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Korrektur: Plogbar im Café Zentral
Vor zwei Wochen fand im Café Konkret im Bochumer Bermudadreieck die Plogbar statt.
Das ist heute anders: Um 19.00 Uhr treffen sich die Blogger aus dem Ruhrgebiet im Café Zentral in Bochum.
„Rettet die Kulturhauptstadt“
In der FAZ fordert Andreas Rossmann die Rettung der Kulturhauptstadt
Foto: Kultur2010
Das Fazit seines ausführlichen Artikels: Zu viel Marketing, zuviele Gags und Gimmicks und zu wenig Kunst und Kultur. Zudem interessantes über die nicht vorhandene Perspektive der Philharmonie in Essen. Vielleicht ist der Text ein wenig zu stark auf Essen bezogen, aber das ändert nichts daran, dass hier das wichtigste Feuilleton des Landes Alarm schlägt. Wie war das mit dem Imagegewinn durch die Kulturhauptstadt? Hier der Artikel .
Vielleicht wäre es an der Zeit, auch mal im Ruhrgebiet selbst offen über die Kulturhauptstadt zu diskutieren. Viele der Blogs, die sich dem Thema noch vor einem guten halben Jahr angenommen haben sind längst verstummt. Meine Frage: Muß die Kulturhaupstadt überhaupt gerettet werden? Wenn ja, wie?
Weitere Texte zu dem Thema:
Ärger in der Kulturhauptstadt
Die klassische Trgödie
Die Kulturhaupstadt und die M-Frage
Regener und sein kleiner Bruder
Sven Regener, Sänger der Band Element of Crime, liest heute in der Zeche in Bochum.
Foto: Eichborn
Und zwar aus seinem nicht mehr ganz so neuem Buch "Der kleine Bruder", dem letzten Teil seiner Lehmann-Triologie, der zeitlich gesehen allerdings der mittlere Band ist und im Berlin der frühen 80er Jahre spielt. Mir hat ja "Neue Vahr Süd" besser gefallen, aber bitte: 19.00 Uhr Einlass, 20.00 Uhr Beginn, Zeche Bochum
Gedanken über Marl
Früher war galt die Fleischtheke des ehemaligen Reals in der Dortmunder Nordstadt als der schlimmste Ort des Ruhrgebiets. Nicht wenige meinen, das der heute in Marl liegt.
Grimme Preis. Foto: Mengedoth
Sie kennen Marl nicht? Marl ist die Stadt neben dem großen Chemiewerk am Rand des Ruhrgebiets. Errichtet wurde die Innenstadt in den 60er Jahren von Architekten, die aus der DDR wegen mangelnder Kreativität ausgewiesen wurden und so sah Marl lange Zeit aus wie Berlin-Marzahn in hässlich.
Der Mittelpunkt der Stadt ist ein Einkaufszentrum, dessen Dach man auf und zu machen kann – was aber noch nie funktioniert hat. Es liegt an einem Platz, dessen Hauptfunktion es ist, durch seinen Namen die Partnerstadt Creil permanent zu beleidigen. Doch wirklich schlimm wird es ein paar Meter weiter im Rathaus. Wie der Namen andeutet, trifft sich dort der Rat der Stadt – ein Gremium mit einem ganz besonderen Charme.
Sollten einem nordkoreanischen Parteifunktionär jemals die Argumente gegen die Demokratie ausgehen, tut er gut daran, den Marler Rat zu besuchen: Da gibt es eine Bürgermeisterin, die ihren Mann eine eigene Partei hat gründen lassen die auf den fröhlichen Namen BUM hört und für die Ratsbeschlüsse ungefähr die gleiche Bedeutung haben wie für den ehemaligen Klosterschüler Josef Stalin in seiner Zeit die zehn Gebote: Schön dass es sie gibt, aber was haben sie mit mir zu tun? Entschuldigend wirkt da ein Blick in den Rat, in dem die Lokalpolitiker zwar der Überzeugung sind, dass von ihrem Handeln das Glück der Welt abhängt (Nahezu stündlich erwarten intime Kenner dieses nicht an mangelnden Glauben in seine Kompetenzen leidenden Gremiums Resolutionen zu Themen wie "Frieden im nahen Osten", "Reform der Scharia" und "Isländische Finanzkrise"). Wenn sie nicht gerade mit der Rettung dieses Planeten beschäftigt sind, überziehen die Ratsmitglieder einander mit Schmähungen oder Geschäftsordnungsanträgen.
Aber Marl hat auch seine Stärken – und die liegen im Export. Besonders gerne exportiert die Stadt Talente. Die meisten Marler die bei Sinnen sind verlassen spätestens an dem Tag, an dem sie die allgemeine Hochschulreife ausgehändigt bekommen fluchtartig die Stadt. Ehemalige Marler sind zum Beispiel Sönke Wortmann, Oliver Wittke oder Hans-Christian Ströbele. Geblieben ist hingeben der Reiter Christian Ahlmann, dessen Pferd ihn bei der Olympiade in Peking durch hinterlistiges dopen um eine Medaille brachte. Und dann gibt es Besucher wie Jürgen Möllemann, die Marl ausschließlich zum Zwecke des Suizids aufsuchen.
Soweit gehen indes die meisten Besucher des größten gesellschaftlichen Ereignisses der Stadt nur selten: Der Grimme-Preis erfreut sich bei den Medienschaffenden der Republik, zumindest wenn sie sich dem Unterschichtenmedium Fernsehen verschrieben haben. Natürlich weiß jeder, dass der Grimme Preis und vor allem seine Verleihung noch viel prächtiger wäre, wenn er nicht im Theater Marl stattfinden würde sondern in der Alten Oper in Frankfurt, dem Tempodrom in Berlin oder der Mehrzweckhalle von Bebra, die meines Wissens nach mit einem freundlichen Biber um die Gunst der Gäste buhlt. Alte Marler können über den Satz „Jeder will den Grimme, aber keiner nach Marl“ nur müde lächeln. Trotzdem steckt in ihm mehr als ein ordentliches Korn an Wahrheit.
Erstaunlich ist hingegen das Engagement der nicht mit dem 18 Lebensjahr geflohenen Menschen dieser Stadt. Verzweifelt kämpfen sie gegen die Tristesse an, organisieren Punk-Festivals, betreiben in Eigeninitiative ein ganzes Freibad und richten alte Hallen her, um klassische Konzerte stattfinden lassen zu können. Sie kämpfen gegen die Bedeutungslosigkeit ihrer Stadt wie die Holländer gegen die Nordsee – ein ehrenwertes, jedoch langfristig eher aussichtsloses Unterfangen.
Lafontaine und die Pressefreiheit
Trotz vollmundiger Bekundungen zum Presserecht: Die Linke hat, wie der Fall Heilmann zeigt, ein gespaltenes Verhältnis zu Informationsfreiheit. Allen voran ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine.
Lafontaine. Foto: Die Linke
Es ist 14 Jahre her, da setzte Oskar Lafontaine im Saarland mit den Stimmen der damals mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialdemokraten eine der massivsten Änderungen des Presserechtes in der Nachkriegszeit durch. Im Jahr zuvor war Ministerpräsident Lafontaine durch die sogenannte Rotlicht-Affäre belastet worden. Das TV-Magazin Panorama und der Spiegel hatten recherchiert, das Lafontaine häufiger Rotlichtlokale in Saarbrücken besucht hatte und die Behauptung aufgestellt, Lafontaine hätte Gestalten aus dem Millieu Gefälligkeiten erwiesen. Lafontaine bestritt dies, sprach von Schweinejournalismus und schlug mit einer Änderung des saarlänischen Presserechtes zurück. Der Spiegel in dem Artikel "Letztes Wort für Lügner" über die Pläne Lafontaines : "Vier gravierende Einschränkungen der im Grundgesetz verbürgten Pressefreiheit wollte Lafontaine durchpeitschen: Gegendarstellungen müssen unkommentiert erscheinen, obwohl deren Wahrheitsgehalt von niemandem überprüft wird. Anmerkungen der Redaktion ("Redaktionsschwanz") dürfen erst in einer späteren Ausgabe der Zeitung gedruckt werden und müssen sich auf "tatsächliche" Angaben beschränken. Die Kommentierung auch falscher Gegendarstellungen wird generell verboten. Gegen Fotos können Betroffene Gegendarstellungen erwirken. Richter, die über Gegendarstellungen entscheiden, sollen die Antragsteller bei der Abfassung des Textes beraten."
In leicht entschärfter Form wurden Lafontaines Pläne im Saarland Gesetz. 1999 wurde das Gesetz von der damals neuen CDU-Mehrheit im Landtag gekippt.
Stalin, Heilmann und der Flutsch-Express
Mit der Klage gegen Wikipedia hat sich der Linkspartei-Abgeordnete Lutz Heilmann nicht viele Freunde gemacht. Auch in seiner Heimatstadt Lübeck liegt er mit einigen seiner Parteifreunde über Kreuz. Ist die Wikipedia Anzeige der Höhepunkt eines länger laufenden Konfliktes? Heilmann selbst ist die Sache allerdings wohl zu heiß geworden.
Josef Stalin Foto: Wikipedia
Der 18. Dezember scheint für einige Mitglieder der Linkspartei nach wie vor ein ganz besondere Tag zu sein. Nicht nur Sarah Wagenknecht dürfte an dem Geburtstag von Josef Stalin ihrem Dutt eine Extraportion Haarspray gönnen, auch der Chef der Lübecker Linkspartei, Ragnar Lüttke feiert schon mal gerne das Wiegenfest des Diktators. Das berichtete zumindest der SHZ online am 7. Oktober. Lüttke, der die Feier als rein privates Ereignis darstellte (Das zufällig in den Parteiräumen begangen wurde), war sich sicher, wem er sein Outing als Anhänger des schnauzbärtigen Diktators zu verdanken hatte: SHZ: Dahinter vermutet Lüttke Parteikreise um Lutz Heilmann, denen er vorwirft, zu "Stasi-Methoden" zu greifen, "um mich fertig zu machen".
Wie zufällig beschäftigte sich kurz darauf die BILD mit Heilmann. Das Blatt berichtete Heilmann würde seinen ehemaligen Lebensgefährten per SMS bedrohen, was Heilmann zurück wies. Es ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Immunität des Abgeordneten schützt Heilmann in diesem Verfahren nicht. Der Immunitätsausschuss des Bundestages hat nach Aussage Heilmanns festgestellt: „ dass der mich betreffende Sachverhalt kein Sachverhalt ist, in dem Immunität herzustellen ist, da die fragliche vorgetragene Handlung nicht im Zusammenhang mit meiner Mandatsausübung steht.“ Nun sieht Heilmann es so, dass die Immunität nicht aufgehoben wurde, weil sie in diesem Fall nie bestand, andere sehen es anders – ein Frage für geübte Verwaltungsjuristen.
