Weniger Kurzarbeit bei ThyssenKrupp

Die Mitarbeiter von ThyssenKrupp Steel können sich freuen. Die Nachfrage nach Stahl zieht wieder an. Wie man im Unternehmen hört, soll nun die Produktion wieder hochgefahren werden. Das bedeutet mehr Arbeit – und damit weniger Kurzarbeit.

In den ersten Monaten dieses Jahres haben die Hochöfen in Duisburg nur mit halber Kraft gearbeitet, an manchen Tagen sogar nur mit 40 Prozent. Für die rund 20 000 Menschen am Standort eine ungewohnte Erfahrung. Denn noch Mitte vergangenen Jahres wurden die Maschinen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gepeitscht, um den Stahlhunger der Kunden zu befriedigen. Im Konzern galt die Sparte als Cash-Cow, nun ist sie die Problemzone.

Tiefrote Zahlen weist ThyssenKrupp im Stahlgeschäft aus; und auch nach den jüngsten Preiserhöhungen ist keine Entspannung in Sicht. Aber immerhin zieht die Nachfrage wieder an. Die Kunden bestellen wieder, wenn auch auf niedrigem Niveau, heißt es im Unternehmen.

Telekom-Skandal holt Arcandor-Chef Eick ein

Der erst seit wenigen Monaten amtierende Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick gilt als Saubermann. Die Skandale bei der Deutschen Telekom, wo er zuvor Finanzvorstand war, haben seinem Image nichts anhaben können. Dies könnte sich nun ändern. Für die angeschlagene Arcandor könnte das zur Belastung werden.

 

Nach einem Vorabbericht der „Wirtschaftswoche“ ist Eick in die Spitzelaffäre bei der Telekom offenbar tiefer verstrickt als bislang bekannt. Das Magazin beruft sich dabei auf eine Untersuchung der Rechtsanwaltskanzlei Oppenhoff, die im Auftrag des Telekom-Aufsichtsrats erstellt wurde. Daran heißt es dem Bericht zufolge, dass Eick nicht nur in die internen Ermittlungen im August 2007 involviert gewesen sein soll, sondern auch, dass Eick den Sicherheitschef Trzeschan mit Sondervollmachten ausgestattet haben soll.

Trzeschan habe sich demnach bei der Beauftragung externer Dienstleister in sicherheitsrelevanten, geheimhaltsungswürdigen Projekten nicht an die Einkaufsprozesse halten brauchen. Was das bedeutet? Trzeschan konnte damit frei über Geld verfügen, um mögliche Ausspähaktionen zu finanzieren.

Für einen Finanzmann ist das ein ungewöhnliches Verhalten. Und als Kenner der Deutschen Telekom darf ich sagen, ein sehr ungewöhnliches Vorgehen im Konzern.

Für Eick kommt der WiWo-Bericht zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, ringt er doch um eine Rettung von Arcandor. Wichtigster Gesprächspartner ist dabei der Staat, der mit Bürgschaften das Geschäft am Laufen halten soll. Sollte Eick tatsächlich in die Telekom-Spitzelaffäre verstrickt sein – der heutige Bericht ist bislang der erste ernstzunehmende Hinweis -, dann wäre er nicht der beste Gesprächspartner für Politiker.

Vorhang fällt bei ThyssenKrupp



In den vergangenen Wochen haben Vorstand und Betriebsrat von ThyssenKrupp kräftig aufeinander eingedroschen. Von Wortbruch war die Rede; auch von unflexiblen Arbeitnehmern, die nur um ihre Pöstchen bangen. Jetzt haben sich wieder alle lieb, dank Berthold Beitz.

Der Boss der Krupp-Stiftung holte die Streithähne an den Tisch und verdonnerte sie dazu, einen Kompromiss im Konflikt um die Konzernverschlankung zu finden. Statt sich im Kleinkrieg aufzureiben, sollten Vorstand, Betreibsrat und IG Metall lieber eine für alle Seiten tragbare Formel finden. Bei einem Treffen am Dienstagabend in Düsseldorf ist ihnen das auch gelungen.

Bei der Zentralisierung von ThyssenKrupp soll die Mitbestimmung nur ein wenig beschnitten werden, betriebsbedingte Kündigungen sind vom Tisch. Die Arbeitnehmer segneten dafür heute bei der Aufsichtsratssitzung die neue Konzernstruktur ab. Von der verspricht sich Vorstandschef Ekkehard Schulz Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro.

