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Keine Kohle für Arcandor

Der Staat sollte lieber in Bildung und Wissenschaft als in die Rettung von Opel und Arcandor investieren.

Jedes Jahr geben wir Milliarden Euros dafür aus, des Menschen unter der Erde nach Kohle graben, die man wesentlich billiger importieren kann. Mit jedem Tag, den sie in der Erde buddeln vergrößern sie zudem die Ewigkeitskosten. Noch Jahrzehnte nach dem Ende der letzten Zeche wird der Bergbau den Bürgern jährlich viele Millionen kosten. Naiv zu glauben, dass die Einnahmen der Kohlestiftung ausreichen werden, sie zu tragen. Am Ende zahlen wir für die Folklorewirtschaft Bergbau.

Und vielleicht zahlen wir ja auch bald für Karstadt und Opel und alle die anderen, die hinter den Büschen hervorkommen werden. Ist nicht auch Schaeffler rettenswert? Und vielleicht auch Porsche? Warum nicht auch Hertie? Und wieso nicht der kleine Handwerksbetrieb um die Ecke, der einfach nur Pech hatte und sich nicht verzockt hat? Es steht zu befürchten, dass sich die Liste der Unternehmen, die auf staatliche Hilfe drängen in den kommenden Monaten vergrößern wird – und längst nicht allen sollte geholfen werden. Und was ist wenn Fiat oder Magna in fünf Jahren nochmal Geld vom Staat wollen? Sagen wir dann nein? Vor einer Wahl sicher nicht.

Aber die Banken…
Der Staat rettet mit unserem Geld die Banken. Und er tut es mit verdammt viel von unserem Geld. Das wird uns und wohl auch noch unseren Kindern noch sehr lange teuer zu stehen kommen. Selbst große Anhänger einer strikten Ordnungspolitik sehen zu den Bankenrettungsmaßnahmen keine Alternative – was ich extrem beunruhigend finde, denn generell muss im Kapitalismus gelten: Wer sein Unternehmen gegen die Wand gefahren hat, muss pleite gehen. Wissen die großen Banken, jene die „To big to fail“ sind, dass ihnen nichts geschehen kann, werden sie in Zukunft noch riskanter agieren und im Wettbewerb die kleineren und mittleren Banken, die sich nicht der staatlichen Fürsorge sicher sein können, vielleicht vom Markt verdrängen. Sie haben damit eine Position, die sich ebenso wenig mit der Idee des Kapitalismus verträgt wie Monopole oder Kartelle – und genau so, wie gegen Kartelle und Monopole vorgegangen wird (oder besser: vorgegangen werden sollte) muss eine Lösung für den Bankensektor gefunden werden, die es möglich macht, das große Banken pleite gehen können, ohne die gesamte Wirtschaft in den Abgrund zu reißen. Die Rettung des Finanzmarktes in der aktuellen Krise muss der Anlass sein, den Finanzmarkt in dieser Richtung zu ordnen – sonst wird er dauerhaft nicht funktionieren.

Opel und Karstadt

Von Opel und Karstadt hängt das funktionieren unserer Wirtschaft indes nicht ab: Opel hat seinen Marktanteil in den vergangenen Jahrzehnten halbiert und auch Karstadt ist seit langer Zeit in der Dauerkrise.Für Karstadt kommen, auch wenn das Unternehmen jetzt gerettet werden sollte, die harten Zeiten erst noch – dann, wenn die Kris eden Einzelhandel voll erwischt was mit den steigenden Arbeitslosenzahlen bald der Fall sein wird. 

