Auch wenn es kein strahlender Sieg wird: Auch in den nächsten fünf Jahren könnte der Ministerpräsident Jürgen Rüttgers heißen.
Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf begann ihre Arbeit mit Schwung: Das Ladenschlussgesetz wurde reformiert, das Ruhrgebiet bekam seine Planungshoheit wieder, ein ehrgeiziges Hochschulausbauprogramm wurde gestartet, Lehrer eingestellt und schließlich kam der Befreiungsschlag: Der Ausstieg aus der Steinkohleförderung wurde eingestilt. Eine historische Leistung.
Vom Schwung der Anfangszeit ist allerdings nicht viel geblieben. Nach der Hälfte der Legislaturperiode machte Rüttgers ernst damit, seinem Vorbild Rau nachzufolgen: Weihevolle Reden wurden gehalten, während Rüttgers auf die Bremse trat. Stillstand. Die absurde Überverwaltung in NRW mit fünf Regierungsbezirken und zwei Landschaftsverbänden, deren Reform sich die Union auf die Fahne geschrieben hatte, war kein Thema mehr. Zu konfliktreich. Änderungen im Bildungssystem? Zu konfliktreich. Privat vor Staat ist nicht mehr angesagt? Dann lässt man es eben. Rauswurf der Kabinettsnieten Uhlenberg, Müller-Piepenkötter und Sommer? Zu konfliktreich. Nur der arme Olli Wittke musste gehen – wegen einer lächerlichen Ordnungswidrigkeit.
Rüttgers spielte auf Halten. Dumm, dass ihn alte Weggefährten über die Medien immer wieder an alte Skandale erinnerten. Ob Rent-a-Rüttgers oder die Wahlhelferfinanzierung, Rüttgers Skandale hatten zwar nicht das Format der Verfehlungen seines Vorbildes Rau (WestLB, Flugaffäre, Clements Verschwendungen), aber kratzten zu Recht am Image des „Arbeiterführers“ und „Landesvaters“.
Rüttgers versuchte, über seine Medienkontakte Druck auf Journalisten auszuüben. Auch das war nicht gut fürs Image. Das Bild von Rüttgers ist heute das eines in sich selbst gefangenen Tricksers, eines Ministerpräsidentendarstellers ohne Charme und eines Politikers ohne Ideen. Was da außer einem „Weiter so“ in der nächsten Legislaturperiode kommen soll, ist schleierhaft. Nur das Bekenntnis, in den kommenden Jahren hart sparen zu müssen, vermittelt etwas Glaubwürdigkeit, denn unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt: NRW ist so pleite wie der Bund und die Kommunen. Viel wird nicht mehr gehen.
Trotzdem: Rüttgers könnte es wieder schaffen. Denn Rüttgers und seine Union sind taktisch gut aufgestellt. Die Konservativen haben mit SPD, Grünen und FDP gleich drei Koalitionspartner zur Auswahl. Und alle drei Partner würden stabile Regierungen ermöglichen.
Rüttgers Beliebigkeit könnte zur Grundlage seines künftigen Erfolges werden. Er kann mit allen. Sein Programm heißt Rüttgers. Es ist eine persönliche Agenda, keine politische. Und wenn er das Tor zu künftigen schwarz-grünen Koalitionen im Bund etwas weiter auf stößt, hätte er sich auch noch um die Bundespartei verdient gemacht. Keine schlechte Perspektive für einen politisch nicht allzu begabten Jungen als Pulheim.