Schlingensief in Bochum nur knapp gescheitert

Anselm Weber wird ab 2010 neuer Intendant des Schauspielhauses Bochum. Die Stadt hätte allerdings auch gerne Christoph Schlingensief geholt.

Foto: Schlingensief Homepage

Die Berufung Schlingensiefs scheiterte aber vielleicht nicht nur, wie der Regisseur in einem Interview mit der WAZ es darstellt, an Bochums Kulturdezernenten Michael Townsend. Möglicherweise lag es auch daran, dass ein Partner Schlingensiefs nicht nur Verfügung stand – das erzählte zumindest ein Mitarbeiter der Bochumer Kulturverwaltung den Ruhrbaronen: Die Doppelspitze Schlingensief als künstlerischer Direktor und ein nicht inszenierender Intendant sei nicht gelungen, weil die für die Verwaltung vorgesehene Intendant, wohl Schlingensiefs Freund Armin Petras, Intendant des Gorki-Theaters in Berlin, zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht nach Bochum kommen konnte.

Schlingensief, so der Mitarbeiter der Kulturverwaltung Bochums, hätte natürlich ein großer Wurf werden können. Aber so ist das halt: "Schade dass es nicht geklappt hat, aber mit Weber haben wir nun auch einen großartigen Intendanten."

     

CDU kritisiert Brauser

Die CDU-Fraktion im RVR kritisiert den Chef der Ruhrgebiets-Wirtschaftsförderung Hanns-Ludwig Brauser.

Hanns-Ludwig Brauser. Foto: Ruhrbarone

Der Grund: Brauser hat ein gemeinsam mit den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets erarbeitetes Papier nicht mit dem Ruhrparlament und dem RVR abgestimmt, deren 100prozentige Tochter die Wirtschaftsförderung Ruhr ist. Dirk Schmidt von der CDU-Fraktion im RVR: "Gesellschafter der wmr sind nicht die 15 Oberbürgermeister und Landräte eines nicht existierenden Städtebunds Ruhr, sondern ist weiterhin der RVR. Strukturwandel und Sockelbergbau sind regionale Themen und müssen vom RVR als einzige politische Klammer der Metropole Ruhr behandelt werden."

Echt! Pop-Protokolle aus dem Ruhrgebiet

Mit „Echt! Pop-Protokolle aus dem Ruhrgebiet“ ist den Herausgebern Johannes Springer, Christian Steinbrink und Christian Werthschulte ein Buch gelungen, dass von nun an das Standardwerk zum Thema Popkultur und Ruhrgebiet sein wird.

Im Laufe der Jahre, die ich mich mit dem Ruhrgebiet beschäftige habe ich unzählige Bücher über die Region gelesen. Keines kam an analytischer Schärfe, Kenntnisreichtum und Liebe um Detail an „Echt! Pop-Protokolle aus dem Ruhrgebiet“ heran. Springer, Steinbrink und Werthschulte ist mit dem Buch der ganz große Wurf gelungen: Mehr als ein Dutzend Autoren beschreiben in Artikeln und Interviews die Entwicklung der Popkultur der vergangenen Jahrzehnte, werfen einen Blick auf die sich bis in die Gegenwart fortsetzenden Probleme und benennen das aktuelle Elend.
Norbert Nowotsch beschreibt den Aufbruch der Szene im Marl der 60er Jahre zwischen Musikexperimenten und radikalpolitischen Ansprüchen und erinnert auch an den 1995 verstorbenen Biby Wintjes aus Bottrop, der die Stadt für Jahrzehnte zu einem der wichtigsten Zentren der Undeground Press und Literatur machte.

Rolf Lindner widmet Wintjes, den ich als sehr zurückhaltenden und lieben Menschen in Erinnerung behalten werde, und seinem Infodienst Ulcus Molle weiter hinten ein ausführliches Portrait. Der Leser  erfährt aus dem Alltag von Psychos in den 90ern, der Entwicklung der Industrial Szene und dann ist da noch eines der schönsten Portraits über den Schriftsteller Wolfgang Welt, die ich jemals gelesen habe. Keine Spur von dem verlogenen Mitleid, ohne das kaum ein Artikel über Welt auskommt, sondern eine sensible Bestandsaufname des Phänomens Wolfgang Welt und all seinen schriftstellerischen Stärken und Schwächen.  Geschrieben haben es Thomas Hecken und Katja Pedlow.

