konsorten wenig beleuchtetes Kapitel, an dem auch unser aller Deutsche Bahn als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichsbahn nur wenig Vergnügen hat.
Am späten Abend, haben Sie die Wahl zwischen Schimmi (22.45 h, WDR 1982, Das Mädchen auf der Treppe mit dem Soundtrack von Tangerine Dream) und Brad Pitt/Julia Roberts (The Mexican, USA 2001, 23 h, SWR).
Donnerstag und Freitag ist wieder Fußballpause.
Samstag spielen die Verlierer von heute und morgen um den 3. Platz; Sonntag ist dann zum letzten Mal Ausnahmezustand (beide Spiele 20.30 h) – die nächsten und letzten Tipps Samstagmittag an dieser Stelle.

TV ohne Fußball – das Ziel vor Augen (XX-XXI)

Liebe Fußballdesinteressierte, Sie habens ja gut, Sie wissen, was Sie mit Ihrem Tag anfangen sollen.

Die Fußballfans mussten zwei spielfreie Tage aushalten, nächste Woche sind noch mal vier, und nach dem 11. Juli, dem Tag des Endspiels, fängt die schreckliche, die fußballlose Zeit an, in der „nichts“ mehr im Kicker oder der Reviersport steht, vom Sportteil der WAZ ganz zu schweigen. Mit Grausen denken manche Fans daran, dass Sie sich dann wieder um ihre Familie kümmern müssen, und im Büro guckt man voller Verzweiflung den ganzen Tag Tour-de-France-Etappen, früher gabs ja immerhin Boris Becker oder wenigstens Steffi Graf, aber ich schweife wieder ab.
Heute war sogar eine der letzten Orchideen des WDR-Radioprogramms Mosaik nicht mehr fußballfrei und das erinnerte mich daran, dass Sie für heute und morgen wieder meinen Zuspruch brauchen. Ich hatte Ihnen ja schon geraten, Ihre Wochenendeinkäufe unbedingt schon heute nachmittag zu erledigen, wenn die anderen Brasilien gegen Niederlande gucken – morgen ist die Unfallgefahr zu groß. Heute soll weiterhin Superwetter sein, Sie sollten sich also am besten dann, wenn die andern Ghana gegen Uruguay gucken, mit Ihren leckeren Lebensmitteln in schattige Bereiche Ihres Gartens oder Balkons setzen und den Herrn einen guten Mann sein lassen. Wenn Sie das aus irgendeinem Grund nicht können, empfehle ich als Ersatz Wie die Eisenbahn in die Eifel kam (20.10 h, WDR), ein hübsch verfilmtes Stück interessanter Regionalgeschichte. Wer bei dem herrlichen Wetter immer noch auf Krimis aus ist, ist heute bei zdfNEO den ganzen Abend gut bedient, wer gerne Blödsinn haben will, bekommt eine alte Inas Nacht (21.45 h) bei EinsFestival. Und wers noch nicht gesehen hat: heute nacht nach dem Fußball auf der ARD Gegen die Wand (D 2004), ein zu Recht preisgekrönter Höhepunkt des deutschen Kinos (23.55 h oder später wg. möglicher Verlängerung und Elfmeterschießen).
Morgen um 16 h spielt dann Schland gegen Argentinien. Wenn Sie am Wochenende eine Reise planen, machen Sie sie genau jetzt! Autobahn ist frei, Züge sind leer – bei der DB sollten Sie allerdings Ohrstöpsel nicht vergessen, denn im dichtbesiedelten NRW mit seinen vielen Zughalten werden Sie quasi von übersteuerten Durchsagen dauerbeschallt und ich wette, dass das nicht fußballfrei sein wird! Wenn Sie sich aus irgendeinem Grund doch zuhause einbunkern müssen, gibt es, zu meiner eigenen Überraschung, eine gute Lösung mindestens für die Damen unter Ihnen: Johnny Depp und Leonardo diCaprio! Um 15.50 h auf RTL2 in Gilbert Grape (USA 1993). Sollte das Schland-Spiel ohne Verlängerung bleiben, haben Sie es nach diesem zwar schon gut abgehangenen aber auch sehr schönen Film – Regisseur Lasse Hallström ist ein echter Schmalz-, nee falsches Bild, Süsskram-Experte, ich denke da z.B. an Chocolat -schon wieder überstanden. Wenn Lionel Messi Manuel Neuer dann schon mehrmals getunnelt haben sollte, wäre die WM für Sie quasi schon zuende, das normale Leben könnte weitergehen. Wenn Neuer Messi dagegen mit seinem Oliver-Kahn-Gedächtnisblick hypnotisiert haben sollte, dann müssen Sie noch eine Woche ganz stark sein. Abends (20.30 h) spielt noch Spanien gegen Paraguay, aber wer wird sich das noch anschauen ausser mir? Sie ja jedenfalls nicht. Wenn Sie dann nicht draussen sitzen, sondern als Sofa gefesselt sind, gehen Sie zum NDR, der sendet eine Polizeiruf-110-Nacht (ab 23.10 h).
Sonntag und Montag sind spielfrei. Dienstag und Mittwoch wird wieder gespielt – aber jeweils nur ein Spiel um 20.30 h – dann bin ich wieder für Sie da.

