Schmidt: „Der Staat kann Unternehmen retten, aber keine Arbeitsplätze!“

Der Präsident des RWI glaubt, dass der Tiefpunkt der Krise erreicht ist. Der Einbruch des Arbeitsmarktes steht uns aber noch bevor.

Christoph M. Schmidt Foto: RWI

„Ich war vom Ausmaß der Krise überrascht. Mit einem solchen Verlauf habe ich nicht gerechnet.“ RWI-Präsident Christoph M. Schmidt hatte zwar, wie andere Ökonomen auch, Anzeichen für einen Abschwung gesehen, aber nicht für die schwerste Rezession seit dem zweiten Weltkrieg: „Es war im vergangenen Jahr klar, dass sich die Konjunktur abschwächen würde, aber dass eine Immobilien-Krise in den USA letztlich die Wirtschaft weltweit so stark betreffen könnte, hat niemand vorausgesehen  – auch ich nicht. Im Moment lernen wir alle dazu.“  

Die Krise, erklärt Schmidt, habe historische Ausmaße, und ihren Verlauf könne niemand exakt voraussagen. Der im Frühjahr von der Bundesregierung in den „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ und damit zum sogenannten Wirtschaftsweisen berufene Schmidt glaubt jedoch, dass nach einem verheerenden Absturz der Wirtschaft mittlerweile der Boden erreicht wurde: „Wir gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in den nächsten Monaten nicht mehr schrumpfen wird, sondern wir in eine Phase der Stagnation kommen. Wir werden somit in 2009 in Deutschland ungefähr die Wirtschaftsleistung des Jahres 2005 erreichen.“ Anzeichen für eine schnelle Erholung gebe es nicht: „Um beispielsweise in nur einem Jahr wieder auf das Wirtschaftsniveau des vergangenen Jahres zu kommen, müsste jetzt ein Aufschwung mit Wachstumsraten von knapp sieben Prozent einsetzen. Abgesehen davon, dass reife Volkswirtschaften wie Deutschland solche Werte kaum erreichen können, gibt es kein Zeichen dafür, dass wir vor einem so starken Boom stehen und ein solches Szenario realistisch wäre.“

Das RWI hat gemeinsam mit anderen Wirtschaftsforschungsinstituten vor wenigen Wochen eine Fünf-Jahres-Prognose erstellt. Schmidt ist klar, dass eine Prognose über einen so langen Zeitraum mit großen Unsicherheiten verbunden ist – trotzdem wurde dem Wunsch der Bundesregierung entsprochen, sie fertig zu stellen. „Wir gehen davon aus, dass wir frühestens 2013 wieder die Wirtschaftsleistung des vergangenen Jahres erreichen werden. Das bedeutet nicht, dass wir, auch wenn uns das gelingt, nun fünf Jahre lang einen kontinuierlichen, wenn auch moderaten Aufschwung haben. Es kann immer wieder Einbrüche geben.“

Schmidt glaubt nicht daran, dass eine Steigerung der Binnennachfrage Deutschland aus der Krise holt: „Wir sind ein Exportland und waren damit in der Vergangenheit auch sehr erfolgreich. Wenn es unseren Kunden wieder gut geht und sie bei uns bestellen, wird es auch uns wieder besser gehen.“ Ohnehin kann er sich keinen so grundlegenden Wechsel der Wirtschaftsstruktur vorstellen: „Wir sind auf den Export ausgerichtet und haben kaum Unternehmen, die von einer stärkeren Binnennachfrage profitieren würden. Konsumgüter werden in anderen Ländern hergestellt. Die entsprechenden Branchen wie Textil oder Unterhaltungselektronik haben wir doch gar nicht mehr im Land.“

