Keine Loveparade in Bochum?

Die Bochumer Grünen glauben nicht mehr daran, dass die Loveparade im kommenden Jahr in Bochum stattfindet. Und die Stadt? Die sagt nix.

Loveparade 2008 Foto: Stadt Dortmund

Seit Monaten das gleiche Spiel: Gerüchte kommen auf, dass die Loveparade in Bochum ausfällt, fragt man nach, verweist die Stadt auf Gespräche mit dem Loveparade-Veranstalter, die bald staffinden werden und Klärung bringen sollen: Immer wieder müssen in den vergangenen Monaten diese Gespräche stattgefunden haben – bislang ohne ein Ergebnis.   Für Wolfgang Cordes von den Grünen ein sicheres Zeichen, dass die Loveparade in Bochum nicht stattfinden kann: "Gäbe es Ergebnisse würde die Stadtverwaltung unsere Fragen beantworten und nicht immer nur mauern." Bochum habe weder eine geeignete Strecke noch einen passenden Kundgebungsort für eine Millione Besucher. Auch zeitlich würde es jetzt eng werden. Bochum solle sich von der Loveparade verabschieden und einer anderen Stadt die Chance zur Durchführung geben – wenn es denn eine Stadt gibt, die die Loveparade haben will: "Essen und Dortmund wurden doch schon angefragt und haben beide dankend abgelehnt"  Die Probleme von Cordes teilt der Loveparade Veranstalter, die Lopavent GmbH indes nicht. Pressesprecher Björn Köllen ist optimistisch: "Wir planen die Loveparade in Bochum und gehen davon aus dass sie auch  in Bochum stattfinden wird. Alle offenen Fragen werden wir mit der Stadt klären, mit der wir im Kontakt sind. Größe und Ausmaß der Loveparade werden wir an die Gegebenheiten anpassen." Das hält Cordes nicht für möglich: "Eine kleinere Loveparade kann man nicht planen: Soll Ravern der Besuch der Loveparade verboten werden?"

„Musketiere am Rhein“

Gestern trafen sich Wirtschaftsförderer, Stadtplaner und Verbandsfunktionäre in Düsseldorf. Eines ihrer Themen: Wie soll man auf das Ruhrgebiet reagieren?

Gestern Abend trafen sich auf Einladung des Vereins "Düsseldorfer Jonges" im Saal des Düsseldorfer Kolpinghauses   Victoria Appelbe, Wirtschaftsförderung Bonn,  Dr. Walter Borjans, Wirtschaftsdezernent Köln, Wilfried Kruse, Wirtschafsdezernent Düsseldorf
Jürgen Dressler, Duisburgs schillerneder Stadtentwicklungsdezernent und der Verwaltungswissenschaftler Prof. Dieter Grunow von der Uni Duisburg/Essen um nach einem Impulsreferat von  Dr. Udo Siepmann, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf über das Thema "Musketiere am Rhein" – Die Antwort auf die Ruhrstadt." zu diskutieren.

Ein Ergebnis der Gesprächsrunde:  Es soll in Kürze ein Gipfeltreffen am Rhein geben: Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg wollen sich zusammen setzen um eine Marke Rheinland zu etablieren. Auch im Kulturbereich soll künftig verstärkt kooperiert werden – auch um den Preis das einzelne Verzicht üben werden. Einig waren sich die meisten der Teilnehmer auch darin, dass das Rheinland von einem eigenen Rheinbezirk profitieren könnte. Auch über einen Gewerbesteuerpool, wie ihn einige Ruhrgebietsstädte etabliert haben, soll nachgedacht werden. Vor allem IHK-Hauptgeschäftsführer Siepmann geht die Zusammenarbeit nicht weit genung – er sieht einen großen Vorsprung des Ruhrgebiets, was das Thema Kooperation angeht. 