TV ohne Fußball – der Doppeltipp (XVIII-IXX) vor den ersten spielfreien Tagen

Habbich doch gesacht, das war nach Ghana zur Abwechslung mal ein leichter Gegner. Und wer sich um die Schiri-Betreuung so weltklassemässig gekümmert hat, weiss ich auch nicht 😉

Sie wissen, liebe Fußballdesinteressierte, was das für Sie bedeutet? Es ist noch nicht zuende, im Gegenteil. Sie sollten kommenden Samstag das Haus nicht verlassen, am besten Sie erledigen die Wochenendeinkäufe schon am Freitag, wenn die anderen Niederlande oder Slowakei gegen Brasilien oder Chile gucken. Am Samstag besteht dann erhöhte Unfallgefahr auf allen Discounterparkplätzen und das Risiko von Schlägereien an Metzgertheken, denen das Grillgut auszugehen droht – die Menschen werden vor d e m Spiel gegen Diego Maradona und Lionel Messi sehr ungeduldig sein, denn sie fürchten, es wird ein Spiel gegen Gottvater und Gottsohn. Unsere Jungs haben nur eine Option auf den Heiligen Geist. Ob das reicht? Aber ich schweife wieder ab.
Ich mache heute wieder einen Doppeltipp, weil ich morgen wieder weg bin, aber auch, weil das Angebot heute sehr dicht und morgen sehr dünn ist. Sollte sich in Ihrem Haushalt eine Person mit Medienkompetenz befinden, das sind Personen, die z.B. einen Videorecorder programmieren können – so jemand brauchen Sie heute, um sich einen Guckvorrat für morgen anzulegen. Es sei denn Sie entschliessen sich doch, mal rauszugehen. Wie gesagt, Schland spielt ja erst Samstag wieder. Mittwoch und Donnerstag ist übrigens komplett spielfrei; da suchen Sie sich mal selbst was zum Gucken raus.
So weit die Vorrede. Nein, eins habe ich noch vergessen. Mittwoch kaufen Sie sich mal die taz, und zwar um auf der Seite Flimmern und Rauschen die Medienkolumne von Silke Burmester zu ergattern. Sie ist mein leuchtendes Vorbild, das ich doch nie erreichen werde. Ich habe Ihr schon 5 Euro überwiesen, nur um diese Art boshaften Kolumnismus am Leben zu erhalten.
So, jetzt gehts mit den Tipps aber wirklich los. Um 16 h ist Fußball, aber schon um 15.30 h ist Sherlock Holmes, und zwar in einer Version von 1939 mit Basil Rathbone. 3sat setzt diese Reihe auch an den nächsten Tagen fort. Wenn Sie so alt sind wie ich, erinnern Sie sich noch an diesen komischen Agenten Mini Max („Immer wenn er Pillen nahm“, lief in den 60/70ern im ZDF), den können Sie um 16.55 h auf Arte wiedersehen (USA 1968); wird ebenfalls die nächsten Tage fortgesetzt. Alternative weiterhin: 3 Engel für Charlie (17.10 h, EinsFestival).