Aber auch wenn die Talsohle erreicht ist und es nach einer Phase der Stagnation zumindest mittelfristig wieder aufwärts geht, wird sich ein Problem in den kommenden Monaten verstärken und auch später nicht ohne Weiteres gelöst werden können: „Bald werden die Arbeitslosen-Zahlen steigen, und wir werden viele Jahre lang eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit haben als im vergangenen Jahr.“ Das kommende  moderate Wachstum wird nicht ausreichen, die verlorenen Jobs neu entstehen zu lassen. Rationalisierungsfortschritte werden dafür sorgen, dass sich der Arbeitsmarkt deutlich langsamer erholen wird als die Wirtschaft. Die aktuelle Krise wird noch in vielen Jahren spürbar sein – ein wichtiger Grund für Schmidt, sich damit zu beschäftigen, wie Krisen in einem solchen Ausmaß künftig zu verhindern sind oder zumindest nicht aus den gleichen Gründen wieder eintreten: „Die Wirtschaftsforschung wird sich noch sehr lange mit dieser Krise beschäftigen. Ein großes Problem ist die Rolle der Banken.“

Der Staat rettet mit dem Geld der Steuerzahler Banken, und selbst große Anhänger einer strikten Ordnungspolitik wie Schmidt sehen zu den Rettungsmaßnahmen keine Alternative. „Im Kapitalismus muss jedes Unternehmen pleite gehen können. Nur wenn Unternehmen und Manager wissen, dass sie scheitern können, werden sie sorgfältig mit ihrem Geld und dem der Anleger umgehen. Wenn aber große Banken sicher sein können, dass sie to big to fail sind, dass ihnen nichts geschehen kann, werden sie in Zukunft noch riskanter agieren und im Wettbewerb mit kleineren und mittleren Banken, die sich nicht der staatlichen Fürsorge sicher sein können, große Vorteile haben.“
Bis zum 15. September 2008, dem Tag als die US-Bank Lehman Brothers in Insolvenz ging, galt: Keine Bank konnte sich sicher sein, dass der Staat sie wirklich auffängt, wenn sie in Schwierigkeiten kommt – und so war die Lehman-Pleite auch nichts anderes als die konsequente Umsetzung dieser Politik. Doch nach dem Lehman-Aus kollabierten die Finanzmärkte, kam der Interbanken-Handel fast vollständig zum Erliegen und eskalierte die Immobilien- und Finanzierungskrise innerhalb kürzester Zeit zur Weltwirtschaftskrise. Seitdem versichern alle Industriestaaten, dass keine der großen systemischen Banken Lehman folgen wird. Der ordnungspolitische Sündenfall schien das einzige Instrument zu sein, um die Krise der Finanzmärkte nicht noch weiter eskalieren zu lassen und Banken-Zusammenbrüche in einem Maße, wie es sie zuletzt während der großen Depression gab, zu verhindern.

„Diese Politik war in der konkreten Situation vielleicht alternativlos, aber für die Zukunft müssen wir andere Lösungen finden.“ Schmidt kennt sie nicht – weiß aber, dass es keine Alternative gibt, als sie zu entwickeln: „Die Banken dürfen wirtschaftlich nicht so eng miteinander verbunden sein, dass das Ende einer Bank zu einer Krise der gesamten Branche wird. In anderen Wirtschaftsbereichen ist das anders und wir müssen den Finanzsektor wieder zu einem normalen Wirtschaftsbereich machen. Wenn Coca Cola pleite gehen würde, zöge es ja auch Pepsi nicht mit in den Untergang. Im Gegenteil: Der Brause-Hersteller würde sich über neue Absatz-Chancen freuen.“

