Schwachsinn Bürgerkrieg

Udo Ulfkotte hat ein Buch mit dem Titel „Vorsicht Bürgerkrieg“ geschrieben. „Vorsicht Paranoia“ wäre auch ein schöner Titel gewesen.

Bad Godesberg kurz vor mörderischen Krawallen. Foto: nrw.de

Glaubt man Udo Ulfkotte, stehen wir in Deutschland vor schwersten sozialen Unruhen. Die Bücher des ehemaligen FAZ-Redakteurs erscheinen heute im Kopp-Verlag.  In Nachbarschaft zu Titeln wie „Befreit von dunklen Mächten – Wie kann man fremde Energien und Wesenheiten erkennen oder dämonische Besetzungen bemerken?“ oder Catherine MacCouns „Der Weg zum Alchimisten – Ein Leitfaden für den Magier des 21. Jahrhunderts“ finden wir auch Ulfkottes neues Buch „Vorsicht Bürgerkrieg“.

Gut, von den Rechtsradikalen, die zeitweise seine Nähe suchten, hat sich Ulfkotte distanziert, doch seine Bücher werden immer schriller, haben etwas vom Untergangsprediger, der weiß, dass das Ende nahe ist und der daran leidet, dass niemand ihm glaubt. Liest man Ulfkottes Buch, dessen Thesen zum Teil von der Welt ohne jede Kritik weiter verbreitet wurden, eröffnet sich einem ein Szenario des Untergangs: Die Bundesregierung wusste schon 2003 von dem Crash, Ausländer werden bei der Vergabe von Arbeitsplätzen bevorzugt und bei der Bundesregierung kursieren Listen mit potentiellen Brandherden – der angeblich so genannte "Atlas der Wut". Er listet Stadtteile auf, in denen die Sicherheitsbehörden angeblich von einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es zu schwersten sozialen Unruhen kommt. Akribisch fügt Ulfkotte Beleg an Beleg – da eine Ausschreibung des WDR für einen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, hier einen Artikel aus dem Handelsblatt von 2003, in dem es um Bad Banks geht – und den "Atlas der Wut" durfte er einsehen.

Zu den Stadtteilen, in denen bald marodierende Horden ihr Unwesen treiben könnten gehören das beschauliche Bad-Godesberg, das etwas schmuddelige Bottrop Boy, Berlin-Lichterfelde, das Bochumer Uni-Viertel und Gelsenkirchen Bismarck. Auch Dortmund-Hörde und das sauerländische Attendorn stehen angeblich kurz vor der Explosion. Es wird niemanden überraschen, dass ich beim Nachfragen nach diesem Atlas keine Bestätigung bekam. Mocki Diller, Mitarbeiter des Gelsenkirchener OBs Frank Baranowski hielt schon die Idee für Schwachsinn, bei der politischen Polizei in Bochum brach man in lautes Lachen aus, und bei der Pressestelle der Bundesregierung in Berlin bemerkte man trocken, dass wenn das Märkische Viertel auf der Liste fehlt, was es tut, die Liste sowieso Schrott wäre. Mag sein, dass es so eine Liste trotzdem gibt – es wird tausende von Listen geben.

Was erschreckend ist, ist die Einseitigkeit, mit der Ulfkotte seine Fakten zusammen trägt. Ja, es gibt Probleme mit Islamisten – aber es gibt auch Integrationserfolge. Ja, es gibt rechtsfreie Räume – aber die Kriminalität in Deutschland liegt im internationalen Vergleich auf einem niedrigen Niveau und ist leicht rückläufig. Ja, es gibt faule und korrupte Richter, Polizisten und  Politiker – aber solche Einzelfälle fliegen immer wieder auf und sind, bei aller Kritik an jedem Fall, nicht typisch. Ulfkotte malt das Bild eines Landes im Niedergang – in drastischen, dunklen  Farben. Was nicht zu seiner Katastrophenthese passt, wird ignoriert. Man kann das tun: Man kann alle Probleme auflisten, einen Strich drunterziehen, addieren und dann mit Erschrecken das Ergebnis betrachten: Den Untergang. Man kann sich aber auch die Probleme anschauen, nach erfolgreichen Lösungsansätzen suchen und zeigen, wie es besser geht. Nur, dann wird man keinen reißerischen Titel wie „Vorsicht Bürgerkrieg“ schreiben können.

Forsa-Chef Güllner: Linkspartei profitiert nicht von SPD-Schwäche

Bei den Kommunalwahlen im Westen muss die SPD nach Meinung von Forsa Chef Manfred Güllner keine Angst vor der Linkspartei haben. Das SPD Problem heißt SPD.

