Foto: ZDF-Chefredakteur Brender / Wikipedia
Wohl kein Job ist derzeit in unserem Wirtschaftskrisenland so sicher, wie der von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, der diesen Job zuvor schon hierzulande beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) ausgeübt hat. Ist der fiese Roland Koch also gescheitert? Das kann nur glauben, wer glaubt, dass es Koch um Brender geht.
Wetten auf Brender werden wohl nirgends mehr angenommen. Fast alle sind ihm zur Seite gesprungen, nicht nur ZDF-Promis – sogar Kurt Beck bekommt nun als ZDF-Verwaltungsratschef wieder Medienanfragen – auch die Old Boys der ARD, Fritz Pleitgen (Ex-WDR-Intendant) und Jobst Plog (Ex-NDR-Intendant) meldeten sich mit eigenen Texten in der „Süddeutschen“ zu Wort.
Pleitgen und Plog stehen für eine Ära, in der weitgehender Waffenstillstand zwischen den Sendern und den etablierten Parteien herrschte, nachdem zuvor, das war in den 80er Jahren, der WDR „Rotfunk“-Beschimpfungen seitens der CDU ausgesetzt war, und frischgewählte CDU-Ministerpräsidenten den NDR sogar zerschlagen wollten. Das mit dem „Rotfunk“ hat NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) seinerzeit noch selbst erledigt, allerdings nicht mit Zeitungsinterviews, sondern, subtiler und wirksamer mit Telefonaten – also das, was Brender heute gerne schriftlich verlangt. Redakteure, die „ihr Land nicht liebten“ wurden versetzt, Cornelius Bormann und Harald Brand organisierten ein Landesprogramm, das der rechten NRW-SPD und der CDU gleichermassen gefiel.
In der Ära Pleitgen starb dieser Typus Parteisoldat langsam aus. Frauenförderung war angesagt und mit der Radiowelle „Funkhaus Europa“ (103,3 MHz) wurde eine Kaderschmiede für Journalismustalente mit Migrationshintergrund installiert. Politisch war sich der Intendant für nix zu fies. Er hat mit Ministerpräsident Wolfgang Clement zusammen das eine oder andere Barrel wertvollen Rotweins verkonsumiert. Mit dessen Nachfolger Steinbrück konnte er das nicht; er wandte sich vorausschauend Jürgen Rüttgers zu. Hier erfuhr er mehr politischen Flankenschutz für den öffentlich-rechtlichen Sender. Die Pleitgen-Rüttgers-Freundschaft war vermutlich auch ein Verdienst der WDR-Rundfunkrätin Ruth Hieronymi aus Bonn, die sich als CDU-Europaabgeordnete unspektakulär aber wirkungsvoll gegenüber der neoliberal dominierten EU-Kommission für den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk starkmachte, als der SPD-Ministerpräsident Steinbrück sich gerade mit Edmund Stoiber zu Angriffen auf denselben gemein machte. Die folgende Landtagswahl bestätigte dann, dass sie gegen den WDR nicht zu gewinnen ist.
Worum geht es Koch nun, wenn nicht um Brender? Was Koch und Freunde wirklich an Brender stört, und das haben sie dem „Spiegel“ wohl nun in dankenswerter Offenheit erklärt, ist, dass Brender gerade kein „Roter“ ist. „Rote“, wie z.B. Deppendorf oder Frey (die Studioleiter von ARD und ZDF in Berlin) würden sich ja „an die Spielregeln halten“. Die scheinen Brender nicht zu interessieren. Er ist ein unkontrollierbares Journalismus-Animal. Gegenüber dem Autor dieser Zeilen schwärmte er z.B. über den Bielefelder-Kosovo-Parteitag der Grünen 1999, nicht weil die Grünen dort in den Krieg ziehen wollten, sondern weil er dem damals jungen TV-Sender „Phönix“, der ganztägig live sendete, eine Rekordeinschaltquote beschert hatte. Dass die Grünen sich öffentlich stritten, wie es das ganze Land tat, allerdings keine der anderen Parteien, das war – und ist – in Brenders Augen ein Hit.
So soll es im Bundestagswahlkampf nicht kommen. Und darum geht es. ARD, ZDF, CDU und SPD schwebt eine Inszenierung des „Kanzlerduells“ vor, Merkel versus Steinmeier. Das impliziert: „TINA – There is no alternative“ zur Großen Koalition. Einer wie Brender tut es vielleicht nicht wirklich, ist aber verdächtig, sich solchen Ansinnen zu widersetzen. Gegen diesen Typus unabhängiger Journalist will Koch ein einschüchterndes Zeichen setzen. Diese eigene Angst, die die ehemaligen Volksparteien so auf andere zu verbreiten versuchen, macht schwach und unsouverän. Wahrscheinlich ist die nächste auch die letzte Bundestagswahl, bei der CDU und SPD noch zusammen eine Mehrheit schaffen. So machen sie mit dieser Zuspitzung in den Medien, die sie – noch – beherrschen, alles noch schlimmer. Denn das Publikum wird sich von dieser versuchten Entmündigung noch stärker abwenden, als es jetzt schon geschieht. So schaden CDU und SPD nicht nur sich selbst, sondern auch dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen.