Jahresrückblick 2009: Mai

Am 1. Mai  überfielen Nazis in Dortmund eine DGB-Demo, Wulf Bernotat kündigte seinen Weggang bei E.on an und Silvana Koch Mehrin fiel unangenehm wegen Fehlens am Arbeitsplatz auf.

Foto: FDP Baden-Würtemberg

Am 1. Mai überfielen Nazis die Teilnehmer einer DGB-Demonstration in Dortmund – mit der weichen Linie der Stadt Dortmund gegenüber Nazis war es damit erst einmal vorbei. Im Mai merkte man dass die ersten Wahlen des Superwahljahres vor der Tür standen. Wir berichteten über die nicht ganz so eifrige EU-Abgeordnete wie Silvana Koch-Mehrin (FDP), die häufig  besseres zu tun hatte, als im Plenarsaal zu sitzen. Oskar Lafontaine schaute in Bochum vorbei, wusste alles und das sogar besser als alle und meckerte über die Medien. Ach, die Welt ist grausam. Natürlich nicht für Porschefahrer. Die Wattenscheider Schule besuchte ein Porschetreffen in Dinslaken, der Stadt der Reichen und Schönen, dem Monaco des Ruhrgebiets.
Nicht ganz so gut war die Stimmung im Mai bei den Hertie-Mitarbeitern und den vielen Städten, die schon bald ihr einziges Kaufhaus verlieren sollten – der Vorort-Charakter etlicher Revierstädte wurde immer deutlicher.
Das gilt natürlich nicht für Moers, wo wieder das Jazz-Festival stattfand – wir waren natürlich dabei. Wer Jazz nicht so mochte konnte sich ja in einer Höhle verstecken – zum Beispiel in der des Minotaurus auf Kreta, wir erklärten den Weg dahin. Die Höhle kann übrigens Wulf Bernotat mal besuchen – nach seiner Zeit an der Spitze von E.on hat er ja Zeit.
Und dann gab es noch ein Gutachten, das feststellte, dass es vollkommen in Ordnung war, im Januar eine Israelfahne aus einem Fenster zu reißen, damit der Mob auf der Straße sich beruhigt.

Jahresrückblick 2009:

Januar

Februar

März

April

 

Als wir sichtbar wurden…

Die Parteien konnten auch im Jahr 2009 mit dem Internet nicht viel anfangen. Aber die Online-Community begann Einfluss auf die Parteien auszuüben.

2008 schauten Wahlkampfmanager fasziniert in die USA. Obama, hatte die Präsidentenwahl auch im Internet gewonnen, dort die Spenden für seine Kampagne gesammelt und via Twitter engen Kontakt zu seinen Anhängern gehalten. Also rüsteten die Parteien digital auf: Die Internetseiten wurden erneuert, Facebook-Seiten eingerichtet und die SPD startete sogar ein iPhone-App um die weniger werdenden Anhänger in den Wahlkampf einzubinden. Zeitweise hatte man den Eindruck als ob alle Parteimitglieder den Tag nur noch twitternd verbringen würden. Vor allem vor der Europawahl war das digitale Engagement groß. Das Internet wurde von den Parteien vor allem als PR-Plattform wahrgenommen, über die man noch den größten Schwachsinn verbreiten konnte. Einer der absurdesten  Twitter-Feeds die ich in dieser Zeit gelesen haben war "Martin Schulz hat das Tempodrom zum Kochen gebracht!" Martin Schulz? Schon heute weiß kaum jemand mehr wer das ist und zum Kochen hat der in seinem Leben höchstens das Wasser in einem Nudeltopf gebracht.

Die Union war die ganze Zeit etwas zurückhaltender um fremdelte mit dem für sie neuen Medium – eher lieblos machte man was online weil man online was machen musste. Einen Blumentopf wollte man erst gar nicht gewinnen und bei der Digital-Politik der CDU war wohl auch den Wahlkamfmanagern klar, das die Investitin in Gratis-Streuselkuchen für Senioren rentierlicher sein würde.

Trotzdem wurden die Online-Schritte der Parteien von vielen Anfangs mit Wohlwollen betrachtet. Sie gaben sich teilweise  zumindest Mühe. Womit niemand, vor allem bei den Parteien, nicht gerechnet hatten war, dass die umworbene Online-Community selbst das Thema setzen würde, dass im Internet den Wahlkampf und das Ansehen der Parteien bestimmt hat.