Beim Ruhrkonzern ist also wieder alles in bester Ordnung. Irgendwie kommt mir der Streit wie eine Inszenierung vor, Schon lange vor der Einigung bemühten sich die Akteure, über ihr Gegenüber nichts Böses zu sagen. Ihnen war offenbar klar, dass sie bald wieder einmütig am Tisch sitzen würden. Aber ohne großes Geläut hätte dies nicht gut ausgesehen.



Guerilla-Taktik gegen ThyssenKrupp-Umbau

Logo: tonwertkorrekturen

 

 

Die Betriebsräte von ThyssenKrupp wollen die Konzernführung in einer Guerilla-Taktik zum Einlenken bewegen. Bei den anstehenden Abstimmungen in den Aufsichtsräten des weit verzweigten Konzerns werde die Arbeitnehmerseite gegen die Vorschläge hinsichtlich der Neuausrichtung stimmen, verlautete aus Betriebsratskreisen.

 

Die Arbeitnehmer hatten daher am Freitag Proteste gegen den Konzernumbau angekündigt, sich über die weitere Vorgehensweise aber bedeckt gehalten. ThyssenKrupp will seine Struktur verschlanken und daher die fünf Sparten abschaffen. Die Entscheidungsgewalt soll im Konzernvorstand gebündelt werden. Der Aufsichtsrat der Holding will am 13. Mai über die Umstrukturierung entscheiden.

Dort und auch in den untergeordneten Aufsichtsräten werde nun gegen die neuen Pläne opponiert. Auch werde es weitere Proteste geben, heißt es. Einen Auftakt könnte es am Dienstag im Umfeld einer Betriebsräte-Versammlung von ThyssenKrupp Steel geben.

Verhindern können die Betriebsräte den Umbau mit ihrem „Nein“ bei den Abstimmungen zwar nicht, allerdings steigt der öffentliche Druck auf die Konzernführung um Schulz und Aufsichtsratschef Cromme.

Die Betriebsräte fühlen sich von Vorstandschef Ekkehard Schulz hintergangen. Dieser soll noch vor einigen Wochen zugesagt haben, dass auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird. Am vergangenen Donnerstag habe er diese Aussage zurückgezogen, teilten Betriebsrat und IG Metall mit.

Werbung

Teuer Wasser

Foto: flickr.com/jörgenshaus

In den vergangenen Monaten ist die deutsche Wasserindustrie unter Druck geraten. Im Gespräche ist eine harte Regulierung, wie sie schon in Hessen praktiziert wurde. Die Kartellbehörde dort verlangt Preissenkungen von bis zu 37 Prozent. Nun wollte auch die NRW-Regierung die Zähne zeigen.

Allerdings blieb es nun beim zeigen, denn reagieren will die schwarz-gelbe Koalition nicht. Aber ich fange mal lieber vorne an. Der Markt für Trinkwasser steht anders als Strom und Gas nicht im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Die monatliche Pauschale wird halt abgebucht, den Verbraucher kümmert es nicht weiter. Grund ist nicht nur die im Vergleich zur Strom- und Gasrechnung geringe Summe, sondern auch der simple Grund: Wasser ist gut, also sind die Unternehmen auch gut.

Da die Wasserbetriebe oftmals recht klein sind – es gibt rund 6500 in Deutschland – werden sie von den Landeskartellbehörden beaufsichtigt. Aktiv werden die Kartellwächter erst wenn sie überhöhte Preise vorfinden. Und da hakt es. Die Preise sind zwar leicht zu ermitteln, aber schwer zu vergleichen. In manchen Regionen muss das Wasser teuer aufbereitet werden, in anderen schießt es für kleines Geld quasi aus dem Boden oder fließt kostengünstig vom Berg herab.

Der Vergleich ist also schwer. Da braucht man viele Daten, muss sich auch noch mit den Kommunalpolitikern rumschlagen, die ihre Wasserbrunnen schützen wollen. Das macht keinen Spaß, die Beamten lassen also die Finger davon.