Während also in Lübeck über SMS, Bedrohung und Trennung getratscht wurde, rückte ein Unternehmen in den Mittelpunkt des Interesses, dass der ehemalige Lebensgefährte von Heilmann gemeinsam mit ihm geführt haben soll – was aus den Unterlagen über seine Einkommenssituation auf Heilmanns Homepage nicht ersichtlich ist. Die Lübecker Nachrichten dazu: „Flutsch-Express.de“: Wer Kondome oder Sex- Spielzeug-Pakete sucht, scheint hier richtig zu sein. Betreiber: Die „Heaven Media“. Als Geschäftsführer ausgewiesen: Marcel Müller. Doch wer Müller anrufen will und die angegebene Telefonnummer wählt, hat in der Tat sofort Lutz Heilmann am Apparat. Gegenüber den LN wiegelt der Abgeordnete allerdings ab: „Ich betreibe solche Geschäfte nicht!“
Aber irgendwer gibt diese Infos an die Medien weiter – und das nicht, um über gezielte PR die Geschäfte des Flutsch-Express zu beflügeln, der mittlerweile offline ist. Mag sein, dass Heilmann auch bei den Autoren des Wikipedia-Artikels Intriganten am Werk sah – es wurden ja auch drei Personen von ihm persönlich angezeigt. Nur wenn man den Wikipedia-Artikel über Heilmann liest, kann man die Aufregung nicht verstehen. Es hat den Eindruck, als ob Heilmann schlicht die Nerven verloren hat und durchgedreht ist – und dabei dankenswerter Weise auch sein Verhältnis zum ungehinderten Zugang zu Informationen offenbart hat. Mittlerweile rudert Heilmann zurück und will den Rechtsstreit mit Wikipedia beenden: "Mir ging es dabei keineswegs um Zensur, sondern schlicht um eine wahre Tatsachen-Darstellung. Der juristische Weg hat sich dafür insoweit als problematisch erwiesen, als durch die Struktur von Wikipedia die anderen Userinnen und User in Mitleidenschaft gezogen werden. Das war nicht meine Absicht. Gemeinsam mit Wikimedia e.V. werde ich nach anderen Wegen suchen, um den offenen und freien Charakter von Wikipedia so weiter auszugestalten, dass Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben." Tja, hätte der Jurist Heilmann mal an der Uni besser aufgepasst, wären ihm die Konsequenzen seiner Klage wohl klar gewesen. Zeit genug Wissen anzuhäufen hatte er jedenfalls: Heilmann studierte satte zwölf Jahre.
Das Prinzip Heilmann
Einstweilige Verfügungen und Abmahnungen sind wichtige Bestandteile unseres Rechtssystems. Nur manche nutzen sie gerne als Waffe.
Was haben die Jungen Freiheit und Gregor Gysi gemeinsam? Die (und hier wird es schon schwierig) Wochenzeitig für den Rechten mit Abitur und der Retter der SED zeichnen sich durch eine hohe Klagefreudigkeit aus. Während die Junge Freiheit schnell dabei ist, alle vor den Kadi zu ziehen die sie mit Begriffen wie Neonazis und Rechtsradikalismus in Verbindung bringen ist es nicht ganz unkompliziert über Gregor Gysi und die Stasi zu schreiben – nicht wenige Verlage legen ihre Texte vor Drucklegung erst einmal einem Anwalt vor, um sich juristische Ärger zu ersparen.
Nun hat jeder das Recht, davor geschützt zu werden, in der Öffentlichkeit diffamiert zu werden. Niemand möchte zum Beispiel als Alkoholiker bezeichnet werden, weil er mal ein Bier trinkt oder als Krimineller, weil er mal falsch geparkt hat. Der Schutz des Rechtes ist ihm gewiss und das ist gut. Aber bei der Jungen Freiheit oder Gysi (und jetzt Heilmann) gibt es noch einen weiteren Aspekt: Abschreckung. Die Botschaft der klagefreudigen Postille und des Berliner Anwalts ist klar: Sich mit mir anzulegen ist ärgerlich und kann schnell teuer werden, eine unbedachte Formulierung reicht. Wer keine Lust auf Ärger hat lässt besser die Finger von gewissen Themen bei JF und Gysi und genau das ist wohl der gewünschte Effekt: Niemand soll sich genauer mit der Nähe der JF zu Neonazis und Rechtsextremisten beschäftigen und auch Gysis Interesse an einer öffentlichen Auseinandersetzung über sein Verhältnis zur Stasi ist eher gering.
Bei Heilmann hat das alles nicht so gut funktioniert. Das passt zu seinem Looser-Lebenslauf: Egal welche Aspekte des Wikipedia-Beitrages über ihn den Hinterbänkler gestört hat – jetzt kennen ihn alle. Aber das Prinzip ist das Gleiche wie bei JF und Gysi: Mit Recht Autoren zu verunsichern und so dafür zu sorgen, dass zumindest einige die Finger von Themen lassen, an denen man sich die selbigen schnell verbrennen kann.
Wickede – Stadt der Karnevalsekstase
Das Ruhrgebiet im Rausch!
RVR bekommt richtig was zu sagen
Nach der kommenden Kommunalwahl wird der Regionalverband Ruhr die Regionalplanung für das Ruhrgebiet zurückerhalten – und damit künftig über sehr viel Geld zu entscheiden haben.
