Die Nachrichtenlage der vergangenen Tag machte mir eines klar: Ich verstehe die Jugend von heute nicht mehr. Ich werde alt.
Foto: Lebenszentrum Adelhofen
Früher war alles ganz einfach: "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." Sokrates wusste davon schon vor vor knapp 2500 Jahren zu berichten und seitdem hat wohl kaum eine Generation seine Sätze nicht voller Stolz und in dem Bewußtsein gelesen "Ja, so sind wir".
Ja, wir waren so, möchte man der heutigen Jugend entgegenrufen, ihr aber nicht. Da demonstrieren Punks in Berlin für mehr Lehrer – und werden von der taz dafür ausgelacht. Und dann noch diese Werte der jungen Leute. Froh zitiert die Wiener Zeitung einen Jugendforscher: "Der heutigen Jugend ist Sicherheit wichtig (…) Die Ideale der Eltern-Generation werden von Österreichs Jugendlichen abgelehnt, stattdessen leben die Werte aus der Zeit der Großeltern wieder auf." Prima – dazu passen Autonome, die vegane Parties feiern. Vorbei die Zeit, als sich Linke dafür engagierten, dass jeder ein ordentliches Stück Fleisch auf den Tisch bekommt – heute kommt es darauf an dass das Stück Fleisch sich glücklich auf der Weide rumlümmeln kann. Natürlich ist auf solchen Feiern auch das Rauchen verboten – die Bätzingisierung der Gesellschaft ist soweit vorangeschritten, dass selbst die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing, die diesem gesellschaftlichem Phänomen den Namen gab, gegen ein Verbot für Flatrate-Saufparties ist. Nachdem die Jugend von heute kaum noch trinkt und raucht und auch die Großeltern die Joints nicht mehr vor den gierigen Blicken ihrer Enkel verstecken müssen, geht es jetzt um die nackte Existenz von Sabien Bätzing herself: Wozu noch eine Drogenbeauftragte in einem Land ohne Drogen?
Die gesellschaftliche Entwicklung, was sag ich, die Evolution des Homo Sapiens, scheint in eine neue Phase zu treten – Ausgang ungewiss. Denn vom Rad bis zum Feuer, von der Rentenversicherung bis zum Computer, vom Faust bis zu Hip-Hop-Platte wurde so ungefähr alles, was die menschliche Zivilisation hervorgebracht hat, von einem Haufen undisziplinierter Saufbrüder hervorgebracht, die ihre Eltern verspotteten und ihre Lehrer tyrannisierten. Mal schauen welche Erfindungen, Kunstwerke und Theorien die in wenigen Jahren dominierende Asketen so auf den Weg bringen werden. Wahrscheinlich keine, denn was sie in ihrer Jugend verpasst haben, werden nicht wenige von ihnen im Alter nachholen. In der Lebensphase, in der sie gefälligst für meine Rente zu arbeiten haben und ihre Kinder großziehen sollten, werden sie dann saufend und kiffend die Stadtparks belagern, in denen ich mich dann mit meinem Rollator amüsieren will. Der erste 40jährige Ex-Asket der mir ein "Hasse mal´n Euro" entgegenrülpst wird meinen Stock zu spüren kriegen!