Kommunalwahl 2009: Grüne machens mit jedem

Die Grünen gehen ohne Koalitionsaussage in die Kommunalwahl im kommenden Jahr.

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur ddp gehen die Grünen "bündnisoffen" in die für den 7. Juni 2009 geplanten Kommunalwahl in NRW. Für gemeinsame Bürgermeisterkandidaten, wie sie vor allem die SPD gerne hätte, sieht es nach Ansicht von Grünen-Chefin Daniela Schneckenburger mittlerweile schlecht aus: Die SPD hätte diese Chance bereits in vielen Fällen vertan. Schon heute ist die politische Landschaft in NRW bunt: Es gibt 17 rot-grüne und 16 schwarz-grüne Bündnisse im Land. Künftig könnte als Farbe auch noch rot-rot-grün dazu kommen. Die Partei, die immer stolz darauf war, die Heimat zahlreicher Bürgerbewegter aus der DDR zu sein, schließt künftig auch Bündnisse mit der SED-Nachfolgeparei Die Linken nicht aus.

Der SPD fehlen die Urenkel

Mitte der 80er Jahre lernte ich den ersten Juso meines Lebens persönlich kennen.

Hubertus Heil. Foto: Hubertus Heil.de

Ein paar Jahre vorher  sah man Jusos noch fast jeden Tag im Fernsehen: Jungbärte, die sich auf anscheinend nie enden wollenden Konferenzen an Helmut Schmidt abarbeiteten und über Begriffe wie Staatsmonopolkapitalismus diskutierten. Jusos waren ein ganzen Stück älter als ich. Schon in der Oberstufe gab es bei uns auf dem Gymnasium keinen einzigen mehr: Es gab ein paar Punks mit Anarchozeichen auf der Jacke,  natürlich etliche Friedensbewegte, von denen sich einige später bei den Grünen wieder fanden und eine ganze Clique die in der jungen Union war. Sie trugen Aktenkoffer aus Kunstleder und wurden auf dem Schulhof von den Punks angepöbelt und im Unterricht von  den Lehrern in ihren Latzhosen verhöhnt. Sie hatten es echt schwer. Nur Jusos gab es nicht. Vielleicht waren ja einige der Lehrer Jusos, aber wenn es so gewesen sein sollte, haben sie es uns verschwiegen.
Ich glaube nicht, dass uns die Jungbärte damals vermisst haben. Sie waren ein mächtige Organisation. Ein paar kleine Schüler hätten da nur gestört. Und sie haben sich immer so wild gebährdet – aber man hat es ihnen niemals abgenommen. Man wußte, dass sie ihre Sprüch nicht ernst meinten. Die wollten nur spielen. Und Jugendliche wollen nicht spielen, sie meinen es ernst – zumindest ein paar Jahre lang. Aber dann lernte ich doch noch einen Juso kennen, denn Michael – der nicht so hieß, denn ich glaube nicht, dass er gerne möchte, dass ich hier seinen richtigen Namen nenne – war in die SPD eingetreten. Das wunderte uns alle, weil Michael sich eigentlich nicht besonders für Politik interessierte. Er hatte eine große Sammlung an obskuren Rockabilly-Singles und trug meistens elegante Anzüge. Im Aratta viel er damit auf, vor allem den Mädchen. Und war er in der SPD. „Ich musste“, erklärte uns Michael