Grob skizziert Schmidt mögliche Lösungswege. Eine Bankenaufsicht, die eingreift, wenn die Eigenkapital-Quote zu gering wird, wäre eine Alternative. Großbritannien ist diesen Weg in der Krise gegangen: „Die Briten greifen massiv in das Finanzsystem ein, aber sie verstaatlichen nicht. Für die Eigentümer kann das sehr bitter sein – Fehlverhalten darf sich nicht lohnen. Aber die Briten und Amerikaner werden die Banken nicht lange unter staatlicher Leitung lassen.“ In Deutschland sei das anders: „Ich glaube nicht, dass der Staat sich schnell aus der Commerzbank zurückziehen wird. Es wird immer gute Gründe geben, drin zu bleiben, und wenn die Gremien der Bank erst einmal paritätisch mit Vertretern der verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen besetzt sind, wird es viele geben, die gar kein Interesse mehr an einem Rückzug des Staates aus der Bank haben.“
Gut findet Christoph M. Schmidt indes, dass große Teile der Bevölkerung auch in der Krise nicht für eine massive Stützung angeschlagener Unternehmen sind. „Die Menschen haben ein Gespür dafür, dass es ihr Geld ist, das in Unternehmen gepumpt wird, die vielleicht nicht mehr lebensfähig sind, und dass sie das Risiko für unternehmerische Fehlentwicklungen tragen sollen. Das ist aber Aufgabe der Unternehmer – die profitieren ja auch von den Gewinnen der Unternehmen, wenn sie die richtigen Entscheidungen getroffen haben.“
Schmidt hält nicht viel von den Rettungsschirmen für Unternehmen, für die sich zeitweilig viele Politiker eingesetzt haben, mit denen aber offensichtlich Wahlen nicht zu gewinnen sind: „Opel oder Arcandor sind doch keine Opfer der Finanzkrise. In beiden Unternehmen wurden offensichtlich über Jahrzehnte Fehlentscheidungen getroffen, denn Wettbewerbern der beiden Unternehmen geht es doch auch in der Krise noch relativ gut.“

Vielen, die seit Jahren nicht mehr bei Karstadt einkaufen waren oder die verfolgen konnten, wie die Zahl der Opel-Besitzer in ihrem Bekanntenkreis immer kleiner wurde, fällt es offensichtlich schwer, an die plötzliche Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu glauben, wenn Steuergelder fließen. „Wenn es wettbewerbsfähige Unternehmensteile gibt, wird es Investoren geben, die sie übernehmen werden. Es ist ein Trugschluss zu glauben, der Staat könne Arbeitsplätze retten. Der Staat kann vielleicht Unternehmen retten, keine Arbeitsplätze.“
Hätte der Staat Arcandor gerettet, so Schmidt, wären Jobs bei Konkurrenten wie Kaufhof, die ja erfolgreich am Markt agieren, gefährdet worden. Der Grund: Im seit Jahrzehnten schrumpfenden Markt der Kaufhäuser hätte das Überleben eines  gescheiterten Markteilnehmers den Wettbewerb verzerrt und die erfolgreichen Unternehmen unter Druck gesetzt. „Das gilt für alle Branchen. Wenn der Staat sich für Opel einsetzt, um dort Jobs zu sichern, gefährdet er die Arbeitsplätze von Menschen, die bei VW oder Ford arbeiten.“

Denn eines kann der Staat mit allen Steuergeldern nicht schaffen – die großen Überkapazitäten bei der Produktion auslasten. Auf absehbare Zeit werden nicht viel mehr Autos gebaut werden als im Moment – Jobs werden also wegfallen. Warum soll das bei den Unternehmen geschehen, die weniger Fehler gemacht haben als Wettbewerber und die deshalb nicht an staatlichen Rettungsmaßnahmen teilhaben?
Ohnehin sollte der Staat nach Ansicht von Schmidt, was Ausgaben betrifft, eher den Bürgern vertrauen: „Ich hätte es gut gefunden, wenn gleich zu Beginn der Krise die Einkommensteuer gesenkt worden wäre. Der wirtschaftliche Effekt dieser Maßnahme wäre sehr schnell erfolgt – auf jeden Fall schneller als bei dem Konjunkturpaket, das erst jetzt, auf dem Tiefpunkt der Krise, zu greifen beginnt.“

Arbeit am Regionplan-Ruhr beginnt 2010

Nach 43 Jahren ist das Ruhrgebiet, was die Planung betrifft, wieder für sich selbst verantwortlich. Thomas Rommelspacher (Grüne), der Planungsdezernent erklärt, was nun passiert.

