Oberhausen ist pleite und sucht die Schuld bei anderen – zu Unrecht. Oberhausen hatte mehr Chancen als die meisten Städte im Ruhrgebiet.
In den 90er Jahren waren Tourismus, Freizeitwirtschaft und Medien die großen Heilsbringer. In einem viel höheren Maße als heute die Kreativwirtschaft setzten einige Städte auf diese Branchen. Vorreiter war Oberhausen. Polilisch perfekt vernetzt – der Oberhausener Sozialdemokrat Heinz Schleußer war Finanzminister unter Johannes Rau, erhielt die Stadt Mittel zum Strukturwandel die auch aus heutiger Sich atemberaubend wirken – Über 100 Millionen Euro an staatlichen Fördermitteln aus den unterschiedlichen Töpfen flossen in das Projekt HDO, das am Anfang weit mehr sein sollte als das Trickfilmzentrum, als dass es heute den meisten in Erinnerung ist: Bei HDO sollte das Fernsehen der Zukunft entwickelt werden: Hochauflösend und analog. Schon damals in den Augen vieler Experten nichts als reiner Unfug, denn spätestens seit dem Siegeszug der CD war klar, dass die Digitalisierung der Medien der zukünftiges Entwicklungspfand sein würde – Clement sah das allerdings anders und gehörte zu den Unterstützern von HDO – wie immer unbelehrbar und für den Steuerzahler mit verheerenden Wirkungen.
Doch der ganz große Wurf für Oberhausen sollte nicht das HDO werden sondern die Neue Mitte Oberhausen. Der aus den drei Teilen Alt-Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld 1929 zusammengefügten Stadt fehlte ein Zentrum: Dort lag die Gutehoffnungshütte. Als die in den 80er und 90er Jahren Betriebsteil für Betriebsteil schloss träumte man in der Stadt vom großen Wurf: Auf einer Fläche von 143 Hektar sollte eine Neue Mitte entstehen. Nach verschiedenen gescheiterten Anläufen wurde 1996 schließlich mit Fördermitteln von weit über 400 Millionen Euro das Centro angesiedelt. Auf dem Rest der Fläche sollte ein Projekt Namens O.Vision entstehen.
Um das Centro herum sollten sich zudem zahlreiche Unternehmen ansiedeln und die große Brachfläche mit neuem Leben erfüllen – und Jobs bringen. Alleine im Centro sollten 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen.
Die Rechnung ging nicht auf – zwar war das Centro ein Erfolg, aber nur gut 5000 neue Jobs sind entstanden – gut die Hälfte davon in Teilzeit. Sie wurden erkauft durch einen massiven Jobverlust in den traditionellen Zentren Oberhausens und seinen Nachbarstädten.
2500 Vollzeitjobs für fast 500 Millionen Euro Förderung – keine wirklich gute Bilanz.
Und neben den Jobs fehlen Oberhausen die Steuereinnahmen – deshalb ist die Stadt heute mit 6759 Euro pro Einwohner die am höchsten verschuldete Stadt in ganz NRW. Sie hat auf das falsche Pferd gesetzt. Die Situation wäre heute noch schlimmer, wenn das Land bei den Plänen zum Gesundheistpark O.Vision, für den es nie ein vernünftiges Geschäftsmodell gab, 2006 auf die Bremse getreten hätte. Eine der Hauptverantwortlich hatte das zu diesem Zeitpunkt längst erkannt: Burkhard Drescher, erst Stadtdirektor und später OB Oberhausens trat 2005 nicht mehr an und wechselte in die Privatwirtschaft. Heute ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der GAGFAH Group, einer Immobilienverwaltung im Besitz der Fortress Investment Group. Als er ging galt er vielen als ungeschlagener Held des Struktutwandels.
Und anstatt nach den Fehlern im eigenen Handels zu suchen, macht sein Nachfolger Klaus Wehling alle für das Scheitern der Stadt verantwortlich, nur nicht diejenigen, die auf das falsche Pferd gesetzt haben. Perl-Online vermutet gar eine Intrige der Landesregierung. Klar, die Finanzlage der Städte ist prekär, für viele Belastungen können sie nicht, aber Oberhausen gehört zu den Städten, die sich erst einmal an die eigene Nase fassen sollten.