und betonte, dass er natürlich kein Sozialdemokrat geworden sei und auf keinen Fall einer diese fürchterlich frisierten Jusos. Denn Michael machte nach dem Abi eine Ausbildung bei der Sparkasse und da wurde ihm erklärt, dass er sich nach dem Ende der Ausbildung einen neuen Job suchen müsste. Die Zeiten seien schlecht und nicht mehr alle Auszubildenden könnten später übernommen werden. Michael hörte sich ein wenig im Kollegenkreis um, sprach mit dem Personalrat und handelte dann. Nein, er schrieb keine Bewerbungen, er trat in die SPD ein. Er ist noch heute bei der Sparkasse.
In den 80er Jahren sah es so aus: Die konservativen Jugendlichen gingen in die Junge Union. Die eher linken in die Grünen. Die die einen Job bei der Stadtverwaltung  oder eine billige Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft wollten in die SPD. Das ist sicher ganz schrecklich vereinfacht, aber leider war auch ich nur einmal um die 20 und damals war es so. Zumindest Gladbeck. Zumindest in meinem erweiterten Bekanntenkreis.
Und ganz so eine Ausnahme scheint Gladbeck nicht gewesen zu sein. Wo sind heute die Hoffnungsvollen SPD-Nachwuchspolitiker Mitte 40? Die jungen Ministerpräsidenten wie damals Lafontaine? Die Bundestagsabgeordneten die wie damals Schröder für Schlagzeilen sorgten? Ich sehe sie nicht. Die Enkelgeneration bestand aus Lafontaine, Schröder, Scharping und Engholm. Ein paar die früher noch dazu gezählt wurden, habe ich sicher vergessen. Gehörte Clement auch dazu? Und Beck? Zumindest konnte sich die SPD schon Mitte der 80er auf eine ganze Kohorte offensichtlich talentierter Jungpolitiker, die damals ja schon alle nicht mehr jung, sondern Ende 30 bis Anfang 40 waren, verlassen. Da wuchs was nach.
Aber nicht an den Wurzeln: Die SPD hat eine ganze Generation von jungen eher linken Jugendlichen an die Grünen verloren. Im Moment verliert sie eine an die Linkspartei. Die SPD hat ein Nachwuchsproblem, denn die Michaels haben die Partei zwar nicht Richtung Linkspartei verlassen, das ist ihnen Karrieretechnisch zu risikoreich, aber die Michaels werden nicht um Mandate kandidieren. Bei Nieselregen in der Fußgängerzone zu stehen und Wahlkampf zu machen, ist ihnen komplett fremd. Sicher gibt es Ausnahmen. Ich kannte sie damals nicht und so richtig viele sind es wohl auch nicht gewesen. Schon Steinmeier ist eine ganz andere Liga. Wahlkampferfahrung? Als Kandidat? Null! Das gleiche gilt für Heil, Nahles und – ja, da wird es schon eng mit den Namen. Die Urenkel der SPD haben sich in der Partei durchgesetzt. Haben ihre Seilschaften und Netzwerke – aber Wahlen haben sie noch nie gewonnen. Noch nicht einmal auf kommunaler Ebene. Als Bürgermeister, wie Lafontaine. Vielleicht werden wir in zeh Jahren zurück schauen und sagen: Das waren die letzten guten Tage der SPD.

