Klimaschutz muss zuhause anfangen??

Einen Tag vor dem offiziellen Ende der Klimakonferenz in Kopenhagen ist der Ausgang noch ungewiss. Die Gefahr ist groß, dass die Verhandlungen an nationalen Egoismen, politischer Mutlosigkeit und taktischen Machtspielchen …Unsere Gastautorin Bärbel Höhn (B90/Grüne) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und war Umweltministerin in NRW.

  Doch auch wenn in Kopenhagen neue Klimaschutzziele herauskommen, wird man sie nicht zum Nennwert nehmen dürfen. Denn die Klimaschutzversprechen der Industriestaaten lassen viele Schlupflöcher und Hintertüren offen. 
Nehmen wir zum Beispiel das in Kopenhagen unterbreitete Angebot der EU, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 30% gegenüber 1990 zu reduzieren, wenn andere mitziehen.  

Was auf den ersten Blick wie ein ehrgeiziges Ziel im Einklang mit den Vorgaben des Weltklimarates IPCC erscheinen mag, erweist sich bei näherem Hinsehen als Etikettenschwindel. Denn rund ein Drittel der versprochenen Emissionsminderungen soll nicht durch Klimaschutzmaßnahmen zwischen Lissabon und Tallin, Oslo und Athen erfolgen, sondern durch Auslandprojekte in Ländern wie China, Indien und Brasilien. Betrachtet man allein die innereuropäischen Emissionsminderungen bleibt das Angebot der EU mit ca. 19% deutlich unter den 25-40% CO2-Reduktion, die der IPCC den Industrieländern bis 2020 abverlangt. 
Möglich wird der Bilanzierungstrick durch den so genannten Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung, englisch abgekürzt CDM.  Dieses im Kyoto-Protokoll geschaffene Instrument verfolgt eigentlich ein richtiges Ziel: Klimaschutzgelder und Knowhow in die Länder des Südens zu leiten und Investitionen dorthin zu lenken, wo mit wenig Aufwand am meisten fürs Klima erreicht werden kann. In der Praxis ist CDM aber zu einem Einfallstor für klimapolitische Luftbuchungen geworden und zum Fluchttor für Industriestaaten, um eigene Bemühungen für den Klimaschutz zu umgehen. 
 Nach einer WWF-Studie hatten zwei von zehn untersuchten CDM-Projekte keinen zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz, nach Schätzungen anderer Umweltgruppen sogar mehr. China musste sich jüngst Tricksereien bei der Anmeldung von CDM-Windparkprojekten vorwerfen lassen. Und nach Angaben der Nichtregierungsorganisation CDM-Watch warten derzeit 15 geplante Kohlekraftwerke in China und Indien auf eine Anerkennung als CDM-Projekt. Werden sie genehmigt, könnte sich zum Beispiel RWE für den Bau seiner klimaschädlichen Kohlekraftwerke an Rhein und Ruhr durch Investitionen in ebenso klimaschädliche Kohlekraftwerke am Yangtse oder Ganges "freikaufen" – ein abartiger und für den Klimaschutz katastrophaler Ablasshandel. 

Doch auch wo die geplanten CDM-Projekte ökologisch in Ordnung sind, bleibt die Tendenz zum Outsourcing des Klimaschutzes problematisch. Wie soll Deutschland andere Staaten in Kopenhagen von der Notwendigkeit eigener Klimaschutzanstrengungen überzeugen, wenn es selbst seine Klimabemühungen ins Ausland verlagert? Und welche Glaubwürdigkeit hat die EU noch, wenn sie 30% CO2-Einsparung verspricht, aber nur einen Bruchteil davon zuhause zu erbringen bereit ist? 

