Politik, Fußball und Projektion

Wäre eine Ampel in NRW eine Perversion? Ist die Linkspartei eine moderne linke Partei? Der VfL Bochum das St. Pauli des Ruhrgebiets? Die FDP marktradikal? Vor allem wenn wir  Zuneigung erfinden sehen wir nur was wir wollen.

Frank Goosen hat vor ein paar Tagen einen schönen Text über den VfL Bochum geschrieben. Er beschrieb den VfL als einen piefigen Kleinstadtverein ohne Ambitionen, geführt von dicken, alten  Männern ohne Visionen, der eigentlich nur eines erfolgreich kann: Seine Fans enttäuschen.

Andere haben im vergangenen Jahr die FDP gewählt und gingen davon aus, ihre Stimme strammen Marktwirtschaftlern gegeben zu haben. Die Enttäuschung über die gewährten Steuersubventionen für Hotelbesitzer  war schnell ebenso groß wie über die Rücknahme der vorsichtigen Liberalisierungen auf dem Arzneimittelmarkt.

Und auch hier bei den Ruhrbaronen ist in den Kommentaren oft viel Wut zu spüren, wenn die Linkspartei in NRW nicht als Schutzmacht der kleinen Leute, als moderne, freche Alternative zur SPD geschildert wird, sondern als Versorgungsprojekt für in Bedeutungslosigkeit ergraute Trotzkisten wie Zimmermann oder Stalinisten wie Böth. Die soll nun auch noch Landtagsvizepräsidentin werden.

In der Vorstellung ihrer Anhänger sind die Jusos links, ja, zum Teil linksradikal, wie das Werbebild der Jusos aus Esslingen zeigt und nicht eine biedere Parteijugend. Wahrscheinlich glauben auch viele CDU-Anhänger die CDU wäre konservativ. Fußballfans wollen glauben, Schalke sei ein Arbeiterverein und der FC St. Pauli der  verlängerte Fuß der Hamburger Subkultur.

Gerade beim Fußball und der Politik fällt es vielen schwer, mit der Wirklichkeit zurecht zu kommen – vor allem wenn Leidenschaft im Spiel ist und machen wir uns nichts vor: Ohne Leidenschaft macht weder die Beschäftigung mit Fußball noch mit Politik Spaß.

Bei näherer Betrachtung ist alles so entsetzlich banal: Schalke ist ein mäßig geführter Verein, der seinen Zielen seit Jahrzehnten hinterherläuft. Die FDP ist vor allem eine Klientelpartei, die an Marktwirtschaft und Wettbewerb so viel Interesse hat wie RWE und E.ON. Gerade in der Energiewirtschaft sitzen ja bekanntermaßen die größten Feinde des Kapitalismus.

St. Pauli ist das Muster des gentrifizierten Fußballvereins.  In der ach so konservativen Union treffen notorische Fremdgeher auf Schwule und Lesbierinnen. Die größte Sammlung an Ferrari-Büchern habe ich in der Wohnung eines grünen Fundis gesehen.

Wähler wollen das alles nicht so genau wissen. Fußballfans auch nicht. Die meisten zumindest. Sie sind mit Leidenschaft ihrer Partei oder ihrem Verein verbunden. Diese Leidenschaft bezieht sich allerdings eher auf eine Projektion als auf die Wirklichkeit. Die eigenen Wünsche, das eigene, in der Regel ja schon arg konstruierte, Selbstbild wird mit Partei, Verein oder beidem verbunden. Die banale Wirklichkeit wird ausgeblendet. Dabei ist diese Banalität ein großer zivilisatorische Fortschritt: Alle wurschteln herum, versuchen irgendwie durchzukommen und machen komische Kompromisse. Das wird auch bei der Regierungsbildung in NRW passieren – oder bei der Wahl eines neuen Trainers für den Vfl Bochum. Die Wirklichkeit in Deutschland ist immer eher grau und langweilig. Das ist gut. In einem spannenden Land zu leben, in dem die Leidenschaft regiert ist  ziemlich anstrengend. Und manchmal auch gefährlich.

