Jahresrückblick 2010: Oktober

Die Auseinandersetzungen um den Stuttgarter Bahnhof bewegten die Republik. Sogar in Bochum gab es Demos für und gegen den Bahnhofsbau. Im  Ruhrgebiet sorgte das Eon-Kraftwerk in Datteln für Schlagzeilen.

Überall im Land boomten im Oktober die Grünen. Die Koalition in NRW feierte ihre ersten 100 Tage. Nur im Ruhrgebiet stritten sie sich. Der Grund: Der RVR-Planungschef Thomas Rommelspacher suchte nach einem Weg, den Bau des Eon-Kraftwerks in Datteln doch noch zu ermöglichen. OK, die Aufregung um das Kraftwerk in Datteln war nicht so groß wie beim Thema Stuttgart 21. Selbst in Bochum ging man zu dem Thema auf die Straße.

Die Ruhr2010 GmbH versagte endgültig dabei, jungen Künstlern Räume zu besorgen und wir fragten uns: Was passiert, wenn nichts passiert?

Eine Sauftour nach Berlin machte die Duisburger Junge Union bekannt und das Skandaltunternehmen Envio versuchte sich mit merkwürdigen Gutachten reinzuwaschen. Klappte natürlich nicht.

Und sonst? Wir fragten uns, wie die SPD wieder sexy wird, betrauerten irgendwie Pinkwarts Abgang und wollten wissen, wem der Fußball gehört.

Und dann war da noch der drohende Jugendmedienschutz Staatsvertrag. An einem Beispiel machten wir klar, welche Auswirkungen dieses Machwerk für unser Blog haben könnte.

Konzerthaus Bochum: Seid verschlungen, Millionen…

Das Konzerthaus Bochum heißt jetzt Musikzentrum. Leisten kann es sich Bochum trotzdem nicht.

Eines vorweg: Der Bau des nun Musikzentrum genannten Konzerthauses Bochum ist keine Katastrophe. Eine Katastrophe für Bochum wird der Bau des geplanten ECE-Einkaufszentrums auf der Fläche des heutigen Landgerichts ein paar Meter weiter die Straße herunter. Das Konzerthaus wird eine peinliche Baulücke gegenüber des Bermudadreiecks schließen. Es wird die eher schlichte Innenstadt architektonisch bereichern. Die Bochumer Symphoniker bekommen eine attraktive Spielstätte. Und die Marienkirche bekommt auch noch eine sinnvolle Nutzung und wird in das Konzept mit integriert.

Möglich wird der Bau, über den in Bochum seit Jahrzehnten diskutiert wird, weil das Land insgesamt 16,6 Millionen Euro dazu gibt: 6,5 kommen aus EU Mitteln, 0,5 Millionen direkt vom Wirtschaftsministerium und 9,6 Millionen vom Städtebauministerium für den Umbau der Marienkirche. 14,3 Millionen wurden gespendet. 2,4 Millionen packt die Stadt oben drauf. Insgesamt 33 Millionen Euro wird das Musikzentrum kosten. Heute. Auf dem Papier. Wenn es am Ende über 50 werden, wird wahrscheinlich niemand überrascht sein.

Das Musikzentrum soll nun mit seinen über 1000 Plätzen nicht nur den Symphonikern und der klassischen Musik zur Verfügung stehen, sondern allen Musikrichtungen. Das finde ich gut – zumal so die Innenstadt belebt wird.

Alles ok? Nö. Bochum muss im Gegenzug zu den Landesmillionen die Jahrhunderthalle übernehmen. Auch die muss bespielt werden, wenn man die Zuschüsse begrenzen will und dann ist da noch der defizitäre Ruhrcongress. Die Frage, woher all die Veranstaltungen und Besucher in einer schrumpfenden Stadt die in einer schrumpfenden Region liegt herkommen sollen, liegt auf der Hand. Die Antwort: Der Wettbewerb zwischen den hochsubventionierten Kultureinrichtungen im Ruhrgebiet um Zuschauer und Veranstaltungen wird größer werden. Und die zu erwartenden Defizite werden die Stadtkassen belasten. Nicht nur in Bochum – auch in Dortmund und Essen werden sie das neue „Musikzentrum“ spüren. Einmal mehr hätte ein regionale Planung Sinn gemacht. Aber die will ja niemand.

Und dann ist Bochum schlicht und ergreifend pleite. Es kann sich den Unterhalt  eines solchen Hauses nicht leisten. Schon heute reicht das Geld nicht aus, die bestehenden Kultureinrichtungen vernünftig zu fördern. Die Freie Kultur wird in den kommenden Jahren massiv sparen müssen. Neue Projekte wie Rottstraßentheater sind nicht einmal mittelfristig abgesichert – hier könnte mit einem Bruchteil der Musikzentrumsgelder viel erreicht werden. Über die Stadtbücherei, die Schulen und das Versagen der Räumdienste will ich gar nicht reden. Auch nicht über den miserablen Zustand vieler Straßen.