Sicher hat Don Alphonso recht, wenn er schreibt, dass die Frage der Netzsperren ein randständiges Thema war und ist, das an großen Teilen der Bevölkerung vorbeigeht, – aber an der ging in diesem Jahr ohnehin alles vorbei. Dafür dass wir 2009 in der schwersten Wirtschaftskrise  seit dem zweiten Weltkrieg steckten – deren Folgen wir noch viele Jahre spüren werden – wurde im Wahlkampf kaum über Politik diskutiert. Der Kuschelwahlkampf 2009 mit einer in sich ruhenden Kanzlerin auf der einen und einem blassen SPD-Kandidaten auf der anderen Seite, war einer der verpassten Chancen: Wann, wenn nicht 2009 hätten die Parteien die Unterschiedlichkeit ihrer Programme im Wahlkampf besser herausarbeiten können? Stattdessen wurde getwittert und gefacebooked was das Zeug hielt.

In diesen inhaltsleeren Raum stieß die Debatte um die Netzsperren hinein – und die Online-Community berauschte sich an ihrer eigenen Stärke: Im Sekundentakt wurde via Twitter die Zahl der Unterschriften unter der E-Petition von Franziska Heine bekannt gegeben und sie stieg in bis dahin unbekannte Höhen: 134.015 Menschen hatten bis zum 16. Juni gegen den Netzsperren unterschrieben.

Erst erwischte der Protest die Union. Aus Ursula von der Leyen wurde Zensursula und auch viele Sozialdemokraten schlossen sich dem Protest gegen die Netzsperren und dem Bashing von der Leyens an – bis sie erstaunt feststellten, dass die eigene Partei ja mit am Kabinettstisch saß und die SPD-Minister die Netzsperren-Beschlüsse mit trugen. Auf dem SPD-Parteitag im Juni wurde ein Antrag von Björn Böhning das Netzsperren-Gesetz nicht zu unterstützen noch nicht einmal diskutiert.

Nun traf der Zorn der Netzes mit voller Wucht die SPD. Wer hat uns Verraten? Sozialdemokraten! Nunja, es scheint so zu sein dass diese Erfahrung jede Generation immer wieder neu machen muss. Dass die SPD dann in der Opposition ihre Positionen revidiert ist auch nicht neu und lässt nicht die geringsten Rückschlüsse auf künftiges sozialdemokratischen Regierungshandel zu.

Aber zu diesem Zeitpunkt war es gelungen, dass ein eher randständiges Thema auf einmal breit diskutiert wurde. Die Piratenpartei geriert nach ihrem Überraschungserfolg bei der Europawahl in den Blickpunkt der Medien. Sicher, viele, die heute bei den Piraten rumlaufen, sind mit dem Begriff Irre noch freundlich beschrieben – Kinderschänder, nur halbwegs verkappte Rechtsextreme und viel andere Spinner sammeln sich bei den Piraten – aber das gab es dass auch alles in den Anfangstagen bei den Grünen und selbst die SPD hat als Chaostruppe angefangen und ihren ersten Vorsitzenden bei einem Duell um das Herz einer attraktiven Dame verloren. Wohin sich die Piraten entwickeln wird sich zeigen: Gelingt es ihnen sich schnelle von den Irren und Trittbrettfahrern zu trennen und den langen Atem aufzubringen, den der Aufbau einer Partei mit allen Diskussionen und Rückschlägen erfordert könnten sie die Partei sein, die das Thema Digitalisierung so in die Politik einführt wie es den Grünen mit der Ökologie gelungen ist.

Ein Hauptproblem, und auch da muss man Don Alphonso schon wieder recht geben, ist, dass im Internet nicht intensiv genug über andere politische Themen diskutiert wird und das ist auch selbstkritisch gemeint: Wir haben viele Themen in der Vergangenheit einfach nicht beachtet. Das wird sich ändern. Blogs sind bis heute was ihre Themen betrifft in hohem Maße selbstreferentiell: Irgendein neues Feature auf Twitter oder lustiges Muppetvideo rocken die deutschsprachige Blogszene. Afghanistan? Erhöhung der Sozialbeiträge? Alles irgendwie nicht ganz so spannend und irgendwie vielleicht auch viel zu kompliziert.