Haus des Ruhrgebiets Foto: RVR
1920 war ein gutes Jahr für das Ruhrgebiet. Der Siedlungsverband Ruhr, der Vorläufer des Kommunalverbandes Ruhrgebiet und des heutigen Regionalverbandes Ruhr, wurde damals gegründet, um endlich für das bis dahin wild vor sich hin wuchernde Ruhrgebiet eine gemeinsame Planung zu organisieren. In den Jahren davor dauerte eine Fahrt von Essen nach Bochum Stunden, weil niemand es für nötig hielt, über die Grenzen der schon damals existierenden Regierungspräsidien hinweg für das Ruhrgebiet als Ganzes zu planen. Auch um den Erhalt der Grünflächen kümmerte sich niemand. Fabriken und Siedlungen entstanden auch Gutdünken und so war es eine der wichtigsten Aufgaben des SVR, für die Menschen im Ruhrgebiet Freiräume zu schaffen.
Das tat der SVR von da an über 40 Jahren so erfolgreich, dass er lange Zeit als weltweites Vorbild für die Planung und Organisation eines großen Ballungsgebietes galt. In den Jahren nach seiner Gründung erarbeitete der Siedlungsverband unter der Führung seines ersten Vorsitzenden Robert Schmidt kommunale Wirtschaftspläne aus, begann mit dem Ausbau des Straßennetzes und machte Vorschläge zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. 1925 begann der Verband schließlich einen Verbandsgrünflächenplan aufzustellen, der 37 Prozent des Verbandsgebietes umfasste. Die dort aufgeführten Flächen waren von nun an geschützt und durften nicht ohne Zustimmung des Verbandes bebaut werden.
Argwöhnisch beobachteten sowohl die Regierungsbezirke, als auch die Provinzen und die Bürgermeister der Verbandsstädte die Aktivitäten des Verbandes. Immer wieder war bereits in den 20er Jahren die Forderung, aus dem Ruhrgebiet eine Stadt zu machen, laut geworden. Vorbild dieser Ideen war Groß-Berlin, das 1920 aus Alt-Berlin und sieben weiteren Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken gebildet und in 20 Bezirke eingeteilt wurde. Doch weder der erste Verbandsdirektor der SVR, Robert Schmidt, noch die preußische Regierung wagten einen solchen Schritt – zu groß war schon damals die Macht der Besitzstandswahrer, zu schwach das Ruhrgebiet, um seine Interessen durchzusetzen.
Seit Mitte der 60er Jahre gewannen allerdings die Kräfte im Land, die den SVR abschaffen wollten. 1975 setzten sie sich im Landtag durch. Dem SVR wurden die Kompetenzen zur Landesplanung entzogen. Dem SVR, der seit Jahrzehnten planerische Kompetenz erworben hatte war damit seiner wichtigsten Kompetenzen beraubt worden.
1979 kam dann das Ende: Der Landtag beschloss die Auflösung des SVR und die Gründung des Kommunalverbandes Ruhrgebiet. Der war nun, wie es der neue Verbandsdirektor des KVR, Prof. Jürgen Gramke in einem WDR Interview formulierte ein „reinrassiges kommunales Instrument ohne staatliche Aufgaben.“ Was da so positiv von Gramke formuliert wurde, war ein Desaster für das Ruhrgebiet. Die Planung für das größte Ballungsgebiet Deutschlands lag seitdem bei Gremien, die von Politikern dominiert wurden, deren Heimatstädte oft weniger Einwohner hatten als eine große Kneipe im Ruhrgebiet des Nächtens trunkene Besucher.
Das wird sich nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr ändern. Die Landesregierung hat dem RVR die Regionalplanung zurückgegeben. Künftig dürfen sich die Regionalparlamente bei den Regierungspräsidien in Arnsberg und Münster um Wege für den lokalen Gülletransport kümmern – aus der Verkehrsplanung einer 5 Millionen Region sind sie raus.
