Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Foto: Opel

Opel: GM und Politik im Streit…Handelsblatt

Gamer: Demo am Samstag…Netzpolitik

Bochum: 5 – 6 Millionen Rückzahlung…Ruhr Nachchrichten

2010: 400 Ballone fürs Revier…Der Westen

Dortmund: Ausverkauf im Brückstraßen-Viertel…Ruhr Nachrichten

Journalismus: Der Notkurier…FAZ

Qual: Foltern mit Musik…Kontextschmiede

HSH: Die neue Sachlichkeit…Weissgarnix

Abhängig: An der Leine von Providern, Herstellern und Händlern…Spiegel

Apple: Rekordgewinn dank iPhone…Macnotes

Essen: Rehagel für RWE-Stadion…Der Westen

GEMA: Bedrohung der Live-Kultur…Der Westen

 

Finanzskandal und Heusnerviertel-Abriss

Der Bochumer Finanzskandal hat eine Vorgeschichte, die weit in die 80er Jahre und ihre Konflikte hineinreicht. Von unserem Gastautor Martin Budich.

Thealozzi Foto: Wikipedia Lizenz: PD

Jüngere LeserInnen werden wahrscheinlich etwas verwundert sein, mit wieviel Spott und Schadenfreude einige Altlinke z.Z. auf den jüngsten Finanzskandal in Bochum reagieren. Der Landesrechnungshof fordert schließlich von der Stadt, dass sie Bundes- und Landeszuschüsse in Höhe von ca. 30 Mio Euro für den Bau der Westtangente zurückzahlt. Dem Ausbau der Westtangente war vor 25 Jahren eine der heftigsten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen im Nachkriegs-Bochum vorausgegangen. Für den Bau der Stadtautobahn waren Häuser auf der geplanten Trasse "leergezogen" worden. Als der Bau der Straße sich verzögerte und die Wohnungsnot der Studierenden dramatische Züge annahm, wurden die Häuser befristet an Studierende vermietet.

Als der Bau der Stadtautobahn beginnen und die Häuser abgerissen werden sollten, kam es in Bochum zu einer der größten Häuserbesetzungen in der BRD: 150 Wohnungen in 40 Häusern wurden besetzt. Mit übelsten Kriminalisierungen, Schikanen und schließlich mit brutaler Polizei-Gewalt wurden die Häuser geräumt und abgerissen. Nur das Thealozzi blieb stehen.
Die SPD glaubte, dass sie sich einen solchen Kurs leisten kann. Sie regierte seit Jahrzehnten mit absoluter Mehrheit in Bochum. Einen ersten Dämpfer gab es, als  WAZ Redakteur Rolf Hartmann in mehreren Artikeln aufdecke, wie SPD-Ratsmitgliedern Aufträge zugeschanzt wurden. Ein Bauunternehmer musste sein Ratsmandat niederlegen. Hartmann erhielt 1991 den angesehensten deutschen Journalistenpreis: den Wächterpreis. Wenn Belege jetzt genau aus dieser Zeit vom Landesrechnungshof als verschwunden moniert werden, dann werden viele Erinnerungen wach. Die SPD ging mit ihrer absoluten Mehrheit auch deshalb so selbstherrlich um und meinte, dass sie Aufträge und Abrechnungen nach Gutdünken gestalten konnte, weil sie die CDU mit kleinen Zugeständnissen korrumpiert hatte.

Die CDU stellte damals den Kämmerer: Joachim Barbonus. Er wusste  als Finanzchef der Stadt über alle Auftragsvergaben  und Abrechnungen bescheid. Er selber endete schließlich in der Untersuchungshaft, weil er ein städtisches Grundstück an sich selbst als Vorsitzender des DRK verkauft hatte und dann der DRK-Geschäftsführerin für den Bau eines Hauses zur Verfügung stellte. Er wurde dafür zwar nicht verurteilt, musste als Kämmerer aber seinen Hut nehmen. Die CDU muss also vorsichtig sein, wenn sie heute die Vorgänge in der damaligen Zeit kritisiert. Auch heute ist sie mit der Stelle der Rechts- und Ordnungsdezernentin in die rot-grüne Rathauspolitik eingebunden. Sie weiß damit, was an der Spitze der Verwaltung diskutiert wird und kann nicht lammentieren, dass sie nichts vom dem neuen Skandal gewusst habe. Seit Januar ist die Geschichte bekannt und wurde nun geschickt von der CDU als Auftakt für die Kommunalwahl am 30. August inszeniert. Zurück zum Ausgangspunkt Ende der achtziger Jahre: Die SPD verfügte nicht nur in Bochum über eine absolute Mehrheit. Auch das Land NRW wurde seit zwei Legislaturperioden von Johannes Rau mit absoluter SPD-Mehrheit regiert.