Manfred Güllner Foto: Forsa

Gute Nachrichten sind in diesen Tagen für die SPD selten geworden: Die einstige Volkspartei errang bei der Europawahl ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis bei bundesweiten Wahlen und Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier schleppt sich und seine Partei von Umfragetief zu Umfragetief. Doch nun kommt ausgerechnet von Manfred Güllner, dem Chef der Meinungsforschungsinstituts Forsa, der bei den Sozialdemokraten wegen der von ihm festgestellten schlechten Zahlen nicht allzu beliebt ist, ein Hoffnungsschimmer. Im gestrigen Gespräch sagte er mir auf die Frage, ob die Linkspartei bei den Kommunalwahlen in NRW von der Schwäche der SPD profitieren werde: „ Im Osten hat sie die Kümmerer, die der SPD fehlen – im Westen hat sie die nicht. Das Personal der Linkspartei besteht hier oftmals aus stadtbekannten Querulanten oder ehemaligen K-Gruppen-Leuten. Für viele ehemalige SPD-Wähler ist das abschreckend.“
Allerdings leuchtet der Hoffnungsschimmer für die SPD nicht allzu hell. Güllner ist der Ansicht dass die SPD am 30. August bei den Kommunalwahlen in NRW in allen Städten Probleme bekommen wird, wo die Kümmerer fehlen: Jene SPD-Lokalpolitiker, die sich früher darum gesorgt haben, dass im Winter die Straßenbeleuchtung auf dem Schulwegen funktionierte und die Mülleimer im Park nicht überquollen. Die hätten die SPD früher stark gemacht – und ihr Fehlen könnten die Sozialdemokraten auf kommunaler Ebene nicht auffangen. Durch die zunehmende Akademisierung der SPD seit den 70er Jahren, erklärt Güllner, sei in der SPD ein Politikertyp nach oben gekommen, der sich häufig für diese Alltagssorgen nicht mehr interessieren würde.

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FAS will das Internet zivilisieren

In einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fordert Volker Zastrow das Internet "entschlossen zu zivilisieren."

Anlass des Kommentars ist das BGH-Urteil zu spickmich, dass es Schülern erlaubt Lehrern Noten zu geben – die meist sehr moderat ausfallen. Zastrow passt das nicht: Er sieht die Gefahr dass das Internet als Denunziationsmaschine mißbraucht wird und fordert einen klaren rechtlichen Rahmen, um dies zu verhindern: "Die sogenannten Informationen erlangen im Internet durchweg einen Ewigkeitswert. Verschiebt das nicht das Verhältnis zwischen Einzelnem und einer mit modernsten technischen Mittel ins Faustrecht des Urzustandes versetzten Gesellschaft? (…) Im Internet geschmäht zu werden heißt für immer geschmäht zu werden. Ob zu Recht, spielt keine Rolle; denn welches Recht kann es dafür geben? Ein Recht, in dem für niemand Verjährung gilt, kein Verzeihen? Kein Vergessen?"

Es wäre ein leichtes sich über diesen Kommtar lustig zu machen, über ihn herzufallen und ihn zu zerreissen: Der schnelle Zugang zu den Archiven, lange Zeit ein Privileg weniger (Vor allem von Journalisten), steht über das Internet jedem offen. Und der Verlust von Privilegien schmerzt. Und der Ruf Gesetzbuch zu reglementieren, zeigt eine tiefe Unkenntnis über das Internet: Eine Reglementierung die wirkungsvoll  wäre, käme dem Ende des freien Zugriffs gleich, wäre das Ende des Internets wie wie es kennen. Durchsetzbar ist so etwas nur über den massiven Einsatz von Zensurtechnologie wie im Iran oder in China. Davon mögen immer mehr, vor allem Politiker träumen, alleine wirtschaftich wären die Folgen solcher Maßnahmen nicht zu rechtfertigen: Der schnelle Zugriff auf Informationen aller Art ist längst eine der wirtschaftlichen Grundlagen unserer Gesellschaft. Ihn zu unterbinden hieße, uns um fast zwei Jahrzehnte in die Vergangenheit zu beamen. Das wird hoffentlich nicht konsequent geschehen. Aber ich habe keine Lust über jedes Stöckchen zu springen, dass man mir hinhält. Und ich will nicht so reagieren, wie es jeder Depp von mir erwartet.

Wenn wir nicht wollen, dass der Staat noch massiver als bislang in das Internet eingreift, müssen wir selbst Alternativen entwickeln. Denn die Gefahren, die Zastrow beschreibt, sind nicht aus der Luft gegriffen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung muß auch im Internet gelten. Ich denke dabei weniger an Politiker oder an die moderaten SpcikMich Beurteilungen, als an ganz normale Leute, die vielleicht einen Job nicht bekommen, weil die Personalabteilung Suff-Fotos online gefunden hat. Die muss der Betrfeffende noch nicht einmal selbst reingestellt haben – wofür gibt es Freunde? Vielleicht würde eine Selbstverpflichtung helfen: Wir schützen einander indem wir uns verpflichten, gewissen Informationen auf Wunsch der Betroffenen zu löschen. Das heißt: Der Skandal des Politikers bleibt online, das Suff-Foto oder der unbedachte Kommentar werden auf Wunsch gelöscht. Und wir verlinken nur noch auf Seiten, die sich an diese Regeln halten. Die müssen von jedem Betreiber transparent gemacht und öffentlich diskutiert werden können. Ein weiteres mal Löschen statt sperren. Und Unternehmen oder auch der Staat verpflichten sich, nur noch Infos von solchen Seiten zu beziehen – kommt raus, dass einer den Job wegen eines solchen Fotos nicht bekommen hat oder das eine Firma solche Infos bei Bewerbungen nutzt, gibt es Ärger. Das Antidiskriminierungsgesetz macht vor wie das gehen kann. Vielleicht ist mein Vorschlag auch Quatsch und es gibt viele bessere Ideen, aber dann sollten wir sie diskutieren.

In den vergangenen Jahrzehnten ist im Internet eine der größten Gemeinschaften entstanden, die es je in der Geschichte gab. Und ich bin mir sicher, dass wir mit den Problemen die es in dieser Gemeinschaft wie in jeder anderen gibt, selbst fertig werden können: Selbstbestimmt und ohne Druck  von staatlicher Seite. Wir sind zivilisiert. Uns muß niemand etwas von Verantwortung erzählen.

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