Thyssenkrupp entdeckt seine weibliche Seite

ThyssenKrupp Zentrale Foto: TKUnter dem neuen Chef Heinrich Hiesinger soll so manches anders werden: Weniger Stahl, mehr Technologien – und weiblicher soll Thyssenkrupp werden.

Bislang stellen Frauen gerade einmal sechs Prozent aller Führungskräfte. Im obersten Topgremium ist keine und auch in der zweiten Reihe sieht die Bilanz mager aus. Mit Gabriele Sons soll nun ein Stück weit Abhilfe geschaffen werden. Bis zum Jahresende soll die 51-Jährige das Personalressort einer der Techniktöchter (Aufzug, Anlagenbau Komponenten) übernehmen.
Die Frauenquote wird sich dadurch zwar nur geringfügig verändern, aber der Konzern macht klar, wohin die Reise geht. Bis 2020 sollen 15 Prozent der Führungskräfte weiblich sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wird Hiesinger noch einige Frauen zu dem Konzern lotsen müssen.
Auch wenn Thyssenkrupp folgendes dementiert, im Konzern wird diskutiert, ob Sons weiter aufsteigen wird. Angeblich gab es Gespräche, dass sie mittelfristig Ralph Labonte im Konzernvorstand beerben wird. Labonte ist Personalchef. In der Topebene wäre die Frauenquote damit erfüllt. Da aber Sons aus dem Arbeitgeberlager kommt, stößt dieses Ansinnen auf harsche Kritik bei den Betriebsräten. „Den Posten wollen wir mit einem unserer Leute besetzen“, sagte ein Gewerkschaftler.

Springers adelige Melkkuh

Den Abgang von Karl-Theodor zu Guttenberg mögen einige tragisch oder folgerichtig wegen der Plagiat-Arbeit finden, unter dem Strich ist der Rückzug aber ein schlichter Vorgang in der Politik. Unsinn gemacht, ertappt, rausgeflogen. Spannender an der Geschichte finde ich die Enthüllung der Bild-Zeitung.

Da konnten noch so viele abgeschriebene Stellen in Guttenbergs Doktorarbeit gefunden werden, Bild stand zu dem CSU-Politiker. Nibelungentreue ist wohl das richtige Wort. Das mag zum Teil an der Vorliebe für zurückgegelte Haare liegen, die Guttenberg und Bild-Chef Kai Diekmann teilen. Aus Sympathie startet man aber TED-Umfragen und füllt keine Zeitungsseiten, kurz gesagt, macht sich zum Deppen.

Da steckt ein finanzieller Antrieb dahinter. Mit Geschichten aus der Welt der Adelsfamilie lässt sich Geld verdienen. Guttenberg und seine Frau bringen mehr Auflage als jedes noch so exklusive Interview mit Angela Merkel oder Steve Jobs. In der ganzen Bild-Kampagne pro Guttenberg ging es um nichts andres als ums Kohlescheffeln. Irgendwie ist das sogar legitim.

Diekmann hat mit seiner freundlichen Berichterstattung das Geschäft seiner Zeitung verteidigt. Es ist ein Rückzugsgefecht eines wie es Guttenberg bis gestern geführt hat. Im vergangenen Jahr sank die verkaufte Auflage von Bild um knapp fünf Prozent auf 3,03 Millionen Exemplare, die von Bild am Sonntag um vier Prozent.

Springer fuhr zwar im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von elf Prozent ein, aber die nationalen Zeitungen schwächeln. Und so soll es auch in diesem Jahr weiterlaufen, teilte Springer heute mit. Zum Umsatzwachstum tragen die Tochtergesellschaften im Ausland bei.

Wie Springer in seinem Risikobericht für das Geschäftsjahr 2010 ausführt, ist der Gesamtkonzern stark von Bild und der Bild-Markenfamilie abhängig. Dass heißt: Wankt Bild, wankt der Konzern. Guttenbergs’ Niederlage ist damit auch für Springer eine verlorene Schlacht im Ringen um solide Auflagen- und Umsatzbringer.

