Mit dem Abriss der alten Thier-Brauerei hat Dortmund große Teile seiner Club- und Kneipenszene verloren. Die Jusos sammeln im Internet Unterschriften für ein neues Kneipenviertel – nach fast zwei Wochen haben sie keine 50 Unterstützer zusammen bekommen.
Die Beschreibung ist präzise und beschreibt das Elend Dortmunds: "Bedeutende Anlaufpunkte des Dortmunder Nachtlebens sterben aus. Soundgarden: Seit Jahren geschlossen
Livestation: Dem neuen Bahnhof gewichen Thier-Gelände: Machte einem neuen Shopping-Center Platz. Wenn die Stadt attraktiv für junge Menschen sein will, ist Ersatz bitter nötig. Denn: Wir wollen in Dortmund feiern und nicht nach Bochum oder Essen tingeln.
Wir brauchen ein neues Discoviertel in Dortmund. Gerade der Hafen mit seinem einzigartigen Ambiente bietet sich als neues Kneipen- und Discoviertel an.
Wir fordern von der Dortmunder Politik, die Wünsche der jungen Menschen ernst zu nehmen. So wie eine Großstadt Einkaufszentren und Parkplätze benötigt, braucht sie auch Kneipen und Discos. Die Stadt Dortmund muss hier am Ball bleiben und private Investoren bei ihren Bemühungen eine neue Szene-Location aufzubauen aktiv unterstützen. "
Am 26. Juni begannen die Dortmunder Jusos auf der Internetseite The Petitionsite mit diesem Text Unterschriften zu sammeln. Bis heute 14.00 Uhr haben sie ganze 48 zusammen bekommen. Es scheint, als ob das Thema in Dortmund keinen interessiert, was ich nach Gesprächen mit Dortmunder Freunden nicht glaube, oder aber, das niemand von der Stadt Hilfe erwartet. Und dafür gibt es gute Gründe: Als vor zwei Jahren längst klar war, dass der Abriss der Thier-Brauerei das Aus für zahlreiche Clubs und Kneipen bedeuten würdem versicherterten mir Dortmunder Stadtplaner und Wirtschaftsförderer, dass sie das Problem erkannt haben und an einer Lösung arbeiten würden, die schon bald bekannt gegeben werden würde. Jetzt ist die Thier-Brauerei abgerissen und eine Lösung hat es nicht gegeben.
Und mit den Forderungen der Jusos, so niedlich-naiv sie mit ihrem Vertrauen in die Möglichkeiten der Stadt auch sind, wird es nicht gehen. Fakt ist: Eine Stadtverwaltung hat wunderbare Möglichkeiten ein Szene- oder Kneipenqaurtier innerhalb kürzester Zeit dem Boden gleich zu machen. Das geht, wie in Dortmund, ganz einfach mit Planierraupen und Abrissbaggern, aber auch das Ordnungsamt bietet zahlreiche Möglichkeiten, das Nachtleben lange vor Sonnenuntergang zu auszulöschen.
So einfach wie kaputtmachen geht so schwierig ist der Aufbau eines solchen Quartiers, auch wenn Stadtplaner es im Rahmen von Gentrifizierungsträumen gerne könnten. Ein lebendiges Szeneviertel mit Kneipen, Clubs und Cafés, ein paar Galerien, Agenturen und Buchhandlungen ist der Traum jedes Immobilienexperten, wenn es darum geht, ein heruntergekommenes Viertel für den Immobilienmarkt wieder interessant zu machen. Klar, später sollen dann die ganzen wuseligen Kneipen gefälligst edlen Restaurants und stramm geführten Gastroketten Platz machen, aber dann sind ja auch schon die Immobilienpreise gestiegen und die alten Mieter in ein anderes Schrottquartier weiter gezogen.
Doch was auf dem Papier so einfach klingt – Handyläden und Spielhöllen raus, Szene rein, und später Immobilienpreis rauf, ist ein schwieriger Prozess, den Städte nur begleiten, aber kaum initiieren können. Ein paar Kneipen machen noch keine Szeneviertel aus und die Investoren, die mit der Wirtschaftsförderung sprechen, sind die letzten, denen es gelingt, ein solches Qaurier auf die Beine zu stellen. Die verzweifelten und erfolglosen Bemühungen Essen in den 90er Jahren mit Hilfe der Bochumer Logos-Gruppe in Essen das Bermudadreieck zu kopieren sind ein guter Beleg dafür.
Wird in Dortmund etwas Neues entstehen? Vielleicht. Mit Hilfe der Wirtschaftsförderung? Garantiert nicht. Und deshalb gibt es gute Gründe auf der Juso-Site nicht zu unterschreiben. Das Kind ist mit dem Abriss des Thier-Geländes längst in den Brunnen gefallen. Die Dortmunder Jusos konnten es nicht verhindern – anscheinend spielen sie inerhalb der dortigen SPD keine große Rolle und werden nur in Wahlkampfzeiten als Klakeure benötigt. Die Dortmunder müssen nun die Konsequenzen tragen und die Parteien fragen, warum sie einem sterilen Einkaufszentrum, dass auch noch den Handel in der Innenstadt gefährdet, den Vorzug gegeben haben.
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