Der Ruhrpilot

NRW: Das wahre Wahlergebnis…Achse des Guten

NRW II: Trittin: Linkspartei spricht rechte Wähler an…Welt

NRW III: NPD und ProNRW ohne Bedeutung…Der Westen

NRW IV: DDR-Fan Böth soll Landtagsvizepräsidentin werden…Der Westen

NRW V: Rüttgers Erben warten schon…Spiegel

NRW VI: Rüttgers macht den Koch…Der Westen

NRW VII: FDP lockt die SPD ins Schachmatt…Nachdenkseiten

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Ruhrgebiet: Lammert kritisiert CDU…Stadt Ruhr

Gelsenkirchen: Kulturrat …Hometown Glory

Dortmund: Nazi muss in den Knast…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: WM-Public Viewing kostenlos…Ruhr Nachrichten

Krise: Ora et labora…Weissgarnix

Recht: Neuer Trend Bagatell Kündigungen?…Law Blog

Literatur: Die kommenden Literatur- und Lesungs-Events…Kueperpunk

Internet: Grimme Online Award…WDR

25 Jahre Die Kassierer

Vor 25 Jahren wurden Die Kassierer gegründet. Morgen feiert die Band ihr Betriebsjubiläum in der Zeche Carl.

Helmut Kohl war noch ganz frisch im Amt, die DDR war noch die Ostzone und nicht die neuen Länder und niemand kannte den ukrainische  Ort Tschernobyl: Die Welt war eine andere als sich 1985 Die Kassierer gründeten. Die Punkband in ihrer Pressemitteilung zur eigenen Geschichte:

Im Underground schwelgen die vier Wattenscheider zwischen Anarchie und Kabarett seit einem Vierteljahrhundert und machten durch Aktionen wie die Kanzlerkandidatur von Sänger Wölfi bei der Bundestagswahl 2005 (aber es wurde ja dann Frau Merkel gewählt) oder durch gefakete Gastspiele bei Talkshowaltmeister Hans Meiser auf sich aufmerksam. Ihre Songs werden in Kneipen am Ballermann wie auch bei Parties im Studentenwohnheim in Dauerrotation gespielt – die schlüpfrigen Kassiererohrwürmer erfreuen alle, die dem weichgespülten Einerlei der Musiksender entfliehen wollen. Mittlerweile möchte selbst das größte Heavy-Metal-Festival, das Wacken Open Air nicht mehr ohne die Kassierer auskommen.
Darum gilt: Was im fernen 1985 aus einem Scherz heraus gegründet wurde, ist heute laut regelmäßigen Umfragen die populärste Punkband Deutschlands.
Und Morgen wird gefeiert: Ab 19.30 Uhr in der Zeche Carl in Essen.
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Groschek auf Überläufersuche?

SPD Generalsekretär Michael Groschek soll auf Überläufersuche sein.

Nach Informationen der Ruhrbarone soll sich SPD-Generalsekretär Michael Groschek heute Vormittag mit mindestens einem künftig Mitglied der Landtagsfraktion der Linkspartei getroffen haben. Die SPD dementierte auf Nachfrage von uns ein Treffen Groscheks mit dem von uns benannten künftigen Mitglied der Landtagsfraktion ebenso wie Groscheks Anwesenheit an dem betreffenden Ort.

Linkspartei NRW zur DDR:“…sehr demokratisch…“

Report-Mainz hatte gestern Abend einen sehr starken Beitrag über die Linkspartei in NRW gesendet.

In dem Beitrag über die Linkspartei in NRW ging es um das Verhältnis der Linkspartei in NRW zur DDR. Wer ernsthaft glaubt, die Linkspartei in NRW wäre keine nichtextremistische Partei und hätte ihren Frieden mit der Demokratie gemacht, sollte sich den Beitrag anschauen.

Neben all den Versuchen, die DDR schön zu reden und den unangenehmen Fragen des Reportes auszuweichen, fand ich es am elendsten, als Bärbel Beuermann die Karte des SWR-Kollegen wollte und erklärte „Sie werden von uns hören…“.
Beuermann könnte als Spitzenkandidatin der Linkspartei in einer Rot-Rot-Grünen Landesregierung Ministerin werden.

