Der Nelkenkrieg

Eine Nelke für Rosa und Karl: Traditionspflege auf der LL-Demo 2012. Foto: Martin Niewendick

Der Streit um die Gedenkveranstaltungen für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Januar in Berlin reißt nicht ab. Auf der einen Seite stehen die Verfechter der traditionellen Luxemburg-Liebknecht-Demo („LL-Demo“). Auf der anderen Seite hat sich das Rosa&Karl-Bündnis formiert. Sie wollen ein emanzipatorisches Gedenken initiieren – ganz ohne Stalin- und Maokult, wie es bislang auf den LL-Demos üblich war. Befeuert vom DDR-Blättchen junge Welt bläst der LL-Block nun zum Angriff auf „Rosa&Karl“. Da bleibt die eine oder andere Wahrheit schon mal auf der Strecke sagt Sebastian Lucke, Bundessprecher der Linksjugend solid, den Ruhrbaronen.

Mit Pressemitteilungen, Artikeln und Interviews wird dieser Tage gegen das alternative Bündnis „Rosa&Karl“ gewettert. Die Linksjugend Hamburg bezeichnet dessen Unterstützer etwa als „Antideutsche“ und „Karrieristen“, die sich „mit der Jugendorganisation der Mörder“ der zwei kommunistischen Ikonen gemein machten. Und in einem aktuellen Interview in der jungen Welt werden offensichtlich sogar Unwahrheiten verbreitet. Der Landessprecher der Linksjugend NRW, Jules El-Khatib, auf die Frage, ob die Verwendung der Linksjugend-Logos für die Aufrufe beider Bündnisse nicht zur Verwirrung führe:

„Die Unterstützung beider Aufrufe soll Pluralität darstellen, ist aber nicht mit den Landesverbänden und dem Bundeskongreß abgesprochen. Wie Sie schon richtig sagten: Es wird der Anschein erweckt, daß der gesamte Jugendverband hinter dem Aufruf stehe.“

Dies sei eine „blanke Lüge“, sagt der Bundessprecher der Linksjugend solid, Sebastian Lucke, im Gespräch mit den Ruhrbaronen. Die Landesverbände

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Neonazi-Prozess Langendreer: Berufung zurückgezogen

Am S-Bahnhof Langendreer schlugen die Neonazis zu. Foto: Marku1988 Lizenz: GNU

Im Berufungsverfahren gegen die Neonazi-Schläger Daniel Ewers und Dennis Hülshorst wurden die im Juni dieses Jahres verhängten Urteile heute bestätigt. Die Staatsanwältin zog ihre Berufung zurück. Damit bleibt es beim Freispruch für den einschlägig vorbestraften Daniel Ewers. Die Staatsanwältin hatte gehofft, dass sein Komplize Dennis Hülshorst, mit dem er im Dezember 2011 eine Gruppe Linker in Langendreer angriff,  in einem Berufungsverfahren vielleicht doch noch gegen Ewers aussagen würde. Dies passierte nicht. Hülshorst konnte eine Tatbeteiligung  in der Hauptverhandlung eindeutig nachgewiesen werden, der Richter verurteilte ihn im Juni zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ohne Bewährung. Im heutigen Berufungsverfahren wurde das Urteil bestätigt. Beobachter berichten von einem skurrilen Prozess mit pikanten Details.

Hintergrund des Freispruchs für Daniel Ewers waren Ermittlungspannen der Polizei. Dies betrifft vor allem die Vernehmung der Zeugen des Tatabends. Diesen wurde eine Fotoserie von Verdächtigen vorgelegt. Dabei fiel das Foto Ewers‘ durch eine stark abweichende Aufmachung auf. Dies betraf etwa die sonst einheitliche Kopfhaltung, die Hintergrundfarbe und die Blickrichtung. Zudem trug Ewers auf dem Foto einen „Thors-Hammer“, ein Symbol also, das in der Neonaziszene beliebt ist. Dies beeinflusse die Entscheidung der Zeugen, hieß es bereits in der Hauptverhandlung. Hinzu kam, dass die Beamten die Fotovorlage in dem Moment stoppten, als eine Zeugin ihre Wahl getroffen hatte; Normalerweise müssen alle Fotos vorgelegt werden. Der Zeugin wurde außerdem bereits im Vorfeld gesagt, dass sich unter den jeweiligen Foto-Sets in jedem Fall ein Tatverdächtiger befinde.

