Minus 8 % für Nokia

Nokias Marktanteil in Europa ist um 2 % gesunken. In Deutschland waren es 8 %

Die Schließung des Nokia-Standortes in Bochum kommt der Nokia-Führung teuer zu stehen.  Der Verkauf in Deutschland ist eingebrochen. Wie das Wirtschaftsmagazin Capital meldet, ging der Verkauf von Nokia Handys in Deutschland um satte 8% zurück. Europwaeit waren es an die 2 %. Das lässt sich nicht nur mit den Telefonen von Nokia erklären, erst kürzlich machte sich das Unternehmen mit einem iPhone-Killer lächerlich, sondern mit dem Imageverlust des Herstellers. 2/3 der Deutschen ist Nokia unsympathisch.  Vor der Schließung des Standortes Bochum waren es nur 8 %.  Allein der Verlust der Marktanteile in Deutschland, so Capital, kostet Nokia einen Umsatz von 220 Millionen Euro.      

Dazu passt eine kleine Geschichte, die ich vor ein paar Wochen erlebt habe. Da ich auf der Suche nach einem neuen Handy bin war ich in einem Handyladen in der Bochumer Innenstadt. Mit dabei war ein Freund von mir, der früher bei Nokia gearbeitet hat. Er fragte den Verkäufer wie sich denn Nokia Handys verkaufen würden. "Viele wollen ausdrücklich kein Nokia mehr. Denen ist der Preis und die Leistung egal. Sie kommen rein, sagen was ihr Handy können soll und dass es kein Nokia sein soll." Naja, bei einem Handyladen in der Bochumer Innenstadt hatte mich diese Auskunft nicht verwundert – vielleicht hätte ich nicht damit gerechnet, dass sie so drastisch ausfallen würde. Aber dass das Image von Nokia in ganz Deutschland so zusammengebrochen ist wie Capital berichtet hat mich überrascht – allerdings positiv.

?Die SPD muss sich mit der Situation abfinden…?

Börje Wichert, Sprecher der Grünen im Ruhrgebiet  fordert von der SPD, sich zu sortieren und endlich konstruktiv mitzuarbeiten anstatt in der Fundamentalopposition zu verharren.

Börje Wichert Foto: Privat

„ Die SPD im Ruhrgebiet hat sich noch nicht mit dem Verlust ihrer Hegemonie abgefunden und mauert, wenn es um den Umgang mit neuen Strukturen in der Region geht“, so Börje Wichert, Vorstandssprecher des Bezirksverbandes Ruhr der Grünen. „Die ständige Kritik an unserem RVR-Planungsdezernten Thomas Rommelspacher, die von vielen Sozialdemokraten geübt wird ist von daher auch nicht fachlich begründet, sondern politisch.“

Dass die CDU Rommelspacher kritisiert, so Wichert, sei ihrer Rolle als Opposition im Ruhrparlament geschuldet, dass die SPD, die  ja im Ruhrparlament mit den Grünen eine Koalition bildet, sich auf Rommelspacher einschießt, hätte nichts mit seiner Person oder mit seiner Arbeit zu tun, sondern mit den Problemen, die die SPD mit den neuen Strukturen hat, die von der Landesregierung beschlossen wurden, und dem RVR ab dem kommenden Jahr die Regionalplanung überträgt. „Die SPD steht in dieser Frage sowohl im Landtag als auch im Ruhrparlament alleine. Alle Parteien sehen in der Bündelung der Planung beim RVR  den besten Weg, um in Fragen wie Verkehr, Gewerbeflächen oder Umwelt die Situation für die Menschen im Ruhrgebiet zu verbessern. Alleine in die SPD stemmt sich dagegen.“

Er sei ein großer Freund der kommunalen Selbstverwaltung, aber die ende nun einmal an den Stadtgrenzen: „Das Ruhrgebiet braucht eine eigene Regionalplanung und eine Diskussionsrunden von Dezernenten, die sich bei Konflikten selbst blockieren.“
Wenn der RVR in Zukunft eine stärkere Rolle spielt, so Wichert, müsse er aber auch stärker demokratisch legitimiert sein: „Wir brauchen schnell eine direkte Wahl des Ruhrparlaments durch die Bürger.“ Er könne ja menschlich verstehen, dass es den Dezernenten einiger Städte schwer fällt, sich daran zu gewöhnen, künftig mit dem RVR und den anderen Kommunen verbindlich zusammen arbeiten zu müssen, aber für die Menschen in der Region sei das der beste Weg. „Klar, für die Stadt Dortmund war es einfach in das beschauliche Arnsberg zu fahren und alles durchzubekommen was man wollte, künftig wird das nur noch in Abstimmung mit der Region gehen.“