Beide Unternehmen wurden schlecht geführt. Opel hat seinen einstmals guten Ruf mit jahrelangen Qualitätsmängeln ruiniert und Karstadt ist es nicht gelungen, sich auf die Veränderungen im Einzelhandel einzustellen – im Gegensatz zu Kaufhof.
Der Staat sollte also sehr genau schauen, ob er diesen Unternehmen mit unserem Geld hilft – ihre Probleme haben mit der Wirtschaftskrise nicht viel zu tun, sind nicht in absehbarerer Zeit vorbei sondern strukturell. Anders ist das beispielsweise bei Mittelständlern, die keinen Kredit mehr bekommen, weil die Banken in der Krise ihre Kreditbedingungen verschärft haben – hier sollte der Staat eingreifen und bürgen, denn diese Unternehmen sind oftmals gesund und Opfer der Krise. So dogmatisch sie sterben zu lassen, sollte niemand sein. Opel und Karstadt hingegen sind keine Opfer – die Unternehmen haben als Unternehmen versagt (Wobei Opel ja noch nicht einmal ein richtiges Unternehmen ist, sondern nur ein Teil von General Motors – und die US-Autoindustrie ist schon seit Jahrzehnten in einer Dauerkrise. Zudem gibt es weltweit große Überkapazitäten im Automobilbau.) Normal, dass die schwächeren Anbieter in Zeiten eines Nachfragerückgangs als erste einknicken.
Für gute Karstadtlagen werden sich ebenso Interessenten finden wie für die attraktiven Teile Opels. Und diese Interessenten werden Geld für diese Unternehmensteile zahlen und zumindest einen Teil der Jobs erhalten. Und wer weiß: Vielleicht ist die Automobilindustrie ja gar keine Zukunftsbranche mehr, die unbedingt erhalten bleiben muss. Vielleicht steht sie ja vor gewaltigen Umbrüchen und Opel ist erst der Anfang – und gegen solche Umbrüche kann sich ohnehin kein Staat stemmen.
Auf keinen Fall sollte sich die Bundesrepublik erpressen lassen – weder von Arcandor noch von Magna oder Fiat. Eine Insolvenz ist immer noch besser als Milliarden Steuereuros zu versenken.

Was tun?
Der Staat kann mit unserem Geld eine Wette auf die Zukunft abschließen: Vielleicht zahlen ja Magna, Arcandor oder Fiat die Kredite zurück, die der Staat vergeben und verbürgen soll – dann ist alles glatt gegangen. Vielleicht zahlen sie ihre Schulden aber auch nicht zurück – dann bleiben wir auf den Schulden sitzen und das Geld fehlt. Mit dem kann man aber eine Menge gute Sachen machen – und viele sind für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wesentlich wichtiger als Karstadt und Opel (Oder gar den Erhalt des Schickedanz-Vermögens, für dessen Erhalt Frau Schickedanz, die größte Arcandor  Aktionärin, nicht gerade viel geleistet hat. Wieso verkauft Arcandor nicht andere Unternehmensteile um Karstadt zu retten, wenn es denn eine Chance hat? Eben!): Zum einen muss deutlich mehr Geld in Schule und Wissenschaft investiert werden. Zu viele Jugendliche verlassen ohne Schulabschluss die Schulen, die Betreuung muss ebenso ausgebaut wie der bauliche Zustand vieler Schulen verbessert werden. Die Qualität der Universitäten muss verbessert werden und das am besten ohne Studiengebühren. Deutschland hat im internationalen Vergleich wenige Studenten – und auch die Wissenschaftsleistung der Universitäten kann noch gesteigert werden. Dort werden die Technologien entwickelt, die unseren Wohlstand künftig sichern müssen – nicht am Grabbeltsich von Karstadt.
Und wenn der Staat dann noch meint, dass er Unternehmen direkt Geld zukommen lassen sollte,kann er ja Unternehmensgründern bei den ersten Schritten helfen, und nicht alten Unternehmen, die ihre besten Zeiten hinter sich haben.

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Richard Hell

Auf Der Westen gibt es ein schönes Interview mit Richard Hell. Oben seht ihr das Video zu dem Stück Blank Generation. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang auch die CBGBs Dokumentation, die man komplett auf Youtube findet.

Dort begegnet der geneigte Zuschauer  auch Blondie, den Ramones und Jim Jarmusch. Viel Spaß…

 

Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6,

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„Gegen Dortmunder Zustände“

Vor knapp einer Woche wurde ein 40jähriger in Dortmund ins Koma geprügelt. Ein neuer Fall von rechtsextremistischer Gewalt? Am morgigen Samstag findet aus diesem Anlass eine Demonstration unter dem Motto "Gegen Neonazis und gegen Dortmunder Zustände statt."

Festgenommene Nazis am 1. Mai Foto: Görges

Der 40jährige wurde am vergangenem Sonntag von einer Gruppe schwarzgekleideter Jugendlicher vor einem Lokal der Dortmunder Fan-Gruppe The Unity so schwer zusammengeschlagen, dass er noch immer im Koma liegt und sich in Lebensgefahr befindet. Die Dortmunder Polizei nahm gestern einen 18jährigen vorläufig fest, gibt aber zu dessen Hintergründen keine Auskünfte. Stammt der Täter aus dem rechstradikalen Umfeld, ist er ein Hooligan oder war der ganze Vorfall nur eine Schlägerei die unglücklich eskalierte?

