JMStV ablehnen!

Der JMStV ist kein Schutz der Kinder vor Pornographie und Gewalt sondern der Einstieg in eine  Zensurpolitik.

Das stört in den meisten Ländern jedoch nicht die Parteien, die an der Macht sind. Egal ob SPD, CDU, Grüne, FDP oder Linke  – wer was zu sagen hat hebt brav die Hand gegen die Bürgerrechte. Seit den Netzsperren im vergangenen Jahr gab es wohl keine größere Werbeaktion für die Piraten.

Aller Protest hat bislang nichts gebracht. Trotzdem: Jeder sollte zeigen, dass er gegen den Jugenmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) ist. Man kann das ganz einfach tun: Mit seinem guten Namen. Den haben wir nämlich noch – im Gegensatz zu den Politikern, die für dieses Gesetz gestimmt haben. Online geht das auf der Site jmstv-ablehnen.de

Envio: Gute Zukunftsaussichten mit PCB

In einem Spielcasino in Dortmund fand die Jahreshauptversammlung des Skandalunternehmens Envio statt. Die Konzernleitung verbreitete Optimismus.

Gegen Dr. Dirk Neupert  ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund wegen Körperverletzung und Umweltverbrechen. Eine mittlerweile insolvente Tochterfirma des Konzerns, die Envio Recycling GmbH & Co. KG soll über Jahre hinweg Mitarbeiter und Umwelt mit hochgiftigem PCB verseucht haben. Die Behörden haben das Unternehmen längst dicht gemacht. Das alles scheint Neupert, den Vorstandsvorsitzenden der Envio AG nicht weiter zu berühren.

Entspannt sitzt er im Dortmunder Casino Hohensyburg und hält Hof.

Gut 30 Aktionäre haben sich in einem Kongressraum des Casinos versammelt. Das Motto der Jahreshauptversammlung: „Wertvolles verwerten – wir bieten Speziallösungen im Umweltsektor.“

Vor der Jahreshauptversammlung lief so beinahe alles schief, was schief laufen konnte: Weder war den Aktionären der Geschäftsbericht für das Jahr 2009 rechtzeitig zugesandt worden noch kamen sie in den Genuss, den Bericht des Aufsichtsrates vorher in Augenschein nehmen zu können.

Dabei gab es viel zu erklären. Zum Beispiel den Kurs der Aktie: Innerhalb eines Jahres ist der von 4,65 Euro auf klägliche 49 Cent gefallen. Die Schlagzeilen, die der PCB-Skandal machte, haben dem Unternehmen geschadet.

In seinen weitschweifigen Ausführungen geht Envio-Vorstandschef Neupert darauf nur am Rande ein: Es gäbe ein laufendes Ermittlungsverfahren. Zu denen könne er sich nicht äußern. Das Unternehmen arbeite mit den Behörden zusammen und sei an einer Aufklärung interessiert.

Anstatt zurückzuschauen blickt Neupert lieber in die Zukunft. Und die eröffne Envio viele Chancen: „Noch bis in das übernächste Jahrzehnt wird es einen großen Markt für ein Unternehmen wie Envio geben. Wir sind das einzige Unternehmen, das sich auf die Aufbereitung von PCB-belasteten Transformatoren spezialisiert hat. Für unsere Wettbewerber ist das ein Nebengeschäft.“

Ihnen Fehler der technologische Hintergrund, sie kämen aus  der Entsorgungsbranche.

Wachsen soll Envio allerdings vor allem im Ausland. Neupert hat den geschlossenen Standort Dortmund noch nicht aufgegeben, aber Geld soll vor allem in Asien und Südosteuropa verdient werden. Ein gemeinsames Projekt  mit der bundeseigenen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Mazedonien brachte Envio einen Auftrag und einen gemeinsam finanzierten Werbefilm mit dem schönen Titel „Knock Out For PCB“.

In Südkorea ist man schon aktiv. Eine eigene Anlage zur PCB-Aufbereitung hat dort ihre Arbeit aufgenommen. In Kasachstan ist der Konzern mit 25 Prozent an der Envio Kasachstan GmbH beteiligt.