Laut einem Besucher soll sich vor allem Jürgen Dressler als begeisterter Rheinländer geoutet haben, was verwundert, wollte Dressler doch noch vor einem guten Jahr eine Ruhrgebietspartei gründen. Im Gespräch bestritt Dressler hingegen  sein Rheinländer-Outing und verwies auf die besondere Scharniersituation Duisburgs:  Die Stadt gehöre zugleich zum Rheinland, dem Niederrhein und dem Ruhrgebiet und solle sich je nach Bedarf Kooperationspartner suchen. Ohnehin sei er gegen jede Form der vom Staat aufgezwungenen Kooperation, auch im Planungsbereich.

Wenn auch das Rheinland einen statt zweier Bezirke (Köln und Düsseldorf) will, sind wir ein ganzes Stück weiter: Gegen das Ruhrgebiet und das Rheinland wird die Landesregierung kaum Politik machen können. Und Zusammenarbeit im Rheinland macht ebenso viel Sinn wie im Ruhrgebiet. Perspektivisch sollten dann das Revier und das Rheinland da wo es Sinn macht kooperieren – im Nahverkehr ebenso wie bei Unternehmensansiedlungen. Aber dafür müssen beide Seiten auf Augenhöhe miteinander umgehen und der Weg dahin führt über eine Stärkung des Ruhrgebiets, denn keine unserer Städte kann alleine mit Köln oder Düsseldorf mithalten. Und Duisburg und Jürgen Dressler? Die Stadt hat eine Scharnierfunktion und tut gut daran mit  allen Nachbarn zu kooperieren – aber das ist eine Binsenweisheit. Duisburg alleine wird nie von Köln und Düsseldorf für voll genommen werden – nur als Teil des Ruhrgebiets wird es in der Lage sein, seine Bedürfnissen gegenüber diesen Städte durchzusetzen. Und Dressler leidet wie alle Planungsdezernenten darunter, bald mit dem RVR kooperieren zu müssen – aber je eher er und seine Kollegen aufhören zu quengeln und beginnen, sich konstruktiv an der Planung  im Ruhrgebiet zu beteiligen, um so besser wird es für ihre Städte sein.        

 

Sierau tritt in Dortmund an

Gestern ging die Urwahl zum OB-Kandidaten der Dortmunder SPD zu Ende. Gewonnen hat  Ullrich Sierau. Mit 4200 Parteimitgliedern hat fast jeder zweite der 9000 Dortmunder Genossen an der Wahl teilgenommen.

Der Wahl vorausgegangen war ein tiefes Verwürfnis von Teilen Dortmunder  SPD um den Unterbezirksvorsitzenden  Franz Josef Drabig,  den Fraktionsvorsitzenden Ernst Prüsse und Dortmunds OB Gerhard Langemeyer.  Die SPD-Landesvorsitzende  Hannelore Kraft setzte schließlich das Verfahren durch, dass die Anfangs noch drei Kandidaten, OB Langemeyer zog seiner Bewerbung erst  nach einiger Zeit zurück, sich einer Urwahl der Mitglieder stellen. Sierau und Stüdemann stellten sich in einem gut sechswöchigen Wahlkampf unter anderem auf vier Parteiversammlungen  den SPD-Mitgliedern der Stadt. Mit  der Wahl von Ullrich Sierau  hat sich die Dortmunder SPD  für eine Fortführung der bisherigen Politik  von Gerhard Langemeyer entschieden, als dessen Kronprinz Sierau galt – auch Sierau wird auf den wirtschaftlichen Wandel setzen. Die Entscheidung viel mit 64 zu 36 Prozent überraschend deutlich aus – viele Beobachter hatten mit einem knappen Ergebnis gerechnet.

Ullrich Sierau tritt bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr gegen den parteilosen Anwalt Joachim Pohlmann, der gemeinsam von CDU und FDP ins Rennen geschickt wird. Aber auch der Koalitionspartner der Dortmunder SPD, die Grünen, haben bereits einen eigenen OB Kandidaten aufgestellt: Mario Krüger.

Ullrich Sierau war bislang als Planungsdezernent und Stadtdierektor in Dortmund tätig. Er gilt als Machertyp, hochintelligent und durchsetzungsstark aber auch als jemand, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. Spannend wird sein, wie sich künftig das Verhältnis zu SPD-Chef Drabig entwickeln wird, der gemeinsam mit Fraktionschef Prüsse auf  Stüdemann gesetzt hatte. Auch er gilt als streitbarer Geist. Langweilig wird es also auch künftig in Dortmund nicht.

