„Hier ist Polen und nicht Israel!“

Was fällt einem dazu ein? Durch Polen marschierten Zehntausende zum „Unabhängigkeitsmarsch“ mit Pyrotechnik und rechtsextremen Geschrei.

„Gott, Ehre, Vaterland“, „Hier ist Polen und nicht Brüssel“ und eben „Hier ist Polen und nicht Israel!“ schrieen Tausende Vollhonks, am meisten davon in Warschau.

Mir fällt nicht mehr viel dazu ein. Der immer offenere Antisemitismus empört, verletzt, schockiert, macht sprachlos. Die regierende PiS befeuert das Ganze immer wieder, oder zeigt sich zumindest nicht willens die feuer zu löschen, die sie selbst mit entfachte.

Immer hin marschierten die PiS-Vertreter dieses Jahr nicht mit.

Polen, du mieses Stück Scheiße.

Bayern, wo der Zucker noch rein ist

Belegte Wirkstoffe in Homöopathie

Bayern. Für einige immer noch Vorbild dafür, wie auch ausserhalb Deutschlands Tradition und Innovation vereint werden können. Söderland. Land der Lederhosen und des verhassten Fußball. Land von Franz Josef Strauß, Knödeln, und seit heute, auch der Zuckerkugeln.

Denn der Bayrische Landtag, sowas wie bei uns in Deutschland ein Landtag, stimmte heute mit den Stimmen der CSU, sowas wie bei uns die CDU, nur rechter, der Grünen, sowas wie bei uns die Grünen, und der Freien Wähler für eine Studie, die prüfen soll ob Homöopathie, sowas wie bei uns Edelkonfekt aus reinem Zucker, dabei helfen kann, multiresistente Keime zu bekämpfen. Und das besser als Antibiotika.

Wir Ruhrbarone kennen schon jetzt die Antwort:

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Herner Hakenkreuz: Polizei ermittelt

Auf einem Herner Friedhof hinterließen Trottel ein Hakenkreuz. (Symbolfoto/ Quelle: Manele R./ Flickr/ cc by 2.0)

Vor einigen Tagen wies eine Userin der „Herne“-Gruppe auf Facebook darauf hin, dass sie auf dem Südfriedhof an der Wiescherstraße ein Hakenkreuz gemäht gefunden hatte. Er war mehrere Meter im Durchschnitt groß und an einer Freifläche der parkähnlichen Anlage zu finden gewesen. Dies führte zu Spekulationen darüber, ob Nazis sich selbst nicht zu blöd seien, mit einem Mähgerät auf einen Gottesacker zu gehen, oder ob es sich dabei nicht nur um eine ungünstige Bepflanzungsform handelt.

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Klimapolitik und Fridays for future – in Deutschland, Bayern, Ostdeutschland und dem Rest der Welt

Gestern. (Foto: Stefan Laurin)

Gestern war also der große Klimastreik, in Deutschland, Ostdeutschland, Bayern und dem Rest der Welt – um einmal den Scheinwerfer der üblichen deutschen Betrachtungart nachzuzeichnen. Viele Menschen waren auf der Straße, soweit ich es vernommen habe, nicht in China, nicht in Russland, nicht im Iran – sondern hauptsächlich in Staaten, in denen es eine Zivilgesellschaft gibt, die an politischen Entscheidungsprozessen partizipiert. Ob es Hunderttausende waren, oder wenige oder viele Millionen erscheint mir fast schon nachrangig. In jedem Fall war das gestern ein Zeichen, dass das Thema Klimawandel und -politik (gerade auch aber eben nicht nur) in den westlichen Demokratien ein Thema ist, dass Menschen rund um den Globus wichtig ist und sie verbindet. Es war eine der wenigen öffentlichen Präsentationen kosmopolitischen Denkens. Und ja, das Thema bewegt auch die Autoren dieses Blogs schon länger; und das kontrovers.

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Arschlochsein zu verbieten ist mir zu deutsch

Immer schön schauen, was der Nachbar macht! (Foto: Sebastian Bartoschek)

Schon lange war man in Deutschland, egal ob grün, ob blau nicht mehr so stolz auf sein Deutschsein wie derzeit. Was den einen der dumpfe rechtsradikale Nationalismus ist, der auch heute noch ernsthaft lieber über Flüchtlinge als über Glasfaserinternet, Pflegekräftemangel, marode Straßen oder Rückstände in der Digitalisierung sprechen will, ist den anderen das Fordern immer neuer Verbote von Konsum und Luxus, im Namen des Klimaschutzes, des Tierschutzes, der Vernunft und einer selbstgeißelnden Schamethik. Hier soll es nun um letztere Deutschtümmelei gehen, den Wunsch dem Nächsten sein Leben vorzuschreiben.

Die Verbotsforderungen überschlagen sich: Feuerwerke, Plastiktüten, Plastikstrohalme, SUVs, E-Roller und seit heute dann auch noch Luftballons. Bereits schon zum traditionellen Verbotsforderungskanon gehören Zigaretten, geschlechterungerechte Sprache und Alkohol. Überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann dabei über Legalisierungen, sei es über privaten Waffenbesitz, oder Drogen im allgemeinen – die Ausnahme ist Cannabis, bei dem eine ganze Kohorte sich im gemeinschaftlichen Wahn über Spät-68er-Erinnerungen suhlt.