Am 25. Dezember 2011 wurde eine Gruppe junger Leute am S-Bahnhof Langendreer von einer Gruppe Neonazis angegriffen. Dabei wurden mindestens drei Personen zum Teil erheblich verletzt. Ein Geschädigter, der aufgrund eines Augenleidens auf einen Blindenstock angewiesen ist, wurde sogar

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„Niemand hat die Absicht, ein Stalin-Plakat mitzuführen“

LL-Demo 2012: Einige Linke finden Diktatoren-Verherrlichung gar nicht witzig.Bald ist wieder Januar. Und das bedeutet: Bald ist wieder großer Sowjet-Karneval in Berlin. Die traditionsreiche Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemonstration („LL-Demo“, inoffiziell auch „LLL-Demo“ genannt) wird wieder zum Friedhof der Sozialisten ziehen und rote Nelken an den Gräbern der ermordeten KPD-Gründer niederlegen. Dabei kommt ein beeindruckendes Konglomerat an längst tot geglaubten Fossilien aus allen erdenklichen Ecken linksautoritäter Bewegungen der letzten 100 Jahre zusammen. Dass dabei auch die Porträts sämtlicher „linker“ Massenmörder mitgeführt werden, die die Bewegung zu bieten hat, ist im Berliner Januar eine Selbstverständlichkeit. Eine Sache jedoch wird anders sein in diesem Jahr. Zum ersten Mal in der Geschichte der LL-Demo ruft ein linkes Bündnis zum Bildersturm auf – und organisiert eine Gegenveranstaltung.

Es sind jedes Jahr die gleichen Bilder. Tausende Menschen strömen in einem Fluss roter Fahnen nach Friedrichsfelde, Ostberlin. Sie kommen zum Großteil von der dazu gehörigen Rosa-Luxemburg-Konferenz, die ebenfalls jährlich stattfindet. Bewaffnet sind sie, neben den Fahnen der gefühlten 200 kommunistischen Politsekten, vor allem mit einem: Bildern und Transparenten von Lenin, Stalin, Mao. Es herrscht ein ungeheurer Kult um diese längst im Giftschrank der Geschichte geglaubten Ikonen des Pseudokommunismus. Eingehegt in die Stoßtruppen von SPD, DKP, MLDP, KPD, MLKP, RSB, SOL und weiß der Henker wem noch, glaubt man sich zurück in die DDR versetzt. Da laufen einem schon mal der Erich Honecker-Nachfolger Egon Krenz oder die Sechziger-Jahre Terroristin Inge Viett über den Weg. Kritiker traten nie auf und wenn doch, wurden sie vom Mob zusammengeschlagen. Dafür gibt’s immer reichlich junge Welt-Ausgaben für umsonst.

In der letzten Zeit scheint bei einigen ehemaligen Teilnehmern allerdings ein Umdenken eingesetzt zu haben. Im „Rosa & Karl“-Bündnis haben sich für 2013 Gruppen zusammengeschlossen, die keine Lust mehr auf Rezepte von vor 100 Jahren und Diktatoren-Verherrlichung haben. Sah man etwa Die Falken, Die Linksjugend solid und die SPD bisher zuverlässig auf dem blutroten Wanderzirkus, stehen diese plötzlich

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SPD und Grüne: Generalverdacht gegen Homosexuelle bei der Blutspende abschaffen!

Mit wem der ehemalige Besitzer dieses Blutes wohl in die Kiste steigt? Foto: (CC BY 2.0) flickr/ digiom

Lieber kein Spenderblut als welches von Homosexuellen verwenden –  das ist der gesetzliche Status Quo in Deutschland. Selbst wenn sie in einer Jahrzehnte währenden, spießbürgerlichen Monogamie leben, gelten sie als Risikogruppe „MSM“ (Männer, die Sex mit Männern haben“). Damit sind Schwule sowohl von der Knochenmark- als auch von der Blutspende ausgeschlossen. Ihre einzige Chance, Gutes zu tun, ist es, im Fragebogen zu lügen. Zumindest bei der Blutspende könnte sich das ändern. Am Donnerstag wird im Landtag NRW ein Antrag von SPD und Grünen debattiert, der die Abschaffung des Generalsverdachts gegen Homosexuelle fordert.