Werbung


Wolle will nicht mehr

Da hat Parteichef Franz Müntefering extra beim gestrigen Parteigericht Händchen gehalten, damit Wolfgang Clement nicht rausfliegt und nun das – er geht.

Hier sein Austritt:

SPD-Parteivorstand
Büro Müntefering – Bonn, d. 25. Nov. 2008

Hiermit erkläre ich mit Wirkung vom heutigen Tag meinen Austritt
aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Die Gründe dafür sind erstens die Entscheidung der Bundesschiedskommission, die meint, die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit mit einer öffentlichen Rüge drangsalieren zu sollen, zweitens die Tatsache, daß die SPD-Parteiführung zugleich keinen klaren Trennungsstrich zur PDS/Linken zieht, sondern sogar – in den Ländern – zu einer Zusammenarbeit mit dieser Partei ermuntert, obgleich deren Stasi-Verstrickung offenkundig ist, und drittens eine Wirtschaftspolitik treiben läßt, die – wie der IGBCEVorsitzende Hubertus Schmoldt soeben wieder warnend hervorgehoben hat – auf eine De-Industrialisierung unseres Landes hinausläuft.
Ich bedauere sehr, diesen Schritt, zu dem ich mich nach gründlicher Abwägung entschlossen habe, tun zu müssen.
An den weiteren Diskussionen und Auseinandersetzungen um die hier
angesprochenen Fragen werde ich mich – nunmehr als Sozialdemokrat ohne Parteibuch – nach Kräften beteiligen.
Wolfgang Clement

Clement  hält seine Linie, schmollt und macht sich ein letztes Mal wichtig – alles in einem Brief. Erlauben kann er sich dass, denn er braucht nach seiner atemberaubenden SPD-Parteibuch-Karriere  als Rentner die Partei nu  nicht mehr. Das macht unabhängig und stärkt das Rückgrad nicht unerheblich.

 

Kampagnen werden synchronisiert

Beim IR kracht es hinter den Kulissen: Von einer Aufgabe der eigenen Kampagne will niemand etwas wissen.

Die Meldung der WAZ, der Initiativkreis Ruhr sei zugunsten der Kampagne des Landes NRW (We Love The New) von der eigenen Kampagne (Ruhr hoch n) abgerückt, sorgte heute beim Initiativkreis Ruhr für Aufregung. "Es gibt eine Vereinbarung mit dem Land, aber die besagt nicht, dass der IR von seiner Kampagne abrückt und sie nur noch regional einsetzt", so ein Insider zu den Ruhrbaronen. Tritt das Ruhrgebiet, so der Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums Joachim Neuser, alleine auf, wird es auch künftig mit "Ruhr hoch r" werben – tritt es gemeinsam mit dem Land auf, wird "We Love The New" im Vordergrund stehen.

Hinter den Kulissen wird nun daran gearbeitet, die Sache klar zu stellen – und Gesichtsverluste zu vermeiden. Sicher ist aber schon jetzt: Die neuen Missverständnisse  tun der Ruhrgebietskampagne nicht gut. 

„Christian Klar war für uns ein Symbol des Widerstandes“

Als vor 26 Jahren Christian Klar verhaftet wurde, verübte der damals 16jährige Michael* einen Anschlag auf ein Amtsgericht im Ruhrgebiet. Wir sprachen über ihn über seine damalige Solidarität mit dem Terrorismus und die baldige Freilassung von Christian Klar.

Noch Klars Wohnort: JVA Bruchsal Foto: Wikipedia

Ruhrbarone: Als Christian Klar im November 1982 verhaftet wurde verübten Sie einen Brandanschlag auf ein Amtsgericht im Ruhrgebiet.

Michael: Ja und das auf sehr dilletantische Art und Weise: Wir warfen eine Mollotovcocktail gegen die Hintertür eines Gerichtes – die kokelte ein wenig an. Das war es. Wir waren Schüler, es war eher so etwas wie ein Streich – wobei wir uns damals schon sehr wichtig und gefährlich vorkamen.