In Bochum, im Ruhrgebiet und im Land will man wieder Geld ausgeben. Geiz ist nicht mehr geil. Zwar hat man kein Geld, aber haut es trotzdem raus: Für den Aufbau eines komplett Kreditfinanzierten neuen Energiekonzerns, für Konzerthäuser, für üppig besetzte Verwaltungsspitzen und vieles andere mehr. Die Bürger haben dieser Politik ihre Stimme gegeben. Und da im Ruhrgebiet die Zahl der Transferempfänger die der Steuerzahler übersteigt, wird es den meisten egal sein, wofür die öffentlichen Mittel ausgegeben  werden. Es ist ja nicht ihr Geld.

Der Ruhrpilot

Bochum: Land fördert Bochumer Symphonie mit 7 Millionen…Der Westen

Bochum II: „Tief im Westen“ bald noch ein Konzerthaus…Ruhr Nachrichten

NRW: Parteienforscher rechnet mit schnellen Neuwahlen…Bild

Ruhr2010: Fritz Pleitgen verabschiedet sich…Focus

Ruhr2010 II: Warum „2-3 Straßen“ enttäuscht und frustriert…Der Westen

Kultur: Brigitte Kronauer wird heute 70 Jahre alt…Badische Zeitung

Kultur II: Wiederholungstäter Mankell…Lizas Welt

Duisburg: Junge Unionwählt umstrittenen Vorsitzenden Jörg „Prost“ Brotzki wieder…Der Westen

27c3: Netzneutralität und Priorisierung – Ein Widerspruch…Netzpolitik

Medien: Westropolis wird eingestellt…Pottblog

Umland: Polizei findet verirrten Holländer im Wald bei Winterberg…Zoom

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Jahresrückblick 2010: September

Before the Goldrush

In Dortmund demonstrierten die Nazis und wir entdeckten Gott für uns.

Jedes Jahr demonstrieren die Nazis in Dortmund – das Bundesverfassungsgericht hob 2010 ein kurzfristiges Verbot durch die Polizei auf. Wir berichteten live von der Nazikundgebung und den Protesten gegen die Rechten.

Und noch einmal Dortmund: Wir entdeckten Gott für uns – und würdigten den Musiker gleich mit zwei Artikeln.

Im RVR wurden die Spitzenpositionen neu besetzt: Christoph Dänzer-Vanotti sollte neuer RVR-Regionaldirektor werden, Thomas Westphal Chef der Wirtschaftsförderung und Martin Tönnes neuer Planungsdezernent. Später sollte Dänzer-Vanotti aus gesundheitlichen Gründen seine Bewerbung zurückziehen.

Die WAZ-Gruppe verlor im September mit Anneliese Brost eine wichtige Indentifikationsfigur.

Während die Ruhr2010-Aktion Emscherkunst sich als Bereicherung erwies suchten wir nach dem ödesten Ort im Revier. Überraschung: Es gab keinen eindeutigen Sieger, aber viele Kandidaten.

Und sonst? Sarrazin trat als Bundesbanker zurück, wir beschäftigten uns mit Elektroautos und fanden heraus, dass die Geschichte der DDR neu geschrieben werden musste.

Der Ruhrpilot

Nazi-Demonstration in Dortmund

Dortmund: Nazis rüsten sich zum „Konzert“ an Silvester…Der Westen

NRW: FDP verlangt Machtwort von Kraft zum Thema Datteln…RP Online

NRW II: Grüne legen kräftig zu…Westdeutsche Zeitung

Ruhrgebiet: Auffällig bodenständig…Welt

Ruhr2010: Was bleibt nach dem Kulturhauptstadtjahr im Ruhrgebiet?…Deutschlandfunk

Duisburg: Verhebt sich die Gebag bei Erweiterung der Küppersmühle?…Der Westen

Bochum: IHK streicht „Bochum“ aus ihrem Namen…Der Westen

Bochum II: Verzweifelung zum Fest…Gelsenkirchen Blog

Bochum III: 750 Jahre Knappschaft…Pottblog

Umland: Startschuss beim 27c3…Netzpolitik

Umland II: Das Zeitgefühl im Neuen Museum…Frontmotor

Online: Bloggen out?…Zoom

Jahresrückblick 2010: August

In Dortmund wurde die alte Kronenbrauerei besetzt und sofort wieder geräumt. Ärger mit der Polizei hatten aber auch Ruhr2010-Chef Fritz Pleitgen und Duisburgs OB Adolf Sauerland.

Im August gab es in Dortmund die zweite Hausbesetzung im Ruhrgebiet: Die Initiative für ein unabhängiges Zentrum (UZDO) besetzte die alte Kronenbrauerei. Der Besitzer ließ sofort räumen. Wir starteten als Reaktion darauf eine Serie über Zwischennutzung – und stellten leerstehende Gebäude im Ruhrgebiet vor.

Loveparade: Duisburgs OB Adolf Sauerland bekam im August Besuch von der Polizei. Im Rathaus kam es zu einer Hausdurchsuchung. Gegen Fritz Pleitgen gab es Strafanzeigen. Und was machte Sauerland: Er setzte auf einen teuren PR-Berater. Bezahlt vom Steuerzahler.

Und sonst? Ein Interview mit Michael Jonathan Wuliger, dem Autor von „Der koschere Knigge“, einen abenteuerlichen Fußballtext der Wattenscheider Schule, der ECCE-Unfug und natürlich Sarrazin.

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