Ungünstig für den Konzern: Der Dortmunder PCB-Skandal hat längst eine internationale Dimension erreicht. So waren die Machenschaften Envios Thema des „Second meeting of the Advisory Committee of the PCBs Elimination Network“, das Ende November auf Jamaika stattfand.

Neupert weiß das und versucht, hinter den Kulissen zu retten, was zu retten ist. In Briefen an Umweltminister Norbert Röttgen beklagt er sich über die Landesregierung in NRW.

Auch während der Jahreshauptversammlung findet er klare Worte. Nicht zu eignen Vergehen, sondern über die Presse, die Politik in Dortmund und die Behörden. Sie alle seien unfair mit Envio umgegangen, hätten Vorverurteilungen veröffentlicht. Man behalte sich vor, dagegen zu klagen. Aber nicht in Dortmund: „Dort sehe ich keine Chance auf ein faires Verfahren.“

Das soll, wenn denn den Ankündigungen Taten folgen, von Hamburg aus angestrebt werden. Dorthin will Envio auch den Unternehmenssitz verlegen.

Überhaupt ist man bestrebt, Dortmund und den PCB-Skandal hinter sich zu lassen. Durch die Insolvenz der Dortmunder Tochter gelang es, die Millionenkosten der Sanierung des Betriebsgeländes auf den Steuerzahler abzuwenden.

Und schon im Sommer hatte man das Tochterunternehmen Envio-Gas in Bebra-Biogas umbenannt. Das soll nun an die Börse gehen. Die Aktionärsstruktur soll gleich bleiben. Für 100 Envio-Aktien gibt es für die Altaktionäre eine Bebra-Biogas Aktie.

Und natürlich sieht auch die Zukunft von Bebra-Biogas gut aus: In Südkorea will man Bauern kleine, hocheffiziente Biogasanlagen verkaufen. Bislang hat man das zwar kaum geschafft, aber, wird den Aktionären erklärt, bald werde die Regierung ein „Green Village“ Programm auflegen. Hunderte von Dörfern sollen dann ihre Energie zumindest zum Teil selbst erzeugen. Und Bebra-Biogas hätte gute Chancen, von diesem Programm zu profitieren.

Auch in Deutschland, war sich die Konzernleitung sicher, wird das Geschäft bald anspringen. In den nächsten Wochen würde man zahlreiche Anlagen verkaufen. Im Herbst sei das nicht möglich gewesen. Dann säßen die Bauern auf ihren Treckern und hätten für Verkaufsgespräche keine Zeit.

Den Ausführungen der Unternehmensspitze mochten nicht alle Anwesenden folgen: Andrew Murphy vom  Finanzhauses Murphy&Spitz war angesichts des PCB-Skandals enttäuscht von Neuperts Ansprache: „Ich hätte erwartet, dass Sie ein Geständnis ablegen“

Und Thomas Hechtfischer, der Landesgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz war von den Aussichten von Bebra-Biogas nicht begeistert: „Bauer sucht Bebra? Ich weiß nicht.“

Immerhin: Der Vorstand wurde auf Vorschlag des Aufsichtsrates nicht entlastet. Bei anderen Unternehmen wäre er gefeuert worden.

Der Artikel erschien in ähnlicher Form bereits in der Welt am Sonntag

Der Ruhrpilot

Bergbau: EU erlaubt Steinkohle-Beihilfen bis 2018…Spiegel

NRW: Rot-Rot-Grün für mehr Betriebsprüfer…RP Online

NRW II: Ministerin ehrt Kölner Gay Games Orgateam…Lesben

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Ruhr2010 II: Pleitgen hat sich Respekt verschafft…Neue Westfälische

Duisburg: Sauerland entschuldigt sich und kritisiert Medien…Der Westen

JMStV: Rot-Grün in NRW vertagt sich – FDP will ablehnen…Pottblog

Duisburg: Neonazi nach Schlägerei vor Gericht…Ruhr Nachrichten

Wikileaks: Das Arsenal des digitalen zivilen Ungehorsams…Netzpolitik

Umland: „This is Belize, Baby. And we are speaking English.“…Netzpolitik

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Das Ruhrstadt-Schnorrernetzwerk

Unter der Ruhrstadtfahne organisiert der ehemalige Spinrad-Chef Peter Krämer ein Schnorrernetzwerk.