Ruhrbarone: Warum überhaupt eine solcher Anschlag?

Michael: Da kam vieles zusammen. Politisch war ich zwar damals extrem links eingestellt, aber nicht auf Seiten der RAF, die ja Marxisten-Leninisten waren. Ich sah mit eher bei den Autonomen – und die hatten mit der RAF ideologisch nicht so viel zu tun. Aber Klar war für uns damals ein Symbol des Widerstandes – nicht der Typ selbst, von dem wusste man ja kaum etwas, aber allein dass alle ihn jagten, machte ihn dazu.

Ruhrbarone: Trotz aller ideologischen Differenzen?

Michael: Wir fanden damals, dass die hinten an zu stehen hatten. Die RAF-Leute wurden für ihre Konsequenz bewundert, für das, was Ulrike Meinhof einen klaren Trennungsstrich zwischen sich und dem Feind ziehen nannte. Daher kam die Solidarität. Auf uns als pubertierende linksradikale Teenager machte das schon Eindruck.

Ruhrbarone: Die Taten der RAF hielten Sie nicht von einer solchen Solidarität ab?

Michael: Nein, nicht wirklich. Schleyer sahen wir als einen SS-Mann an, der einfach seine gerechte Strafe bekommen hatte und wenn es einen US-Soldaten erwischte dachte man sich: Das ist sein Job – töten und getötet werden. Was all das für die einzelnen Menschen und ihre Familien bedeutete, bedachten wir nicht. Wir waren eben auch sehr naiv.

Ruhrbarone: Und jetzt kommt Klar frei…

Michael: Er saß ja auch lange genug. Alle Nazi-Mörder bis auf Hess waren früher raus…

Ruhrbarone: Wie sehen Sie die RAF heute?

Michael: Das was die gemacht haben war sinnloser Wahnsinn – die Opfer auf beiden Seiten waren vollkommen umsonst. Da wurden viele Menschenleben sinnlos geopfert – das ist nicht zu rechtfertigen.

Ruhrbarone: Und ihre eigene Tat?

Michael: Pubertärer Schwachsinn – ich bin nur froh, dass dabei nicht viel Schaden angerichtet wurde – und niemand sich verletzte. Aber wir waren nicht die Einzigen, die damals so dachten. In der Nacht nach Klars Verhaftung gab es zahlreiche Anschläge – ich glaube den meisten Tätern ist das heute peinlich.
*Name geändert

Aus für Ruhr hoch r

Pleite für Grey und Evonik-Chef Müller: Ruhr hoch n wird der Kampagne des Landes untergeordnet: Ab jetzt loven wir alle das New.

Jens vom Pottblog hat das richtige Wort um die Vorgänge rund um die Versuche dem Ruhrgebiet einen neuen Slogan zu geben gefunden: Posse. Nach mehreren Monaten des hin und hers ist jetzt klar: Ruhr hoch n wird nicht mehr international eingesetzt und soll, so meldet es Der Westen, höchstens noch regional eingesetzt werden.

Eine entsprechende Vereinbahrung zwischen E.ON-Chef Wulf Bernotat, der im Moment auch dem Initiativkreis Ruhr vorsteht, der unter seinem Vorgänger Werner Müller die Kampagne in Auftrag gab, und dem Land wurde unterzeichnet – künftig wirbt auch das Revier international mit We Love The New.

Egal wie man zu dem alten Slogan stand – diese Entscheidung bedeutet das Ende eines eigenständigen Auftritts des Ruhrgebiets auf internationaler Ebene. Es wird sich kommunikativ dem Land unterordnen. Für Müller eine Demütigung und für die Agentur Grey eine mittlere Katastrophe: Nach dem schlechten Start der Kampagne nun die Abwicklung – da wurde komplett umsonst gearbeitet. Regional hat der Slogan kaum eine Chance: Der RVR lehnt ihn ab und will weiter mit dem Begriff Metropole Ruhr werben – wo das Ruhrgebiet ist weiß ich, die Metropole Ruhr ist mir indes noch nicht begegnet.