 

Hünxe will im Revier bleiben

Der Rat der Gemeide Hünxe hat sich für das Ruhrgebiet entschieden.

Foto: STV Hünxe

In einer Abstimmung votierte eine Mehrheit von SPD, FDP und die Bürgerliste UWH sowie der Bürgermeister dafür, im RVR zu bleiben. Grüne und CDU stimmten für den Austritt aus dem RVR. Ein wichtiges Argument für das Ruhrgebiet war nach einem Artikel der RP, dass die Befürworter vom Ruhrgebiet künftig stärkere Wachstumsimpulse erwarten als vom Niederrhein.

 

VOX auf 9.11. Quotenjagd

Ob das ein Zufall ist? Republikweit machen die Terrier von VOX Reklame für den Film „Auf der Jagd“, der ausgerechnet am 9. September ausgestrahlt wird.

Ausriss: Ruhrbarone

Im Vordergrund des knallroten Plakates erkennt man einen abgehetzten Wesley Snipes, der mit abgewetzten Klamotten und Panik in den Augen wegrennt. Im Hintergrund steht breitbeinig ein smarter Tommy Lee Jones im edlen Zwirn, der mit einer Pistole auf den Flüchtenden zielt. Es erscheint recht unwahrscheinlich, dass die Privatfernsehanstalt völlig zufällig an jenem Tag einen zehn Jahre alten Actionschinken zur Prime-Time versenden, den es als Video inzwischen auf jedem Flohmarkt zu kaufen gibt. Eher hat man sich wohl in der Marketingabteilung überlegt, womit man im Jahre Sieben nach Nine-eleven Quote erzielen kann. Der Subtext des Plakates vermittelt ja in einem einzigen Motiv, was das Publikum vom 11. September und deren Folgen glaubt zu wissen. Ein Zerlumpter mit Migrationshintergrund wird von einem mächtigen Amerikaner gejagt. Was aber erfährt der Zuschauer, wenn er den Film dann schaut? Der Flüchtige ist ein ehemaliger Agent, der in Folge eines Flugzeugabsturzes Opfer eines CIA-Komplotts wird. Es scheint, als hätten bei VOX die Verschwörungstheoretiker das Ruder übernommen.

Gastautor: Lutz Debus

Werbung

Beck ist weg

Der Job des Parteivorsitzenden der SPD ist unsicherer als der eines Fußballtrainers. Mit Kurt Beck wird nun der zehnte innerhalb von 20 Jahren zurückgetreten. Sein Nachfolger ist sein Vor-Vorgänger Franz Müntefering. Bis der von einem Parteitag gewählt wird, wird Steinmeier die SPD führen.

"Das ist die Sozialdemokratie – langweilig wird sie nie" kann man in Anlehnung an Blumfeld dichten, denn auch heute bestimmt die SPD die Schlagzeilen. Zum einen wurde heute Franz Steinmeier zum Kanzlerkandidaten gekürt. Nun wird klar: Kurt Beck tritt als Parteivorsitzender zurück und sein Nachfolger wird Franz Müntefering. Bis es soweot ist, wird Steinmeier als SPD-Chef fungieren. Es ist das letzte Aufgebot, dass die SPD da in den kommenden Wahlkampf schickt. Wahlkampf? Ich glaube der ist den Sozialdemokraten mittlerweile egal. Für die SPD geht es ums Überleben.

Denn mit Steinmeier schicken sie einen in den Kampf gegen Merkel, der noch nie einen Wahlkampf geführt, verschweige denn gewonnen hat. Und mit Müntefering kehrt jemand mit einer hohen persönlichen Autorität innerhalb der SPD zurück an die Spitze. Beide Personalien haben meiner Einschätzung nach nur eine Aufgabe: Disziplinierung.  Beck war ein Mann der Mitte, der die Flügel zusammen halten sollte und die Schlagkraft der Partei in der Auseinandersetzung mit der Linkspartei stärken sollte. Er hat es nicht geschafft. Die Linkspartei wächst unaufhörlich und wird langsam aber sicher zur Gefahr für die SPD. Steinmeier und Müntefering sollen nun die SPD klar von der Linkspartei abgrenzen und den Nahles-Flügel klein halten – die einzige Chance, welche die SPD noch hat. Je mehr die SPD auf die Programmatik der Linkspartei eingeht, die nach kaum mehr als hemmungs- und verantwortungsloser Populismus ist, um so mehr gibt sie sich selbst auf. Gelingt es Müntefering und Steinmeier den Laden zusammen zu halten und die selbstbewusste Auseinandersetzung mit der Linkspartei zu führen, wird die SPD noch immer nicht den nächsten Kanzler stellen, aber sie wird zumindest die Chance wahren, als Partei in wahrnehmbarer Stärke zu überleben. Um nichts anderes geht es mehr.

