Die Vergangenheit ist zurück: Rot-Grüner Streit um die Energiewende eskaliert
Was müssen das für gute, alte Tage gewesen sein: damals, Anfang der 90er Jahre, als die SPD noch eine Volkspartei war und Wahlergebnisse von mehr als 30 Prozent auf Bundesebene erreichen konnte, als Johannes Raum über NRW regierte wie Seehofer heutzutage über Bayern. Und als die SPD die aufkeimenden Konkurrenten von den Grünen in den ersten rot-grünen Regierungen im Land vor allem unter Clement und Steinbrück mächtig und brachial über den Tisch zog. Damals setzten die Sozialdemokraten nicht nur die weitere Förderung der Steinkohle auf Steuerzahlerkosten durch, sondern auch den Braunkohletagebau Garzweiler, der jetzt selbst von RWE in Frage gestellt wird. Alles wegen der Bergbaufolklore, die noch wesentlicher Bestandteil des sozialdemokratischen Denkens war. Gerade der Tagebau Garzweiler war es, der für die Grünen zur Kröte wurde und von der einstigen NRW-Obergrünen Bärbel Höhne geschluckt werden musste. Seit dieser Zeit ist die Energiepolitik Achilles’ Verse.
Die Personen haben sich jetzt zwar geändert: Clement stellt mittlerweile bedeutungslose Energiepapiere mit dem künftigen FDP-Chef Lindner vor, Bärbel Höhn sitzt irgendwo in Berlin und hat keinen Einfluss mehr auf die neuen Grünen und Steinbrück hat es gerade geschafft, die SPD erneut als Steigbügelhalter für einen CDU-Kanzler zu degradieren. Aber der Streit um die Energie ist wieder auf der Tagesordnung von rot-grün.
In NRW herrschte in den letzten drei Jahren unter dem Gespann Kraft und Löhrmann zwar angespannte Ruhe. Alle Streitpunkte wurden aber intern ausgetragen und gelöst. Das funktionierte gut – bis zum 22. September, als die SPD abgestraft wurde für ihren Kanzlerkandidaten. Je näher die Große Koalition rückt, um so mehr Gräben brechen nun bei rot-grün in NRW auf und seit letzten Montag hat der angeblich historische Streit um den richtigen Weg in der Energiepolitik aus der Vergangenheit die Zukunft wieder eingeholt. Die guten, alten Tage sind wieder da: SPD und Grünen streiten um Kohle, Knete und Kraftwerke der Zukunft. Die SPD, traditionell von der IGBCE auf Kohle-Kurs eingestellt, gegen die Grünen, die blühende Energielandschaften voller Wind- und Solarkraftwerke sehen – und die Frage der Kosten mal eben hinten an stellen.