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Ich bleibe Schalker, und Tönnies wird gehen.

A portrait of the artist as a young man (Foto:privat)

Zeiten enden. Immer und fortgesetzt. Nächste Woche werde ich vierzig. Ich blicke im Moment viel und fortwährend zurück, versuche zu sehen, was ich hatte, was sich änderte, was blieb, und wie es werden soll. Viele Menschen habe ich kennengelernt; die meisten davon waren nur vorübergehend in meinem Leben – die meisten gingen im Guten, bei einigen wenigen bin ich bis heute enttäuscht oder verletzt. Alles fließt. Nicht bleibt. Was normalerweise Glückskeksspruch ist, erfüllt mich derzeit. Eines aber stand für mich immer außer Frage: Schalke. Stand.

Es war für mich eine mehr oder minder natürliche und gleichwohl lebensdefinierende Sache, bereits als Kind ein Schalker zu werden. Ja, ich kam aus einem polnisch-schlesisch-katholischen Elternhaus, ja, ich war Messdiener und ja, ich war lange Zeit ein aktiver Gläubiger. Doch zweifelte ich immer wieder an meinem Glauben, und habe mittlerweile zu einer Art agnostischem Agreement mit Gott gefunden, ob er jetzt will oder nicht. Ich zweifelte aber nie daran, ein Schalker zu sein.

Mein Opa kam 1972 nach Deutschland, zusammen mit Oma, und meinem Vater und meinem Onkel. Er erzählte mir immer und immer wieder, wie er im Ruhrgebiet am Bahnhof ankam, und das blau-weiße Treiben nicht so recht einordnen konnte, aber hin und weg war, und zuerst kurz dachte, das diente der Begrüßung der Heimatvertriebenen – auf diesen Status war mein Opa übrigens nie stolz, er nutzte ihn als Terminus Technicus, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. So im Nachhinein kamen mir Zweifel, ob die Erzählung meines Opas tatsächlich so stimmte, oder ob er sich selbst und mir eine besondere Variante der Realität erzählte. Aber Schalke, das war mir schon früh klar, das ist unser Verein – das ist unsere Identität.

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Ich möchte wieder einfach so über Tote weinen dürfen

In den letzten Tagen und Wochen gab es einige Todesfällen, mutmaßliche Totschlags- oder Tötungsdelikte. Die mediale, die Debatte in den Sozialen Netzwerken folgt dabei mittlerweile dem selben Muster: es geht stets darum, wer mutmaßlich am Tod Schuld ist, welcher Gruppe er angehört, und ob man die Gruppenzugehörigkeit politisch ausschlachten kann. Und es geht darum, wie wer eben dies versucht, wer moralische Doppelstandards an den Tag legt, wer wem nachweisen kann, dass er eben auf die Todesfälle auf diese oder jene Weise reagiert, oder eben nicht. Ich bin dieses Musters müde.

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#freeRackete – oder soll man es lassen?

Europa tötet. (Quelle: Flickr/ Christoph Scholz/ CC BY-SA 2.0)

Die Fakten sind die bekannt: die Kapitänin der SeaWatch3, Carola Rackete, wurde unter Hausarrest gestellt, nachdem sie einen italienischen Hafen angelaufen hatte, mit knapp 50 Flüchtlingen im Schlepptau. Und was passiert? Deutsche hassen alle, sich, Salvini und Rackete.

Menschen vor dem Ersaufen zu retten, finden bekanntlich viele uncool, sofern es nicht um das eigene Kind in einem Freibad geht. Und unter denen, die das Retten nicht uncool finden, diskutieren wiederum viele, ob das Seerecht, das italienische Recht, und werweisswasnoch die Kapitänin nicht dazu verpflichtet hätte, die Flüchtlinge nicht woanders abzusetzen, woauchimmer, nur eben nicht in Italien. Der Vorwurf geht noch weiter: das sei alles politisches Spiel, der NGO SeaWatch, die sich damit Schlagzeilen sichert und zum anderen, aus Dummheit, dem neofaschistischen Innenminister Salvini.

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Es ist nicht mutig, über die AfD zu sprechen

Ich halte seit Jahren Vorträge, seit knapp 10 Jahren. Über Verschwörungstheorien, über die Psychologie dahinter, über Wahrnehmungsphänomene und darüber, wie diese Fake News den Weg bereiten. So auch in der letzten Woche, als wir noch nicht sicher wussten, dass ein weiterer Mord auf das Konto der Rechtsextremen und -radikalen dieses Landes ging. Ich denke heute viel über diesen Vortrag zu Fake News nach, oder genauer, darüber, dass diesmal etwas anders war.

Ich sprach vor etwas über 200 Zuhörern. Die Stimmung war gut, der Raum gut ausgeleuchtet und belüftet und mit toller Technik ausgestattet. Wir hatten zwei schöne Stunden miteinander, das Publikum und ich. Eine Stunde Vortrag und fast noch eine Stunde Diskussion. Soweit, so normal.

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