Denn die Frage die über allem steht ist: Für was braucht man noch die SPD?
Sie ist inhaltlich ein Gemischtwarenladen. Industriefreundlich und über die Betriebsräte eng mit den großen Konzernen verbunden, gleichzeitig an der Basis zum Teil von linken Sprücheklopfern dominiert. Sie will ökologisch sein wie die Grünen, hält aber gleichzeitig an den klassischen sozialdemokratischen Aufstiegsversprechen fest, dass immer einen materialistischen Hintergrund haben muss – es ist das Versprechen nach einer höheren Beteiligung am Wohlstand. Die Grünen können sich  ihre postmaterialistische Politik erlauben, weil ihre Klientel wohlhabend ist. Die SPD kann es nicht. Jeder Facharbeiter mit zwei Kindern, der wegen einer von der SPD mitverantworteten Feinstaubverordnung sein Auto stehen lassen muss und sich keinen neuen Wagen erlauben kann, ist für die SPD eine verlorene Stimme – zu dem Thema Ökologie und Sozialdemokratie sei auf diesen hervorragenden Artikel in der ZEIT verwiesen.
Wer es krachig links mag, wählt indes die Linkspartei. Deren Programm ist zwar nicht der Rede wert, aber man darf sich schon in der Wahlkabine als Rebell führen. Viele Linke, die über Jahrzehnte hinweg die SPD mit der Faust in der Tasche als das kleinere Übel gewählt haben, haben dort eine neue Heimat gefunden. Die SPD kann die Linke zwar nachahmen, würde dabei aber ihre Identität verlieren: Sie ist die Partei derjenigen, die Aufsteigen wollen. Nicht die des Subproletariats, das auf Versorgung setzt.
Die eher konservativen Facharbeiter und die „Neue Mitte“ können sich auch in der FDP und der CDU wieder finden. Sie würden einen Linksschwenk ohnehin nicht mitmachen.
Wer braucht noch die SPD? Wozu ist die notwendig? „Sie ist die Partei des vernünftigen Mittelwegs“ erklärte mir mal eine Bekannte, die mit 16 Genossin wurde. Das scheint in Zukunft als Erfolgsgrundlage nicht mehr auszureichen. Für den vernünftigen Mittelweg steht auch die CDU: Sie hat Arbeitnehmer- und Arbeitgeber in ihren Reihen. Will sie erfolgreich sein, muss sie immer beide Gruppen bedienen. Nach Merkels Pleite 2005 wird das nächste CDU-Wahlprogramm diese Erkenntnis umsetzen. Für die SPD wird es sehr eng…

Dokumentation:

Persönliche Erklärung von Kurt Beck

Ich habe heute meinen Rücktritt vom Vorsitz der SPD erklärt.

In der vergangenen Nacht ist der Plan von mir und Frank-Walter Steinmeier, mit dessen Nominierung zum Kanzlerkandidaten der SPD durchzustarten und gemeinsam für einen Erfolg bei der Bundestagswahl 2009 zu sorgen, durchkreuzt worden.

Nachdem ich vor gut zwei Wochen Frank-Walter Steinmeier gebeten habe, die Spitzenkandidatur zu übernehmen, haben wir in einer Reihe von Gesprächen sorgfältig und vertrauensvoll die Vorbereitungen getroffen. Teil dieses Konzeptes der Geschlossenheit war auch die Einbeziehung des ehemaligen Parteivorsitzenden Franz Müntefering. Durch die Sonder-Tagung der EU-Außenminister in Brüssel am 1. September 2008 verschob sich die geplante Bekanntgabe der Entscheidung auf den heutigen Tag.

Aufgrund gezielter Falschinformationen haben die Medien einen völlig anderen Ablauf meiner Entscheidung dargestellt. Das war und ist darauf angelegt, dem Vorsitzenden keinen Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu belassen. Vor diesem Hintergrund sehe ich keine Möglichkeit mehr, das Amt des Parteivorsitzenden mit der notwendigen Autorität auszuüben.

Ich habe dieses Amt übernommen, um meiner Partei zu helfen. Weil das nicht mehr möglich scheint, habe ich diese Konsequenz gezogen.

Ich hoffe, dass die SPD nun geschlossen und erfolgreich in den laufenden und kommenden Wahlkämpfen auftreten kann und wünsche meinen Nachfolgern viel Glück.

 

 

Städteranking: Lieber lernen als jammern!

Die Wirtschaftswoche hat das jährliche Städteranking der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft veröffentlich und wieder einmal sehen die Ruhrgebietsstädte nicht gut dabei aus.

