Droht den Radios ein ähnliches Schicksal wie Schallplattenfirmen und Verlage? Ruhrbarone-Autor Michael Westerhoff weist in seinem neuen Buch „Radio der Zukunft“ nach, dass zwei Drittel der Privatradios von der Pleite bedroht sind. Gleichzeitig könnten öffentlich-rechtliche Stationen bei sinkenden Hörerzahlen in eine Legitimationsfalle geraten.
Was ist die Lösung? Eine, die Journalisten nicht schmecken dürfte, stellt Westerhoff in seinem Buch dar: Corporate Radios, also von Firmen betriebene Stationen, könnten in die Lücke springen. Hier der exklusive Auszug des Kapitels über Corporate Radios aus seinem Buch:
Zeche auf der Umhängetasche, illuminiertes Stahlwerk auf der Imagebroschüre, verfallene Industrie als Filmkulisse. Wirtschaftsjournalistik-Professor Hendrik Müller fordert eine Abkehr von der Ruhri-Romantik.
Die Ruhris sind stolz auf ihre verfallenen Industrieareale. In allen Städten boomen Souvenirs, die irgendwie etwas mit Bergbau, Stahl oder Bier zu tun haben. Der aus Norddeutschland stammende Professor hält die Vermarktung dieses alten Bilds des Ruhrgebiets für falsch.
Labbrige Burger aus der Fast-Food-Bude müssen nicht sein. In vielen deutschen Großstädten haben längst Kneipen und Bistros eröffnet, die exklusive und leckere Burger anbietet. Jetzt auch in Dortmund. In der kleinen Beurhausstraße im Klinikviertel.
Niklas Mand wirbelt zwischen den Tischen hin und her, verteilt Zettel, auf denen die Gäste Noten verteilen können. Für das Fleisch, die Saucen, die Extras. Der 23jährige hat mit Pottburger bereits seit zweites Unternehmen gegründet. Im Hauptberuf ist er Kommunikationsdesigner mit eigener Werbeagentur.
„Millionenloch“, „Subventionsgrab“ – die Gegner des Dortmunder Flughafens haben in den vergangenen Jahren immer wieder mit den finanziellen Verlusten des Flughafens argumentiert. Die EU hat unter diese sieben Jahre andauernde Diskussion einen Schlussstrich gezogen. Die Überweisungen der Stadtwerke an den Airport sind legal. Genauso wie die Programme, mit denen Fluggesellschaften nach Dortmund gelockt wurden.
Zeit, um eine Bilanz zu ziehen und genau hinzuschauen, wer die Gewinner und wer die Verlierer dieses Urteils sind.
Gewinner 1: Der Flughafen
Der Flughafen hat nun Planungssicherheit. Und spart sich zudem ein dickes Sümmchen für Juristen, die in den vergangenen Jahren auf Anfragen der EU antworten mussten. Flughafenchef Udo Mager hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er an den Plänen zur Verlängerung der Start- und Landebahn festhält. Er bekommt für diese Pläne nun Aufwind.
Gewinner 2: Die Passagiere
Der Flughafen darf mit Förderprogrammen neue Airlines anlocken. Die EU wertet Rabatte für neue Airlines und neue Verbindungen als in der Wirtschaft üblich, um Kunden anzulocken. Bislang herrschte bei den Fluggesellschaften eine gewisse Unsicherheit und die Gefahr, unrechtmäßig erhaltene Zuschüsse wieder zurückerstatten zu müssen. Da die EU die Subventionen für legal erklärt hat, kann der Flughafen wieder auf Akquise-Tour bei den
„EU dreht Flughafen Geldhahn zu“, „Staatshilfen für Regionalflughäfen verboten“, „EU kappt Beihilfen“ – so oder so kommentieren zahlreiche Medien die gestrigen Beschlüsse der EU-Kommission zu den Subventionen von Flughäfen. Ist die Entscheidung aus Brüssel tatsächlich eine schlechte Nachricht für defizitäre Flughäfen wie den in Dortmund? Eher nicht. Im Gegenteil. Geschäftsführer Udo Mager kann sich ein kleines Schlückchen auf den Beschluss gönnen.