Mehr als das sogar: Die Rückzug des früheren Dr. zeigt, die publizistische Macht der Bild-Zeitung ist gebrochen. Auf Papier und im Internet.

ThyssenKrupp: Hippe räumt das Feld

ThyssenKrupp Zentrale Foto: TKThyssenKrupp verliert seinen Finanzchef an den Pharmakonzern Roche. Ganz freiwillig ist der Wechsel nicht.

Hippe hatte sich Chancen auf den Posten von Ekkehard Schulz ausgerechnet, der mit der Hauptversammlung am nächsten Freitag in den  Aufsichtsrat wechseln wird. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme berief aber einen anderen, Nachfolger wird Heinrich Hiesinger. Der kommt von Siemens.

Hippe soll sich übergangen gefühlt haben und sich daher auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber gemacht haben. Dass er jetzt geht, soll aber auch damit zusammenhängen, dass Cromme dem Finanzvorstand einen Wechsel nahegelegt habe, verlautet aus Konzernkreisen.

Belegt ist dies nicht, aber einiges spricht dafür. So war Hippe unzufrieden, weil er einen höheren Posten angestrebt habe, heißt es im Unternehmen. Und einen unzufriedenen Finanzvorstand kann keine Gesellschaft brauchen. Auch wenn man dies Hippe zuletzt nicht angemerkt hat, so wäre er über kurz oder lang gegangen.

Cromme ging es wohl darum, eine Hängepartie zu vermeiden. Denn eine solche kann ThyssenKrupp nicht gebrauchen. Mit Hiesinger soll ein neuer  Weg eingeschlagen werden. Weniger Stahl, mehr Technologie. Damit die neue Strategie aufgeht, müssen alle an einem Strang ziehen.

Letters from Ireland IV

Irland steckt in einer tiefen Krise. Nicht nur wirtschaftlich geht es bergab, auch politisch steht das Land an der Abbruchkante. Der seit vielen Jahren in Nordrhein-Westfalen lebende Ire Hugh Murphy reist in seine Heimat zurück und schreibt über das, was er sieht. Hier ist der vierte Brief unseres Gastautors.

“Hello there,

The weather has now joined in the rush to distract the Irish from brooding about the EU-IMF bailout deal. The coldest November/December for 25 years hit Dublin city (appropriately) and the eastern coast areas with a temperature drop to near minus ten. Snow accumulated everywhere. Passes in the Dublin mountains and schools were closed and questions were asked in parliament. In the senate actually.

A senator called to a house in darkness and when she was let in she found a family who had been without food or electricity for two days because they had had to pay their mortgage instalment. “The IMF and the ECB protect the elite of Europe and this family was the reality facing us as a consequence,” she announced to the almost empty chamber. “The bail out deal must be renegotiated,” she demanded.

The theme was taken up in the Dail (the other House). Again it was a woman TD (member of parliament) who made the point, “now that an election is in the offing Ministers and other Members are retiring in droves. They will get huge pensions and golden handshakes. But a man who has worked 47 years on a building site will be lucky to get 30 euro a month from the Construction Industry Federation.”

It is such crass contrasts in Irish society that turn people away from politics and why their despair of a change is so profound. There is no ‘Moses’ in sight. The bad weather and the on-rushing Christmas ruckus are lousy Golden Calves, but they’ll do for now. There is always a seeming-Moses lurking in Dublin 4 or 6, which are the areas of south Dublin city where the well-off and ‘intellectuals’ live. The likes of Vincent Brown and Finton O’Toole know nothing but they can explain everything. Finton O’Toole is a columnist and the author of “Stern critic of Irish politics”; Vincent Browne is a political pundit with his own TV show.