Das Ruhrgebiet ist zu sehr in seine Vergangenheit verliebt. Foto: RVR

Die WAZ Überschrift  zum Artikel über das StädterankingRuhrgebiet im Städteranking nur Mittelmaß“ ist schönfärberisch: Die Ruhrgebietsstädte sind nicht mittelmäßig, sie schneiden im Vergleich der 50 größten Städte miserabel ab. Nur Mülheim liegt unter den ersten 25, mit Oberhausen, Hamm, Gelsenkirchen und Herne sind jedoch gleich vier Städte unter den letzten zehn. Man kann, wie Jens vom Pottblog, der Studie eine gewissen Polemik unterstellen, denn in Auftrag gegeben wurde sie von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hinter der die Metallarbeitgeber stecken. Da die Studie jedoch fast ausschließlich öffentlich zugängliches Zahlenmaterial wie Schuldenstände, Arbeitslosenquoten oder Kriminalitätsstatistiken auswertet, ist an ihrer Qualität kaum etwas auszusetzen. Für mich ist diese Studie von allen Städterankings das Beste – aber auch andere Rankings wie das von Ernst & Young oder des HWWI für das Manager-Magazin kommen, wenn auch mit wesentlich dünnerer Datenlage, zu ähnlichen Ergebnissen.
Anstatt zu jammern sollten wir lieber schauen, was man aus der Studie lernen kann, wobei ich die Empfehlung des stellvertretenden WiWo-Chefredakteurs Michael Inacker, das Ruhrgebiet solle vom Osten lernen, für ziemlichen Unfug halte: Gerade einmal zwei ostdeutsche Städte haben es in die obere Hälfte des Rankings geschafft. Eine, Dresden, ist Landeshauptstadt und lebt damit in besonders starkem Maße von öffentlichen Investitionen und einem von der öffentlichen Hand massiv beeinflussten Arbeitsmarkt. Das Ruhrgebiet sollte sich nicht am hochsubventionierten Osten orientieren, denn die meisten Ostzonenstädte haben aus ihren Fördermitteln nicht viel mehr gemacht als das Ruhrgebiet – sie sind unsere Nachbarn auf den Versagerplätzen. Wie Dresden sind übrigens die Hälfte der Top-Ten Städte Landeshauptstädte – wenn Kommunen zentrale Funktionen besitzen, scheint das also doch ganz praktisch zu sein. Das Ruhgebiet besitzt solche zentralen Funktionen nicht, noch nicht einmal einen popeligen Regierungsbezirkssitz, eine Landesarbeitsamt oder ähnliches gibt es hier.

Was können wir aus der Studie lernen? Viele der Städte, die in dem Ranking gut abgeschnitten haben wie Dresden oder Düsseldorf, haben öffentliches Eigentum wie Wohnungsbaugesellschaften oder Energie-Aktien verkauft. Damit wurden sie finanziell unabhängiger, weil Schulden abgebaut werden konnten und hatten die Möglichkeiten zu investieren. Ob CDU oder SPD regieren macht kaum einen Unterschied – im Ruhrgebiet ist man zu solchen Schritten nicht bereit und schreit lieber nach Solidarität und Unterstützung. Das Ruhrgebiet hat in den vergangenen Jahrzehnten die Milliardensubventionen vor allem für den Erhalt alter Strukturen genutzt. Die Montanindustrie konnte mit Deckung der Politik in den 60er und 70er Jahren zahlreiche Industrieansiedlungen verhindern. Wir zahlen nun  den Preis für diese Politik. Wir waren keine Opfer, wir waren blöd! Zwischen Politik und Hochschulen herrschte in vielen Städten lange tiefstes Schweigen – eine Ausnahme war Dortmund. Den Erfolg kann man im Technologiepark besichtigen. In Essen gibt es beispielsweise nicht vergleichbares.