The Unity weist jeden Zusammenhang mit der Tat von sich und betont mit Rechtsradikalen nichts zu tun zu haben: "Abschließend möchten wir mit aller Deutlichkeit sagen, dass wir keine rassistische oder gar neofaschistische  Gruppierung sind. Wir haben in der Vergangenheit das eine oder andere Mal deutlich unsere Meinung zu diesen Themen gesagt. In unserer Gruppe und auch unserer Kneipe hat Rassismus keinen Platz – unsere Gruppe vereint viele Charaktere, Hautfarben, Nationalitäten, Generationen. Toleranz ist für uns einer der wichtigsten Eckpfeiler unseres gemeinsamen Gruppenlebens. Wir distanzieren uns von den Tätern – egal aus welchen Kreisen sie kommen."

 Auch die Dortmunder Nazis wollen mit der Tat nichts zu tun haben. Auf einer ihrer Internetseiten erklären sie zu dem Überfall: "Die genauen Umstände der Auseinandersetzung sind bisher noch nicht bekannt. Zwar ist dieser Vorfall bedauerlich, aber in einer 600.000 Einwohnerstadt wie Dortmund auch nicht unüblich." Der im Koma liegende 40jährige ist den Nazis allerdings nicht unbekannt: "Das Opfer ist Ausländer und hatte wenige Tage vor der Konfrontation ein T-Shirt getragen, auf dem Gewalt gegen Rechts legitimiert wird."

In Dortmund kommt es seit Jahren häufig zu Überfällen von Rechtsradikalen. Noch am 1. Mai wurde eine DGB Demo überfallen, 2005 ein Punker von einem Neonazi erstochen. Auch wenn die Hintergründe der Tat vom Sonntag noch nicht aufgeklärt sind – niemanden würde es überraschen, wenn es einen rechtsradikalen Hintergrund gäbe.

Anlass für die Antifaschistische Union Dortmund zu einer Demonstration am morgigen Samstag um 13.00 Uhr auf dem Vorplatz des Dortmunder Hauptbahnhofs aufzurufen: "Egal was die offiziellen Ermittlungen letztlich ergeben: Es ist in Dortmund nicht unwahrscheinlich Opfer neonazistischer Gewalt zu werden", heißt es im Demoaufruf.

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Zum Glück gibt es Hertie…

14 der 54 Hertie-Filialen, die in den kommenden zwei Monaten geschlossen werden, liegen im Ruhrgebiet. Das Aus für die Kaufhäuser wird ganze Innenstädte verändern – und unliebsame Wahrheiten endgültig ans Tageslicht bringen.

Bis Mitte der 90er Jahre lebte ich in Gladbeck. Eine allzu aufregende Stadt war das nie und natürlich auch keine Einkaufsstadt. Wenn man „richtig“ einkaufen ging, fuhr man mit dem Bahnbus nach Essen. Aber das machte man nur ein- oder zweimal im Jahr. Den Rest der Zeit ging man in der Gladbecker Innenstadt bummeln – und das ging noch in den 90er Jahren ganz gut: Es gab ein Peek & Cloppenburg, Karstadt und Woolworth. Es gab drei Plattenläden, zwei Buchhandlungen, ein paar Jeans-Stores, Adis-Sportstube für Turnschuhe (auch Boris Becker und Steffi Graf kauften bei Adi!), Schüren, wo man für die Oma und die Mutter zu Weihnachten irgendwelche Vasen und anderen Kram kaufte. Man kam in Gladbeck zurecht. Man bekam beinahe alles, konnte nur keine Preise vergleichen. Gladbeck war eine richtige Stadt.

Das hat sich geändert. Eine Stadt ist immer ein Ort um einen Markt herum – hier kann man einkaufen. Gladbeck ist kein solcher Ort mehr: Die Plattenläden gibt es heute genau so wenig wie Karstadt, Woolworth, Peek & Cloppenburg oder Schüren. Gladbeck ist endgültig zum Vorort von Essen geworden – genau wie Herne kaum mehr als ein Vorort von Bochum und Marl ein Vorort von Recklinghausen ist. Diese Erkenntnis ist für viele Kommunalpolitiker und Bürger bitter – aber an der Realität ändert das nichts.
Und an dieser Realität können die Kommunen kaum etwas ändern: Durch das Wegbrechen der Gewerbesteuereinnahmen haben sie kaum die Mittel, ihre Innenstädte attraktiver zu gestalten. Klar, in die leerstehenden Immobilien werden bald neue Läden einziehen – aber nicht mehr auf der gesamten Fläche. Ein gutes Beispiel für das, was den Städten droht, ist das ehemalige Peek & Cloppenburg-Kaufhaus in Gladbeck: Nachdem das Textilunternehmen die Stadt verlassen hat, stand es jahrelang leer, dann war für kurze Zeit auf Teilen der unteren Etage ein Ramscher mit  etwas merkwürdigen Öffnungszeiten untergebracht.