Manchmal bekommt man Nachrichten, die zum kotzen sind. Häufig haben die mit dem sogenannten Ruhrstadt-Netzwerk zu tun. Das Ruhrstadt-Netzwerk ist der plumpe Versuch, aus dem Engagement für das Ruhrgebiet Kohle rauszuschlagen. Koste es was es wolle – auch mit falschen Versprechungen.  Hier die Nachricht, die mich via Xing erreichte, und mit der das Netzwerk versucht, neue Leute zu Mitarbeit zu bewegen:

Wir möchten Sie gerne herzlichst zu unserem letzten Event für dieses Jahr einladen, das am 14.12.2010 um 18.45 Uhr bei uns im Wissenschaftspark stattfindet.

Hier die Agenda:
18h45 Begrüßung durch Peter Krämer
18h55 Bernd Fesel (Direktor e.c.c.e.) Kultur in der RuhrStadt – Wie geht es weiter ab 2011?
19h15 Reinhard Kreckel – Kurs 2 Onlineredakteur Text und Bild – Start noch 2010 – wie Sie noch teilnehmen können
19h20 Dunja Jannuzzo + Michael Reichenbach – wie wird man Angel? Wie können Sie sofort starten und noch vor Weihnachten den Presseausweis bekommen?
19h35 Anmeldungen und Diskussion
Ende der Veranstaltung ca. 20h45

Bernd Fesel wird Ihnen erzählen, wie es in der Kulturhauptstadt weitergeht –
und wir erzählen Ihnen, wie es bei RuhrStadt-Netzwerk weitergeht.
Wir stellen Ihnen den neuen Presseausweis vor (inklusive Parken).
Wir möchten Sie als neuen Angel, Reporter oder Fotografen gewinnen und würden uns sehr freuen wenn Sie diesen Abend dazu nützen würden um weiteres zu erfahren.

Als Angel haben Sie folgende Vorteile:

-Sie bekommen einen Presseausweis von RuhrStadt Netzwerk
-Sie können Wunschveranstaltungen und Wunschorte kostenlos aufsuchen
-Wir ermöglichen Ihnen die Teilnahme am Kurs „Onlineredakteur“ inklusive Zertifikat eines staatlich anerkannten Instituts
-Sie haben Anspruch auf Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort http://www.vgwort.de/auszahlungen.html
-Sie können Mitglied der Künstler-Sozialkasse werden mit gewaltigen Kostenvorteilen gegenüber herkömmlichen Kranken- und Rentenversicherungen. http://www.kuenstlersozialkasse.de
-Sie können Bücher für Rezensionen kostenlos bestellen, die Verlage machen das gern für eine Redaktion wie RuhrStadt Netzwerk
-Sie sind RuhrStadt Angel oder RuhrStadt Reporter oder Mitglieder der Ruhrstadt-Portal-Redaktion

Besuchen Sie hier die Gruppe: http://www.xing.com/net/ruhrstadt/

Wir freuen uns auf zahlreiche Zusagen!

Und jetzt mal kurz in die Wirklichkeit: Der Presseausweis des Netzwerks hat keinen Wert. Man kann ihn sich auch als Kartoffeldruck selbst machen. Es ist was für Spinner, die in Vorortkneipen angeben wollen.

Man kann mit keinem Presseausweis frei parken. Man kommt mit dem Presseausweis durch Polizeisperren – die Straßenverkehrsordnung gilt natürlich weiter.

Man spart auch nicht ganz viel Geld bei der Künstlersozialkasse. In die kommt man nur, wenn man nachweisen kann, dass man in einem der über sie versicherten Berufe so viel verdient, das man davon leben kann.

Verlage schicken auch nicht gerne Bücher an irgendwelche Spacken – weil sie genau wissen, dass da viele sind, die sich nur durchschnorren wollen.

