Was will man als armer Bauer also tun, wenn man vom Niveau sogar noch eine Etage unter demjenigen Freiherren angesiedelt ist, der hier über Fußball phantasiert? Fernsehen, toll, was soll man da schreiben? Fernsehen macht schließlich doof. Und dann auch noch in 24 Stunden? Moment, 24 Stunden? Genau: 24! Jack is back! Von unserem Gastautor Michael Kolb
Kiefer Sutherland als Jack Bauer Foto: Fox
Morgen beginnt im amerikanischen Fernsehen die „fall season“. Das Leben der couch-potatoe bekommt wieder Sinn und Struktur, endlich muß man nicht mehr raus an die Sonne, sondern kann sich wieder vor dem Fernseher lümmeln. Dem Helden, der im Frühjahr noch an der Klippe hing, wird die helfende Hand gereicht und neue Helden treten auf den Plan (und man palavert gespannt darüber, ob sie sich über den Winter werden retten können).
Auch in Deutschland beginnt morgen der meteorologische Herbst und stilsicher begeht das Fernsehen dieses Ereignis mit der 7. Staffel „24“.
Streng genommen müsste diese Staffel eigentlich „26“ heißen oder zumindest „24+2“, wird der aktuellen Staffel mit „24-Redemption“ (Erlösung) ein prequel vorangestellt, in dem erzählt wird, warum Jack diesmal die Welt retten muss und auch vor wem… jedenfalls mehr oder weniger.
In den Staaten wurde Redemption als „teaser“ lange vor dem Start der eigentlichen Staffel gesendet, auch um den Fans die Wartezeit bis zur neuen Staffel zu verkürzen (war ja dank Autorenstreik auch eh lang genug), eine Geste, die in Deutschland sicherlich auch gut angekommen wäre, aber ich will nicht moppern, im Gegenteil! Endlich ist Jack im Fernsehen für Erwachsene angekommen, jedenfalls was den Sender angeht. Kabel1 übernimmt die Serie von RTL2, endlich also die Chance für den Zuschauer, die Serie ohne allzu großen Hirnschaden durch Klingelton-Werbung, Mopped fahrende Frösche oder Programmhinweise auf „Big Brother“ anschauen zu können… hoffentlich!
Ich verrate sicherlich kein Geheimnis wenn ich sage, daß es natürlich auch in dieser Staffel nix mit „Erlösung“ ist, ansonsten rufe ich an dieser Stelle mal vorsichtshalber „Tiefensteuer-Alarm“. In der aktuellen Staffel hat Amerika seine Angela Merkel und mit ihr einen first gentlemen, den man selbst unserer Kanzlerin nicht wünscht. Wir werden unter anderem Zeuge der größten Wiederauferstehung seit Bobby Ewings einjähriger Duschorgie (und das im wasserarmen Texas) oder schauen Jacks Schwester im Geiste beim Verhör von Informanten oder der Umgehung von FBI-Protokollen zu. Wie gewohnt werden ständig die Seiten gewechselt, aus naiv und gut wird böse und richtig fies… oder naiv und doof, alte Charaktere haben ihr cameo oder verabschieden sich endgültig, alles so spannend und „schlüssig“ wie gehabt.
Ungewohnt ist vielleicht der Erzählstrang, in dem die amerikanische Legislative versucht zu hinterfragen und zu ahnden, wenn man wie Jack andauernd die Regeln bricht… Das endet zwar nicht mit einer Verurteilung, trotzdem sollten sich Schauspieler, die bei der Agency unter Vertrag stehen, nicht allzu sicher sein, ob ihre Auftritte auf Gitmos Bühnen gänzlich ohne Folgen bleiben werden…
Gewohnt wiederum ist, daß „aktuelle Ereignisse“ oder Strömungen, übertragen, ihren Niederschlag im Drehbuch finden. Die USA müssen lernen, daß sie angreifbar und verletzlich sind. Nicht jeder ist eben erfreut darüber, wenn Army oder Navy wie Clint Eastwood in die Stadt reiten und den Helfer oder Rächer spielen, auch wenn der Grund ausnahmsweise wirklich mal ein humanitärer ist. Erschreckender für Amerika ist, wie zur Halbzeit fast jeder Staffel „24“, daß der „wahre Feind“ sich nicht in irgendwelchen Wüsten oder Bergen versteckt, um seine Angriffe zu planen, sondern in den geschmackvoll getäfelten Büros von Washington.
Für alle die nun nicht abgeschreckt, angewidert oder schlicht und ergreifend gelangweilt sind nun also der Hinweis, morgen um 20.15 den Fernseher einzuschalten und den Start der neuen Staffel „24“ anzuschauen oder, besser noch, den Videorekorder für die nächsten zwölf Wochen zu programmieren und „24“ am Stück zu genießen, wenn es „richtig“ Herbst ist…