Erstmal zu den Fakten: Ja, die EU hat beschlossen, dass Flughäfen ab 2024 eine schwarze Null schreiben müssen. Angesichts von jährlich bis zu 20 Millionen Euro Verlust am Dortmunder Airport klingt das nach einem Kraftakt. Flughafensprecher Sebastian Scheske spricht von großen Anstrengungen, die der Airport vor sich habe.
Flughafen-Gegner lachen sich ins Fäustchen, weil sie der Überzeugung sind, dass der Airport niemals von den Millionenverlusten runter kommen wird. Damit liegen sie vermutlich vollkommen richtig. Die Gegner träumen deshalb in Kommentaren der Online-Ausgabe der Ruhrnachrichten bereits von einer Schließung des Subventionslochs.
In Wahrheit ist das alles aber eine gute Nachricht für den Flughafen. Der Schampus kann aus dem Eisfach geholt werden. Hätte die EU die neuen Beihilfe-Vorschriften nicht verabschiedet, wäre es für Dortmund vermutlich teuer geworden. Brüssel hat nämlich bereits vor Jahren Verfahren gegen den Dortmunder Flughafen eingeleitet. Wegen unzulässiger staatlicher Beihilfen. Dem Airport bzw. der Stadt Dortmund drohte eine Millionenstrafe. Genauso wie zahlreichen anderen deutschen Flughäfen.
Diese Verfahren sind mit den neuen Richtlinien vom Tisch. Dortmund hat damit Millionen gespart. Genauso übrigens wie mehrere hundert andere Städte, denn die Wahrheit ist auch: 80% der knapp 500 Flughäfen in Europa machen Verluste. Nur andererorts wird das nicht so hoch gekocht wie in Dortmund.
Der Flughafen spart also nicht nur Geld durch die neue Richtlinie, nein, er bekommt sogar noch zehn Jahre Aufschub, um seine Finanzen in Ordnung zu bringen. Hätte die EU dies nicht beschlossen, hätte er vielleicht schon morgen schwarze Zahlen schreiben müssen. Noch ein Grund für einen kräftigen Schluck aus der Pulle.
Die Grünen schicken Daniela Schneckenburger ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt. Das haben die Ruhrbarone aus Parteikreisen erfahren. Neben Amtsinhaber Ullrich Sierau und Herausforderin Annette Littmann von der CDU steht damit der dritte OB-Kandidat fest.
Daniela Schneckenburger ist eine Wiederholungstäterin. Bereits 2004 bewarb sie sich erfolglos um das Amt der ersten Frau in der Stadt. Und unterlag damals Gerhard Langemeyer. Zuletzt hatte sie Mario Krüger, inzwischen wie Schneckenburger Landtagsabgeordneter, den Vortritt im Wettbewerb um das OB-Amt gelassen.
Die 53jährige begann ihre politische Karriere in den frühen 90ern bei den Grünen in Dortmund. 1994 zog sie erstmals in den Rat ein, engagierte sich speziell in der Sozialpolitik und war bis 2006 Fraktionsvorsitzende der Grünen, ab 2006 Landesvorsitzende der Partei und danach seit 2010 Landtagsabgeordnete. Schneckenburger ist stellvertretende Vorsitzende und Wohnungsbauexpertin der Grünen.
Zuletzt sorgte sie für Schlagzeilen als sie bei Stern.de Alice Schwarzer kritisierte: „Unbestritten war Alice Schwarzer die Galionsfigur der Frauenbewegung. Doch inzwischen hat sie sich im Vorhof der Macht sehr bequem gemacht.“ Die streitbare Front-Frau der Grünen hat sich zum Ärger der Wirte auch für das Nichtraucherschutzgesetz stark gemacht.
Mit Schneckenburger und CDU-Kandidatin Littmann treten zwei starke Frauen gegen den Amtsinhaber an. Die Dortmunder dürfen sich auf interessante Diskussionen im Vorfeld der Wahl freuen. Die beiden nicht gerade für ihre Schüchternheit bekannten Frauen könnten Sierau einige ungemütliche Abende bereiten. Ihn dürfte das freilich wenig rühren. Schließlich hat er spätestens ab dem Wahlabend wieder seine Ruhe vor dem lautstarken Weibsvolk. Chancen auf einen Wahlsieg dürfte beide nicht haben.