Laut den Richtlinien der Bundesärztekammer dürfen Männer, die Sex mit Männern haben, kein Blut spenden. Diese stellten eine Risikogruppe dar, da schwule Männer häufiger an HIV erkrankten als heterosexuelle Männer. Was wie ein Argument aus den 80er Jahren klingt, als Schwule noch per se als promiskuitive Sexbesessene galten, ist auch im Jahr 2012 noch gängiger Standard. Schmuddel-Kinos, Dark Rooms, Glory Hohles, Barebacking – dass schwule Männer den ganz normalen Biedermeier leben können, ja, sogar heiraten wollen, ist in der Mainstream-Gesellschaft nur bedingt angekommen.

Heterosexuelle Männer können theoretisch jeden Tag unverhüteten Sex mit allen möglichen Frauen haben. Sie sind dennoch zur Spende berechtigt, anders als etwa ein seit 30 Jahren in fester Bindung mit einem Mann lebender Mann. Sexuelles Risikoverhalten spielt also keine Rolle. Darin erkennt Rot-Grün in NRW nun eine unzulässige Diskriminierung

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Homophobie hat viele Namen…

„Unser Leitbild ist die Liebe zwischen Mann und Frau sowie die Ehe, ‚bis dass der Tod uns scheidet‘! Aber deswegen diskrimieren wir keine anderen Formen des Zusammenlebens!!!“ (Fehler im Original) schreibt Pro NRW auf seiner Facebook-Seite. Und präsentiert dazu ein buntes Bildchen mit dem Slogan: „Homophobie hat einen Namen: Islamismus!“ Das ist zwar im Grunde richtig. Homophobie hat aber noch einen weiteren Namen: Pro NRW.

Bildchen von der Pro NRW-Facebookseite

Nicht nur, dass

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Compact-Konferenz: Juristisches Nachspiel?

Die „Souveränitätskonferenz“ des Compact-Magazins am vergangenen Samstag könnte ein juristisches Nachspiel haben. Chefredakteur Jürgen Elsässer hatte auf der Konferenz an der Freien Universität Berlin (FU) offen gegen ein zuvor ausgesprochenes Verbot von Ton- und Filmaufnahmen verstoßen. Er spricht von „Zensur“ – die FU von Vertragsbruch.

„Die FU-Leitung hatte wenige Tage vorher versucht, uns ein Audio- und Videoaufzeichnungsverbot aufzudrücken – und andernfalls mit Räumung gedroht. Ein finsterer Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit (…)“ schreibt Jürgen Elsässer auf seinem Blog. Das Verbot sei „grundgesetzwidrig“. Liegt hier tatsächlich Zensur vor? Bei der FU klingt das anders.

„Der Mietvertrag der Freien Universität mit dem Compact-Magazin sah eine Genehmigungspflicht für Ton- und Bildaufnahmen vor“, lässt die FU auf Anfrage der Ruhrbarone mitteilen. „Der Veranstalter hat erst kurz vor der Konferenz eine solche Genehmigung beantragt, die nicht erteilt wurde.“ Schon bei seiner Eröffnungsrede auf der umstrittenen Konferenz kündigte Elsässer nach eigenen Angaben an, das Verbot zu umgehen: „Compact jedenfalls wird sich nicht beugen, nicht erpressen lassen, das verspreche ich Ihnen“, sagte er vor Publikum.

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Erika Steinbach: BdV-Funktionärin in guter Tradition

BdV-Vorsitzende Erika Steinbach. Foto: Dontworry

Eine aktuelle Studie des Instituts für Zeitgeschichte belegt: Der „Bund der Vertriebenen“ (BdV) war von Anfang an in der Hand ehemalige NS-Funktionäre und Kriegsverbrecher. Nur zwei von dreizehn Mitglieder des ersten BdV-Präsidiums wiesen demnach keine Nazi-Vergangenheit auf. Die heutige BdV-Präsidentin Erika Steinbach zeigt sich angesichts der Ergebnisse „wenig überrascht“ – was mit Blick auf ihre politischen Positionen genauso wenig überrascht.

Die Studie des IfZ zeigt, was aufmerksamen Historikern schon seit langem klar ist: Der BdV war im Grunde eine NS-Nachfolgeorganisation. Auf 600 Seiten wird deutlich gemacht, dass elf der dreizehn ersten BdV Funktionäre Mitglieder der NSDAP oder der SS waren, oder dem Hitler-Regime zumindest nahe standen. Damit wird auch der von Erika Steinbach lange gepflegte Mythos widerlegt, im BdV seien seit jeher “mehr Widerstandskämpfer als Nationalsozialisten” vertreten gewesen. Dennoch: Steinbach bleibt auch nach der Studie um keine Relativierung verlegen.