Einer springt allerdings aus der Reihe, die Hessen. Die haben sich ihren Markt genau angeschaut und kräftige Preissenkung verlangt. Die Frankfurter Mainova etwa soll ihre Wasserpreise um ein Drittel kürzen. Das ist happig und fand auch seinen Widerhall in den Medien.

Andere Bundesländer mussten also reagieren. Auch die Landesregierung in Düsseldorf nahm den Wassermarkt unter die Lupe. Statt aber die Landeskartellbehörde damit zu beauftragen, machte eine Unternehmensberatung eine Umfrage unter den Wasserfirmen. Ganze 13 Prozent nahmen teil. Eine Schlappe, heißt es unter der Hand bei Vertretern der Landeskartellbehörden. Ein Erfolg, meint das zuständige NRW-Wirtschaftsministerium.

Der Handlungsbedarf erstreckt sich nun darauf, die nächste freiwillig Befragung anzuleiern. Dabei zeigt ein Blick in die Studie der Unternehmensberatung, die Firmen kassiert massiv ab. Die befragten Wasseranbieter kommen bei einem normalen Haushaltskunden auf eine Nettorendite von 20 Prozent. Von jedem umgesetzten Euro bleiben 20 Cent Gewinn bei den Firmen hängen. Von einer solchen Rendite träumen selbst Softwarekonzerne.

Geldregen für Großmanns Mitarbeiter

Foto: RWE

Jürgen Großmann kann über sich über einen Rekordgewinn seiner Stahlfirma freuen. Jetzt muss er aber den Gürtel enger schnallen, denn wegen der Rezession könnte Georgsmarienhütte in die Verlustzone rutschen. Jetzt wird sich zeigen, wie sozial der RWE-Chef bei seiner eigenen Mannschaft ist.

Großmann hatte die Hütte vor einigen Jahren für einen symbolischen Preis von zwei Mark gekauft und in harter Arbeit und mit einigem Rückenwind durch den Stahlboom zu einem Vorzeigeunternehmen gemacht. Letztes Jahr sprang der Umsatz auf 3,3 Milliarden Euro, unter dem Strich blieb ein Gewinn von 176 Millionen Euro. Jeden zehnten Euro davon schüttet er an seine Mitarbeiter als Gewinnbeteiligung aus. Durchschnittlich sind das 1636,36 Euro pro Kopf.

Im laufenden Jahr werden die Beschäftigten aber wohl leer ausgehen. Die Krise hat den achtgrößten Stahlkonzern Deutschlands fest im Griff: Die Nachfrage hat sich mehr als halbiert, jeder zweite der 10.800 Mitarbeiter ist in Kurzarbeit. Auch wenn es keine Entlassungen gab, so mussten doch schon einige Leiharbeiter gehen.

Da eine schnelle Erholung der Nachfrage nicht in Sicht ist, müssen sich die Beschäftigten auf die soziale Ader von ihrem obersten Chef Großmann verlassen. Denn die Kurzarbeit ist gesetzlich auf 18 Monate befristet und könnte auch bei einer Verlängerung auf 24 Monate nicht ausreichen, um die Krise abwettern zu können. Helfen wird noch der in der Nacht zu heute geschlossene Tarifvertrag, der eine weiter Verkürzung der Wochenarbeitszeit zulässt.

Stellt sich die Frage, was tun, wenn die Instrumente nicht mehr ausreichen? Könnte Großmann das Messer ansetzen und Beschäftigte entlassen? Die Frage ließen die Oberen des Stahlwerks heute offen. Eine Entscheidung darüber wird wohl erst dann fallen, wenn absehbar, wie tief und lang die Flaute sein wird.

Mit wachen Augen werden wohl die RWE-Mitarbeiter die Vorgehensweise bei dem Stahlkonzern verfolgen. Denn dies könnte ein Gradmesser dafür sein, wie der Vorstandschef bei dem Versorger agieren könnte, sollte dieser von der Krise gepackt werden.

Zorn der Thyssen-Arbeiter

Logo: tonwertkorrekturen

Mit dem freundlichen Miteinander bei ThyssenKrupp ist es vorbei. Am kommenden Montag wollen mehrere Tausend Mitarbeiter in Duisburg gegen den Konzernumbau protestieren. Ihr Zorn richtet sich gegen Vorstandschef Ekkehard Schulz, der nicht aufhören will, von betriebsbedingten Kündigungen zu reden.