Auch die Bezirksregierung Arnsberg war fest in sozialdemokratischer Hand. Finanztransaktionen zwischen Land und Stadt wurden damals selbstverständlich auf dem kleinen partei-internen Dienstweg besprochen. Fragwürdigkeiten bei der Abrechnung von Geldern wurden solidarisch unter GenossInnen geklärt. Letzteres muss bei der Abrechnung der Kosten für den Bau der Westtangente nicht ganz so leicht gewesen sein. Weit mehr als zehn Jahre dauerte es, bis am 8.12. 2005 der  Abrechnungsbescheid erstellt wurde.Dass jetzt die Unregelmäßigkeiten in Bochum ans Licht kamen, liegt übrigens nicht daran, dass der Landesrechnungshof die Auftragsvergabe und die Abrechnungen der Stadt Bochum gegenüber dem Land NRW untersucht
hat. Gegenstand der Überprüfung ist eigentlich die Bezirksregierung unter der Fragestellung, ob sie ordentlich ihre Kommunalaufsicht bei Abrechnungen durchführt.  Dies wurde  u. a. am Projekt Westtangente untersucht. Spannend wäre, was alles ans Licht käme, wenn z. B. auch andere Großprojekte wie der U-Bahn-Bau durchleuchtet würden.

Die Arroganz der SPD – nicht nur in Bochum – gegenüber Projekten wie dem Heusner-Viertel, der Friedens- und der Anti-AKW-Bewegung hat schließlich in den achtziger Jahren zur Gründung der Grünen geführt und den Niedergang der SPD eingeleitet, der schließlich von Leuten wie Schröder, Müntefehring und Clement zu Ende gebracht wurde, bzw wird. In der Gründungsphase der Grünen in Bochum mischten viele Aktive aus dem Heusner-Viertel mit. Jetzt bilden die Grünen seit zwei Legislaturperioden mit der SPD in Bochum die Ratsmehrheit. Seit 2005 stellen sie mit Manfred Busch den Kämmerer. Er ist seit den ersten Jahren bei den Bochumer Grünen dabei. Er muss nun nach den Belegen suchen, mit denen der Abriss des Heusner-Viertels und der Bau der
Westtangente finanziert wurde.

Der Artikel wurde  auf Bo Alternativ und der BSZ veröffentlicht

Werbung

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

 

Karstadt: Die arglose Frau Schickedanz…FTD

Bochumer-Finanzskandal: Die Sache mit dem Heusnerviertel…BSZ

Vodafone: Bloggender Abfuck…Gelsenkirchen Blog

Piraten: Anklage gegen Tauss…Bild

Opel: Drei Kaufangebote…FAZ

Schweinegrippe: Immer mehr Infizierte…Ruhr Nachrichten

Flughäfen: Dortmund in NRW nur noch Nummer 4…Ruhr Nachrichten

Duisburg: Viele Fehler bei der Arge..Der Westen

Verkehr: Klagen blockieren Autobahnen…Der Westen

 

Erst mal prüfen…

Schnell aber sorgfältig will Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz der Frage der verschwundenen Kassenbelege und der nicht korrekten Ausschreibungen nachgehen.  

Ottilie Scholz Foto: Stadt Bochum

Irgendwo ist da diese Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum ist, der sich in Nichts auflöst: "Es kann sein, dass auf die Stadt keinerlei Kosten zukommen. Wir werden alle Unterlagen prüfen und dann mit dem Regierungspräsidenten verhandeln, und ich strebe an, dass wir möglichst wenig zahlen, vielleicht sogar gar nichts. Aber erst einmal muss alles geprüft werden. Es ist noch viel zu früh von einem "Fall" zu reden."

Kurzfristig hatte Bochums Oberbürgermeisterin heute zu einer Pressekonferenz eingeladen. Thema: Die drohende Rückzahlung von Fördergeldern in zweistelliger Millionenhöhe an das Land. Der Rechnungshof hatte bei einer Überprüfung der Abrechnung einer Baumaßnahme aus den späten 80er und frühen 90er Jahren, der Westtangente, fehlende Kassenbelege und nicht korrekte Ausschreibungen bemängelt.

"Wir sollten uns alle überlegen, ob wir nicht mit Urteilen warten, bis wir wissen, wie die ganze Sache ausgeht", appellierte Scholz an die Journalisten im Zimmer 103 der getäfelten Oberbürgermeisteretage des Bochumer Rathauses. Und um zu wissen, wie alles ausgeht soll erst einmal geprüft werden: Warum sind die Unterlagen nicht da? Wer ist verantwortlich? Bei wem lagen welche Unterlagen? Um welche Summen geht es überhaupt? Der Bericht des Landesrechnungshofes ist für Scholz nicht viel mehr als die "Meinung eines einzelnen Prüfers" – und die Stadt,  sagte die OB, könnte durchaus aus guten Gründen zu einer anderen Meinung kommen. "Am Ende werden wir mit  dem Regierungspräsidenten verhandeln." Und wenn das zu nichts führt, müsse man weiter sehen. Weitersehen – das könnte eine Klage vor dem Verwaltungsgericht werden, wenn die Stadt mit der Summe, die eventuell zurückgezahlt werden muss, nicht einverstanden ist.