In guter Tradition

„Trotz des erheblichen Anteils dem Nationalsozialismus mehr oder weniger verbundener Führungskräfte im ersten BdV-Präsidium und einer (…) deutschnationalen und zum Teil nationalsozialistischen Grundbeeinflussung fanden vom Nationalsozialismus geprägtes Gedankengut oder extremistische Strömungen keinen Eingang in die Verbandspolitik des BdV“ sagt die im „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ geborene Erika Steinbach in einem aktuellen Statement.

Dass dies nichts als eine hohle Behauptung ist, macht Steinbach selbst immer wieder deutlich. Bei einer Fraktionssitzung im Jahre 2010 nahm sie zwei BdV-Funktionäre in Schutz, denen vorgeworfen wurde, die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg geleugnet zu haben: „Ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat.“ Dafür gab es Schelte aus den eigenen Reihen.

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Compact-Konferenz in Berlin: FU verheimlicht Veranstaltung mit Jürgen Elsässer

Morgen beginnt an der Freien Universität Berlin (FU) die dubiose „Souveränitätskonferenz“ des „Compact“-Chefredakteurs Jürgen Elsässer. Als Referent tritt unter anderem der als Nahost-Experte geltende Peter Scholl-Latour auf. Nach eigenen Angaben sind im Vorverkauf bereits rund 700 Karten über die Ladentheke gegangen – dem Megaevent der Polit-Sektierer steht somit nichts mehr im Wege. Das „Compact“-Magazin von Jürgen Elsässer verbreitet regelmäßig Verschwörungstheorien, antiwestliche Propaganda und  eine Kapitalismuskritik, die „gewisse Ressentiments“ schürt. Die FU Berlin stellt diesem Konglomerat ihre Räumlichkeiten zur Verfügung – und spielt dabei eine seltsame Doppelrolle. Einerseits lassen die Verantwortlichen jegliche Kritik an sich abperlen und reagieren erst gar nicht auf Presseanfragen zu der Compact-Konferenz. Andererseits wird die Veranstaltung im Terminkalender der FU verheimlicht (siehe Screenshot). Ist den Verantwortlichen die Sache am Ende doch peinlich? Wollen sie kritische Berichterstattung verhindern? Auf die Ergebnisse der „Konferenz“ darf man gespannt sein. Wenn Elsässer und Co. morgen verzapfen, was sie immer verzapfen, könnte dies der FU noch gewaltig auf die Füße fallen.

Also wirklich, Herr Schulz!

Dietmar Schulz. Bild: Wikipedia

Der Landtagsabgeordnete der Piratenpartei NRW, Dietmar Schulz, hat mit einem Tweet für Aufsehen gesorgt. Am vergangenen Sonntag twitterte er: „Grotesk: Gedenken der Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg auf jüdischem Friedhof während Israel bombt was das Zeug hält #Volkstrauertag“. Heute veröffentlichte er einen Rechtfertigungsversuch. Das meint er dann wohl damit, wenn er auf seinem Piratenprofil über sich selbst sagt: „Vertritt Standpunkte sachlich bis energisch, ohne sich indessen vernünftigen Einwänden zu verschließen, um letztlich den Kompromiss im Interesse der Sache zu finden.“ Ein offener Brief.

Lieber Herr Schulz,

Sie haben mit ihrem Tweet Mist gebaut. Haben mit preussischer Präzision ein Paradebeispiel für „gewisse Ressentiments“ geliefert. Aber ich bin – ehrlich gesagt – sehr froh über ihren Tweet. Ich begrüße das, denn wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es Menschen mit „gewissen“ Emotionen, die nicht dazu stehen. Sie haben sich quasi, frei nach „Inglourious Basterds“, selbst in die Stirn geritzt. Das finde ich gut: Transparenz ist ja ihr Metier!

Was ich nicht gut finde, ist ihr „Erklärung“ genanntes Zurückrudern in der Sache. Mit Mut zur grammatischen Abenteuerlichkeit sehen sie angesichts ihres Tweets „vor dem Hintergrund offenbar zu Missverständnissen Anlass gebendem Inhalt Veranlassung zur Klarstellung“. Und machen die Sache nur schlimmer (Schulz‘ Zitate in fett und kursiv).

Der o. g. Tweet hatte und hat nicht die Absicht, das Gedenken der Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg in Mitleidenschaft zu ziehen oder gar zu diskreditieren. Dies gilt insbesondere auch für die Opfer des Nationalsozialismus

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