Insgesamt elf Bereiche werden es sein, bei denen in Zukunft kein Weg mehr am RVR vorbei führen wird: Über Städtebau, Wohnungsbau, Schul- und Sportstättenbau, Krankenhausbau, Verkehr, Freizeit- und Erholungswesen, Landschaftspflege, Wasserwirtschaft, Abfallbeseitigung und Altlasten, Kultur und Tourismus wird künftig auch im Ruhrparlament entschieden. Der RVR wird allerdings, eine eindeutige Inkonsequenz der Landesregierung, nicht die Fachplanung erhalten. Die bleibt bei den Regierungspräsidien, was zu Reibungsverlusten führen dürfte –allerdings wird der RVR nach Jahrzehnte der weitgehenden Bedeutungslosigkeit einige Zeit brauchen, um an die Leistungsfähigkeit der 60er Jahren anzuknüpfen. Allzu viel Dynamik strahlt die Behörde mit Sitz im Haus des Ruhrgebiets nun wirklich nicht aus. Eine neue Kultur muss da entstehen, schade, dass im Augenblick mit Heinz-Dieter Klink der schwächste Chef aller Zeiten zu einem Zeitpunkt dort das sagen hat, wo jemand mit Initiative, Ideen und Tatkraft gefragt wäre. Nicht wenige Sozialdemokraten bereuen mittlerweile in Hintergrundgesprächen seine Wahl.
Was der RVR in all diesen Punkten künftig leisten wird ist eine grobe Rahmenplanung, deren Details weiterhin in den Städten ausgearbeitet werden. Der RVR wird dafür sorgen, dass sich der Blick der Planer verändern wird. Es wird ein Blick auf das gesamte Ruhrgebiet sein, der sich in den Regionalpräsidien in den über 30 Jahren, in denen dort für das Ruhrgebiet geplant wurde, nie entwickelt hat.
Beispiel Verkehr: Die Regierungspräsidien stellen einen Gesamtverkehrsplan für ihre Teilräume auf, zu denen bislang immer nur einige Bereiche, aber nie das Ruhrgebiet als Ganzes gehört. Neue Verkehrsprojekte werden danach beurteilt, ob sie innerhalb dieser Teilräume die Verkehrssituation verbessern. Da eine bessere Nahverkehrsanbindung Gladbecks (Regierungspräsidium Münster) an sein natürliches Oberzentrum Essen (Regierungspräsidium Düsseldorf) weder die Verkehrssituation im RP-Münster noch im RP-Düsseldorf verbessert, haben solche Projekte kaum eine Chance. Dass sie die Situation ZWISCHEN Gladbeck und Essen verbessern kann auf diesem Weg noch nicht einmal erkannt werden. Solche Verbindungen sind blinde Flecken aus der Sicht der Regierungspräsidien. Das wird sich künftig ändern, wenn im RVR die Region als Ganzes gesehen und Projekte nach ihrer Bedeutung für das Ruhrgebiet hin beurteilt werden. Dieser neue regionale Blick wird künftig für viele Bereiche gelten. Welche Krankenhäuser werden vorrangig ausgebaut? Wo werden neue Schulen errichtet? Die Grenzen von Städten und Regierungspräsidien spielen dabei künftig eine immer geringere Rolle. Das Ruhregbiet wird zusammen wachsen können. Der RVR wird die Projekte der Städte nach ihrer Bedeutung für die Region ordnen und diese Empfehlung, wie bislang die RPs, an das Land weiter leiten, dass in der Regel diesen Empfehlungen folgen wird. Im Laufe der Jahre wird damit der regionale Blick auch ein ganz normaler Bestandteiler der städtischen Planung werden.
Bleibt zu hoffen, dass der RVR dieser Aufgabe gerecht wird. Über Klink habe ich schon genug geschrieben, aber auch der Planungsdezernent Thomas Rommelspacher (Grüne) könnte ein Problem werden. Er stößt bei den Planern der Städte auf ein Maß an Ablehnung, dass rational kaum noch nachvollziehbar ist. Da herrscht offensichtlich noch ein großer Kommunikationsbedarf – oder aber die lokalen Planer sind einfach nur auf der Suche nach einem Buhmann. Überraschen würde auch das nicht.