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Malte Hinz wirft hin

Schon als er im Dezember zum Chefredaktuer der Westfälischen Rundschau ernannt wurde, kam Kritik auf. Nun hat der DJU-Bundesvorsitzende Malte Hinz seinen Posten als Gewerkschaftschef aufgegeben.

Denn die Mitarbeiter der WAZ-Mediengruppe sind seit Monaten ín Sorge um ihre Jobs: 300 Redakteursstellen sollen abgebaut und Redaktionen geschlossen werden. Das in so einer Zeit ausgerechnet der Chef der Deutschen Journalisten Union (DJU) Malte Hinz zum Chefredakteur der WAZ-Zeitung Westfälische Rundschau befördert wurde, stieß vielen Mitarbeitern übel auf. Von Verrat war im WAZ-kritischen Blog Medienmoral-NRW damals die Rede.

Davon will Hinz nichts wissen. Der Grund seines Rücktritts ist seiner Darstellung nach die Doppelbelastung: „Nach reiflicher Überlegung bin ich zu der Entscheidung gelangt, mein Mandat im dju-Bundesvorstand niederzulegen. Dieser Schritt fällt mir nach über 30-jähriger ehrenamtlicher gewerkschaftlicher Arbeit schwer. Ich bin allerdings zu der Überzeugung gelangt, dass auch meine Kraft begrenzt ist und erkennbar nicht ausreichen wird, um der beruflichen Aufgabe als Chefredakteur der Westfälischen Rundschau und den herausgehobenen Funktionen in meiner Gewerkschaft in gleicher Weise gerecht zu werden. In der schwierigen Situation, in der sich die Westfälische Rundschau bekanntlich befindet, muss meine gesamte Kraft den Interessen der dort Beschäftigten und dem Blatt insgesamt gelten.“

Nunja, um gleichzeitig Chef und Arbeitnehmervertreter zu sein braucht man wohl nicht nur viel Kraft sondern wohl auch eine ordentliche Schizophrenie.

Upgrade: Am Ende: Waldorfschüler ohne Abschluss?

Dass ein Kind die Schule ohne Abschluss verlässt, ist für viele Eltern eine Horrorvision. An Waldorfschulen in NRW könnte sie im Sommer wahr werden, denn zum ersten Mal werden auch Waldorfschüler zentral geprüft. In Bochum droht angeblich zwei von drei Kindern das schulische Aus.

Rudolf Steiner Schule in Bochum-Langendreer Foto: Ruhrbarone

Waldorfschulen sind für viele Eltern eine Alternative zu den konventionellen staatlichen Schulen. Das ursprünglich vom Anthroposophen Rudolf Steiner entwickelte pädagogische Konzept soll angeblich die Kreativität der Kinder fördern und sie in einer Atmosphäre ohne Leistungsdruck groß werden lassen. Noten gibt es an den Waldorfschulen erst spät, der  Unterricht in Chemie und Physik setzt eher auf das intuitive Erfassen von Naturphänomen, denn auf die Vermittlungen nüchterner Fakten. Und durch das Tanzen in weitern Gewändern sollen auch pubertierende Jugendliche ein besseres Körpergefühl entwickeln. Kritiker bemängeln, an der Waldorfschule werde ein krudes Geschichtsbild vermittelt, in dem die mythische Insel Atlantis und griechische Sagen im Zentrum des Interesses stünden. Auch Rassismusvorwürfe gegen Steiner und die Waldorfpädagogik sorgten immer wieder für  Schlagzeilen.

Im  Sommer dürften die Waldorfschulen wieder ins Zentrum des Interesses rücken: denn dann werden in NRW erstmals auch die Waldorfschüler  zentral geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung könnte für die Steiner-Schulen zum Desaster werden. An der Rudolf-Steiner-Schule in Bochum wurden nach uns vorliegenden Informationen vor kurzem Eltern einer der beiden Abschlussklassen des nicht förderschulischen Bereichs darüber informiert, dass zwei Drittel der Kinder kaum eine Chance auf einen Schulabschluss hätten. Gabriele Kallis, die Abschlussbeauftragte der Rudolf Steiner Schule bestreitet  die  uns zugetragenen Aussagen: "Unsere Schüler werden in diesem Jahr in der 11. und 12. Klasse  ihren Fachoberschulreife oder ihren Hauptschulabschluss machen. An dem kommenden Jahr werden diese Abschlüsse dann nur noch in  der 11. abgelegt werden können. Bei einigen wenigen Kindern haben wir den Eltern geraten, sie anstatt für die Fachoberschulreife für die Prüfung zum Hauptschulabschluss anzumelden. Natürlich kann es mal vorkommen, dass ein Schüler keinen Abschluss macht, aber das sind bei uns sehr seltene Ausnahmen und das wird auch in diesem Jahr so sein." Es gäbe keine massenhaft negative Prognose.

Dass Waldorfpädagogen allerdings mit Sorge auf die Zentralprüfungen des kommenden Sommers blicken, ist seit dem vergangenem Jahr klar, als sie gegenüber der Landesregierung ihren Unmut gegenüber der Prüfungsordnung deutlich machten. Sie wurden dabei von der grünen Landtagsabgeordneten Sigrid Beer unterstützt, die sich vor allem gegen die hohe Bedeutung der schriftlichen Prüfungen wandte und  – wie die Waldorfpädagogen – die  Berücksichtigung der mündlichen Noten für das Prüfungsergebnis forderte.

