FIAT übernimmt Opel: Entdecke Rost

FIAT will Opel übernehmen. Das wird für die Autos mit dem Blitz nicht ohne Folgen bleiben. Uns wurde ein Papier zugespielt, in dem der italienische Autohersteller sein Programm für die ersten 100-Tage nach der Übernahme skizziert.

Es sind zwei Unternehmenskulturen, die mit der Übernahme von Opel durch Fiat aufeinanderprallen werden – und die Italiener haben durchaus Sorge, dass Opel für das Image der Marke Fiat gefährlich werden kann. In Turin hat man sich daher Gedanken gemacht, was in den ersten 100-Tagen nach der Übernahme zu tun ist. Herausgekommen ist ein beeindruckender Maßnahmenkatalog: Als erstes will man sich von den nach FIAT-Meinung aufgeblasenen Qualitätssicherungsabteilungen von Opel trennen ("… ist groß wie eine zu dicke Cannelloni"). Sie passen nicht zum Image der Marke FIAT, seien zu teuer und überflüssig: "Unsere Erfahrung, Automobile auch ohne Qualitätssicherung in Serie zu bauen, wird helfen, den Kostendruck bei Opel erheblich zu senken."

Auch neue Modelle für Opel hat FIAT schon in der Pipeline. Das Elektroauto Corsetta soll möglichst schnell in Serie gehen. Das von einer 12Volt-Varta-Batterie angetriebene Dreirad zielt vor allem auf den wachsenden Markt der weiblichen Autokäufer. Auch mit dem erfolgreich im Markt gestarteten Insignia hat FIAT viel vor. In dem Opel-Oberklassemodell sollen künftig FIAT-Motoren verbaut werden. Ein Vier-Zylinder mit 40 PS wird den Insignia schon bald auf eine Höchstgeschwindigkeit von über 60 Stundenkilometern katapultieren. 

Die Mitarbeiter von Opel dürfen sich auf die bekanntermaßen üppigen Sozialleistungen des italienischen Autokonzerns freuen: Dem Betriebsrat wurden in Geheimverhandlungen 30 Streiktage im Jahr zugestanden.   

Um die Zahl der Neuverkäufe zu erhöhen, will FIAT auch an der Haltbarkeit der Fahrzeuge arbeiten: "Ein zentraler Fehler der Opel-Geschäftsführung", analysieren die Automagier des Konzerns, "ist die lange Haltbarkeit der Fahrzeuge. Erhebliche Absatzsteigerungen könnten erzielt werden, wenn der Käufer spätestens nach sechs Jahren ein neues Fahrzeug braucht." Damit er das dann auch wieder bei Opel kauft, sind umfangreiche Kundenbindungsmaßnahmen geplant: Pasta-Partys bei Opel-Händlern und die Verlosung von Karten für die Spiele von Juventus Turin sollen dafür sorgen, dass die Kunden über gewisse Probleme hinweg sehen lernen.

Konjunkturgutachten mit erheblichen Unsicherheiten

Die  heute unter anderem vom RWI Essen vorgestellte Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute ist bekanntlich grauenhaft ausgefallen. Die Lektüre des Gutachtens zeigt aber auch die sehr hohe Unsicherheit der Prognostiker. Es könnte alles viel schlimmer werden – oder auch nicht.

Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute im vergangenen Jahr waren das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden: Der starke Einbruch der Weltwirtschaft nach der Pleite der US-Bank Lehmann Brothers hat die Wirtschaftsforscher schlicht kalt erwischt. Eine derartige Eskalation konnte sich niemand von ihnen vorstellen.

Im vergangenen Herbst  erklärte einer von Ihnen bei einem Hintergrundgespräch was denn die theoretisch schlimmste Etwicklung sei, die man sich vorstellen können. Nach längerem zögern lautete die Antwort -fünf % – aber mit der Einschränkung dass, die Chance eines solchen Einbruchs sehr gering, ja nur theoretisch bestehen würde. Nun lautet die Prognose sechs Prozent.

Aber auf diese sechs Prozent legen sich die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsprognose nur sehr zögerlich fest. "Die Annahme ist mit großer Unsicherheitbehaftet. (…) Die Prognosebasiert vor allem auf der Annahme,dass es zu einer, wenn auch sehr langsamen, Gesundung des internationalen Bankensystems kommt." Tritt diese Gesundung nicht ein, so die Gutachter, könnte eine erneute verstärkung der Vertrauenskrise zu einer sich weiter rapide beschleunigenden Rezession führen: "Die Folge könnte ein nochmaliger Einbruch bei Bestellungen und Produktion sein." 

Aber, und das ist die gute Nachricht, es könnte auch schneller wieder nach oben gehen – mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie der noch stärkere Zusammenbruch: "Es bestehen aber auch Aufwärtsrisiken(!) ,denn es ist ebenso gut möglich, dass sich die Konjunktur in Deutschland schneller erholt als prognostiziert. Könnte die internationale Bankenkrise rasch gelöst werden und die Kreditvergabe  schon bald wieder annähernd wie in normalen Zeiten funktionieren, dann würde die expansive Geldpolitik voll wirken."