Werbung


Mehrwertsteuer senken – von den Briten lernen heißt siegen lernen

Den Banken ist der Staat in der Krise schnell beigesprungen und auch Opel wird, wenn es ernst ist, wohl mit Hilfe rechnen können. Aber was ist eigentlich mit uns, den ganz normalen Bürgern?

Steinbrück und Merkel. Foto: Bundestag

Nun gut, wenn wir einen Neuwagen kaufen, der weniger Schadstoffe produziert, bekommen wir die KFZ-Steuer erlassen – im höchsten Fall sind das ein paar hundert Euro – eine Summe di beim Kauf eines Neuwagens wohl kaum darüber entscheidet, ob man kauft oder nicht, denn schon ein Golf kostet, halbwegs gut ausgestattet, locker 20.000 Euro.

Was der Staat jetzt tun kann über die Bürger zu entlasten ist zum einen die Senkung der Mehrwertsteuer, deren Erhöhung zum 1. Januar 2007 das Wachstum sofort verringerte und es dem Staat ermöglichte seinen Haushalt ohne ernsthafte  Sparbemühungen zu sanieren, zu senken. Eine Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Februar kommenden Jahres brächte den Bürgern nicht nur mehr Geld, es wäre auch gut für die Stimmung, denn die üblen Nachrichten werden im Januar kommen: Dann werden noch mehr Unternehmen Entlassungen ankündigen und haben alle einen Überblick über die Auftragslage im kommenden Jahr. In vielen Branchen ist das Jahresabschlussgeschäft wichtig – erst danach weiß man, wie es 2009 werden wird. Und gut sieht es nicht aus. Die Deutsche Bank rechnet im schlimmsten Fall mit einem Schrumpfen der Wirtschaft um 5 % – andere sehen 3 % Minus als realistisch an. Das gab es in der Geschichte des Bundesrepublik noch nie und die Auswirkungen werden uns alle treffen.

Und eine Mehrwertsteuersenkung hätte den Vorteil, dass alle Bürger davon profitieren würden. Auch Hartz IV-Empfänger, Rentner oder Studenten würden finanzielle Spielräume gewinnen. Da die Sparquote gerade bei den Beziehern niedriger Einkommen und  bei Transferempfängern gering ist, werden sie die neuen Spielräume sofort für den Konsum nutzen. Die Briten haben das erkannt und werden die Mehrwertsteuer noch vor Weihnachten senken. E-Mails mit diesem Wunsch werden, glaubt man Roland Tichy, dem Chefredakteur der Wirtschaftswoche, im Steinbrück-Ministerium sofort gelöscht.

Der Staat muß aber gegensteuern, hat gleichzeitig aber nur begrenzte Möglichkeiten. Wenn er Investitionen in Schulen und Straßen vorzieht, sorgen Planfeststellungsverfahren und langwierige Ausschreibungen dafür, dass das Geld erst fließt, wenn die Kriese vorbei ist. Aber es muss schnell etwas geschehen-

Weder der Kanzlerin noch dem Finanzminister gefällt die Idee der Mehrwertsteuersenkung. Merkel will mit Steuersenkungen in den Wahlkampf – und vielleicht will auch die SPD mit Entlastungen für die Bürger trumpfen. Bis dahin soll jeder, der nicht als Banker seine eigene Unfähigkeit unter Beweis gestellt hat, nicht von staatlicher Hilfe profitieren.

Eine Mehrwertsteuersenkung wäre allerdings nicht einmal eine großzügige Hilfe: Man lässt das Geld einfach bei den Leuten, denen es gehört und nimmt es ihnen nicht mehr ganz so dreist weg.

Eine Alternative zur Mehrwertsteuersenkung wäre es, den Bürgern Steuern zurück zu erstatten. In den USA gab es das schon einmal: Man bekommt einen Barscheck vom Finanzamt mit den besten Grüßen der Regierung. Auf einmal ist Geld da, das man nicht auf der Rechnung hatte – geht ebenfalls schnell, fördert der Konsum und sorgt für eine bessere Stimmung  – und die Stimmung wird in den kommenden Monaten sehr wichtig sein.