Am vergangenen Freitag nahm Schulz wieder diese brutalste Form des Stellenabbaus wieder in den Mund. Er könne betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen, sagte er Journalisten. Die Betriebsräte fühlten sich hintergangenen. Erst wenige Stunden zuvor hatte Schulz mit ihnen vereinbart, auf diese verzichten zu wollen. Dies war die Grundlage für ihre Zustimmung zu der Konzernverschlankung von fünf auf zwei Sparten.

Die Quittung folgt heute: Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp Steel stimmten gegen die Berufung des neuen Spartenvorstands Edwin Eichler, der die Nachfolge von Karl-Ulrich Köhler einnehmen wird. Auch in den Aufsichtsräten anderer Konzernschwestern wollen die Arbeitnehmer gegen die Pläne der Konzernführung votieren.

Um ihren Mißmut öffentlich zu untermauern, will die IG Metall für kommenden Montag zur Großdemo nach Duisburg einladen. Zum letzten Protest im Februar kamen rund 5000 Thyssen-Stahlarbeiter.

Thyssen-Chef gesteht Fehler ein – Kündigungen nicht ausgeschlossen

Logo: tonwertkorrekturen

Der Stahlkonzern ThyssenKrupp ist auch wegen Fehler von Vorstandschef Ekkehard Schulz in die Krise gerutscht. Auch er habe welche gemacht, sagte der 67-Jährige. So nannte er die Großprojekte in Brasilien und den USA, bei beiden liefen die Kosten aus den Ruder. „Da hätte ich früher eingreifen müssen.“

Der Aufsichtsrat von ThyssenKrupp stimmte heute dem von Schulz vorgeschlagenen Konzernumbau zu. Statt fünf Sparten soll es künftig nur noch zwei geben; die mächtige Stahlsparte verliert dabei an Bedeutung. In den vergangenen Monaten war Stahlchef Karl-Ulrich Köhler intern immer stärker unter Druck gekommen. Grund waren die Investitionen von sieben Milliarden Euro in Amerika; ursprünglich war nur ein Bruchteil davon veranschlagt worden.

Leidtragende werden nun die Beschäftigten sein, die sich auf schärfere Einschnitte einstellen müssen, als sie wegen der Stahlkrise hätten befürchten müssen. Es zeichnet sich ab, dass mehrere Tausend Arbeitsplätze wegfallen werden. Mit als erstes muss Köhler gehen, der Ende März aus dem Konzern ausscheidet. Kündigungen werden nicht ausgeschlossen.

Wie Schulz sagte, sind bereits 30.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Ein Hochofen in Duisburg wurde bereits stillgelegt. Die Schließung von Standorten in Nordrhein-Westfalen schloss Schulz aus.

Werbung

Wie die Mafia ins Windgeschäft einsteigen will

Italiens Mafia ist eine Wirtschaftsmacht. Jedes Jahr drehen die Ganoven 100 bis 150 Milliarden Euro, so die Schätzungen von Experten. Das mit Drogen, Prostitution und Waffenschiebereien verdiente Geld will angelegt werden, um es sauber zu waschen. Dazu nehmen die Gangster auch den Windenergiemarkt ins Visier. Eine Geschichte von einem, der darüber mit der Mafia in Kontakt kam.

Der Mann will anonym bleiben. Er ist zwar ein mutiger Mensch, aber einer mit Familie. Und seine Gesprächspartner hatten ihm indirekt gedroht, dass ihnen was zustoßen könnte. Ich nenne ihn Hans und siedele ihn in München an. Hier arbeitet Hans in einer kleinen Investmentfirma, die er zusammen mit einigen Partnern betreibt. Zur Angebotspalette der Firma gehören Beteiligungen an Windparks, die Hans für Projekteentwickler an den Mann bringt.

Eine sichere Geldanlage, durch die staatliche Subventionierung ist die Vergütung gewährleistet. Mit dem Platzen der Spekulationsblase am Neuen Markt kam das Geschäft vor sieben Jahren aber unter Druck. Die Menschen hielten ihr Geld beisammen, das bekam auch die kleine Firma von Hans zu spüren. Für einen kurz vor der Fertigstellung stehenden Windpark fanden sich keine Käufer. Für Hans und seine Partner eine Katastrophe, denn mit dem Vermittlungserlös von rund 100.000 Euro hätten sie locker sechs Monate alle Rechnungen zahlen können.