Die Dortmunder Grünen wollen Rollator fahrende Senioren (und Innen natürlich) nicht mehr allein lassen. Ein Begleitservice soll Alte und Behinderte bei der Fahrt mit Bus und Bahn unterstützen und von der Start- bis zur Zielhaltestelle begleiten. So steht es in einem Antrag der Fraktion der Grünen. Viele Fragen bleiben in dem Papier allerdings unbeantwortet. Wie die Ruhrbarone erfuhren, sollen die aber noch geklärt werden.
Ein rauchfreies Hinterzimmer im Grünen-Büro an der Ruhrallee. Der ÖPNV-Beauftragte Harald Rademacher-Hohenstein und seine Co-Vorsitzende Brigitta Schwarzenberg-Schwarzenbeck sitzen über einem Stapel Recycling-Papier und notieren die Fragen, die dringender Klärung bedürfen: Darf ein nicht-rauchender Rentner von einem rauchenden Begleiter in die Bahn geführt werden? Ist ein Ex-rauchender Rentner, dem das Bein wegen seiner Sucht abgenommen wurde, tatsächlich ein Fall für den Begleitservice oder müssen solche Fälle ausgeklammert werden? Ist ein Mensch, der seinen Strom bei der DEW 21 bezieht und damit indirekt den Ausbau des Dortmunder Flughafens unterstützt, charakterlich für die Aufgabe als Begleiter geeignet?
Die Zeit, diese Fragen zu klären, drängt. Längst verselbständig sich der Vorschlag in der Stadt: Chantal S. sieht im Antrag der Grünen eine große wirtschaftliche Chance für ihren maroden Begleitservice: „Das Geschäft mit den Damen läuft nicht mehr so gut, wir könnten uns gut vorstellen, uns an dem Projekt zu beteiligen“, so S.: „Und den Rentner macht es sicherlich viel Freude, wenn sie von einer knackigen Blondine mit Doppel-D in den Bus begleitet werden.“ S. will ihre Damen für einen kleinen Preis anbieten: „Wir setzen darauf, dass die Damen den interessierten Rentnern einige Zusatzleistungen verkaufen, dann rechnet sich das Projekt“.
Brigitta Schwarzenberg-Schwarzenbeck von den Grünen steht der Idee von Chantal S. eher skeptisch gegenüber: „Wir können solch ausbeuterische Betriebe wie den von Frau S. nicht noch durch dieses städtische Projekt fördern.“ Sie schlägt stattdessen vor, die durch die Schließung des Straßenstrichs arbeitslos gewordenen Rumäninnen und Bulgarinnen wieder in Arbeit zu bringen: „Es war extrem ausländerfeindlich von der Verwaltung, diesen Frauen durch die Schließung des Strichs die Verdienstgrundlage für ihr Geschäft zu nehmen.“ Schwarenberg-Schwarzenbeck will umgehend Kontakt zu den männlichen Begleitern der Frauen aufnehmen, die ihre Frauen schon auf dem Straßenstrich erfolgreich gemanaged und beschützt hätten.
Die Dortmunder Stadtwerke, die nach dem Wunsch der Grünen den Begleitservice aufbauen und finanzieren sollen, betrachten den Antrag an den Sozialausschuss mit gemischten Gefühlen: „Die gute Nachricht für uns ist: Kommt der Begleitservice für Alte und Behinderte werden unsere Busse und Bahnen wesentlich besser gefüllt sein“, so ein Sprecher der DSW21: „Allerdings will ich nicht verschweigen, dass wir den Service auch gegenfianzieren müssen“. Das bedeutet im Klartext: Die Ticketpreise könnten erheblich steigen. Von den Grünen kommt vehemnter Widerspruch: „Woher wollen die Stadtwerke das wissen? Wir haben den Antrag doch einfach mal so rausgehauen. Ohne Finanzierungskonzept. So wie das in der Politik üblich ist“, entgegnet Harald Rademacher-Hohenstein.