Worum geht es? Leute sollen dazu gebracht werden, umsonst für die Internetseite des Ruhrstadt-Netzwerks zu arbeiten. Die Seite ist kaum mehr als eine Ansammlung von Pressemitteilungen. Das ganze ist eine Verarschung – der künftigen Mitarbeiter des Netzwerks, der KSK und aller, die versuchen ihren Job im Bereich des Journalismus halbwegs ordentlich zu machen.

Stop The Bomb!

Das Bündnis „Stop The Bomb“ hat für den kommenden Samstag in Düsseldorf zu einer Demonstration gegen die dem iranischen Staat gehörende Ascotec GmbH aufgerufen.

Für das Bündnis „Stop The Bomb!“ steht fest. Der Iran arbeitet an der Atombombe. Auch die dem Iran gehörende Asotec GmbH mit Sitz in Düsseldorf soll an den Bombenplänen des Regimes beteiligt sein. So steht es im Demoaufruf von „Stop The Bomb!“:

In der Islamischen Republik Iran herrscht ein menschenverachtendes Regime, das Oppositionelle, nationale und religiöse Minderheiten, Frauen und Homosexuelle verfolgt und ermordet Das iranische Regime unterstützt den islamistischen Terror weltweit, leugnet den Holocaust und geht brutal gegen die Freiheitsbewegung im Land vor, die unter Lebensgefahr für Freiheit und Demokratie kämpft. Trotz verschärfter internationaler Sanktionen betreibt das iranische Regime unbeirrt sein Nuklearprogramm weiter, wähnt sich als Speerspitze einer globalen islamischen Revolution und hetzt unentwegt gegen Israel.

(…)

Mit einem jährlichen Umsatz von 650 Millionen Euro (Stand 2008) ist Ascotec innerhalb der letzten Jahre zu einem der wichtigsten Eckpfeiler des iranischen Handels in Europa geworden. Nach Aussagen des NCRI (National Council of Resistance of Iran) verfügt Ascotec über Kontakte zum iranischen Verteidigungsministerium und nimmt bei der Beschaffung von militärischen Gütern für das iranische Regime eine wesentliche Rolle ein.

(…)

Düsseldorf ist nun bereits seit Jahren ein sicherer Hafen des iranischen Regimes. Zu lange wurde weggeschaut, es ist an der Zeit, Ascotec auch in Deutschland zu sanktionieren und der Regimefirma die Räumlichkeiten auf der Terstegeenstraße in Düsseldorf-Stockum aufzukündigen.

Kundgebung: 11. Dezember um 13 Uhr – Burgplatz Düsseldorf

Muss Assange befreit werden?

Heute Morgen hat der Dortmunder Ralf Grönke die Facebook-Gruppe „Free Julian Assange“ gegründet. Sie ist überflüssig.

Die Gruppe rockt: Innerhalb weniger Stunden hat sie fast 500 Mitglieder. Sie setzen sich für die Befreiung des Wikileaks-Boss Julian Assange ein. Wir sollten auf die Gruppe aufmerksam machen, was hiermit geschehen ist.

Assange muss allerdings nicht befreit werden. Assange wurde wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung festgenommen und wird wahrscheinlich nach Schweden ausgeliefert. Sowohl Groß Britannien als auch Schweden sind Staaten, in denen man von einem fairen und rechtsstaatlich korrektem Verfahren ausgehen kann. Und mehr auf mehr als einen fairen Prozess hat kein Angeklagter ein Anrecht.

Ist Assange unschuldig, wird er freigesprochen. Ist er es nicht, wird er verurteilt. Die Wahrheit wird hoffentlich am Ende des Prozesses stehen. Befreien muss ihn niemand.

VEB Steag

Ein Stadtwerkekonsortium will die Evonik-Tochter Steag kaufen. Es entsteht ein neuer volkseigener Betrieb.

Wann sind sich schon einmal CDU, SPD und Grüne einig? Am vergangenen Mittwoch zum Beispiel, bei einer von der FDP zum Steag-Verkauf beantragten aktuellen Stunde. SPD-Innenminister Ralf Jäger, die Grüne Daniela Schneckenburger und Hendrik Wüst von der CDU: Alle waren sie fasziniert von der Möglichkeit der Übernahme der Evonik-Tochter Steag durch ein Konsortium der Stadtwerke der Städte Bochum, Dinslaken, Dortmund, Duisburg, Essen und Oberhausen. Ein neuer Energiekonzern soll in NRW entstehen, der das Potential haben soll, die Marktmacht von Eon, RWE, Vattenfall und EnBW zu brechen und den Stadtwerken zu neuen wirtschaftlichen Perspektiven verhelfen soll.