Die Rettung nahte aus Italien: Wie aus dem Nichts meldete sich ein Herr Rossi und erkundigte sich, ob der Park auch als Ganzes käuflich sei. Hans solle nach Italien kommen, dann werde man über die Einzelheiten sprechen, sagte Herr Rossi im passablen Deutsch. Der Kaufpreis von zehn Millionen Euro stehe bereit. Herr Rossi, der natürlich in Wirklichkeit einen anderen Namen trägt, machte auf Hans einen freundlichen, soliden Eindruck. Hans besprach sich mit seinen Partner und buchte einen Flug nach Mailand. Im Flugzeug überkamen ihn dann doch Zweifel, wie er heute sagt. Alles war zu perfekt, ging scheinbar zu glatt. Er nahm sich vor, vorsichtig zu sein.

Am Flughafen in Mailand angekommen, fuhr er mit dem Taxi zu dem vereinbarten Treffpunkt, einem Restaurant im Zentrum von Italiens Finanzmetropole. Das Lokal war zwar keine schlechte Adresse, machte aber auch nicht den besten Eindruck auf Hans. Die besten Zeiten schien der Laden hinter sich zu haben, dachte er sich, als er über die Schwelle trat. Linker Hand war der Tresen, ein Kellner trocknete dort Gläser. Sonst war keiner vom Personal zu sehen, wie auch kein Gast. Nimmt man den einzigen besetzten Tisch aus.

Dort saß Herr Rossi. Hans beschreibt ihn als gut gekleidet. Dunkler Anzug, sauber geschnittene Haare. Ein Mailänder Geschäftsmann Anfang vierzig. Mit ihm am Tisch ein bulliger Kerl mit Stiernacken. Ein Klischee, aber dennoch sei es so gewesen, versichert Hans. Seine Maschine war verspätet gelandet. Es galt also keine Zeit zu verlieren; vier Stunden später hob sein Rückflug ab. Herr Rossi kam auch gleich zur Sache. Er wolle Geld anlegen in Deutschland und zwar in Windparks.

Herr Rossi machte keinen Hehl daraus, dass das Kapital aus illegalen Quellen stammt. Er spreche für einige Geschäftsleute, die eine Industrieanlage verkauft hätten. Dabei sei ein Teil der Kohle schwarz an der Steuer vorbei geflossen. Für dieses suche man nun ein Zuhause, erinnert sich Hans an die Worte des Italieners. An diesem Punkt war ihm klar, dass er das Geschäft nicht machen wolle. Stammte das Geld vielleicht aus anderen Quellen? Dem Drogenhandel oder Prostitution? Nur ein Verdacht, aber wahrscheinlich.

Auf der anderen Seite war die drohende Schieflage seiner eigenen Firma in München. Folgt er dem Lockruf des leichten Geldes, dann wären sie aus der Krise raus. Er verhandelte also mit Herrn Rossi. Nicht über den Preis, hinter dem hatte Herr Rossi einen Haken gemacht. Es ging um den Transfer des Geldes. Wie bekomme ich zehn Millionen schwarze Euro von Mailand nach München? Ganz einfach, meinte Herr Rossi. Hans soll seinen Flug sausen lassen, stattdessen mit einem Mietwagen über die Alpen fahren. In der Schweiz treffe er sich mit einem Gewährsmann, der ihm einen Koffer mit dem Geld geben werde.

Hans lehnte mit Verweis auf die Risiken ab. Wie leicht konnte man an der Grenze geschnappt werden. In Wahrheit war er froh, einen Grund für sein Nein gefunden zu haben. Herr Rossi lockte weiter: Wegen des Risikos zahle man eine Million Euro Vermittlungsprovision – also die zehnfache Summe. Hans und seine Partner wären damit alle Sorgen los. Welche Garantie Herr Rossi denn habe, dass er sich nicht mit dem Geld vom Acker mache? Da schaute Herr Rossi nicht mehr so freundlich: „Ich kenne deine Adresse und ich kenne deine Familie. Das ist meine Sicherheit“.