Für die betroffenen Städte und Stadtteile trifft verschärft zu, was für das gesamte Ruhrgebiet gilt: Die Perspektive ist ungünstig. Durch den sich bald noch verstärkenden Schrumpfungsprozess sind die Innenstädte keine attraktiven Einkaufsquartiere mehr, und die vielen geplanten Einkaufszentren werden die Entwicklung noch beschleunigen. Die Kommunen wären klug, wenn sie das erkennen würden und keine Steuermittel im Kampf gegen die Wirklichkeit verschwenden, sondern ihre Innenstädte zurückbauen würden. Ihre Zukunft liegt darin, sich zu kleinen Stadtteilzentren für den täglichen Bedarf zu entwickeln, in denen man auch noch nett einen Kaffee trinken kann. Mehr wird für die meisten nicht drin sein.

Die „Perspektive Vorort“ ist indes nicht so schlimm wie sie klingt. Sie entlastet und eröffnet neue Handlungsspielräume. Wer einmal verinnerlicht hat, dass er keine zentralen Aufgaben zu erledigen hat – weder im Kultur- noch im Konsumbereich, bekommt den Kopf  frei für Projekte, die der eigenen Stadt und ihren Bürgern nutzen.

Ein schönes Beispiel für kleinstädtische Hybris ist die Stadt Marl. Noch vor wenigen Jahren diskutierten die Politiker im Rat ernsthaft die Perspektive, auf über 100.000 Einwohner zu wachsen – in Wirklichkeit liegt die Zukunft der Stadt nach aktuellen Prognosen bei knapp über 80.000 Einwohnern. In Marl glaubte man, immer zentrale Funktionen für das nicht existierende Umland wahrnehmen zu müssen: Zahlreiche klassische Konzerte, ein viel zu großes Einkaufszentrum und das Skulpturenmuseum Glaskasten zeugen noch heute von einer etwas verschrobenen Selbstwahrnehmung. Die Stadt gibt viel Geld aus, um ihr Bild als Kulturstadt und wichtiges Einkaufszentrum zu behalten. Anstatt Geld für etwas auszugeben, was man nicht ist, wäre eine Aufgabenkritik sinnvoller: Marl kann kulturell mit Recklinghausen und erst Recht nicht mit Bochum, Dortmund oder Essen mithalten. Punkt.

Will man den Bürgern Spitzenkultur bieten, sollte man sie in Busse packen und in eben diese Städte fahren oder Geld für einen guten Nahverkehr ausgeben. Im Kulturbereich könnte man sich auf Angebote für wenig mobile Gruppe wie Kinder oder Alte beschränken – und das dann wirklich gut machen. Auch eine gute Stadtbücherei, die Marl einst hatte und die seit Jahren verkommt, wäre wichtig. Marl sollte wie jede andere Stadt um Bürger werben und sich in den Wettbewerb mit anderen Kommunen begeben – aber auf Feldern, auf denen man gewinnen kann: Warum versucht eine Stadt wie Marl nicht das beste Betreuungsangebot für Kinder hinzubekommen? Die am besten ausgestatteten Schulen  zu haben? Der Vorteil, Vorort zu sein, ist es, sich nicht verzetteln zu müssen, nicht alles anbieten zu müssen. Im Ruhrgebiet bieten die Städte im Zentrum gute Einkaufsmöglichkeiten und ein gutes Kulturprogramm – die Vororte sollten mit Wohn- und Bildungsqualität auftrumpfen. Und über einen Nahverkehr verfügen, der es ihren Bürgen möglich macht, die Angebote im Zentrum wahr zu nehmen.

Das Aus der Hertie-Standorte ist eine gute Gelegenheit für Städte wie Marl oder Gladbeck, sich über ihre eigene Rolle im Ruhrgebiet Gedanken zu machen – und vielleicht endlich eine realistische Perspektive zu entwickeln. Vorort zu sein ist gar nicht so schlimm, wenn man es richtig anstellt.