Trotzdem setzt die Bundesregierung voll auf CDM.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wo immer möglich, wollen wir marktbasierte Instrumente wie den Clean Development Mechanism (CDM) nutzen." Auf diese Weise glaubt Schwarz-Gelb offenbar, die eigenen Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz mit einer Politik versöhnen zu können, die für Deutschland vor allem neue Kohlekraftwerke, größere Flughäfen und noch mehr Autobahnen will. Das ist der falsche Weg. Wir brauchen für CDM strengere Öko-Standards und schärfere Kontrollen. Vor allem aber dürfen CDM-Projekte nur zusätzlich sein zu der notwendigen Dekarbonisierung unserer eigenen Wirtschaft und Lebensweise. Glaubwürdiger Klimaschutz fängt zuhause an.

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Rot-Grün im RVR will Impulse setzen

Nach dem Willen der heute besiegelten rot-grünen Koalition im Regionalverband Ruhr (RVR) soll der  RVR künftig wieder Motor und Ideengeber für das Ruhrgebiet sein. In den vergangenen fünf Jahren war davon nicht viel zu merken.

Konfliktfrei und konstruktiv seien sie gewesen, die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen, sagte der Chef der Ruhrgebiets SPD, Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski und heute wurde in Essen das Ergebnis vorgestellt: Der Koalitionsvertrag ist ein schmales Broschürchen von gerade einmal zehn Seiten. Die beiden Partner, die schon in den vergangenen fünf Jahren die Politik des RVR bestimmten und deren Zusammenarbeit fast an der Frage der Besetzung der Spitze der verbandseigenen Wirtschaftsförderung zerbrochen wäre, haben sich viel vorgenommen. Das ist erst einmal gut, denn in denn in der Vergangenheit haben sie zu wenig auf den Weg gebracht: Mit Heinz-Dieter Klink wurde an die Spitze des RVR ein Mann gewählt, der das Ruhrgebiet nicht repräsentiert sondern lächerlich macht und sich durch Ideen- und Initiativlosigkeit auszeichnet. Zwar wurden die Revierparks gesichert und – gegen den zähen Widerstand der SPD – eine Planungsabteilung aufgebaut, aber wer erwartete im Haus der Ruhrgebiets würde über die Zukunft des Reviers nachgedacht wurde enttäuscht: Der RVR dümpelte vor sich hin.

Das soll nun anders werden: Der RVR soll wieder Impuls- und Ideengeber für das Ruhrgebiet werden. Schon im kommenden Jahr soll ein Wettbewerb nach Pariser Vorbild starten und Pläne über die Zukunft des Ruhrgebiets breit diskutiert werden: Planungsbüros, die Städte und Hochschulen – alle können mitmachen.

Diese Offenheit zieht sich durch das Programm: Man will Grundlagen für ein neues RVR-Gesetz erarbeiten und sich dabei andere Verbände wie die in Aachen, Hannover oder Stuttgart anschauen. Künftig sollen die Ideen für das Ruhrgebiet aus dem Ruhrgebiet kommen, sagten Böjrne Wichert, Chef der Reviergrünen. Hätte man schon längst machen können aber OK: Besser jetzt als nie.

Auch an Geld will man: Der RVR soll wie andere Verbände  auch an der Gemeindefinanzierung des Landes beteiligt werden und so finanziell unabhängiger von seinen notorisch klammen Mitgliedsstädten werden. Schnell will man das Land dazu bringen, dass auch über die Strukturmittel allein im Ruhrparlament entschieden werden kann und nicht mehr in Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidien in Düsseldorf, Arnsberg und Münster.

An einen eigenen Regierungsbezirk glaubte niemand der Anwesenden. Baranowski hält von so etwas ohnehin prinzipiell nicht viel und will keine Zusammenlegung von staatlichen und kommunalen Aufgaben. SPD-Fraktionsvorsitzende Martina Schmück-Glock und Wichert indes finden die Idee eines eigenen Bezirks charmant, glauben aber nicht dass die Umsetzung solcher Pläne auf absehbare Zeit möglich ist – zu stark sei in allen Parteien der Widerstand aus der Provinz. Schmück-Glock: „Auch die jetzige Landesregierung ist in dieser Frage ja als Tiger losgesprungen um als Bettvorleger zu landen.“

Es gelte durch gute Zusammenarbeit langfristig mehr Unabhängigkeit zu erarbeiten.