Thomas Rommelspacher Foto: RVR

Ruhrbarone: Wie wird der RVR die Regionalplanung ab Oktober organisieren?
Thomas Rommelspacher: Wir errichten eine Abteilung „Staatliche Regionalplanung“, in der acht MitarbeiterInnen arbeiten. Sie ist Teil des Bereichs III „Planung“, weil hier auch die informelle Planung und die Raumbeobachtung angesiedelt sind. Die innere Struktur und Aufgabenverteilung knüpft an die bei den Bezirksregierungen übliche an.
 
Man hört, die SPD hätte sich gegen eine starke Regionalplanung gewandt. Wie kam es zur Einigung?
Grüne und SPD haben die förmliche Planung dort angesiedelt, wo das beste fachliche Umfeld gegeben ist. Das gewährleistet, dass die staatliche Regionalplanung ihre Entscheidungen vor dem Hintergrund einer aktuellen, der Komplexität der Lage im Ruhgebiet angemessenen Raumanalyse trifft.

Ganz so einig waren sich die beiden Koalitionäre wohl nicht. Michael Groschek ist extra aus Düsseldorf gekommen um den Streit zwischen SPD und Grünen zu schlichten.
Die Bezirksvorsitzenden beider Koalitionsfraktionen haben mit beraten, das ist bei wichtigen Fragen üblich. Am Ende waren wir uns einig

Was werden die Schwerpunkte der Arbeit sein?
Zunächst einmal kommt eine stetige Folge von Wünschen aus den Kommunen und Unternehmen. Meistens wollen sie Änderungen des geltenden Regionalplans. So hat z.B. der Regionalrat Münster am Montag dieser Woche auf Antrag etlicher Städte beschlossen, den Regionalpan im Bereich von Datteln und Waltrop zu ändern, Stichwort „New Park“. So etwas entscheidet künftig die Verbandsversammlung des RVR in ihrer neuen Rolle als Regionalrat für das Ruhrgebiet. Neben dem Alltagsgeschäft haben wir schon mit einigen Städten Gespräche und Workshops zur teilräumlichen Entwicklung abgesprochen. Ende 2009 legen wir dem Regionalrat Ruhr erstmals die Liste der Projekte vor, die die Landesregierung u.a. in den Bereichen Städtebau und Verkehr für die Kommunen im Ruhrgebiet bereitstellen will, zur Beratung vor. Das haben bisher die Regionalräte Arnsberg, Münster und Düsseldorf getan. Im Lauf des Jahres 2010 beginnt die Arbeit am ersten einheitlichen Regionalplan für das Ruhrgebiet seit 1966.
 
Wie weit entscheidet der RVR künftig über Projekte der Städte mit?
Die Projekte der Städte bewegen sich fast immer im Rahmen des geltenden Regionalplans. Nur bei sehr großen Flächenansprüchen, beispielsweise beim „New Park“, entscheidet die Verbandsversammlung mit.

Jetzt sind Sie zu bescheiden: in insgesamt elf Bereichen wird in Zukunft kein Weg mehr am RVR vorbei führen: Über Städtebau, Wohnungsbau, Schul- und Sportstättenbau, Krankenhausbau, Verkehr, Freizeit- und Erholungswesen, Landschaftspflege, Wasserwirtschaft, Abfallbeseitigung und Altlasten, Kultur und  Tourismus wird künftig auch im Ruhrparlament entschieden. Den Gesamtverkehrsplan wird auch der RVR erstellen.
Die Regionalräte haben bei staatlichen Förderprogrammen nur ein Mitberatungsrecht. Sie können da nicht eingreifen. Auf mittlere Sicht wichtiger scheint mir, dass die Förderkulisse Ruhr nicht mehr dreigeteilt, und dem Rheinland, dem Münsterland und dem Bergischen Land zugeschlagen wird. Erstmals gibt es für die gesamte Region Ruhr Transparenz und eine einheitliche Beratung. Das steigert die Qualität der Entscheidungen.
 