Die sei allerdings auch für die Dortmunder Bürger der wichtige Bezugsrahmen: „Die Leute wohnen doch in Dortmund, arbeiten in Bochum und besuchen Freunde im Kreis Recklinghausen. Die Menschen sind doch viel weiter als viele Kommunalpolitiker“, so Wichert. Er sei froh, dass bei der SPD erste Zeichen eines Wandels zu erkennen sind, diese seien aber noch zarte Pflänzchen. „Die SPD muss sich etwas schneller bewegen, die Realitäten anerkennen und endlich beginnen, konstruktiv an der Gestaltung des Ruhrgebiets mitarbeiten. Fundamentalopposition bringt weder den Sozialdemokraten etwas noch dem Ruhrgebiet.“

No, we can´t

In Dortmund "tobt" der Vorwahlkampf zwischen den beiden  sozialdemokratischen  OB-Aspiranten Jörg Stüdemann und Ullrich Sierau.  Beide gehen auch online auf  Stimmenfang.

Kurz nach der Wahl von Obama, die auch im Internet gewonnen wurde, fragten sich nicht wenige, wie die Parteien in Deutschland auf die Erkenntnisse aus dem US-Wahlkampf reagieren würden. Jens vom Pottblog war skeptisch, was die kommenden Bedeutung des Internets bei den nächsten Wahlkämpfen angeht.  Nun, Casi hat auf zweipunktnull überraschende Parallelen zwischen den Webseiten von Barack Obama und Benjamin Netanyahu festgestellt – da hat jemand offensichtlich stark abgekupfert. 

Beides kann man weder Ullrich Sierau noch Jörg Stüdemann vorwerfen. Dafür, dass sie Oberbürgermeister einer Stadt werden wollen, die sich rühmt, einer der wichtigsten IT-Standorte der Republik zu sein, wirken beide Seiten nicht nur äusserst uninspiriert, sonder auch lieblos gemacht. Von Interaktionsmöglichkeiten, die über ein Gästebuch voller Lobhudeleien (Und das auch nur bei Sierau) hinaus gehen, ist nichts zu sehen. Über die Grafik möchte man den Mantel des Schweigens legen.

Ist das ein Fehler? Vielleicht. Es könnte aber auch gut sein, dass beide ihre Wähler kennen und die Internetaffinität der 9.000 wahlberechtigten Sozialdemokraten in Dortmund einfach nur realistisch einschätzen. Und wenn die nicht allzu hoch ist, macht es Sinn, sich vor allem auf den persönlichen Kontakt zu seinen Wählern konzentrieren – neben den vier großen Infoveranstaltungen tingeln beide im Augenblick durch die Ortsvereine und Hinterzimmer der Stadt.

Das werden sie allerdings bald hinter sich haben: Bis zum 24. November  können die SPD-Mitglieder Dortmunds noch über ihren OB Kandidaten abstimmen – am 25. wird dann das Ergebnis feststehen.  Eines ist indes schon jetzt sicher: Die Wahl wurde nicht im Internet entschieden.  Daran ändert auch der Podcast der Jusos im Netz nichts – er ist so prickelnd wie ein Glas abgestandenes Export-Bier.

   

SPD-Ruhr und Nahverkehr: „Es kann nicht so bleiben wie es ist“

Schlecht, chaotisch und teuer: Mit diesen drei Begriffen ist der öffentliche Nahverkehr im Ruhrgebiet gut beschrieben. 

Foto: VRR

Darüber, dass der öffentliche Nahverkehr im Ruhrgebiet eine Katastrophe ist, war hier schon häufiger etwas zu lesen: Über die Kritik von Gutachtern an der Struktur des Nahverkehrs ebenso wie über die hohen Preise und die schlechte Qualität des Angebots. Nun will die SPD-Ruhr sich des Themas annehmen. Dabei soll es nicht nur um die schlechte finanzielle Ausstattung des Nahverkehrs gehen, sondern auch um die Organisation des Nahverkehrs. Im Ruhrgebiet splittert er sich auf auf zahlreiche Nahverkehrsunternehmen auf. Jedes hat eine teure Verwaltung und bietet zahlreiche Pöstchen für Politiker. Mögliche Synergieefekte werden kaum genutzt, enge Kooperationen, wie zwischen den Nahverkersunternehmen aus Essen, Duisburg und Mülheim, sind die Ausnahme. An diesen teuren und zugleich leistungsschwachen Wildwuchs wollen nun einige in der SPD-Ruhr ran. Die SPD-Ruhr bereitet augenblicklich ein Thesenpapier zum Thema Nahverkehr vor, dass auch mit Tabus brechen soll. "Der Nahverkehr im Ruhrgebiet kann in keiner Weise mit dem in Städten wie Berlin oder Hamburg mithalten. Das kann nicht so bleiben", so ein Sozialdemokrat zu den Ruhrbaronen. Auch Organisationsfragen sollen – wenn wohl auch behutsam – angesprochen werden: "Es kann nicht so bleiben wie es ist, dass ist eigentlch allen klar."  Das Dutzende von vor sich herwurschtelnden Nahverkehrsunternehmen für eine Region mit 5,5 Millionen Einwohnern kein Erfolgsmodell sind, scheint  sich also langsam aber sicher rumzusprechen.  Ich höre jetzt schon den Aufschrei der Besitzstandswahrer…