Der Spruch hört sich an, wie aus einem billigen Mafia-Film geklaut, ist aber so gefallen, versichert Hans. Er brach das Gespräch ab und erbat sich Bedenkzeit. Zurück in München wollte ihm seine Partner die Geschichte nicht glauben. Einer flog sogar nach Mailand und traf sich erneut mit Herrn Rossi. Das Gespräch verlief nach einem ähnlichen Muster, versicherte mit der Partner von Hans.

Die kleine Firma aus München hat gut daran getan, nicht die Million von Herrn Rossi angenommen zu haben. Auch wenn die Identität von Herr Rossi nicht bekannt ist, so ist die Vorgehensweise typisch für die Mafia. Dies bestätigte mir ein Chef einer Großbrauerei, die an vielen Kneipen beteiligt ist. Einige der Wirte seien nach dem gleichen Muster wie Hans angesprochen worden. Erst wird ein freundlicher Herr vorgeschickt. Der bereitet den Boden, hat der Unternehmer erst einmal angebissen, werden die Forderungen immer dreister. Letztendlich wäre Hans nicht mehr Herr im eigenen Haus gewesen, sondern eine Außenstelle irgendeiner Mafia-Familie aus Italien.

Als weiterführende Literatur kann ich jedem nur das Buch „Mafialand Deutschland“ von Jürgen Roth ans Herz legen.

Ruhrbarone sind Geschichte

Logo: tonwertkorrekturen

Der Industriekonzern ThyssenKrupp verschlankt seine Strukturen und fegt den mächtigen Chef der Stahlsparte, Karl-Ulrich Köhler, aus dem Amt. Ein jahrelanger Richtungsstreit innerhalb des Ruhrkonzerns findet damit ein Ende.

Manager anderen Sparten von Thyssen – Aufzüge, Dienstleistungen, Technologies – haben hinter vorgehaltener Hand schon länger die Dominanz von ThyssenKrupp Steel bemängelt. Die Sparte wird am stärksten gepäppelt. Im ersten Quartal flossen der Sparte rund 70 Prozent der Gesamtinvestitionen zu; die Aufzugssparte erhielt gerade einmal ein Prozent. So lange Stahl boomte, war das Ungleichgewicht kein Problem. Doch die Zeit ist vorbei, in denen Thyssen der Stahl vom Hochofen weg abgekauft wurde.

Die Nachfrage ist um die Hälfte gesunken, der Frieden im Hause ThyssenKrupp damit dahin. Streitpunkt: Für über sieben Milliarden Euro baut der Konzern ein neues Stahlwerk in Brasilien und Walzwerke in den USA. Statt 1,3 Milliarden sind 4,5 Milliarden Euro für die Hütte nahe Rio de Janeiro fällig. Die Mehrkosten, die das Unternehmen stark belasten, werden Köhler angelastet. Ein Manager behauptet sogar, die Stahlsparte habe mit falschen Zahlen gearbeitet, um die Investitionsbudgets für sich zu blocken.

Damit ist es nun vorbei, Vorstandschef Ekkehard Schulz zog den Stecker. In der neuen Konzernstruktur, die nur zwei statt fünf Sparten vorsieht, rückt das Stahlgeschäft in die zweite Reihe. Der Bereich läuft nun unter dem Namen Materials und wird von Edwin Eichler verantwortet. Um zu verstehen was das bedeutet, muss man sich den Lebenslauf des Mannes ansehen: Eichler kam 2004 vom Medienunternehmen Bertelsmann zu Thyssen. Studiert hat er Informatik. Erfahrung mit Stahl: Fehlanzeige.

Mit dem Konzernumbau läutet ThyssenKrupp also das Ende der Stahlära ein. Der Werkstoff, mit dessen Herstellung die Ruhrfamilien Thyssen und Krupp ihren Aufstieg schafften, ist nur noch einer von vielen. Der Schritt ist hart, macht aber Sinn, wie die aktuelle Krise zeigt. Stahl ist ein zyklisches Geschäft mit vielen Spielern. Der Geschäftsbereich wird immer wieder die Bilanz von ThyssenKrupp belasten, um dann im nächsten Moment mit Rekordgewinnen aufzutrumpfen.

Deutschlands größter Stahlproduzent verabschiedet sich also ein Stück mehr von seinen Wurzeln. Stellt sich die Frage, wann sich die Erben der einstiegen Ruhrbarone endgültig von dem Stoff lösen, der wie die Kohle für das Bild vom Ruhrgebiet steht.