Ist die finanzielle und personelle Ausstattung ausreichen?

Ja. In NRW ist die Regionalplanung staatlich, sodass ihre Übertragung an einen Kommunalverband voll kompensiert werden muss. Hier hat das Land uns ein faires Angebot gemacht. Es deckt sämtliche Sach- und Personalkosten.
 
Was geschieht mit den Masterplänen der Kommunen?

Die sind von der Regionalplanung nicht berührt. Das gilt auch für die regionalen Masterpläne, an denen der RVR arbeitet: Kultur, Sport, Raum- und Siedlungsstruktur, Bildung.
 
Aus vielen Städten gibt es Widerstände gegen Ihre Person. Wie wollen Sie damit umgehen?
Das sehe ich nicht so! Auf der einen Seite gibt es die Einschätzung meiner Person, auf einer ganz anderen geht es um die Frage, ob es mehr regionale Kompetenzen für den RVR geben soll. Fachlich komme ich mit allen KollegInnen in den Ruhrgebietsstädten klar. Ich arbeite seit 38 Jahren in der Stadt- und Regionalplanung. Nach der IBA (1989-99), in der ich viel mitgearbeitet habe, und nach meiner Periode als grüner Abgeordneter für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in der rot/grünen Koalition in Düsseldorf (2000-05) gibt es nur wenige Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen, mit denen ich nicht schon zu tun hatte. Jenseits der gegenseitigen fachlichen Wertschätzung habe ich mit Einzelnen einen regionalpolitischen Dissens über die Rolle, die der Regionalverband Ruhr für die Entwicklung unserer Region spielen kann.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgeiet

Kommunalwahl: Sierau führt in Dortmund…Ruhr Nachrichten

Kommunalwahl II: Kandidatendiskussion in Dortmund…Ruhr Nachrichten

Schule: Schalke Stasipädagogen…Gelsenkirchen Blog

Kulturhauptstadt: Essen fehlen vier Millionen…Morgenweb

Kulturhauptstadt II: 2. Stadt: Land hat den scharzen Peter…Der Westen

Teuer: Opel kostet fünf Millionen am Tag…Der Westen

Treffen: Nachdenkseiten Gesprächskreis in Schwerte…Zoom

Twitter: 2. Twitterfestival Ruhr…Ruhr Digital

Schule: Islamischer Religionsunterricht in Dinslaken…Deutschlandradio

Castrop: Standortgemeinschaft gescheitert…Der Westen

Film: Der Terminator kommt aus Bochum…Spiegel

 

Umland

Krise: Die zehn größten Verlierer…Welt

Wissen: Eucken über den Kapitalismus…Der Morgen

Iran: Mussawi setzt auf Verhandlungen…Spiegel

Iran II: 68er unterstützen Protest…taz

Krise II: Steuererhöhungen in Sicht…FAZ

Nazis: Allianz zerbröselt…taz

Geld: Wie sollen Kreative onlien bezahlt werden?…FIXMBR

Messe: Popkomm will wieder nach Köln…Der Westen

Basteln: Katzen zu Handtaschen…Exportabel

Werbung


Del glosse Laschet Wall

NRW-Familienminister Laschet will eine Alterskennzeichnung für Internetseiten um sie besser sperren zu können.