In diesem Jahr ist es gelungen Themen wie die Netzsperren auf die Agenda zu setzen und das nicht ohne Erfolg: Die Netzsperren sind ausgesetzt, FDP und Grüne haben das Thema Freiheit im Internet für sich erkannt. Prima. Aber das kann alles nur der Anfang gewesen sein. Die Bedeutung der Zeitungen nimmt ab – ich kann nicht sagen dass mir das gefällt und ich das ohne Sorgen sehe, aber es ist nun einmal so. Blogs könnten einen Beitrag leisten  sie zu ersetzen – als Medium dass Diskurse anstößt und ihnen den nötigen Raum gibt. Ob das klappt? Wir werden es sehen, aber wir haben es selbst in der Hand.

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Jahresrückblick 2009: April

Im April ging der PFT-Skandal weiter, aber am Horizont erschien eine neue Bedrohung: Die Schweinegrippe. Wir zeigten wie man sich schützen kann.

Eigentlich sollte die Kulturhauptstadt mit einem großen Fest in der Schalke-Arena eröffnet werden – im April wurde bekannt dass die ausfallen wird. Bekannt wurden auch vier Memos von George Bush die genau erklärten, wie gefoltert werden darf. Da konnte einem schon schlecht werden. Übrigens: Für Übelkeit  sorgte auch wieder PFT in der Ruhr. Minister Uhlenberg bekam das Problem nicht in den Griff. Warum ist der eigentlich noch Minister? Naja, was soll er auch sonst machen? Auf der Straße rumhängen und selbstgebastelte Schweinegrippe-Schutzmasken verkaufen? Wir hatten dazu die richtige Anleitung.

Der April war aber auch ein Monat der Erinnerung – an einen Besuch bei dem verstorbenen Schriftsteller Walter Kempowski und an eine Kindheit im Schatten des havarierten Reaktors in Tschernobyl. Für mich war die Tschernobyl-Geschicht eine der beeindruckensten Texte des ganzen Jahres.

Im Ruhrgebiet ist ja immer Strukturwandel und der kostet Geld. Besonders sinnlos ist bei dem Wunderauto Loremo ausgegeben. Ob man den Namen noch im kommenden Jahr hören wird? Abwarten.

Und dann berichteten wir noch vom Sauerland-Prozess und einigen Ungereimtheiten um die Terrorgruppe IJU, die anstehende Wahl des ziemlich machtlosen Europaparlamentes und hatten auch noch eine Premiere: Die Wattenscheider Schule veröffentlichte ihren ersten Text: Die Zeugen Jehovas sind die besten Menschen der Welt.

Jahresrückblick 2009:

Januar

Februar

März

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: Eröffnungsfeier 2010…Hometown Glory

Ruhr2010 II: Komm zur Ruhr…Hamburger Abendblatt

Ruhr2010 III: Start mit Fest auf Zollverein…Ruhr Nachrichten

Debatte: Schirrmacher-Leser wissen mehr…Weissgarnix

Navigation: Was macht eigentlich der Ruhrpilot?…Der Westen

Krise: 2010 steigt die Arbeitslosigkeit deutlich…RP Online

Krise II: Mises vs. Zentralbanker…Verlorene Generation

Haushalt: Verdi will Rettungsplan für Essen…Der Westen

Sport: Sperre für verdächtigen Schiri…Ruhr Nachrichten

Schnaps: Pantförder will Recklinghausen trocken legen…Recklinghäuser Zeitung

Oberhausen: 2010 weniger verkaufsoffene Sonntage…Der Westen

Dortmund: Strafe für Nazi-Schläger…Ruhr Nachrichten

WestLB: EU prüft Bad Bank…Stern

Wohnen: Zurück aufs Land…Welt

Studi-Protest: Protest gegen Räumung…Bo Alternativ

Ethiksteuer? Reicht nicht!

Laut WAZ fordert Uwe Blum, der Präsident des  In­sti­tuts für Wirt­schafts­for­schung Halle (IWH), eine Ethiksteuer für alle, die nicht mehr in der Kirche sind und sich so um die Kirchensteuer drücken.