Christoph Biermann erklärt im Interview mit Christian Steinbrink seinen Wechsel vom Musikkritiker zum Sportjournalisten und gibt Einblicke in die Frühzeit der New Wave und Stadtmagazin-Szene und Christoph Schurian beschreibt wie nah Fußball und Szene sich im Ruhrgebiet sind und dass es ganz schön kompliziert war, mit VfouL ein ambitioniertes Fanzine für einen der unambitioniertes Fußballvereine der Republik zu machen.

Weitere Artikel beleuchten die Rolle der Frauen innerhalb der Popkultur im Revier oder die Bedeutung zweier Beuys-Schüler aus Gladbeck und Gelsenkirchen für die frühe Punk Szene in Deutschland.

Und dann gibt es Themen, die sich durch fast alle Artikel wie traurige, rote Fäden durchziehen: Dass es dem Ruhrgebiet nur selten gelungen ist, seine Talente zu halten, dass es zu provinziell war, dass es immer wieder nötig war zu gehen, um sich weiter zu entwickeln. Der heute in Berlin lebende Marc Degens beschreibt wie problematisch es ist, als Schriftsteller im Ruhrgebiet zu leben – ohen ein passendes Umfeld, ohne Bereicherstattung über die Arbeit.

Der Mangel an vernünftiger Berichterstattung über Kultur, über Pop  ist dann auch ein weiteres Feld, an dem sich viele Autoren abarbeiten: Die miserable Qualität der Medienszene im Ruhrgebiet, das schlechte Feuilleton sind entscheidend, dafür, dass heute kaum einer mehr weiß, wo etwas stattfindet und wer was macht. Die einzelnen Szenen, beschrieben als Oasen in der Wüste, sind zu klein um alleine zu überleben und nicht vernetzt – es gibt eine vernünftige Kulturberichterstattung und bei den Stadtmagazinen nur noch die Ödnis von immer belangloser werdenden Kalenderheftchen, denn längst meiden Bands das Revier – Veranstaltungen, ob Partys oder Konzerte, die in Hamburg, Köln oder Berlin erfolgreich sind, floppen im Revier. Hier kocht nichts mehr, sorgt die viel gepriesene Polyzentralität dafür, das an keinem Ort die kritische Masse zusammen kommt, um lebendige Szenen entstehen zu lassen. Kein Wunder, dass andere Städte voller Künstler aus dem Ruhrgebiet sind während es hier immer langweiliger wird. Die meisten gehen – ein Brain Drain, der sich in den vergangenen Jahren verstärkt hat. Selbst die Kunsthochschulen, an anderen Orten wichtige Impulsgeber, sind hier so grandios über die Fläche verteilt, dass von ihnen kaum eine Wirkung ausgeht.

Man kann nur hoffen, dass dieses Buch ein Erfolg wird. Zwei Jahre Arbeit und viel Engagement stecken drin. Es hat Qualität – und Qualität hat es schwer im Ruhrgebiet. Der Erfolg dieses Buches ist daher ein Gradmesser dafür, ob das Ruhrgebiet als Kulturplatz jenseits der hochsubventionierten Spielstätten überhaupt eine Zukunft hat. Also bitte: Kauft dieses Buch. Lest es. Verschenkt es. Oder stellt es Euch wenigstens ins Regal…

Am 5.12.08 wird in der schönen Bochumer Goldkante ab 20.30 das Erscheinen des Buches mit Lesungen von Klaus Fiehe und Jörg Albrecht und ein bisschen Musik gefeiert. Es verspricht ein netter Abend zu werden.


ECHT! POP-PROTOKOLLE AUS DEM RUHRGEBIET

Hrsg. von Johannes Springer, Christian Steinbrink und Christian Werthschulte
ISBN 978-3-940349-05-7

Salon Alter Hammer 2008
304 Seiten, Broschur
14,90 Euro

Werbung

Keine Loveparade in Bochum?

Die Bochumer Grünen glauben nicht mehr daran, dass die Loveparade im kommenden Jahr in Bochum stattfindet. Und die Stadt? Die sagt nix.