Nur in Nuancen unterschied man sich. Schneckenburger plädierte dafür, die Atom-Sparte von Steag zu veräußern, die für die Castor-Transporte nach Ahaus zuständig ist, und Wüst wünschte sich die Beteiligung eines im Bieterverfahren bereits ausgeschiedenen Unternehmens aus NRW.

Gut 620 Millionen  sollen die sechs Stadtwerke in einem ersten Schritt für 51 Prozent der Steag Anteile bezahlen. In wenigen Jahren, noch vor dem geplanten Börsengang, müssen sie die restlichen 49 Prozent übernehmen. Insgesamt ein Geschäft in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Und weil weder die Städte noch die Stadtwerke über die nötigen Mittel verfügen, wird es komplett über Kredite finanziert. 30 Prozent davon werden die Stadtwerke aufnehmen müssen, 70 Prozent die von ihnen zu gründende Vorschaltgesellschaft.

Die Begeisterung über die Fraktionen hinweg verwundert. Denn die Steag ist nicht irgendein Unternehmen: Es ist, und man würde erwarten, dass die Grünen damit Probleme hätten, vor allem ein Betreiber und Entwickler von Kohlekraftwerken. Neun Steinkohle- und zwei Raffineriekraftwerke besitzt die Steag in Deutschland.

Im Ausland besitzt sie drei Kraftwerke in der Türkei, Kolumbien und auf den Philippinen.  Ein internationales Engagement von Stadtwerken auf drei Kontinenten? Das müsste zumindest bei der Union für Stirnrunzeln sorgen, und das tut es auch. Nicht bei Hendrik Wüst, aber bei Klaus Franz. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Bochumer Rat soll bald über den Kauf der Steag Anteile durch die Stadtwerke entscheiden und fühlt sich dabei nicht wohl: „Ich habe noch viele Fragen und sehe es nicht als klassische kommunale Aufgabe an, dass wir Kraftwerke auf den Philippinen betreiben. “ Stadtwerke sind für die Daseinsvorsorge da und sollten sich nicht auf den internationalen Energiemärkten tummeln. „Das Risiko, das Geld der Bürger zu verzocken, ist zu hoch.“

Das sah im Landtag der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes ähnlich. Brockes bezweifelte, dass ausgerechnet die wirtschaftlich schwachen und hochverschuldeten Ruhrgebietsstädte die Steag kaufen sollten: „Es ist ein wirtschaftliches Abenteuer, wenn sechs Stadtwerke, deren Städte gemeinsam 10 Milliarden Euro Schulden haben, ein internationales Energieunternehmen übernehmen.“ Alles werde zu 100 Prozent auf Pump finanziert: „Jeder Häuslebauer weiß, dass das nicht gut gehen kann.“

Bei den Stadtwerken sieht man das anders. In Hintergrundgesprächen wird der Steag-Kauf als Chance bezeichnet, die man sich nicht entgehen lassen kann. Die Stadtwerke hätten zusammen mehr Kunden als Eon und RWE, würden allerdings fast nur als Stromhändler auftauchen. Nur ein Zehntel der deutschen Strommenge produzieren die Stadtwerke. Der Kauf der Steag würde diesen Anteil schlagartig verdoppeln.

Es soll ein Unternehmen der kommunalen Familie entstehen: Mit Arbeitsplätzen im Ruhrgebiet und einer starken regionalen Verankerung. Das Geld, das im Ausland erwirtschaftet wird, soll in die Modernisierung des Kraftwerkparks fließen. Die alten Kohlekraftwerke will man nach und nach durch moderne Gaskraftwerke ersetzen. Die Macht der großen Stromkonzerne soll gebrochen werden. Das Fernwärmegeschäft der Steag  soll mit dem der Stadtwerke gebündelt werden. Ein leistungsstarkes Fernwärmenetz soll so große Teile des Reviers versorgen.