Heute Abend 20.15 h gibt uns Arte Einblick in die jüngere Geschichte Südafrikas: Red Dust (UK/Südafrika 2004) mit Oscar-Preisträgerin Hilary Swank. Inhaltlich geht es um die politische Problematik der s.g. Wahrheitskommissionen. Eine sehr tragikomische Alternative ist um 21 h Mr. Shi und der Gesang der Zikaden (USA 2007, EinsFestival) – ein alter Chinese besucht seine ausgewanderte Tochter.
Wer leichte Unterhaltung bevorzugt, kann den Glotzabend mit Der Popolski Show (21 h, 3sat) beginnen und dann mit Vox-Serien fortsetzen, den Wiederholungen von Burn Notice (USA 2007, 21.55 h) und Boston Legal (USA 2004, 22.40 h).
Am späten Abend gibts noch mal ein vielfältiges Filmprogramm: die Virgin Suicides, das Regiedebüt von Sofia Coppola (USA 1999, 22 h WDR), Manderlay von Lars von Trier (DAN 2005, 23.30 h, SWR), und schliesslich Die Könige der Nutzholzgewinnung (D 2006, 1 h, ZDF) mit dem Star aus Stromberg und Der Kleine Mann Bjarne Mädel.
Morgen siehts mir dann dünner aus. Einige meiner Tipps werden fortgesetzt: Kir Royal (D 1986, 20.15 3sat) und The Killing (DAN 2007, 22 h Arte). Um 22.50 h kommt wieder Weeds (22.50 h ZDFneo, danach übrigens oldfashioned Miami Vice!). Ein Stern am sonst recht dunklen Himmel deutschen TV-Krimi-Schaffens ist der Polizeiruf 110 Totes Gleis (D 1994, 22.50 h MDR) mit Otto Sander und Sohnemann Ben Becker in schauspielerischer Hochform.
Also morgen noch durchhalten, dann kommen zwei spielfreie Tage. Freitag um 16 h gehts dann weiter, dann bin ich wieder für Sie da. Kommen Sie gut durch die heisse Woche!

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TV ohne Fußball – der Wochenendtipp (XVI/XVII)

Ghana mit Glück 1:0 geschlagen und nun einen leichten Gegner vor der Brust. So ist die Lage von Fußballschland. England wird nun künstlich großgeredet: man dürfe denen nicht so viele Chancen erlauben wie Ghana. So viele Chancen wie Ghana hat England im gesamten Turnier noch nicht erspielen können; wo sollen die den herkommen?

Warum schreibe ich Ihnen das, liebe Fußballdesinteressierte. Weil, so meine Voraussage, das WM-Turnier nach dem Spiel am Sonntag um 16 Uhr hierzulande noch nicht zuende sein wird. Sie müssen sich auf ein weiteres Großereignis am Samstag, 3.7. 16 h einstellen. Sollte ich Recht behalten, bedeutet das ausserdem, dass der Mehrheit Ihrer VoksgenossInnen im Vergleich dazu die Bundespräsidentenwahl am 30.6. ziemlich egal sein dürfte, was wiederum, egal wie die ausgeht, auf jeden Fall die Gnadenfrist für unsere Bundesregierung verlängert. Sie wird es dann in die Sommerpause schaffen.