Suppose there was a real movement, let’s just call it that and not a revolution, in Ireland, what might it look like? Suppose the Irish government took a page from the Icelanders book and refused to take responsibility for the bankers debts? Yes! Renege on the September 08 promise to guarantee them! Immoral? Yes! Justifiable? Every country tears up treaties when national interests are at stake and surely the bail out is and will be a threat to Irish national interests for a generation!

Or is it all shadow boxing? In the not too distant future will a clown jump out of a box, maybe still with Cowan’s face, and announce an end to the crisis? Dreams? Of course! But that’s the state of mind in Ireland today! Some wish the clown will be Michael O’Leary, the highly successful boss of Ryanair!

If an Irish government choose to go down that road, even if it means pulling the plug on the Euro, they would and should pay the debts that occurred through their own excesses. Then the Irish debt becomes manageable. Pensions do not have to be double that of the UK. Rates get paid; water is paid for; many pensioners get by without free travel.

Impose a reasonable wage cap for civil servants, especially at the top, and politicians; lock up as many developers as you can lay hands on and you’d be making a good start. The biggest task of course, would be to attract enough intelligent, honest and capable people into politics to see off the present lot of cement heads and their self-serving culture.

What was it again what Garret Fitzgerald Fine Gael politician and one time Taoiseach (prime minister) said about Oliver Flannigan (flamboyant politician who used his position to get ‘jobs for the boys’.)?

Politics is not about jobbery, said Garret. Garret knows nothing about politics, said Oliver. Seemingly Oliver is alive and well in Irish politics.

Hugh Murphy”

Nachtrag: Die irische Regierung hat heute das umfassende Sparprogramm beschlossen. Viele Ökonomen sehen die Zukunft Irlands durch die immensen Einsparungen gefährdet, wie Spiegel Online trefflich zusammenfasst.

Vorherige Briefe:

Letters from Ireland I

Letters from Ireland II

Letters from Ireland III

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Letters from Ireland III

Irland steckt in einer tiefen Krise. Nicht nur wirtschaftlich geht es bergab, auch politisch steht das Land an der Abbruchkante. Der seit vielen Jahren in Nordrhein-Westfalen lebende Ire Hugh Murphy reist in seine Heimat zurück und schreibt über das, was er sieht. Hier ist der dritte Brief unseres Gastautors.

„Hello,

„It’s not my money they’re talking about,“ said the chubby man, with half his pint drunk, at the curve of the bar. The full sum of the bail out, 85 billions euros, had just come up on the screen behind the bar.
„That’s what you think,“ says another pint man further along the bar, „wait till you see the budget next week. They’ll have their hands in both your pockets then.“
„For all the good that’ll do them. I’ve been skinnt since I lost me job last May. Give us a pint, Dorris!“ and with that he drained his glass in one go.
„There’s nothing we can do about it, says Dorris as the tawny liquid fills up a new glass, „so I ignore it altogether,“ there are volumes of annoyance in the way she says it.

There’s no way anyone in Europe can understand how the Irish don’t react to the present crisis. Every country has its own way of putting the head in the sand when the facts of life become too painful to face right now. The Greeks riot, the Italians stay at home, the French go on a nation wide strike so that everybody can stay in bed in the morning after they reach sixty. The Irish become an ingrown toe nail. They turn on their politicians and parties and pundits and they dissect them savagely, not that they hope to find and relief for their pain by doing so. The parties in power now – Fianna Fáil et al, caused the disaster and are therefore rotten. The opposition parties – Fine Gael et al, are just as useless. It’s another side of Joyce’s old sow but there’s rarely any sign of Joyce’s courage to try to do something about it. A new government will be elected in the coming weeks or months but they are already known to be useless.