Alles, das wurde heute klar, wird noch sehr lange dauern: Es können noch Jahre vergehen, bis endgültig feststeht, ob und wie viel Bochum zurückzahlen muss. Und es werden noch Wochen vergehen, bis man Näheres zu den Vorfällen um die verschwundenen Akten weiß. Scholz: "Alles steht jetzt unter dem Eindruck des Wahlkampfes." Aber der ist in sechs Wochen zu Ende – unwahrscheinlich, dass bis dahin überhaupt irgendetwas klar ist. Wenn es aber soweit ist, will Scholz die Sache erklären und sich hinter niemandem verstecken: "Das habe ich nicht nötig."

Nötig hat aber wohl der Verwaltungsvorstand eine Art Gruppentherapie, denn miteinander geredet wird wohl nur selten und dann nicht allzu intensiv. Im November hat die OB erfahren, dass der Landesrechnungshof prüft, im Mai, dass es Diskussionsbedarf gibt – allerdings über wesentlich kleinere Summen: "Im Raum stand eine eventuelle Rückforderung von zwei bis drei Millionen." Bei einem Haushaltsvolumen von1,1 Milliarden Euro sah Ottilie Scholz keinen Grund den Rat ausser der Reihe zu informieren. Baurat Kratzsch hatte das in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz anders erklärt. Der Westen: "Samt Zinsen, verlangt der Rechnungshof, müsste die Stadt weit über 30 Millionen Euro zahlen. Am Mittwoch hatte Stadtbaurat Dr. Ernst Kratzsch in einer Pressekonferenz berichtet, dass er im Frühjahr den Verwaltungsvorstand der Stadt vom Ergebnis der Prüfung unterrichtet habe."

Die OB will sich jetzt erst einmal prüfen lassen und sich selbst ein Bild über die Lage machen – auch über die nicht korrekt ausgeschrieben Aufträge. Denn die unkorrekten Vergaben fielen in eine Zeit, als Scholz noch im Kreis Recklinghausen arbeitete: "Viele der Mitarbeiter, die sich damals mit diesen Themen befasst haben sind heute gar nicht mehr im Dienst."

Interessantes Detail am Rande: Die Chefin des Landesrechnungshofes, Ute Scholle (SPD), ist die Ehefrau des Gelsenwasser-Chefs  Manfred Scholle – und Gelsenwasser ist über die Stadtwerke kaum mehr als eine Tochter der Stadt Bochum. Auch über diesen inoffiziellen Weg gelang wohl keine Information an die Stadt.

Ottilie Scholz will jetzt erst einmal Ruhe: "Bochum wird jetzt schlechter gemacht als es ist. Das hat die Stadt nicht verdient."

R.I.P. CompuServe

Tja, ich habe es fast nicht mitbekommen: CompuServe ist offline. Von 94 – 98 war ich Kunde. Am Anfang weil die Datenbanken toll fand (Unvergessen: Magazine Database Plus!) und  keinen Web-Zugang über die Uni bekam sondern nur einen Gopher Zugang – am Ende, weil ich immer wieder vergessen hatte zu kündigen. Also: Rest In Peace CompuServe.

Werbung

Bochum: Alles verjährt?

Beim Bau der Westtangente in Bochum wurden nach Ansicht des Landesrechnungshofes in den 90er Jahren Aufträge in Millionenhöhe nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben. Rechtliche Konsequenzen wird das nicht mehr haben.

Denn nach Auskunft der Bochumer Staatsanwaltschaft ist die eventuelle unrechtmäßige Vergabe verjährt – die Vorfälle fanden in den 90er Jahren statt. Im Moment ermittelt die Staatsanwaltschaft nach Angaben ihres Sprechers, Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek, nicht in diesem Fall. Bislang wurde die Staatsanwaltschaft auch nicht vom Landesrechnungshof informiert.

Anders könnte die Sache bei der Löschung der Akten aussehen: Sollten sie absichtlich gelöscht worden sein, könnte das noch rechtliche Konsequenzen haben. Dieser Vorfall ist noch nicht verjährt.

Mehr zu dem Thema:

Seit verschlungen Millionen

Bochum: Gab es kriminelle Vergaben?

SPD verliert Bochum

Genossendämmerung

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Foto: Opel

Opel: In den Miesen seit 2003…FTD

Opel II: Die Woche der Entscheidung…Ruhr Nachrichten

Bochum: SPD weist Rücktrittsforderung zurück…Der Westen

Caritas: "Wir verdienen an Eurer Armut"…Hometown Glory

A40-Frühstück: Rechner brach unter Ansturm zusammen…Der Westen

Bergbau: DasRheinland ist in Gefahr…FR-Online

Zypries:
"Der Dreck muß weg"…Welt

Sorge: Aliens in Deutschland?…Netzpolitik

Analyse: Iran treibt auf eine Revolution zu…Welt

Musik: Lädst Du noch oder streamst Du schon?…2.0

Literatur: Amazon löscht 1984…Kueperpunk

Fußball: Lokale Perspektiven…Zebrastreifenblog

Community: Termine…Ruhr Digital