Für die ehemalige Waldorflehrerin Heidrun G.* eine Scheindiskussion: "Die Einbeziehung der  mündlichen Waldorfnoten würde jede  Vergleichbarkeit  der Noten ad absurdum führen. Die Waldorfschulen wollen eine Ausnahmeregelung, um ihr Versagen als Schulen zu kaschieren." G. würde es nicht überraschen, wenn im Sommer viele Waldorfschüler ohne Abschluss dastehen würden: "Den Kindern wird vor allem das Reproduzieren beigebracht, eine kritische Auseinandersetzung mit Inhalten und selbstständiges Arbeiten findet kaum statt. Der naturwissenschaftlich-mathematische Unterricht ist eine Katastrophe und viele, vor allem leistungsstarke Kinder, langweilen sich bei dem niedrigen Niveau des Unterrichts." Ein Problem sei, dass in vielen Waldorfschulen immer mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit  Kindern ohne Entwicklungsdefiziten unterrichtet würden – anders als an der Bochumer Rudolf-Steiner-Schule, wo es einen eigenen Förderzweig gibt: "Dieser integrative Unterricht ist eigentlich eine gute Sache, aber nicht unter Waldorfbedingungen: Integrativer Unterricht braucht kleine Klassen und zusätzliche Lehrer mit einer sonderpädagogischen Qualifikation. Beides ist an Waldorfschulen nicht die Regel. Den Preis zahlen die Kinder."

*Name geändert

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Paradoxie der Alltagsmoral – Heute: Protest gegen Essener Straßenstrich

Der Essener Straßenstrich eröffnet heute auf neuem Terrain. Anwohner sind entsetzt über die Nähe der Sexbranche. Doch wie gerechtfertigt ist die Kritik tatsächlich?

Prostituierte Foto: Wikipedia

Es ist soweit. Am Ex-Kirmesplatz werden nun Prostituierte arbeiten. Sehr modern und besonders sicher wurden für sie die grünen Verrichtungsboxen gefertigt. Es gibt sogar einen Notknopf, mit dem Alarm geschlagen werden kann. Die Boxen haben die Größe einer Einfahrt, damit die Wohnwagen der Damen oder die Autos der Kunden Platz finden. Klar ist: so etwas geht nicht ohne Protest über die Bühne. Und so beklagen Anwohner und Pädagogen die Präsenz des Milieus. Schließlich liegen in der Nähe Schulen. Eltern fürchten, um den Einfluss auf ihre Kinder. Grund genug zu fragen: was genau bewegt hier eigentlich zur Kritik? Ist es tatsächlich die Angst vor schlechtem Einfluss oder verstecken sich andere Gründe hinter dem Aufgebot?

Sicherlich ist es nicht wünschenswert, dass Kinder über einen Straßenstrich laufen. Dort gehören sie schlichtweg nicht hin. Fraglich ist jedoch, ob dies passiert, nur weil sie im Umfeld zugegen sind. Denkbar ist, dass Kinder mit der Existenz des Gewerbes konfrontiert werden. Insofern die Eltern mit ihren Schützlingen vernünftige Gespräche über solche Themen führen, muss das Wissen aber noch lange keine Bedrohung sein. Nun gut, Sex gegen Geld ist nicht die Idee, die als erste in Kinderköpfen über Sexualität erklingen sollte. Doch sie ist ja auch nicht die einzige.
Vielmehr sollte wohl darauf geachtet werden, dass Kindern das richtige Gedankengut mitgegeben wird. Ob sie nun davon wissen, dass manche Menschen mit Sex ihr Geld verdienen oder nicht, kann kaum schaden, solange das richtige Fundament da ist. Vielleicht fehlt dieses aber an vielen Stellen. Und so sind Eltern beunruhigt, weil sie mit ihren Kindern nicht über Prostitution sprechen können oder wollen. Die Nähe der Branche entzieht ihnen aber gewissermaßen die Entscheidungsgewalt darüber, was angesprochen wird und was nicht. Eltern sind Kontrolle gewohnt, Verlust unerwünscht. Schädlicher als das besprechen von heiklen Fragen, scheint aber vielmehr das Schweigen zu sein. Unsere Welt lässt sich nicht ändern, indem Teile aus dem Gespräch verbannt werden.

Und da ist noch das Problem der fehlenden Revolte. Denn andererseits ruft das Volk eben nicht zum Protest, wenn er dringend gebraucht wird. Das altbekannte Problem der sozialen Nähe. Der Mensch beklagt und hilft gerne in seiner unmittelbaren Umgebung. Das interessiert. Dinge außerhalb des Sichtfeldes bekommen weniger Aufmerksamkeit. Und so bleibt zu sagen, dass es verwundert, wenn Eltern sich gegen die Essener Szene wehren, obwohl Anderes viel lauter nach Kritik schreit. Es darf nicht hingenommen werden, dass Kinder zu viel Fern sehen und kaum Diskurs mit den Eltern haben. Es ist fatal, wenn die Kleinen übergewichtig sind und nicht einmal die Namen von Pflanzen in ihrem Umfeld kennen. Es ist beunruhigend, wenn Kinder zwischen Hautfarben unterscheiden. Und letztlich ist es schlichtweg absurd, wenn Eltern gegen den Straßenstrich aufwarten, hingegen keinen Finger rühren, wenn Kinder die Schuhe gefertigt haben, die sie an den Füßen tragen. Wenn Kinder ihr Leben als Soldaten verbringen und es niemanden interessiert. Wenn Kinder zur Prostitution gezwungen werden und alle wegschauen.