Werbung

„Rettet die Kulturhauptstadt“

In der FAZ fordert Andreas Rossmann die Rettung der Kulturhauptstadt

Foto: Kultur2010

Das Fazit seines ausführlichen Artikels: Zu viel Marketing, zuviele Gags und Gimmicks und zu wenig Kunst und Kultur. Zudem interessantes über die nicht vorhandene Perspektive der Philharmonie in Essen. Vielleicht ist der Text ein wenig zu stark auf Essen bezogen, aber das ändert nichts daran, dass hier das wichtigste Feuilleton des Landes Alarm schlägt. Wie war das mit dem Imagegewinn durch die Kulturhauptstadt? Hier der Artikel  .
Vielleicht wäre es an der Zeit, auch mal im Ruhrgebiet selbst offen über die Kulturhauptstadt zu diskutieren. Viele der Blogs, die sich dem Thema noch vor einem guten halben Jahr angenommen haben sind längst verstummt. Meine Frage: Muß die Kulturhaupstadt überhaupt gerettet werden? Wenn ja, wie?

Weitere Texte zu dem Thema:

Ärger in der Kulturhauptstadt

Die klassische Trgödie

Die Kulturhaupstadt und die M-Frage

 

Regener und sein kleiner Bruder

Sven Regener, Sänger der Band Element of Crime, liest heute in der Zeche in Bochum.

Foto: Eichborn

Und zwar aus seinem nicht mehr ganz so neuem Buch "Der kleine Bruder", dem letzten Teil seiner Lehmann-Triologie, der zeitlich gesehen allerdings der mittlere Band ist und im Berlin der frühen 80er Jahre spielt. Mir hat ja "Neue Vahr Süd" besser gefallen, aber bitte: 19.00 Uhr Einlass, 20.00 Uhr Beginn, Zeche Bochum    

Werbung

Gedanken über Marl

Früher war galt die Fleischtheke des ehemaligen Reals in der Dortmunder Nordstadt als der schlimmste Ort des Ruhrgebiets. Nicht wenige meinen, das der heute in Marl liegt.

Grimme Preis. Foto: Mengedoth

Sie kennen Marl nicht? Marl ist die Stadt neben dem großen Chemiewerk am Rand des Ruhrgebiets. Errichtet wurde die Innenstadt in den 60er Jahren von Architekten, die aus der DDR wegen mangelnder Kreativität ausgewiesen wurden und so sah Marl lange Zeit aus wie Berlin-Marzahn in hässlich. 

Der Mittelpunkt der Stadt ist ein Einkaufszentrum, dessen Dach man auf und zu machen kann – was aber noch nie funktioniert hat.  Es liegt an einem Platz, dessen Hauptfunktion es ist, durch seinen Namen die Partnerstadt Creil permanent zu beleidigen. Doch wirklich schlimm wird es ein paar Meter weiter im Rathaus. Wie der Namen andeutet, trifft sich dort der Rat der Stadt – ein Gremium mit einem ganz besonderen Charme.

Sollten einem nordkoreanischen Parteifunktionär jemals die Argumente gegen die Demokratie ausgehen, tut er gut daran, den Marler Rat zu besuchen: Da gibt es eine Bürgermeisterin, die ihren Mann eine eigene Partei hat gründen lassen die auf den fröhlichen Namen BUM hört und für die Ratsbeschlüsse ungefähr die gleiche Bedeutung haben wie für den ehemaligen Klosterschüler Josef Stalin in seiner Zeit die zehn Gebote: Schön dass es sie gibt, aber was haben sie mit mir zu tun? Entschuldigend wirkt da ein Blick in den Rat, in dem die Lokalpolitiker zwar der Überzeugung sind, dass von ihrem Handeln das Glück der Welt abhängt (Nahezu stündlich erwarten intime Kenner dieses nicht an mangelnden Glauben in seine Kompetenzen leidenden Gremiums Resolutionen zu  Themen  wie "Frieden im nahen Osten", "Reform der Scharia" und "Isländische Finanzkrise"). Wenn sie nicht gerade mit der Rettung dieses Planeten beschäftigt sind, überziehen die Ratsmitglieder einander mit Schmähungen oder Geschäftsordnungsanträgen.