Die Wettervorhersagen versprechen uns für die nächsten Tage allenfalls durch einzelne Gewitter unterbrochene Sommerhitze. Das heisst, meine Tipps an dieser Stelle sind auch nicht sooo wichtig. Es kann immer Gründe geben, in der Wohnung zu bleiben, und seien es Schland-Fans, die wie ich in der Berliner S-Bahn (ja, sie fährt noch!) erleben musste, besoffen keine anderen Texte mehr drauf haben, als „So sehen Sieger aus, tschalalalala“. Vom Gesang her müsste man also eher für die Engländer halten – aber ich schweife schon wieder ab.

Ich erwähnte hier bereits, dass der Deutschlandfunk nicht davor zurückschreckt, Sie mit guten journalistischen Programmen doch für Fußball interessieren zu wollen. Heute ist wieder so ein Versuch: die „Lange Nacht zur Krise des Fußballs als Unterhaltungsindustrie“ von, da habe ich gestaunt, einem alten Bekannten: Günter Amendt. Die 68er unter Ihnen dürften sich an ihn als Autor des Aufklärungsklassikers „Sexfront“ erinnern. (DLF, 23 – 2 h). Meine erste feste Freundin hätte ihn mal bei einem SDAJ-Festival in den 70er Jahren in den Westfalenhallen am liebsten angefallen und ihm die Kleider vom Leib gerissen 😉

In der Glotze können Sies heute auf der ARD mit Clint Eastwood (USA 1980, 22.15 h) und Errol Flynn, nicht als Pirat, sondern in einem Western (USA 1942, 1.50 h) versuchen.
Kabel 1 richtet sein Programm heute komplett auf Star Trek aus (ab 20.15 h).
Mein persönlicher Tipp, wenn Sie es nicht schon längst gesehen haben: ZDFneo zeigt eine Wiederholung von KDD-Kriminaldauerdienst (21.45 h), der besten deutschen Krimiserie seit Menschengedenken, die folgerichtig vom ZDF auch wieder eingestellt wurde. Oje, gerade will ich es verlinken, da sehe ich, es ist selbst auf diesem Nischenkanal schon wieder rausgeflogen ….;-(

Morgen würde ich Ihnen dann zu einem Jodie-Foster-Abend auf Pro7 raten: Flightplan (USA 2005, 20.15 h) und Panic Room (USA 2002, 22.05 h). Frau Foster ist, da dürften sich Männer und Frauen wohl mal einig sein, auch im wahren Leben das, was mann so eine „Klasse-Frau“ nennt. Wer diese Filme schon kennt, kann ausweichen auf Die Allee des Königs (F 1995, Arte, 20.15 h), über eine der Gattinnen von Ludwig XIV.

TV ohne Fußball – der Tagestipp (XV)

Heute komme ich wieder heim. Aber wird die Welt noch dieselbe sein? Spielen die in Südafrika wirklich weiter, als wäre nichts geschehen? Wie geht es Ihren fußballinteressierten Angehörigen? Verkraftet das unser Gesundheitswesen? Was ist überhaupt besser für unser Gesundheitswesen: dass die deutsche Mannschaft heim muss, oder dass sie jetzt eine glorioses Turnier weiterspielt? Hat das noch keine Krankenkasse ausgerechnet? Herr Rösler, machen Sie mal ihren Job, das ist jetzt wichtiger als Ihre Sektenhobbys (Kopfpauschale etc.)!
Heute empfehle ich Ihnen für einen kühlen politischen Kopf Katanga – Krieg um Kupfer (Belgien 2010, 22 h, Arte).
Wenn Sie beamtet und nachmittags schon zuhause sind, können Sie schon Alain Delon und Jane Fonda in Wie Raubkatzen (F 1963, 14.45 h, Arte) sehen – oder Sie haben Urlaub wie ich.
Beim WDR geht heute die Damiani-Reihe weiter: Das Verfahren ist eingestellt: Vergessen Sies (ITA 1971, 23.15).
Sonst habe ich für heute nichts gefunden. Vielleicht ist je wieder schönes Wetter. Gehen Sie mal aus, bevor es wieder schlecht wird, und bevor wieder ein Schland-Spiel ist!