Die Unsicherheit bei dieser Prognose ist also besonders hoch. Schade nur, dass  in den vergangenen Monaten von zwei Möglichkeiten immer die Schlechtere eingetreten ist. Aber so ist das wohl wenn man eine Krise von historischen Ausmaßen erlebt.

Das gesamte Gutachten kann man sich hier herunterladen. Die Lektüre lohnt: www.rwi-essen.de

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Die ultimative Elke Heidenreich Selbstdemütigung

Elke Heidenreich gibt dem iPhone Hausverbot. Ein Sendeverbot für "WeiterLesen" auf dem SternApp will sie aber wohl lieber nicht.

Ich habe die TV-Show "Lesen" von Elke Heidenreich nie gesehen. Auch das legendäre "Literarische Quartett" hat mich nie interessiert. Warum ich mich ausgerechnet im Fernsehen über Bücher informieren sollte. konnte ich nie nachvollziehen. Die Buchbesprechungen in Zeitungen, Magazinen und dem Internet reichten mir immer vollkommen aus.

Das TV-Bashing von Reich-Ranitzki fand ich ganz witzig, aber mehr auch nicht. Als Elke Heidenreich nachlegte war das dann nur noch peinlich. Ihre Sendung "Lesen" wurde abgesetzt, was mir nichts ausmachte und lief kurz darauf als "WeiterLesen" nur noch im Internet. Auch da wollte keine die launige Elke sehen. Es wurde ruhig um Sie. Aber Heidenreich ist ja ein ausgefuchster Medienprofi und brachte sich mit Meckerei gegen das iPhone wieder ins Gespräch – in ihrem Haus hätten die Dinger Hausverbot und wer ein IPhone hat würde ohnehin nicht mehr lesen. Blödes Gerede eines ex-TV-Stars der mal wieder etwas Publicity braucht. Und so habe ich gestern WeiterLesen in einer Kurzversion gesehen – die Show war als Video im SternApp für das iPhone eingebunden – in dem Artikel, in dem über Heidenreichs Tech-Nörgelei berichtet wurde. Schon ein wenig peinich wenn man nun von den Medien abhängig ist, die an eigentlich tief verachtet. WeiterLesen haben ich mir zwei Minuten lang angeschaut. Ich fand es unerträglich blöd. Dann legte ich das iPhone weg und Griff zum Buch: Peter Watson: Ideen – Eine Kulturgeschichte von der Entdeckung des Feuers bis zur Moderne".  Tolles Buch – wenn man es liest kommt man gar nicht mehr auf die Idee, einen Fernseher einzuschalten.

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Schön, das wir darüber gesprochen haben…

OK, wäre  Ossi Urchs, in den 90er Jahren Minister for Tomorrow unser Ministerpräsident und nicht sein damaliger Amtskollege, der ehemalige Zukunftsminister Jürgen Rüttgers Ministerpräsident von NRW, der Bericht der Zukunftskommission wäre unterhaltsamer und futuristischer ausgefallen. Viel weniger Inhalt hätte er wohl nicht gehabt.

Ralf Dahrendorf, Bodo Hombach, Alice Schwarzer, Jürgen Großmann, Hubert Kleinert, Jürgen Flimm und viele andere: Die Zukunftskommission des Landes war wahrhaft prominent besetzt. Und politisch facettenreich zugleich: Aus jeder Partei, aus jeder gesellschaftlichen Schicht, aus allen Bereichen waren sie heute gekommen um Jürgen Rüttgers ein Papier vorzulegen mit Überlegungen, wie es denn 2025 in NRW so zugehen könnte. Sie gaben Rüttgers weniger klare Antworten als Fragen, die sie  mit gut  abgewogenen Maßnahmen  gleich mit beantworteten: Warum nicht nachgelagerte Studiengebühren? Warum nicht ein allgemeiner Sozialdienst für alle jungen Frauen und Männer? Warum nicht ein garantiertes Mindesteinkommen für alle? Warum nicht ein staufreies Ruhrgebiet durch intelligente Autobahnen? Warum nicht Kernkraft fortentwickeln und als Energiequelle weiter nutzen? Warum nicht die Möglichkeiten der Forschung mit humanenembryonalen Stammzellen erweitern? Warum nicht ein kostenloser Zutritt zu den Dauerausstellungen der Museen? Warum nicht Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Bund und Land einführen? Warum nicht stärker die Erfahrung von älteren Menschennutzen? Warum nicht ein Kopftuchverbot auch für Schülerinnen?