Köln, Mainz, Dortmund – für Jecken haben diese drei Städte einen besonders guten Klang. In der weltbekannten Karnevalshochburg Dortmund freuen sich alle Karnevalisten auf die neue Session.
„Wir geben uns in dieser Session einen besonders modernen Anstrich“, freut sich Karl-Heinz Brinckmann von der Karnevalsgesellschaft Blau-Rot-Gold, die sich dieses Jahr für das Motto „Dortmunder Jecken – voll wie der Phoenix-See“ entschieden hat. „Wir wollen damit zeigen, dass wir im neuen, hippen und jungen Dortmund angekommen sind“, so Brinckmann. Die Karnevalisten heben sich damit wohltuend von 2013 („Dortmunder Jecken – voll wie der Dortmund-Ems-Kanal“), 2012 („Dortmunder Jecken – voll wie das Stadion“) und 2011 („Dortmunder Jecken – voll wie der Westenhellweg als es noch lange Samstage gab“) ab.
Straßen-Prostitution, Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, Alkoholismus und Armut – führende Kräfte im Dortmunder Oberbürgermeisteramt sind den Dauer-Ärger mit dem Norden leid. Sie fordern die Abspaltung des reichen Südens vom Norden.
Die Pläne liegen schon seit einiger Zeit in der Schublade: „Wir haben damals ja gezielt das Arbeitsamt und andere soziale Einrichtungen im Dortmunder Norden angesiedelt“, plaudert Wilfried Westermann aus dem Oberbürgermeisteramt aus dem Nähkästchen: „Damit haben wir ja schon die Grundlage für die Abspaltung des Südens gelegt. Im Laufe des neuen Jahres wollen endlich an die Umsetzung der Pläne gehen“.
Dortmund zieht damit die Konsequenzen aus jahrzehntelangen Problemen mit dem Norden, die ein schlechtes Licht auf ganz Dortmund werfen. „Wir haben doch über Jahre alles probiert, um den Norden wieder nach vorn zu bringen, nichts hat funktioniert, nun müssen wir den Norden sich selber überlassen“, so Westermann. Bei den Plänen orientiert sich die Verwaltung an Theorien, die für Länder der Dritten Welt entwickelt wurden: „Entwicklungsexperten sind sich inzwischen einig, dass es besser ist, arme Länder sich selbst zu überlassen als immer mehr Geld hineinzupumpen“. Der Norden sei ein Fass ohne Boden wie manch afrikanisches Land auch.
„Ich begreife einfach nicht, warum der Norden bislang keine Eigeninitiative gezeigt hat“, ist Westermann entsetzt: „Der Süden hat doch gezeigt wie es geht: Die hatten mit Hörde auch einen Problem-Stadtteil. Doch man hat sich auf die Hinterbeine gestellt. Es wurde gehandelt und der Phoenix-See gebaut! Bravo!“, jubelt der enge Mitarbeiter
Gemieden, verbannt, geächtet – vor fünf Jahren zeigten die Dortmunder Sozialdemokraten ihrem Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer die rote Karte. Nach langen Diskussionen verzichtete er schließlich auf eine erneute Kandidatur. Fünf Jahre sind eine lange Zeit, um Frieden zu schließen. Die SPD hat das bis heute nicht geschafft. Mit etwas Abstand wird es Zeit, die Leistungen von Langemeyer zu würdigen.
Etwas verloren steht Gerhard Langemeyer an einem Tisch in der Bürgerhalle des Dortmunder Rathaus. Gelegentlich nickt ihm ein anderer Besucher mit neutralem Gesichtsausdruck zu. Aus Anstand. An seinen Tisch stellt sich kaum jemand, das Gespräch mit dem ehemals ersten Mann der Stadt sucht ohnehin niemand. Die Szene spielte sich so vor einigen Tagen bei der Verleihung des „Eisernen Reinoldus“ ab. Ein Preis, den die Dortmunder Journalisten alljährlich an verdiente Dortmunder vergeben. Natürlich nicht an Langemeyer, aber zumindest an einen Mann, den er in die Stadt geholt hat. An Benedikt Stampa, den Intendanten des Dortmunder Konzerthauses.
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