Eventually someone will say, „we could be an awful lot worse off. We are not at war. We do not have tsunamis, famine or earthquakes to deal with and, as those of us who have been through earlier hard times know. We will ride it out.“ (‚Lucinda O’Sullivan, Sunday Independent.) Even the notorious rain is found to be a „psychologically soothing presence in our lives,“ (Marie Murray, ditto)

With such optimism within daily reach who cares if the bailout works or not! Hugh Murphy“

Letters from Ireland I

Letters from Ireland II

Zum Wodka ein Clausthaler

So jetzt ist es raus. Die Fußball-Weltmeisterschaft wird 2018 in Russland stattfinden und vier Jähre später sind die Emirate dran.

Die Fußball-Fans müssen sich nach der Brasilien-Tour 2014 im Jahr 2018 auf eine große Rundreise einstellen. WM-Ausrichter Russland ist groß und die Spielstätten weit über das Land verstreut. Wer sich einen Eindruck über die exzellenten Bahn- und Flugverbindungen verschaffen will, der kann 2014 schon mal zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi reisen.

Am besten gleich ein paar Flaschen Wodka mehr einpacken. Der hilft nicht nur gegen Kälte, sondern könnte auch helfen, den einen oder anderen Engpass vier Jahre später zu überbrücken. Der WM-Kick in Katar dürfte die trockenste aller Zeiten werden. Ich kann mir bildlich vorstellen was passiert, wenn in einer Bar einem englischen Hooligan ein Clausthaler vorgesetzt wird. Viele Spass.

Ferrostaal bleibt im Krisenmodus

Ferrostaal-Chef Jan Secher wollte die Korruptionsaffäre bis zum Jahresende hinter sich lassen. Der Plan wird nun wohl scheitern. Wegen einem Streit im Eigentümerkreis droht sich die Einigung mit der Staatsanwaltschaft München zu verzögern.

Eigentlich sollte der Bußgeldbescheid noch vor Weihnachten in der Essener Zentrale einflattern. Knapp 200 Millionen Euro soll der Konzern dafür zahlen, dass Mitarbeiter über Jahre hinweg massiv bestochen haben. Wie soll aber Ferrostaal die Zeche bezahlen? Wegen der Krise dürfte die Konzernkasse nicht so üppig gefüllt sein. Ich würde mal erwarten, dass die Eigentümer Geld nachschießen oder die Zeche direkt übernehmen. Ferrostaal kann die Strafe aus eigener Kraft wohl nicht begleichen.

Gefragt ist nun natürlich der frühere Mutterkonzern MAN, schließlich gehörte Ferrostaal in der Zeit der dubiosen Zahlungen noch zu diesem. Angeblich ist MAN auch zahlungswillig. Die Kohle sollte als Teil eines Gesamtdeals fließen, so sahen die Pläne aus. Diese sahen auch die Übernahme der bei MAN verbliebenen 30 Prozent durch IPIC vor. Die Scheichs würden damit alleiniger Eigentümer.

Bis zum Jahresende sollte die Transaktion ursprünglich abgeschlossen werden. Das wird nun nicht klappen. Am Wochenende scheiterten Verhandlungen zwischen MAN und IPIC, jetzt soll ein Schlichterspruch Klarheit schaffen. Dass wird locker ein Jahr dauern, schätzen Juristen.

Die Lage bei Ferrostaal mit seinen 4400 Mitarbeitern wird damit nicht besser. Mit der ungeklärten Eigentümerfrage und dem offenen Verfahren wird es für Secher schwer, Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen.

Letters from Ireland II

Irland steckt in einer tiefen Krise. Nicht nur wirtschaftlich geht es bergab, auch politisch steht das Land an der Abbruchkante. Der seit vielen Jahren in Nordrhein-Westfalen lebende Ire Hugh Murphy reist in seine Heimat zurück und schreibt über das, was er sieht. Hier ist der zweite Brief unseres Gastautors.

„Hello,

it’s the smells that first get to you when you land in Ireland in the last months of the year. There is a sweet sour smell everywhere. It’s the autumn decay now fermenting and the compost promises to be dire for the Irish economy. €509 billion were lent to Ireland and it’s banks during the last few years and the Irish mind runs into a blank wall in the attempt to visualise what that albatross means for them. Many people have stopped thinking about it and even the talking heads on TV have turned to playing Christmas toys and the rugby season.