Loveparade 2008 Foto: Stadt Dortmund

Seit Monaten das gleiche Spiel: Gerüchte kommen auf, dass die Loveparade in Bochum ausfällt, fragt man nach, verweist die Stadt auf Gespräche mit dem Loveparade-Veranstalter, die bald staffinden werden und Klärung bringen sollen: Immer wieder müssen in den vergangenen Monaten diese Gespräche stattgefunden haben – bislang ohne ein Ergebnis.   Für Wolfgang Cordes von den Grünen ein sicheres Zeichen, dass die Loveparade in Bochum nicht stattfinden kann: "Gäbe es Ergebnisse würde die Stadtverwaltung unsere Fragen beantworten und nicht immer nur mauern." Bochum habe weder eine geeignete Strecke noch einen passenden Kundgebungsort für eine Millione Besucher. Auch zeitlich würde es jetzt eng werden. Bochum solle sich von der Loveparade verabschieden und einer anderen Stadt die Chance zur Durchführung geben – wenn es denn eine Stadt gibt, die die Loveparade haben will: "Essen und Dortmund wurden doch schon angefragt und haben beide dankend abgelehnt"  Die Probleme von Cordes teilt der Loveparade Veranstalter, die Lopavent GmbH indes nicht. Pressesprecher Björn Köllen ist optimistisch: "Wir planen die Loveparade in Bochum und gehen davon aus dass sie auch  in Bochum stattfinden wird. Alle offenen Fragen werden wir mit der Stadt klären, mit der wir im Kontakt sind. Größe und Ausmaß der Loveparade werden wir an die Gegebenheiten anpassen." Das hält Cordes nicht für möglich: "Eine kleinere Loveparade kann man nicht planen: Soll Ravern der Besuch der Loveparade verboten werden?"

„Musketiere am Rhein“

Gestern trafen sich Wirtschaftsförderer, Stadtplaner und Verbandsfunktionäre in Düsseldorf. Eines ihrer Themen: Wie soll man auf das Ruhrgebiet reagieren?

Gestern Abend trafen sich auf Einladung des Vereins "Düsseldorfer Jonges" im Saal des Düsseldorfer Kolpinghauses   Victoria Appelbe, Wirtschaftsförderung Bonn,  Dr. Walter Borjans, Wirtschaftsdezernent Köln, Wilfried Kruse, Wirtschafsdezernent Düsseldorf
Jürgen Dressler, Duisburgs schillerneder Stadtentwicklungsdezernent und der Verwaltungswissenschaftler Prof. Dieter Grunow von der Uni Duisburg/Essen um nach einem Impulsreferat von  Dr. Udo Siepmann, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf über das Thema "Musketiere am Rhein" – Die Antwort auf die Ruhrstadt." zu diskutieren.

Ein Ergebnis der Gesprächsrunde:  Es soll in Kürze ein Gipfeltreffen am Rhein geben: Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg wollen sich zusammen setzen um eine Marke Rheinland zu etablieren. Auch im Kulturbereich soll künftig verstärkt kooperiert werden – auch um den Preis das einzelne Verzicht üben werden. Einig waren sich die meisten der Teilnehmer auch darin, dass das Rheinland von einem eigenen Rheinbezirk profitieren könnte. Auch über einen Gewerbesteuerpool, wie ihn einige Ruhrgebietsstädte etabliert haben, soll nachgedacht werden. Vor allem IHK-Hauptgeschäftsführer Siepmann geht die Zusammenarbeit nicht weit genung – er sieht einen großen Vorsprung des Ruhrgebiets, was das Thema Kooperation angeht. 

Laut einem Besucher soll sich vor allem Jürgen Dressler als begeisterter Rheinländer geoutet haben, was verwundert, wollte Dressler doch noch vor einem guten Jahr eine Ruhrgebietspartei gründen. Im Gespräch bestritt Dressler hingegen  sein Rheinländer-Outing und verwies auf die besondere Scharniersituation Duisburgs:  Die Stadt gehöre zugleich zum Rheinland, dem Niederrhein und dem Ruhrgebiet und solle sich je nach Bedarf Kooperationspartner suchen. Ohnehin sei er gegen jede Form der vom Staat aufgezwungenen Kooperation, auch im Planungsbereich.

Wenn auch das Rheinland einen statt zweier Bezirke (Köln und Düsseldorf) will, sind wir ein ganzes Stück weiter: Gegen das Ruhrgebiet und das Rheinland wird die Landesregierung kaum Politik machen können. Und Zusammenarbeit im Rheinland macht ebenso viel Sinn wie im Ruhrgebiet. Perspektivisch sollten dann das Revier und das Rheinland da wo es Sinn macht kooperieren – im Nahverkehr ebenso wie bei Unternehmensansiedlungen. Aber dafür müssen beide Seiten auf Augenhöhe miteinander umgehen und der Weg dahin führt über eine Stärkung des Ruhrgebiets, denn keine unserer Städte kann alleine mit Köln oder Düsseldorf mithalten. Und Duisburg und Jürgen Dressler? Die Stadt hat eine Scharnierfunktion und tut gut daran mit  allen Nachbarn zu kooperieren – aber das ist eine Binsenweisheit. Duisburg alleine wird nie von Köln und Düsseldorf für voll genommen werden – nur als Teil des Ruhrgebiets wird es in der Lage sein, seine Bedürfnissen gegenüber diesen Städte durchzusetzen. Und Dressler leidet wie alle Planungsdezernenten darunter, bald mit dem RVR kooperieren zu müssen – aber je eher er und seine Kollegen aufhören zu quengeln und beginnen, sich konstruktiv an der Planung  im Ruhrgebiet zu beteiligen, um so besser wird es für ihre Städte sein.        