Die Einschüchterung von Presseleuten zeigt die undemokratische Gesinnung von Beuermann und ihren Genossen. Mit der freien Presse hat die Linkspartei schon länger ein Problem: Hans Leyendecker von der Süddeutschen wurde kurz vor der Wahl als Lügner bezeichnet und der SZ wurde angedroht, sie würde künftig nicht zu den „bevorzugten Gesprächspartnern“ der Linkspartei gehören.

Wer ernsthaft im Zusammenhang von einer Rot-Rot-Grünen Regierung von einer „Alternative“ spricht, wie gestern Philip Grassmann im Freitag,   und eine solche Koalition als „starkes Signal“ bewertet, sollte besser noch einmal in sich gehen. Wer sich nicht eindeutig von Diktaturen distanziert, hat in einer Regierung nichts zu suchen. Das galt für mich früher für die Alt-Nazis in der CDU und  gilt für mich heute für Leute wie Beuermann und ihre Genossen in der Linkspartei.

Der Report-Mainz Beitrag kann in der ARD-Mediathek abgerufen werden…Klack

Überläuferträume

Seit gestern Vormittag geht das Gerücht rum, ein Überläufer aus der Fraktion der Linkspartei könnte Rot-Grün die Mehrheit sichern.

Eine Stimme fehlen SPD und Grünen zu einer Rot-Grünen Mehrheit im Landtag. Seit gestern Vormittag geistert das Gerücht herum diese eine Stimme könnte von einem Überläufer aus den Reihen der Linkspartei kommen. Nun gab und wird es immer wieder Fraktionswechsler gegen. Bis vor kurzem war der einzige Vertreter der Linkspartei, Rüdiger Sagel, selbst so einer: Der Wechsel von den Grünen zur Linkspartei sicherte Sagel sein Landtagsmandat, dass bei den Grünen nicht mehr sicher war.

Das ist reines Wunschdenken. Nicht weil Linken-Pressesprecher Ralf Michalowsky in der WAZ diese Gerüchte als „albern“ bezeichnet, sondern weil sie weder SPD noch Grünen nutzen würde: Eine Regierung, die ihre Mehrheit durch einen gekauften Abgeordneten hätte, wäre ohne Legitimation. Sie würde nicht den Willen der Wähler entsprechen, der nun einmal für ein kompliziertes Wahlergebnis gesorgt hat. Und ohne eine starke Legitimation kann man nicht fünf Jahre lang ein Land regieren.

Die Überläuferträume zeigen den Wunsch einiger, sich der Probleme, die das Wahlergebnis gebracht hat, zu entziehen: Wäre es nicht schön, wenn sich alle Schwierigkeiten wie durch ein Wunder von selbst auflösen würden?

Das wird nicht geschehen. Die Parteien haben eine harte Nuss zu knacken. Sie müssen eine politische Lösung finden und ein politisches Risiko eingehen. Das ist jetzt ihr Job. Und übrigens: Ein Überläufer aus der FDP oder SPD könnte auch Schwarz-Grün sichern. Die die jetzt von einem Linkspartei-Überläufer träumen würden dann am lautesten Zeter und Mordio schreien.

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Der Ruhrpilot

NRW: Keine Macht am Rhein…FAZ

NRW II: Kraft will auch mit der Linken Regierung sondieren…Welt

NRW III: Linke-Abgeordnete in NRW: “DDR war ein legitimer Versuch”…xtranews

NRW IV: SPD im Rausch der Niederlage…Süddeutsche

NRW V: Nach der Wahl…Zoom

NRW VI: Die Piraten im Niemandsland…F!XMBR

NRW VII: Ruf! Mich! An!…Spiegel

Bildung: Was, wenn die Linken Schule machen?…Spiegel

Ruhr2010: Vielstimmige Kulturhauptstadt…RP Online

Ruhr2010 II: Hier und da kocht der Pott noch…Kölner Stadtanzeiger

Krise: RWI-Schmidt warnt vor Entwertung des Euro…Der Westen

Bottrop: RAG will Kokerei verkaufen…Der Westen

Fußball: Frank Goosen will den VfL zurück…Der Westen

Montage: F!XMBR. Vielen Dank an Chris.