Ein Beispiel dafür könnte die Übertragung der Arbeit der jetzigen Katasterämter an den RVR sein. „Die Städte“, sagte Baranowski, „können so Geld einsparen.“ Nur ein Beispiel – andere sollen erarbeitet werden. Das Land soll, wenn nötig, Gesetze ändern um neue Kooperationsmöglichkeiten zu ermöglichen.

Auch die Möglichkeiten das Ruhrparlament und den RVR-Chef künftig direkt wählen zu lassen soll diskutiert werden. Baranowski will längst einen Revier OB.

Weitere Ziele: Ein gemeinsamer Gewerbesteuersatz aller Städte, einen Masterplan Bildung, ein Einzelhandelskonzept für das Ruhrgebiet, der Ausbau des Radwegenetzes. Mehr Zusammenarbeit im Bereich Verkehr und ÖPNV.

Bei vielen dieser Fragen soll der RVR künftig zwischen den Städten moderieren. Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig – die Macht solche Ideen umzusetzen hat er ohnehin nicht.  Und bald wird man auch über einen Klink-Nachfolger reden. Seine Amtszeit ist zum Glück im kommenden Jahr beendet – jede Leidensphase geht irgendwann einmal zu Ende.

Geht es nach Baranowski und Wichert wird er sich deutlich vom jetzigen Amtszimmmerbeleger unterscheiden: Er soll den Druck der Oberbürgermeister und Landräte standhalten können, offensiv für mehr Zusammenarbeit eintreten und das Ruhrgebiet repräsentieren können.

Sollte es für Sierau in Dortmund nicht reichen könnte da ein Job für ihn sein.

Der Koalitionsvertrag als PDF zum Download…Klack

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Nationale Autonome dominieren in Dortmund die Rechte Szene

In Dortmund haben NPD und DVU nicht viel zu melden – so das Ergebnis einer von der Stadt in Auftrag gegebenen Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Die Rechte Szene wird von den Nationalen Autonomen dominiert.

In Dortmund gibt traditionell eine starke Nazi-Szene. Lange wollte man weder bei der Stadt noch bei der Polizei davon etwas wissen. Herunterspielen und totschweigen war die Strategie der Stadt und sie scheiterte für alle offensichtlich spätestens am 1. Mai dieses Jahres: An diesem Tag überfielen Nazis die 1 Mai Kundgebung der DGB in der Dortmunder Innnenstadt und verletzten mehrere Teilnehmer zum Teil schwer. Der anhaltende Druck der Rechten auf eine Familie im Stadtteil Dorstfeld tat ein übriges dazu, das Thema Nazis in Dortmund ernst zu nehmen.Um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, gab die Stadt beim von Wilhelm Heitmeyer geleiteten Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld die Studien mit dem Titel "Analysen und Handlungsvorschläge zum Rechtsextremismus in Dortmund" in Auftrag, deren erster Teil heute vorgelegt wurde. Teil zwei, "Vorschläge für den lokalen Aktionsplan" wird von den lokalen Akteuren im Januar zunächst in einem Workshop bearbeitet und soll dann Öffentlichkeit am 2. Februar vorgestellt werden.

Die Heitmeyer-Studie macht klar, dass in Dortmund vor allem die Autonomen Nationalisten das Hauptproblem sind, die sich in ihrem Äusseren an den klassischen Linken Autonomen orientieren, allerdings glasklare Rechtsextremisten sind. Heitmeyer stellt fest, das die Nationalen Autonomen kein festes Programm haben: "Es ist vielmehr ein Sammelsurium aus Ideologien des völkischen bzw. nationalen Sozialismus, kulturalistischen und biologistischen Rassismus sowie sekundärem Antisemitismus. Der Bezug zum historischen NS ist oft eher schwach. Es dominieren Gerechtigkeitsfragen und Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen."