Beide Maßnahmen könnten helfen, den Binnenkonsum abzukurbeln – und so zumindest teilweise den Wegfall der Exporte ausgleichen helfen. Denn als Exportland trifft es uns besonders stark, wenn andere Volkswirtschaften unsere Produkte nicht mehr kaufen.
Und der Staat? Der kann sich überlegen, wo er spart: Vieles in Deutschland ist immer noch überflüssig: Zum Beispiel einige Bundesländer mit all ihren Kosten aber auch die Subventionierung von Tierfutter über die Mehrwertsteuer, die hohen Subventionen für die Landwirtschaft, von denen mittlerweile eher Iglo und Co als der kleine Bauer aus dem Bilderbuch profitieren und und und…

Kammern erwarten Gründerboom

Zuerst die gute Nachricht: Innerhalb der letzten 25 Jahre hat sich die Zahl der Unternehmen im Ruhrgebiet von 133.000 auf 258.000 fast verdoppelt. Die schlechte Nachricht: Im kommenden Jahr werden es noch mehr.

Damit mich niemand falsch versteht: Ich finde es gut wenn Menschen sich selbstständig machen, Unternehmen gründen und ihr eigener Herr werden. Und auch die Zahlen des aktuellen Gründerreportes der Ruhrgebiets Kammern, die belegen, dass sich die Zahl der Unternehmen innerhalb von 25 Jahren fast verdoppelt hat und es vor allem klein- und mittelständische Betriebe sind, die dazu kamen, zeigt, dass sich das Ruhrgebiet langsam aber sicher seine alten Monostrukturen hinter sich lässt.

Aber wenn der Dortmunder Kammerchef Reinhard Schulz feststellt, dass die bisher gut verlaufende Konjunktur  sich dämpfend auf die Entwicklung der Unternehmensgründungen im Ruhrgebiet ausgewirkt hat und er für das kommenden Jahr mit mehr Gründungen rechnet, klingt das besser als es ist, denn viele dieser Gründungen werden Notgründungen sein.

Im Idealfall gründet man ein Unternehmen, weil man eine Idee hat und glaubt, dass sie sich am Markt durchsetzen kann. Warum soll der alte Chef das Geld für die eigene Idee einsacken? Man weiß ja selbst etwas besseres damit anzufangen. Und für viele ist die Selbstständigkeit auch die Erfüllung eines Lebenstraumes – auch wenn das Leben als Selbstständiger nicht Vergnügungssteuerpflichtig ist. Wenn solche Gründungen gut vorbereitet sind, das Eigenkapital stimmt und die Banken mitziehen, sind der Erfolgsaussichten gar nicht mal so schlecht.

Doch in Deutschland sind viele Gründungen Notgründungen – mehr als in anderen Staaten: Fast jede dritte Gründung in Deutschland geschieht, weil die Betroffenen keine  Job haben. In den USA machen diese Notgründungen nur zehn Prozent aus. 

Die Überlebenschanchen vieler Notgründungen sind nicht hoch – zumal sich oft viele ehemalige Kollegen gleichzeitig selbsständig machen, wenn ein großer Betrieb Stellen abbaut: Als die Essener Werbeagentur NHS pleite ging, gab es viele neue kleine Agenturen in Essen –  Erfolgsgeschichten waren sie längst nicht alle. Und wenn die WAZ tatsächlich so viele Redakteure entlässt wie es sich andeutet, wird die Zahl der Freien Journalisten, Journalistenbüros und PR-Agenturen im Ruhrgebiet hochschnellen. Nicht alle werden überleben und viele dabei ihre Ersparnisse und dei Abfindung verlieren. Oliver Scheytt erklärte vor ein paar Jahren mal, dass man den Boom der Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet auch daran erkennen könne dass trotz niedriger Umsätze die Zahl der Unternehmen und der Freiberufler gestiegen wäre. So etwas ist kein Boom, sondern der verzweifelte Kampf gegen den eigenen wirtschaftlichen Untergang.