Aber Marl hat auch seine Stärken – und die liegen im Export. Besonders gerne exportiert die Stadt Talente. Die meisten Marler die bei Sinnen sind verlassen spätestens an dem Tag, an dem sie die allgemeine Hochschulreife ausgehändigt bekommen fluchtartig die Stadt. Ehemalige Marler sind zum Beispiel Sönke Wortmann, Oliver Wittke oder Hans-Christian Ströbele. Geblieben ist hingeben der Reiter Christian Ahlmann, dessen Pferd ihn bei der Olympiade in Peking durch hinterlistiges dopen um eine Medaille brachte. Und dann gibt es Besucher wie Jürgen Möllemann, die Marl ausschließlich zum Zwecke des Suizids aufsuchen.

Soweit gehen indes die meisten Besucher des größten gesellschaftlichen Ereignisses der Stadt nur selten: Der Grimme-Preis erfreut sich bei den Medienschaffenden der Republik, zumindest wenn sie sich dem Unterschichtenmedium Fernsehen verschrieben haben. Natürlich weiß jeder, dass der Grimme Preis und vor allem seine Verleihung noch viel prächtiger wäre, wenn er nicht im Theater Marl stattfinden würde sondern in der Alten Oper in Frankfurt, dem Tempodrom in Berlin oder der Mehrzweckhalle von Bebra, die meines Wissens nach mit einem freundlichen Biber um die Gunst der Gäste buhlt. Alte Marler können über den Satz „Jeder will den Grimme, aber keiner nach Marl“ nur müde lächeln. Trotzdem steckt in ihm mehr als ein ordentliches Korn an Wahrheit.

Erstaunlich ist hingegen das Engagement der nicht mit dem 18 Lebensjahr geflohenen Menschen dieser Stadt. Verzweifelt kämpfen sie gegen die Tristesse an, organisieren Punk-Festivals, betreiben in Eigeninitiative ein ganzes Freibad und richten alte Hallen her, um klassische Konzerte stattfinden lassen zu können. Sie kämpfen gegen die Bedeutungslosigkeit ihrer Stadt wie die Holländer gegen die Nordsee – ein ehrenwertes, jedoch langfristig eher aussichtsloses Unterfangen.

Lafontaine und die Pressefreiheit

Trotz vollmundiger Bekundungen zum Presserecht: Die Linke hat, wie der Fall Heilmann zeigt, ein gespaltenes Verhältnis zu Informationsfreiheit. Allen voran ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine.

Lafontaine. Foto: Die Linke

 

Es ist 14 Jahre her, da setzte Oskar Lafontaine im Saarland mit den Stimmen der damals mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten eine der massivsten Änderungen des Presserechtes in der Nachkriegszeit durch. Im Jahr zuvor war Ministerpräsident Lafontaine durch die sogenannte Rotlicht-Affäre belastet  worden. Das TV-Magazin Panorama und der Spiegel hatten recherchiert, das Lafontaine häufiger Rotlichtlokale in Saarbrücken besucht hatte und die Behauptung aufgestellt, Lafontaine hätte Gestalten aus dem Millieu Gefälligkeiten erwiesen. Lafontaine bestritt dies, sprach von Schweinejournalismus und schlug mit einer Änderung des saarlänischen Presserechtes zurück. Der Spiegel in dem Artikel "Letztes Wort für Lügner" über die Pläne Lafontaines : "Vier gravierende Einschränkungen der im Grundgesetz verbürgten Pressefreiheit wollte Lafontaine durchpeitschen: Gegendarstellungen müssen unkommentiert erscheinen, obwohl deren Wahrheitsgehalt von niemandem überprüft wird. Anmerkungen der Redaktion ("Redaktionsschwanz")  dürfen erst in einer späteren Ausgabe der Zeitung gedruckt werden und müssen sich auf "tatsächliche" Angaben beschränken. Die Kommentierung auch falscher Gegendarstellungen wird generell verboten. Gegen Fotos können Betroffene Gegendarstellungen erwirken. Richter, die über Gegendarstellungen entscheiden, sollen die Antragsteller bei der Abfassung des Textes beraten."

In leicht entschärfter Form wurden Lafontaines Pläne im Saarland Gesetz. 1999 wurde das Gesetz von der damals neuen CDU-Mehrheit im Landtag gekippt.