Der Verkehrsvertrag des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) ist seinerzeit ohne Wettbewerb direkt mit der Bahn abgeschlossen worden. Die privaten Mitbewerber und Mitglieder unseres Verbandes mofair e.V. hatten keine Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Das ist nicht nur unfair, sondern widerspricht auch dem Vergaberecht. Die Höhe der Zahlungen des VRR steht auch nicht in Einklang mit dem EG-Beihilfenrecht. Ein Beihilfeverfahren gegen den gleichgelagerten Verkehrsvertrag Berlin-Brandenburg ist inzwischen von der EU-Kommission eingeleitet worden. Der jetzige Vertrag wäre 2012 ausgelaufen und dann hätte eine Ausschreibung angestanden.
Mit dem Eckpunktepapier soll der laufende Vertrag mit gewissen Anpassungen bis 2023 fortgeführt werden. Damit werden die Mitbewerber erneut benachteiligt und vom Markt ausgeschlossen. Die beihilfewidrigen Zahlungen werden fortgesetzt. Außerdem ist das Land Nordrhein-Westfalen bereit, jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag an die Bahn zu zahlen, damit der Vertrag fortgesetzt werden kann. Das Land ist kein Vertragspartner und kann sich deswegen dort nicht einmischen, schon gar nicht um für die Zukunft den Wettbewerb weiter zu verhindern. Die Zahlungen des Landes verstoßen auf jeden Fall gegen das Beihilferecht des EG-Vertrages. Das Beihilferecht soll gerade sicherstellen, dass das Land kein Unternehmen ungerechtfertigt bevorzugt. Deswegen hat mofair bei der Kommission Beihilfebeschwerde erhoben.
Die Bahn verfügt nicht nur über gute Beziehungen sondern auch über eine Reihe von grundsätzlichen Vorteilen. DB Netz bestimmt die Spielregeln auf der Schiene. Die Bedingungen, zu denen sie Mitbewerber der Bahn auf die Schiene oder in die Werkstätten lässt, sind gesetzlich nicht sauber geregelt. Das ermöglicht viele Formen subtiler Diskriminierung im Laufe eines Verkehrsvertrages. Weiterhin werden den Wettbewerbern notwendige Informationen zur eigenen Trassenplanung vorenthalten. Auch die Kostenrechnung für die Trassen kann von den Mitbewerbern nicht überprüft werden. Die Konkurrenten müssen zahlen, was die Bahn verlangt und dürfen nicht einmal die Zahlung für Schlechtleistungen verweigern.
Auch im Ruhrgebiet ist der Nahverkehr auf der Schiene Nahverkehr wie überall. Auch wenn es sich um ein großes Ballungszentrum handelt, lassen sich die Verkehrsleistungen – sinnvoll abgegrenzt – ausschreiben und können problemlos von verschiedenen Verkehrsunternehmen erbracht werden. Der Rhein-Main-Verkehrsverbund macht das zum Beispiel, der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg jetzt auch. Das muss man also nur wollen. Wenn der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr über Mängel klagt, kann ich einige zumindest aus eigener Anschauung nur bestätigen. Auch die Tatsache, dass die Bahn nunmehr Verbesserungen anbietet, zeigt, was die Stunde geschlagen hat.
In fairen Ausschreibungen können die Mitgliedsunternehmen von mofair jederzeit mithalten, sowohl qualitativ als auch preislich. Wie schrieb die Bildzeitung nach der Kündigung der Verträge durch den VRR, „Bekommen wir jetzt auch die Superzüge.“ Wie wettbewerbsfähig unsere Mitglieder sind, zeigt das Beispiel S-Bahn Bremen, die nicht an die Bahn gegangen ist. Bei der S-Bahn Stuttgart haben sich unsere Mitglieder zurückgezogen, weil sie keinen ausreichenden Zugang zu Werkstätten erhielten und neue in dem Ballungsraum nicht zu beschaffen waren. Auch der S-Bahn-Vertrag Berlin-Brandenburg wurde ohne Ausschreibung verlängert. Da wo die Bahn mit Ausschreibungen konfrontiert ist, bietet sie plötzlich wesentlich günstiger als bisher. In einigen Fällen in Nordrhein-Westfalen und Bayern begnügt sich die Bahn im Wettbewerb nur noch mit einem Zehntel der öffentlichen Zuschüsse, die sie vorher ohne Ausschreibung erhalten hat. Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg polemisiert sie gegen die Aufteilung in Lose und die Tatsache, dass in Übereinstimmung mit dem Vergaberecht nicht einer alles gewinnen kann.
Jetzt wirft die Bahn unseren Mitgliedern vor, dass sie Wettbewerbsvorteile durch niedrigere Löhne hätten. Alle unsre Mitglieder haben gültige Tarifverträge mit den Gewerkschaften. Die Ausschreibungen zeigen deshalb auch regelmäßig ein vergleichbares Lohnniveau zwischen den Anbietern. Welche Konzernkosten der DB Regio das Leben schwer machen, wird die Bahn sicherlich am besten selbst beantworten können.
Wie es um den Wettbewerb wirklich steht, macht eine Zahl deutlich. Auch mehr als 10 Jahre nach der Bahnreform beträgt der Marktanteil der privaten Eisenbahnunternehmen im Nahverkehr nur rd. 8 Prozent. Noch profitiert die Bahn von den großen Verkehrsverträgen, die sie nicht im Wettbewerb gewonnen sondern direkt erhalten. An ihren Reaktionen sieht man, wovor die Bahn Manschetten hat.