Minister Lascher erklärt  Schutzbefohlenen den Laschet-Wall.  Foto: nrw.de

Nach einem Bericht in Der Westen will NRW Familienminister Laschet Das Interneangebote wie Filme und Spiele eine Alterskennung erhalten. "Nur auf einer solchen Grundlage ist vernünftiger Jugendme­dienschutz, der diesen Namen auch verdient, im Internet möglich", so Laschet zur Nachrichtenagentur DDP. Seine Idee: Filterprogramme könnten so ensprechende Seiten sofort blocken. Gute Idee, klappt ja auch in China. Die Politik geht den Zensurweg weiter und macht sich Gedanken, wie man dieses Interdings möglichst schnell in den Griff bekommen kann.  Und Laschet ist nicht alleine:  Roswitha Müller-Piepenkötter, die  NRW Justizminsterin, ist auch dabei. Sie setzt wie Laschet auf die chinesische Lösung und will , so erklärt sie in der Postille  CDU NRW Aktuell, zumindest auf den öffentlich zugänglichen Rechnern, beispielsweise an Unis, Filterprogramme installieren, die einen Zugriff aus indizierte Seite erst gar nicht ermöglichen. Im  nächsten Schritt dürften dann wohl nur noch  Rechner mit Zensurprogrammen verkauft werden.

Aber OK: Am Anfang wird Laschets Idee, sollte sie umgesetzt werden, dazu führen dass die Kids sich nur noch Seiten mit einem Parental-Advisory-Label  anschauen. Das war auch damals bei den CDs so, als Dieter Gorny noch gemeinsam mit ein paar Mammuts am Lagerfeuer Madonna hörte.

 

Update: Genschman holt 1,5 Millionen

Im Schatten der Ohren von Genschman wurde auf einem Sponsorentreffen auf Zollverein am Dienstag noch einmal Geld für die Kulturhauptstadt gesammelt. Zusammen kamen nach unseren Informationen 1,5 Millionen Euro.

Sechs bis sieben Millionen Euronen fehlen im Etat der Kulturhauptstadt. Gestern sollte diese Lücke geschlossen werden. Das gelang nicht, aber das Loch wurde immerhin deutlich verkleinert: Neben den 850.000 Euro der Mercator Stiftung, die nun mit 2,5 Millionen an Bord ist, hat Eon seinen Etat von über zwei Millionen Euro um weitere 100.000  Euro aufgestockt. Auch die RAG-Stiftung hat sich breitschlagen lassen: Deren Chef Wilhelm Bonse-Geuking gibt nach unseren Informationen 500.000 Euro für die Kulturhauptstadt.  Die 850.000 Euro der Mercator-Stiftung sind gehen an den  Abschlusskongress des Kulturhauptstadtjahres unter dem Titel «Our Common Future» und einen  Kongress der Nachwuchswissenschaftler aus der Region und dem Ausland auf Forschungsfeldern wie Klima, Technologie, Wirtschaft, Gesundheit und Kultur zusammenbringen soll. 

Das Geld von Eon wird wohl zu einem großen Teil in die Werbung fließen – der betreffende Etat der Kulturhauptstadt dafür wurde unlängst deutlich zusammengestrichen.

Update: Gerade meldet der idruhr weitere Sponsoren: "Auch VRR und KPMG erklären sich bereit, mehr Geld für die Kulturhauptstadt zur Verfügung zu stellen. Außerdem wollen weitere Unternehmen RUHR.2010 unterstützen. U.a. Deutsche BP, Bertelsmann, Hochtief, MAN Ferrostahl, Accenture, Air Berlin und die RAG Stiftung sagten zu, sich für die Kulturhauptstadt jeweils mit sechsstelligen Summen zu engagieren – durch direkte Finanzierungsbeiträge sowie Sach- und Personalleistungen."

iSPD: Protest im AppStore

Durch die Zustimmung zu den Netzsperren hat sich die SPD den Zorn der Internet-Community zugezogen. Der hat auch den Apple-AppStore erreicht.