Mit der Ethiksteuer sollen, so Blum, soziale Projekte finanziert werden. Machen wir uns nichts vor: Die Ethiksteuer reicht nicht aus. Hier noch ein paar Ideen um an das Geld vonb Steuerverweigerern zu kommen:

Der Leberzehnte – Abstinenzler sind Geizhälse und haben keinen Humor – sorgen wir doch dafür, dass sie künftig auch weniger Geld haben.

Wenigerwertsteuer – Konsumzurückhaltung zerstört nicht nur den Aufschwung – auch die Mehrwertsteuereinnahmen sind gefährdet. Da hilft nur schnelles handeln gegen die Konsumverweigerer.

Die Nichtraucherabgabe – Nichtraucher sorgen für Steuerausfälle in Millionenhöhe – Da muss was geschehen.

Der Radlerpfennig –  Tja, dass haben sich die Hippies so gedacht: Mit dem Hollandrad zur Arbeit in den Bioladen fahren und keine Mineralölsteuer zahlen. So geht es nicht, ihr Haschbrüder!

Die Vereinsmeiermark – Immer weniger Menschen sind Mitglieder in Vereinen. Das gefährdet viele Traditionen. Auch wer nicht in der Gruppe turnen und trinken will sollte künftig nicht mehr ungeschoren davon kommen.

 

Jahresrückblick 2009: März

Im März erhielt das Ruhrgebiet einen Masterplan, die WAZ veröffentlichte ihre Umstrukturierungspläne und Bild-online startete eine Regionalausgabe für das Revier.

Wow – zehn Städte veröffentlichten im März einen Masterplan für das Revier – und haben die 43 Städte in den Kreisen einfach mal ignoriert.  Nicht ignorieren kann man Sarah Wagenknecht. Die Ersatz-Rosa erklärte im März, dass sie in Düsseldorf  für die Linkspartei bei der Bundestagswahl antreten wolle. Da hat das alte Pockengesicht in seinem Grab an der Kremelmauer aber vor Freude laut gelacht. Gefreut haben wir uns auch: Über die Ruhr-Atolle – heute sind es jedoch weniger als im Frühjahr.
Und dann natürlich die Krise – manch einer beschwor schon die Selbstversorgung als einzigen Weg sie ohne Hunger zu durchstehen. In Russland hingegen sahen manche eine Chance in ihr. Eine Chance wünscht man auch den Menschen im Iran. Die iranische Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi (Foto) sprach im März in Wattenscheid und gab uns ein Interview.
Auch im Medienbereich tat sich im beginnenden Frühjahr einiges: Die WAZ stellte ihre Restrukturierungspläne ins Internet und Bild.de startete mit der Regionalberichterstattung.

Jahresrückblick 2009:

Januar

Februar

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Steinmeier muss gehen

  Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier wird es eng. Von unserem Gastautor Werner Jurga

 Eine Überraschung ist es nicht. Leicht hätte man sich denken können, und der renommierte Journalist Robert Leicht hatte es sich gedacht.

Der damalige Außenminister Steinmeier könnte heute nicht so tun, als sei ihm erst nach dem Regierungswechsel ein Licht aufgegangen.

Es geht um die sog. „Kundus-Affäre“. Sich Etwas denken ist das Eine, finden sich Belege für das Gedachte ist es etwas Anderes. Der Tagesspiegel zitiert einen ARD-Bericht, in dem es heißt:

Bereits am 4. September, also unmittelbar nach dem nächtlichen Luftangriff bei Kundus, hatte das Auswärtige Amt konkrete Hinweise auf sieben verwundete und 14 getötete Zivilisten. Das gehe aus einem vertraulichen Gesprächsprotokoll des Wiederaufbauteams Kundus hervor.

Und auch der „Stern“ belastet Frank Walter Steinmeier:

Obwohl der Vertreter seines Ministeriums informiert war, sprach Steinmeier in den ersten Tagen nach dem verheerenden Luftangriff der Bundeswehr lediglich von "möglicherweise unschuldigen Opfern". Ende November forderte der SPD-Politiker, inzwischen Oppositionsführer im Bundestag, als einer der ersten einen Untersuchungsausschuss, um "unverzügliche Klarheit über die Hintergründe" der Informationspannen beim Luftangriff zu erhalten. Eine Anfrage des stern zu den Vorgängen ließ Steinmeier unbeantwortet.