In Dortmund, so die Heitmeyer-Studie, domieren sie zwar die Szene, haben aber trotzdem Kontakte zu den beiden Rechtsextremen Parteien: "In Dortmund sind die Autonomen Nationalisten mit der Kameradschaft Dortmund, aber auch dem subkulturellen Musikmilieu vernetzt. Die Zusammenarbeit mit der DVU als Ratspartei
gestaltet sich bezüglich Anfragen an den Rat oder Informationen über Aktivitäten der Stadt gegen Rechtsextremismus. Zur NPD in Dortmund haben die Autonomen Nationalisten ebenfalls Kontakt und pflegen einen regelmäßigen Austausch sowie eine Kooperation bei Demonstrationen, aber auch der Nutzung von Infrastruktur."

Ihr Hauptaktionsfeld sei aber "…der „Kampf um die Straße“, den sie als „politische Soldaten“ führen, welcher durch geplante Angriffe auf politische Gegner oder aber auch als unorganisierte Alltagspraxis in Form von Übergriffe auf alternative Jugendliche geschieht. Der Begriff des „politischen Soldaten“ verweist auf das Selbstbild als Revolutionäre, die sich im täglichen Kampf gegen das bestehende gesellschaftliche und politische System befänden."

Heitmeyer zitiert in der Studie auch seine eigene These, nachdem die Wurzel des Rechtsextremismus in der Erfahrung der eigenen Ungleichheit, also der Unterlegenheit liegt: „Die Transformation der eigenen Ungleichheit in die Abwertung anderer mithilfe spezifischer Kriterien der Ungleichwertigkeit ist ein Instrument der Ohnmächtigen. Es gilt, die eigene Unterlegenheit in Überlegenheit zu verwandeln, also Surrogate der Macht und Abstand zu gewinnen. Die Transformation von Ungleichwertigkeit in extreme Formen >unwerten< Lebens, und damit der Schritt zur Gewalt, ist dann nicht mehr groß.“

Die ganze Studie als PDF: Klack

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Pro NRW: Kevin braucht Kohle

Pro NRW will im kommenden Jahr eine Großdemonstration gegen Minarette organisieren. Der stellvertretende Landesvorsitzende Kevin Gareth Hauer hat allerdings andere Probleme: Er braucht Geld.

Anfang des Jahres sah sich Kevin Gareth Hauer, Berufsstudent und  Pro NRW Vertreter im Gelsenkirchener Rat, wieder einmal als Opfer: Das Wahlamt der Stadt Gelsenkirchen, so sein Vorwurf, hätte dem Gelsenkirchener Ableger der rechtspopultistischen Partei Pro NRW, Formulare für die Reserveliste mit falschem Datum gegeben, um so die Kandidatur von Hauers Partei bei der Kommunalwahl zu sabotieren. Hauer warf der Stadt SED-Methode vor, fabulierte etwas von Sabotageangriffen und sah in die düstern Vorgänge auch Gelsenkirchens Oberbürgemeister Frank Baranowski verwickelt.

Baranowski und die Stadt Gelsenkirchen wehrten sich gegen die Vorwürfe und gewannen nun vor dem Hamburger Langericht. Wiederholt Hauer seine Vorwürfe, drohen ihm Haft oder eine Geldstrafe von bis zu 250.000 Euro. Schon die Kosten der Verfahren dürften Hauers finanzielle Möglichkeiten übersteigen: Gut 9200 Euro muss Hauer berappen – bezahlt hat er davon bislang gerade einmal knapp 2.000 Euro. Viel Geld für jemanden, der vor Gericht angegeben hat, im Hauptberuf Student zu sein und über ein Einkommen von gerade einmal 800-900 Euro im Monat zu  verfügen.

Im kommenden Jahr dürfte der Berufsstudent, eingeschrieben seit 2001, allrdings gut 18.000 Euro für seine ehrenamtliche Tätigkeit im Rat und der  Bezirksvertretung erhalten. Traditionellerweise wird davon allerdings ein Teil an die Partei abgeführt. Und nun kommen noch die Kosten für seine juristischen Abenteuer dazu. Kann gut sein dass Hauer künftig, wie viele andere Studenten, eine Job braucht.