Although Olli Rehn, the European commissioner, has become a semi respected figure in the media few see any sense in what he, the ECB and finance minister Lenihan are up to. There is even amused confusion about who exactly is representing Ireland in the negotiations. Reliable sources say that Mr Lehihan is suffering from terminal cancer. It seems to increase his creditability as an honest broker but the other negotiators are shadowy civil servants, just the kind whose negligence and/or complicity created the mess in the first place. Nobody trusts them.

The pundits/experts have now decided that the European (German), English and Irish banks have been in a cahoots relationship for years, always relying on the Irish Government to guarantee investments if things went wrong, the old ‚too important to let fail‘ trick, i.e. private debt would become sovereign debt. In 2008 that is exactly what Prime Minister Cowan, and Lenihan did when the Anglo-Irish Bank got into trouble.

If you listen to people waiting at red traffic lights in O’Connell Street in Dublin you’ll hardly hear a word about the economic crisis. „Sure, with all this doom and gloom I’m going to put up the Christmas tree early this year,“ said a young woman with a child on one hand and a bag of shopping in the other. „I agree with you misses. Why should we start throwing the toys out of the pram already.“ This from another woman, shopping heavy. „What pram?“, ask another voice and the hole group laughed and chuckled there way across the street one green.

Few protest anymore around parliament in Kildare St. Camara crews are asleep on the front seats of their vans tucked discreetly into side streets. The unions can get a few thousands out at the weekend for a photo shot but Sinn Fein and other extremists are so prominent among the marchers that ‚ordinary‘ people refuse to join, up to now.

The terms of the agreement are due out today or tomorrow. I’ll have more news then, Hugh Murphy“

Letters from Ireland I

Letters from Ireland II

Letters from Ireland III

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Warum Cromme kein Ruhrbaron ist

Berthold Beitz ist der letzte echte Ruhrbaron. Sollte er einmal nicht sein, dann soll ihm zwar Mulit-Aufsichtsrat Gerhard Comme auf dem Führungsposten bei der Krupp-Stiftung folgen. Aber Cromme hat nicht das Format für einen Baron der Ruhr.

Beitz ist ein Mann, der sicherlich seine Fehler im Leben gemacht hat. Aber er ist über jeden Zweifel erhaben. Er hat das, was ich das „Moral-Gen“ nennen will. In der Epoche, in der sich in der deutschen Geschichte gezeigt hat, wer einen Arsch in der Hose hat, hat Beitz das richtige getan. Während der dunklen Nazi-Zeit hat er in Osteuropa Juden vor dem Tode bewahrt. Die Geschichte ist ausgiebig beschrieben und darf nie vergessen werden.

Das sympathische an dem Mann ist, dass er danach den Mund gehalten hat. In der Nachkriegszeit hätte er prahlen können, er wäre damit sicherlich noch berühmter geworden. Aber was tut der heute 97-Jährige? Er geht als Führungskraft zu Krupp. Er hilft dabei, dass die Kanonenschmiede der beiden Weltkriege im neuen Deutschland auf die Beine kommt.

Er schafft sogar noch mehr, er sammelte die Fragmente der deutschen Stahlindustrie zusammen. Heute heißt das Konglomerat ThyssenKrupp und gehört zu den größten Arbeitgebern der Republik. In dem Konzern geht nichts ohne die Krupp-Stiftung, die eine Viertel der Aktien hält. Wichtigster Vertreter in dem Unternehmen ist Gerhard Cromme, vielen bekannt als einer der Väter des Corporate-Governance-Kodex. Mit dem Kodex sollte die Mauschelei in und unter deutschen Führungsgremien transparent gemacht werden.