Gewiss, in einem Rechtsstaat gilt für jeden die Unschuldsvermutung – vor Gericht. Auch für einen Politiker. Jedoch: für einen Politiker gilt sie – in der Politik – nicht. Deshalb kann es nach den genannten Enthüllungen nur eine Konsequenz für den SPD-Fraktionschef geben: Steinmeier muss gehen!

Kai Beller fordert in der Financial Times Deutschland (FTD) einen „Freispruch für Steinmeier“.

Er findet, die Frage „Was wusste der frühere Außenminister über den Luftschlag in Afghanistan?“ lenkt von den Hauptverantwortlichen des Einsatzes ab: Verteidigungsministerium und Kanzleramt sind für die katastrophale Informationspolitik verantwortlich.

Wer wollte das bestreiten?! Der damalige Verteidigungsminister ist bereits zurückgetreten, der jetzige steht immens unter Druck, und die Kanzlerin ist kurioserweise – jedenfalls bislang – außen vor. Immerhin hat sie strikt darauf geachtet, in der Öffentlichkeit diesbezüglich nicht die Unwahrheit zu sagen. Das ändert nichts daran, dass die Regierungschefin in jedem Fall – was immer sie gewusst oder schlimmer noch: nicht gewusst hat – politisch verantwortlich ist.

Daraus einen „Freispruch für Steinmeier“ abzuleiten, wäre verwegen; FTD-Beller begründet seine Forderung auch anders, nämlich so:

Zum Kartell der Vertuscher gehört der SPD-Mann sicherlich nicht.

Verwegen! Auffällig: das unauffällige Adverb „sicherlich“, das so viel heißen soll wie sein Gegenteil, nämlich: ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber irgendwie daran. Wer sich daran erinnern kann, wie gereizt Steinmeier beim (Wieder-) Aufflackern der „Affäre“ – angesprochen auf seine Verantwortung – in die Fernsehkameras sprach, er werde im Untersuchungsausschuss (!) „Alles“ auf den Tisch legen, und darunter sei „nichts Belastendes“, wird sich leicht denken können, dass der Oppositionsführer – belastet oder nicht – „zum Kartell der Vertuscher“ gehörte. Sicherlich.

Das Massaker von Kunduz markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der “Berliner Republik”.

 

Dass sich die politische Diskussion auf die Frage konzentriert, wer wann was gewusst hat, wird weder der Dimension dieses Kriegsverbrechens noch dem historischen Stellenwert gerecht. Ich beabsichtige daher auch keineswegs, mich daran zu beteiligen. Mir geht es um die in Aussicht gestellte grundlegende Erneuerung der SPD.

Steinmeier ist wie kaum ein Anderer der Repräsentant jener elf Jahre, die den besagten Erneuerungsbedarf in der Partei haben entstehen lassen. Allenfalls Franz Müntefering ließe sich noch in einem Atemzug nennen. Der jedoch hat seine Konsequenz gezogen und nicht mehr als Parteivorsitzender kandidiert. Davor jedoch, nämlich noch am Abend nach der Bekanntgabe des katastrophalen Wahlergebnisses, hatten sich Steinmeier und Müntefering im Willy-Brandt-Haus bejubeln lassen. Eine absurde, absolut skurille Situation, die die beiden nutzten, alle wissen zu lassen, dass es unter Steinmeiers Führung weitergehen werde. „Abgesprochen“.

Hätten die Anderen aus der SPD-Führung nicht in kürzester Zeit, also in einem demokratisch etwas zweifelhaften Verfahren, Sigmar Gabriel auf den Schild gehoben, hätte sich Steinmeier nach dem Fraktions- auch noch den Parteivorsitz gesichert.

Ja, auch Gabriel war Minister in der Großen Koalition. Umweltminister. Er wird genauso wenig in die Details des Bombenangriffs eingeweiht gewesen sein wie der damalige Wirtschaftsminister. Der damalige Außenminister, dafür spricht nach den aktuellen Enthüllungen Alles, war informiert.

Mit ihm wird es keinen Neuanfang geben können. Auch nicht in der Fraktion. Steinmeier muss gehen!

via xtranes