Dass der künftige Konkurrent RWE die zur Erneuerung anstehenden Lieferverträge für sechs Kraftwerke ganz oder teilweise nicht verlängern könnte, stört nicht. Ein Stadtwerker zur Welt am Sonntag: „Dann nutzen wir den Strom selbst. Für uns ist das nicht wichtig. Ohne die RWE-Verpflichtung können wir schneller mit dem Umbau des Kraftwerkparks beginnen.

Geld spielt keine Rolle. Alles, so versichern die Mitglieder des Stadtwerkekonsortiums, sei durchgerechnet worden. Das Angebot spiegele das Ergebnis eines Worst-Case-Szenarios wider, in dem auch die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke durch die Bundesregierung längst eingepreist seien. Und die Kreditfinanzierung? Problemlos. „Bei den günstigen Zinsen würden wir das Geld auch am Kapitalmarkt aufnehmen, wenn wir es hätten, denn eine Investition in unsere Unternehmen bringt eine deutlich höhere Rendite als die Zinskosten der Kredite.“

Man plane auch nicht weit in die Zukunft, denn die Energiemärkte seien im Umbruch. Aber die kommenden 20 Jahre könne man überschauen.

Nicht alle teilen diese Euphorie. Prof. Dr. Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI bezweifelt, dass man die Entwicklung der Energiemärkte über die kommenden 20 Jahre einschätzen kann: „Klar ist eigentlich nur die demographische Entwicklung. Wir haben aber beispielsweise keine langfristige Energiepolitik in Deutschland: Die eine Regierung steigt aus der Kernergie aus, die nächste verlängert die Laufzeiten und die Opposition kündigt für den Fall, dass sie an die Regierung kommt, wieder den Atomausstieg an.“ Zudem gäbe es zahlreiche ungelöste Zielkonflikte: „Die Industrie und die Verbraucher wollen günstigen Strom, er soll aber möglichst aus regenerativen Energien ohne Co2 Belastung hergestellt werden. Das passt nicht zusammen.“

Der Steag-Kauf durch die Stadtwerke sei riskant und der Nutzen für den Verbraucher ungewiss: „Wenn es künftig fünf statt vier große Konzerne gibt, wird das kaum die Preise verändern.“ Schmidt hält eine Öffnung des deutschen Strommarktes für ausländische Anbieter für effektiver: „Wir brauchen mehr grenzübergreifende Leitungen zu unseren Nachbarn. Dann sorgen Stromimporte für mehr Wettbewerb auf dem deutschen Markt.

Auch in der Landesregierung gibt es skeptische Stimmen. Auch wenn man den Einstieg der Stadtwerke befürwortet – einen starken Partner an ihrer Seite würde man gerne sehen. Umweltminister Johannes Remmel:

„Wir halten auch die Beteiligung eines finanzstarken und international erfahrenen Privatinvestors als Partner der Stadtwerke für überlegenswert – gerade mit Blick auf das Auslandsgeschäft und die Risikominimierung.“

Das könnte zum Beispiel die Rethmann-Gruppe sein, die bereits aus dem Wettbewerb um die Steag ausgeschieden ist. Auch in Finanzkreisen wird ein Einstieg von Rethmann befürwortet: „Die Kommunen hoffen auf weitere Einnahmen durch die Steag, aber die Kreditkosten werden die Dividende aufzehren.“ Ein starker privater Partner sei auch notwendig, um den Umbau des Kraftwerkparks und die hochrentierlichen Investitionen ins Auslandsgeschäft zu ermöglichen. Das Finanzkonzept der Stadtwerke sei zu optimistisch. „Irgendwann einmal werden die Zinsen wieder steigen – und dann wird es für die Stadtwerke schwierig werden.“ Das sei kein Problem der kommenden ein bis zwei Jahre. Aber zu dem Zeitpunkt, wo die Stadtwerke die restlichen 49 Steag-Prozent kaufen und finanzieren müssen, könnte es soweit sein. Und dann würden harte Zeiten für die klammen Kommunen im Revier anbrechen.

Der Artikel erschien in ähnlicher Form bereits in der Welt am Sonntag

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