 

Sierau tritt in Dortmund an

Gestern ging die Urwahl zum OB-Kandidaten der Dortmunder SPD zu Ende. Gewonnen hat  Ullrich Sierau. Mit 4200 Parteimitgliedern hat fast jeder zweite der 9000 Dortmunder Genossen an der Wahl teilgenommen.

Der Wahl vorausgegangen war ein tiefes Verwürfnis von Teilen Dortmunder  SPD um den Unterbezirksvorsitzenden  Franz Josef Drabig,  den Fraktionsvorsitzenden Ernst Prüsse und Dortmunds OB Gerhard Langemeyer.  Die SPD-Landesvorsitzende  Hannelore Kraft setzte schließlich das Verfahren durch, dass die Anfangs noch drei Kandidaten, OB Langemeyer zog seiner Bewerbung erst  nach einiger Zeit zurück, sich einer Urwahl der Mitglieder stellen. Sierau und Stüdemann stellten sich in einem gut sechswöchigen Wahlkampf unter anderem auf vier Parteiversammlungen  den SPD-Mitgliedern der Stadt. Mit  der Wahl von Ullrich Sierau  hat sich die Dortmunder SPD  für eine Fortführung der bisherigen Politik  von Gerhard Langemeyer entschieden, als dessen Kronprinz Sierau galt – auch Sierau wird auf den wirtschaftlichen Wandel setzen. Die Entscheidung viel mit 64 zu 36 Prozent überraschend deutlich aus – viele Beobachter hatten mit einem knappen Ergebnis gerechnet.

Ullrich Sierau tritt bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr gegen den parteilosen Anwalt Joachim Pohlmann, der gemeinsam von CDU und FDP ins Rennen geschickt wird. Aber auch der Koalitionspartner der Dortmunder SPD, die Grünen, haben bereits einen eigenen OB Kandidaten aufgestellt: Mario Krüger.

Ullrich Sierau war bislang als Planungsdezernent und Stadtdierektor in Dortmund tätig. Er gilt als Machertyp, hochintelligent und durchsetzungsstark aber auch als jemand, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. Spannend wird sein, wie sich künftig das Verhältnis zu SPD-Chef Drabig entwickeln wird, der gemeinsam mit Fraktionschef Prüsse auf  Stüdemann gesetzt hatte. Auch er gilt als streitbarer Geist. Langweilig wird es also auch künftig in Dortmund nicht.

Wolle will nicht mehr

Da hat Parteichef Franz Müntefering extra beim gestrigen Parteigericht Händchen gehalten, damit Wolfgang Clement nicht rausfliegt und nun das – er geht.

Hier sein Austritt:

SPD-Parteivorstand
Büro Müntefering – Bonn, d. 25. Nov. 2008

Hiermit erkläre ich mit Wirkung vom heutigen Tag meinen Austritt
aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Die Gründe dafür sind erstens die Entscheidung der Bundesschiedskommission, die meint, die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit mit einer öffentlichen Rüge drangsalieren zu sollen, zweitens die Tatsache, daß die SPD-Parteiführung zugleich keinen klaren Trennungsstrich zur PDS/Linken zieht, sondern sogar – in den Ländern – zu einer Zusammenarbeit mit dieser Partei ermuntert, obgleich deren Stasi-Verstrickung offenkundig ist, und drittens eine Wirtschaftspolitik treiben läßt, die – wie der IGBCEVorsitzende Hubertus Schmoldt soeben wieder warnend hervorgehoben hat – auf eine De-Industrialisierung unseres Landes hinausläuft.
Ich bedauere sehr, diesen Schritt, zu dem ich mich nach gründlicher Abwägung entschlossen habe, tun zu müssen.
An den weiteren Diskussionen und Auseinandersetzungen um die hier
angesprochenen Fragen werde ich mich – nunmehr als Sozialdemokrat ohne Parteibuch – nach Kräften beteiligen.
Wolfgang Clement

Clement  hält seine Linie, schmollt und macht sich ein letztes Mal wichtig – alles in einem Brief. Erlauben kann er sich dass, denn er braucht nach seiner atemberaubenden SPD-Parteibuch-Karriere  als Rentner die Partei nu  nicht mehr. Das macht unabhängig und stärkt das Rückgrad nicht unerheblich.

