Wieder Montag, wieder Esoterik. Nachdem wir letzten Montag genauer auf die Antworten aus Hamburg geblickt haben, wendet sich die Serie
„Wie esoterisch ist mein Gesundheitsministerium?“ heute einem südlich gelegenem Bundesland zu.
Heutiges Bundesland:
Baden-Württemberg
Gesundheitsministerin:
Katrin Altpeter (49)
Parteibuch: SPD
Die Bewertung:
Für jede Antwort werden 0 bis 5 Globuli vergeben. Je mehr Globuli, desto esoterischer das Gesundheitsministerium.
Insgesamt können also 15 Globuli erreicht werden, wobei dies wohl nur der DHU erstrebenswert erscheinen dürfte.
1) Wie steht Ministerin Altpeter zur Alternativmedizin?
Sieht sie darin „zu überwachende Quacksalberei“ oder eine „gleichzuberechtigende Alternative zur Schulmedizin und Naturheilverfahren“?
Über 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine nebenwirkungsärmere, ganzheitliche Medizin. Zum Beispiel hat sich die Verwendung von homöopathischen Arzneimitteln in Gesamtdeutschland in den letzten vierzig Jahren verdoppelt.
Frau Ministerin würde es begrüßen, wenn es gelingen würde, eine Brücke zwischen den sich oft unversöhnlich gegenüberstehenden Lagern der Alternativmedizin und der Schulmedizin zu bauen. In einer pluralistischen Gesellschaft müssen verschiedene Denkrichtungen Platz haben und damit sollten auch in unserem Gesundheitssystem Therapierichtungen nebeneinander bestehen können, die von unterschiedlichen theoretischen Denkansätzen und wissenschaftlichen Methoden ausgehen.
Ziel sollte es sein, zum Wohl der Patientinnen und Patienten zusammenzuarbeiten. Die unterschiedlichen Auffassungen zu alternativer Medizin sollten jedoch nicht von politischer, sondern von fachlicher Seite bewertet werden.
Bewertung: 1 Globulus.
2) Wie steht Ministerin Altpeter zur evidenzbasierten Medizin?
Welche Rolle schreibt sie allgemein empirischen Wirkbefunden zu?
Aufgabe der Politik ist, den ungehinderten Zugang zu Informationen zu ermöglichen, damit mündige Bürgerinnen und Bürger eine eigene Meinung bilden und ihr eigenes Urteil fällen können. Es ist nicht Aufgabe der Politik, über unterschiedliche Auffassungen zu richten.
Geht es jedoch um die Übernahme von Kosten durch Krankenkassen, Beihilfestellen etc. ist die Evidenzbasierung von großer Bedeutung, da hier die Wirksamkeit der Maßnahmen durch wissenschaftlich etablierte Methoden nachgewiesen ist.
Bewertung: 1 Globulus.
3) Was empfiehlt Ministerin Altpeter in Fällen, in denen alternativmedizinische Vorstellungen diametral zu denen der Schulmedizin sind, bspw. im Bereich des Impfschutzes?
Wenn alternativmedizinische Vorstellungen diametral zu denen der Schulmedizin stehen, wie etwa beim Impfschutz, spricht sich Frau Ministerin Altpeter dafür aus, sich an die Empfehlungen von Fachgremien zu halten, in diesem Fall an die STIKO-Empfehlungen („Ständige Impfkommission“) bei Impffragen.
Vor der individuellen Entscheidung über eine Impfung ist aber auch zu beachten, dass es eben nicht nur um den Schutz des Einzelnen, sondern auch um den Schutz der Allgemeinheit geht. Die STIKO ist am Robert Koch-Institut angesiedelt und im Infektionsschutzgesetz verankert.
Bewertung: 0 Globuli.
Soweit die Antworten aus Baden-Württemberg.
Wir kommen somit auf eine Esoterikwertung von 2 Globuli.
Erläuterungen
Im Ländle ist man vorsichtig mit Formulierungen. Denn was genau eine „nebenwirkungsärmere, ganzheitliche“ Medizin ist, das bleibt offen. Sind hier Verbesserungen in der Medizin gemeint – oder paramedizinische Verfahren? Die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“ im nächsten Absatz läßt da nichts Gutes ahnen – gibt es doch nur gute und schlechte Medizin. Ebenso wie es nur die eine wissenschaftliche Methode gibt. Insofern wirkt die Ausführung zu „unterschiedlichen theoretischen Denkansätzen und wissenschaftlichen Methoden“ befremdlich. Gleichwohl wird damit geschlossen, dass die schlussendliche Beurteilung von „fachlicher Seite“ beurteilt werden sollte, was dann doch stark nach Wissenschaftsorientierung klingt. Deswegen nur ein Globulus für die erste Antwort.
Ähnlich sieht es bei Ausgestaltung der zweiten Antwort aus. Eine Politik, die dem Bürger Informationen gibt, und ihn selbst entscheiden läßt, statt ihn zu entmündigen, passt zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Aber eine echte Antwort auf die Frage nach dem Nutzen der evidenzbasierten Medizin ist das nicht. Doch im Folgenden wird Altpeter deutlicher: wenn Krankenkassen Kosten übernehmen, sollen die Verfahren evidenzbasiert sein. Sind sie aber nicht, wie an anderer Stelle zur Homöopathie und Akupunktur ausgeführt wird. Es überrascht, dass die Ministerin dies nicht zu wissen scheint – oder willentlich falsch berichtet. Da hier nicht überinterpretiert werden soll, gibt’s auch hier nur einen Globulus.
Beim Impfschutz schließlich stellt sich Altpeter an die Seite der Wissenschaft. Hier gefällt auch die Betonung des Faktums, dass Impfschutz neben der persönlichen Entscheidung auch eine gesamtgesellschaftliche Komponente hat.