Das meiste was die Kommission vorgeschlagen hat ist vernünftig, entspricht dem was viele denken wenn sie sich einmal außerhalb der ideologischen Debatten bewegen und nicht mit der verbalen Keule aufeinander losgehen. Über Forderungen nach einer weiteren Prüfung der Nutzung der Kernenergie wird es trotzdem ebenso eifrige Debatten geben wie über das Kopftuchverbot und so hat Der Westen auch schon fröhlich ausgerufen, dass nun die öffentliche Debatte beginnen kann. Schade, sie wäre schärfer ausgefallen wenn die Kommission sich nicht bei der Beantwortung jeder Frage um Konsens bemüht hätte. Und das klingt dann so:

Warum nicht ein garantiertes Mindesteinkommen für alle?
Worum geht es?
Jedem Menschen soll ein Mindesteinkommen zustehen, nicht weil er arm ist oder arbeitslos, sondern in seiner Eigenschaft als Bürger dieses Landes (Bürgergeld). Das Einkommen wird bedarfsunabhängig gezahlt, das heißt ohne eine Prüfung seiner wirtschaftlichen Lage oder die seiner Eltern, Kinder oder Partner. Zugleich sind mit dem Bürgergeld alle sozialen Ansprüche abgegolten. Es gibt keine weiteren Zahlungen.

Was spricht dagegen?
 
Wenn alle das Gleiche erhalten, dann sprengt das
Mindesteinkommen alle Vorstellungen von Gerech-
tigkeit und jede Bereitschaft zur Solidarität.
 
Leistung ohne Gegenleistung unterhöhlt die Fun-
damente unserer Marktwirtschaft.
 
Trotz Bürgergeld kann es zu sozialer Not kommen,
insbesondere dann, wenn Einzelne nicht haushalten
können. Dann muss der Staat wie bisher einspringen.

Das garantierte Mindesteinkommen ist entweder zu
niedrig, aber bezahlbar, oder zu hoch und sprengt
dann alle Haushalte.

Was spricht dafür?
Soweit es sich um ein bedingungsloses Grundein-
kommen handelt, das alle Bürger in gleicher Höhe
und ohne Bedarfsprüfung erhalten, ist es nicht
diskriminierend.

Es ist unkompliziert, transparent und verhindert
Leistungsmissbrauch.

Das Bürgergeld versetzt Bürger in die Lage, sozial
sinnvolle Aktivitäten zu entfalten u.a. im sozialen,
wirtschaftlichen oder auch künstlerischen Bereich.

Was kann das Land tun?
Das Bürgergeld kann nur bundesweit eingeführt werden. Deshalb könnte Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative starten mit dem Ziel, das gesamte System der Sozialleistungen durch ein garantiertes Mindesteinkommen zu ersetzen. Allerdings wäre es sinnvoll, vorab wichtige offene Fragen zu klären: Welche von den Vorschlägen taugen? Welche auf dem Markt befindlichen Varianten können in unserer Sozialen Marktwirtschaft tatsächlich durchgesetzt werden, ohne den Haushalt zu sprengen?

Viele der Vorschläge klingen zudem wie schon hundert mal gehört:  Der Versuch imt High-Tech die Autobahnen im Revier staufrei zu machen nennt sich Ruhrpilot und hat gute Aussichten aus der Erprobungsphase gleich ins Technikmuseum umziehen zu können.  Ich hätte mir gewünscht die Kommission hätte sich auf harte Vorschläge geeinigt und wäre dann in die Debatte eingestiegen. Was jetzt herausgekommen ist, macht jeden ein wenig glücklich, jeden aber auch ärgerlich. Kurzum: Missglückte Konsenspolitik.  

Anstatt Vorschläge zu machen, was man tun könnte hätte eine Beschreibung dessen was in den nächsten Jahren kommen könnte viel genutzt. Die Fakten finden sich alle im Bericht: Das Ruhrgebiet hinkt hinterher, die Akademikerquote im Land ist lausig, unsere Hochschulen bilden Akademiker für den Export aus, wir überaltern rasant. Als erstes einmal hätte man die Frage stellen müssen: Was ist falsch gelaufen? Denn wir sind da wo wir sind obwohl wir seit Jahrzehnten versuchen genau dort nicht hinzukommen. Ohne eine Fehleranalyse kann es keine vernünftigen Vorschläge für die  Zukunft geben.

Als nächsten Schritt hätte man erklären müssen, was alles nicht mehr gehen wird: Rente in den 50ern, die Subventionierung alter Industrien und des ländlichen Raums. Der globale Wettbewerb wird zunehmen und dafür sorgen, dass unsere Auswahlmöglichkeiten begrenzt sein werden. Und über diese begrenzten Auswahlmöglichkeiten müssen wir dann reden: Dabei geht es vor allem um eine Frage: Woher bekommen wir Jobs? Ohne Jobs kein Geld, keine Kultur, keine Integration. Die Frage nach der wirtschaftlichen Zukunft des Landes ist zentral. Wofür wollen wir noch Geld ausgeben und wo müssen wir es sparen? Beispiel Grundeinkommen als Ersatz für andere Sozialleistungen: Wer sagt den Leuten im Sozialamt dass sie überflüssig geworden sind, wenn es kommen sollte? Nur über einen massiven Stellenabbau in diesem Bereich wird sich so eine Idee finanzieren lassen. Ich höre die Schreie der Beamten schon heute.

Der Bericht der Kommission ist zu nett. Er hätte klarer und härter ausfallen müssen. So ist nur ein schönes Papier für die Schublade entstanden und ein netter Pressetermin für Rüttgers.