Es hätte alles so schön werden können: Während die CDU das Internet  vor allem alles Hort staatlicher Regelungswut begreift und offensichtlich  als Bedrohung empfindet und das auch offen sagt, wollte sich die SPD als moderne und offene Partei präsentieren. Natürlich im Internet: Und so wurde (Zumindest bis zur Europawahl und dem Gesetz zu den Netzsperren) getwittert, gebloggt und genetzwerkelt. Und, klar, auch auf dem coolsten Gadget wollte die SPD präsent sein: Dem iPhone. Als erste Partei Deutschlands hat die SPD ein eigenes App veröffentlicht.

Gut, ich habe  schon vor ein paar Tagen darüber geschrieben und einige Verbesserungsvorschläge für das nächste Update gemacht: Warum kann man über das App keine Internetseiten zur Sperrung vorschlagen? Wieso können Mitglieder nicht online austreten? Es gäbe noch so viele ungenutzte Möglichkeiten… .

Aber  was von den Wahlkampfmanagern  als hippes Tool gedacht war, um die Modernität der Partei zu unterstreichen, geht nach  der Netzsperren-Aktion nach  hinten los. In den Kommentaren  im Appstore  entlädt sich der Protest und auch wenn Kommentare gelöscht werden –  gestern waren es zeitweise über 100, im Moment sind es 62 – gut kommt die SPD dort nicht weg: Die paar Jubelssozis (Weiter so!") sind deutlich in der Minderheit.  Typischer ist das schon was Generation C64 postet: "Sinnlose Applikation, da uns die SPD soeben gezeigt hat, dass sie keine Online-Kompetenz besitzt" und mehr als einmal liest der nach Orientierung suchende iPhone-Nutzer den alten Satz "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten." und becontinued wundert sich: "Das die sich überhaupt noch ins Netz trauen."

Das täte die SPD im Moment vielleicht wirklich besser nicht: Überall wo sie online Auftritt schlägt ihr  die blanke Wut entgegen. Der online Wahlkampf  gerät zum Rohrkrepierer – er schadet den Sozialdemokraten mehr als er nutzt.  Vielleicht wäre es im Moment für der Genossen  ratsam mit Streuselkuchen  durch die AWO-Heime zu ziehen.

 

Werbung


Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

ThyssenKrupp: Es brodelt bei den Stahlkochern…Der Westen

Kommunalwahlkampf: Dortmunder OB-Kandidaten auf dem Podium…Ruhr Nachrichten

Ruhr2010: Kunstaktion in Gelsenkirchen…Hometown Glory

Ruhr2010 II: Stadt zahlt Folkwang-Folgekosten…Der Westen

Ruhr2010 III: Hauptbahnhof Dortmund bleibt Baustelle…WDR

ARGE: Nazi soll Förderung zurückzahlen…Der Westen

Ruhr Uni: Masterplan Campus-Sanierung…Ruhr Nachrichten

Sauerland: Zwangsarbeiter-Geschichten…Zoom

Nahverkehr: „Wir alle zahlen den Preis für alte Strukturen“

Uwe Knüpfer, einer der Initiatoren des gestrigen Verkehrsgipfels, will, dass auch im Ruhrgebiet die Busse und Bahnen häufiger fahren. Aber dazu braucht es auch neue Strukturen.

Uwe Knüpfer Foto: Privat

Ruhrbarone: Herr Knüpfer, was ist als einer der Veranstalter Ihr Fazit des gestrigen Verkehrsgipfel?
Uwe Knüpfer: Zum Teil wurde uns ein beeindruckendes Schauspiel geboten. Die Vertreter der hiesigen Verkehrsunternehmen konnten wortreich erklären, warum es so, wie es ist, gut ist und es nicht anders geht. Martin Sindelar von den Wiener Linien und Hans-Werner Franz vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zeigten, dass Nahverkehr in Großstädten anders funktioniert als im Ruhrgebiet – und zwar schnell, mit dichtem Takt und preiswert.