 

Werbung

Kampagnen werden synchronisiert

Beim IR kracht es hinter den Kulissen: Von einer Aufgabe der eigenen Kampagne will niemand etwas wissen.

Die Meldung der WAZ, der Initiativkreis Ruhr sei zugunsten der Kampagne des Landes NRW (We Love The New) von der eigenen Kampagne (Ruhr hoch n) abgerückt, sorgte heute beim Initiativkreis Ruhr für Aufregung. "Es gibt eine Vereinbarung mit dem Land, aber die besagt nicht, dass der IR von seiner Kampagne abrückt und sie nur noch regional einsetzt", so ein Insider zu den Ruhrbaronen. Tritt das Ruhrgebiet, so der Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums Joachim Neuser, alleine auf, wird es auch künftig mit "Ruhr hoch r" werben – tritt es gemeinsam mit dem Land auf, wird "We Love The New" im Vordergrund stehen.

Hinter den Kulissen wird nun daran gearbeitet, die Sache klar zu stellen – und Gesichtsverluste zu vermeiden. Sicher ist aber schon jetzt: Die neuen Missverständnisse  tun der Ruhrgebietskampagne nicht gut. 

„Christian Klar war für uns ein Symbol des Widerstandes“

Als vor 26 Jahren Christian Klar verhaftet wurde, verübte der damals 16jährige Michael* einen Anschlag auf ein Amtsgericht im Ruhrgebiet. Wir sprachen über ihn über seine damalige Solidarität mit dem Terrorismus und die baldige Freilassung von Christian Klar.

Noch Klars Wohnort: JVA Bruchsal Foto: Wikipedia

Ruhrbarone: Als Christian Klar im November 1982 verhaftet wurde verübten Sie einen Brandanschlag auf ein Amtsgericht im Ruhrgebiet.

Michael: Ja und das auf sehr dilletantische Art und Weise: Wir warfen eine Mollotovcocktail gegen die Hintertür eines Gerichtes – die kokelte ein wenig an. Das war es. Wir waren Schüler, es war eher so etwas wie ein Streich – wobei wir uns damals schon sehr wichtig und gefährlich vorkamen.

Ruhrbarone: Warum überhaupt eine solcher Anschlag?

Michael: Da kam vieles zusammen. Politisch war ich zwar damals extrem links eingestellt, aber nicht auf Seiten der RAF, die ja Marxisten-Leninisten waren. Ich sah mit eher bei den Autonomen – und die hatten mit der RAF ideologisch nicht so viel zu tun. Aber Klar war für uns damals ein Symbol des Widerstandes – nicht der Typ selbst, von dem wusste man ja kaum etwas, aber allein dass alle ihn jagten, machte ihn dazu.

Ruhrbarone: Trotz aller ideologischen Differenzen?

Michael: Wir fanden damals, dass die hinten an zu stehen hatten. Die RAF-Leute wurden für ihre Konsequenz bewundert, für das, was Ulrike Meinhof einen klaren Trennungsstrich zwischen sich und dem Feind ziehen nannte. Daher kam die Solidarität. Auf uns als pubertierende linksradikale Teenager machte das schon Eindruck.

Ruhrbarone: Die Taten der RAF hielten Sie nicht von einer solchen Solidarität ab?

Michael: Nein, nicht wirklich. Schleyer sahen wir als einen SS-Mann an, der einfach seine gerechte Strafe bekommen hatte und wenn es einen US-Soldaten erwischte dachte man sich: Das ist sein Job – töten und getötet werden. Was all das für die einzelnen Menschen und ihre Familien bedeutete, bedachten wir nicht. Wir waren eben auch sehr naiv.

Ruhrbarone: Und jetzt kommt Klar frei…

Michael: Er saß ja auch lange genug. Alle Nazi-Mörder bis auf Hess waren früher raus…

Ruhrbarone: Wie sehen Sie die RAF heute?

Michael: Das was die gemacht haben war sinnloser Wahnsinn – die Opfer auf beiden Seiten waren vollkommen umsonst. Da wurden viele Menschenleben sinnlos geopfert – das ist nicht zu rechtfertigen.

Ruhrbarone: Und ihre eigene Tat?

Michael: Pubertärer Schwachsinn – ich bin nur froh, dass dabei nicht viel Schaden angerichtet wurde – und niemand sich verletzte. Aber wir waren nicht die Einzigen, die damals so dachten. In der Nacht nach Klars Verhaftung gab es zahlreiche Anschläge – ich glaube den meisten Tätern ist das heute peinlich.
*Name geändert