Ein schöner Gedanken, aber Cromme war dafür so geeignet wie ein Fuchs zur Hühnerstall-Überwachung. Einstimmig hat der Aufsichtsrat am Freitag einem Wechsel von ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz in den Aufsichtsrat zugestimmt. Ein klarer Bruch mit den Zielen des Kodex. Denn nach diesem darf ein sofortiger Wechsel nur die Ausnahme sein, in der Regel ist eine zweijährige Pause vor einem Wechsel vorgesehen.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Schulz einen angenehmen und kompetenten Manager. Aber in Ordnung ist der Wechsel nicht – gerade weil Cromme Aufsichtsratschef und Vater des Corporate-Governance-Kodex ist. Von dem Beitzschen Moral-Gen trägt er nicht mal eine Spur im Leibe. Cromme ist für den Posten eines Ruhrbarons disqualifiziert.

Über Ferrostaal spricht man wieder

Bei Ferrostaal wird alles neu. Der Laden mit der wohl höchsten Korruptionsdichte Deutschlands soll künftig saubere Geschäfte machen. Zweifel am Erfolg sind angebracht.

Die Geschichte von Ferrostaal ist lang, lässt sich aber schnell erzählen. Im Jahr 1920 gegründete entwickelte sich das einst in den Niederlanden angesiedelte Unternehmen nach dem zweiten Weltkrieg zum Umschlagplatz deutscher Industriegüter und Dienstleistungen. Ganz sauber ging es da wohl nicht immer zu, das war bis in die 90er-Jahre auch egal. Mit dahin durften im Ausland gezahlte Schmiergelder hierzulande von der Steuer abgesetzt werden.

Vor dem neuen Jahrtausend änderten sich aber die Steuergesetze und auch die öffentliche Wahrnehmung. Die Gewährung geldwerter Vorteile hatte nun nicht mehr nur ein Geschmäckle, sie wurden illegal. Bei Ferrostaal hat man das auch realisiert, Ex-Chef Matthias Mitscherlich bemühte sich sogar um eine Verbesserung. Wie gut er darin war, dass müssen wohl bald die Richter entscheiden. Neben anderen Managern und Ferrostaal ermittelt die Staatsanwaltschaft München auch gegen ihn.

Nachdem Mitscherlich seinen Platz geräumt hat, will nun Jan Secher das Unternehmen von der Strafbank holen. Eine Compliance-Struktur wurde eingezogen, einige Mitarbeiter mussten gehen. Er ist auf dem richtigen Weg.

Nun kommt der zweite Schritt. Zum Wochenanfang segnete der Aufsichtsrat eine neue Strategie ab. Aus heiklen Geschäften ziehen sich die Essener zurück, so vom Verkauf von U-Booten. Die Zukunft des Unternehmens soll nun im Projektgeschäft liegen, also dem Bau von Anlagen für die Petrochemie und das Öl- und Gas-Business.

Das dürfte ganz im Interesse des Eigners sein. Der Staatsfonds IPIC aus Abu Dhabi war eigens bei Ferrostaal eingestiegen, um die Industrialisierung des eignen Landes voran zu treiben. Abu Dhabi rüstet sich für die Zeit nach dem Öl. Als MAN seine Tochter Ferrostaal zum Verkauf stellte, griffen die Scheichs schnell zu. Groß war aber der Frust, als die Schmiergeldaffäre ans Tageslicht kam.

Aber werden die neue Compliance-Regeln und die neue Struktur reichen, um Ferrostaal vor dem Untergang zu retten? Bei Thyssen, Daimler und auch einigen anderen Firmen hört man, dass das Vertrauen in Ferrostaal erschüttert ist. Secher und seine Truppe muss also intensiv um Vertrauen werben.

Dafür muss er auch mal an die Öffentlichkeit. Ich habe seit seinem Amtsantritt im Juni nichts von ihm gelesen. Ferrostaal spricht nicht, über Ferrostaal wird geschrieben. Solang das so ist, zweifele ich an der Zukunftsfähigkeit.

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