Die Nahverkehrsbosse im Ruhrgebiet sind also einfalls- und phantasielos?
Das haben Sie jetzt gesagt. Die können ja gar nicht anders. Jeder kann nur in den Grenzen denken, planen und fahren, die ihm gesetzt sind. Aber der Zusammenschluss der Nahverkehrsbetriebe Essens, Duisburgs und Mülheims zeigt ja, dass einige Städte die Zeichen der Zeit erkannt haben. Die meisten setzen allerdings noch auf die Bewahrung überholter Strukturen. Den Preis zahlen wir alle: in Form teurer Tickets, langer Wartezeiten, unverständlicher Tarifstrukturen und lausiger Verbindungen, sobald man es wagt, nicht sichtbare Stadtgrenzen zu überfahren.

Ein guter Nahverkehr ist eine teure Sache, und Geld ist knapp im Revier.
Knüpfer: In Berlin auch, und selbst in Wien ist man finanziell nicht auf Rosen gebettet. Aber der Wiener Nahverkehr kommt mit deutlich weniger Personal aus und leistet mehr als die Heerschar der Gesellschaften im Ruhrgebiet.

Sie wollen den Busfahrern ihre Jobs wegnehmen?
Knüpfer: Nein, würden Nahverkehrsunternehmen zusammengelegt, würde kein Busfahrer seinen Job verlieren. Aber ein paar Vorstände und sonstige Häuptlinge bekämen die Chance, sich neu zu orientieren. Außerdem geht es ja nicht nur um Einsparungen: Die Beispiele aus Wien und Berlin zeigen, dass ein attraktiver Nahverkehr mehr Nutzer anzieht und auch höhere Einnahmen bedeutet. Man muss nur mutig und groß denken. Im Ruhrgebiet wird im Bereich Nahverkehr eher klein gedacht. Und über Mut müssen wir leider gar nicht erst reden. In Wien soll bald 40 Prozent der Verkehrsleistung vom Öffentlichen Nahverkehr erbracht werden – im Ruhrgebiet sind es gerade einmal elf Prozent. Die Ruhrstadt hat dadurch einen strukturellen Nachteil.

Wie hoch schätzen Sie denn die Bedeutung eines gut funktionierenden Nahverkehrssystems für den Wettbewerb mit anderen Regionen ein?
Als sehr hoch. Ein leistungsfähiges Nahverkehrssystem wird sowohl von Unternehmen als auch von Menschen, die ins Revier ziehen, einfach vorausgesetzt. Entsprechend peinlich ist die Leistung, die ihnen hier geboten wird: Ein Zehn-Minuten-Takt, wie wir ihn fordern, ist keine Spinnerei – in Wien fährt die U-Bahn tagsüber im 2,5-Minuten-Takt und nachts alle zehn Minuten. Wir haben uns daran gewöhnt, abgespeist zu werden. Aber vielleicht ändert sich das ja jetzt. Immerhin haben alle Anwesenden unserer Resolution zugestimmt. Und die Zukunftskommission der Landesregierung hat den Ausbau des ÖPNV an Ruhr und Rhein als Kernaufgabe der Landespolitik identifiziert. Unter dem Titel „10-10-60“ fasst unsere Resolution das Ziel in einer griffigen Formel zusammen: Vorbild des Nahverkehrssystems der Region muss die Vorzeige-Metropole des Landes sein. Wie in Berlin muss es auch in der Städtelandschaft Ruhrgebiet möglich sein, innerhalb von zehn Minuten die nächste ÖPNV-Haltesselle zu erreichen, maximal zehn Minuten bis zur Abfahrt des nächsten Busses oder der nächsten Bahn warten zu müssen und innerhalb von 60 Minuten jedes Ziel innerhalb der Metropolregion Ruhr zu erreichen – 10-10-60 eben. Zu Preisen wie in Berlin. Dort kostet eine Fahrt durch die komplette Metropole 2,10 Euro. Dafür kommen sie in der Ruhrstadt heute gerade von Herne bis Bochum-Mitte.