Insgesamt ist das Ruhrgebiet zu sehr in seiner eigenen Vergangenheit verliebt. Was hätte man mit dem Geld, was über Jahrzehnte in den Bergbau gesteckt wurde, machen können? Warum geben wir Geld aus, damit kein „Bergmann ins Bergfreie“ fällt? Bei Opel, Nokia oder BenQ kommt aus guten Gründen niemand auf die Idee, die Arbeitsplätze künstlich zu erhalten. Anstatt in Bildung und eine verbesserte Infrastruktur zu investieren, packen wir das Geld noch immer in eine unproduktive Folkloreindustrie ohne jede Perspektive.
Andere sind das schlauer – nicht nur als das Ruhrgebiet, sondern als ganz NRW: Warum haben wir hier eigentlich keinen vernünftigen Flughafen wie Frankfurt oder München? Auch bei der viel gepriesenen Logistik fehlt dieser Bereich vollkommen. Der Flughafen Düsseldorf  ist, im internationalen Vergleich, eine Lachnummer, für Düsseldorf selbst natürlich ein Jobmotor – weniger durch die direkten Arbeitsplätze als durch die Ansiedlung von Unternehmen, die einen Zugang zum Luftverkehr benötigen. Einer der Grüne, warum es im Ruhrgebiet beispielsweise nicht eines der großen Beratungsunternehmen gibt, obwohl diese Branche hier viele Kunden hat.

Das Qualifikationsniveau im Ruhrgebiet ist zu schlecht. Wir müssten Geld ausgeben für Bildung und Integration. Wir brauchen internationale Schulen um für international agierende Unternehmen attraktiv zu sein – wir haben nur eine kleine in Duisburg. Wir brauchen mehr und bessere Kindergärten und besser ausgestattete Schulen. Die meisten Schulen der Region sind im erbärmlichen Zustand. Wir stecken unser weniges Geld lieber in den Erhalt der Industriekultur als in die Zukunft.

Was müssen wir tun, um nach oben zu kommen: 

Massiv um Investoren werben. Selbstbewusst und auch aggressiv auftreten. Beispiel: Warum geben wir nicht ein paar hundert Euro für Plakate aus,  die internationalen Besucher in Leipzig und Dresden darauf aufmerksam machen, dass sich internationale Unternehmen im Ruhrgebiet keine Sorgen um die Sicherheit ihrer farbigen Mitarbeiter machen müssen – im Gegensatz zu den beiden Ostzonenmusterzöglingen? Allein das bundesweite Medienecho wäre ungeheuer.

RWE Aktien, Wohnungsbaugesellschaften etc. verkaufen – und das Geld nutzen, um Schulden abzubauen und in Infrastruktur und Bildung investieren.

Aufhören von einer Zukunft der Kohle zu träumen. Aber unseren Teil des Kuchens fordern: Auch ins Ruhrgebiet müssen große, öffentliche Institutionen.

Den Nahverkehr optimieren. Eine Nahverkehrsgesellschaft für das Ruhrgebiet wäre besser und billiger. Außerdem darauf dringen, dass auch Autobahnen wie die A52 schnell gebaut werden.

Die positiven, aber noch viel zu vorsichtigen Kooperationsvorhaben der vergangenen Jahre massiv ausbauen.

Sich klar machen, dass man wenig Zeit hat und sich nicht in alles fügen. Warum wollen wir eigentlich eine Musterregion für den demographischen Wandel sein und keine, die alles dafür tut, junge Familien für sich zu begeistern? Sollen die anderen doch schrumpfen – wir müssen wachsen wollen!

Mit einer Stimme sprechen. Ich will jemanden haben, der die Region nach außen vertritt und keine Klinkereien mehr. Personen sind Symbole: Wir brauchen jemanden der nach außen vermittelt: Wir wollen gewinnen, wir haben unsere Stärken und wir brauchen kein Mitleid.

Nie wieder Fairness fordern oder Solidarität im Umgang mit dem Ruhrgebiet. Ich kann beide Begriffe nicht mehr hören. Ich will keine Fortzüge ins Münsterland und ich will keinen Interessensausgleich mit dem Umland, von dem wir nicht profitieren. Menschen, Investitionen, Institutionen: Je mehr wir haben umso besser. Wenn es auf Kosten anderer geht, ist das nicht unser Problem.

Die Top Ten des Städterankings: München, Münster, Frankfurt, Karlsruhe, Düsseldorf, Stuttgart, Mannheim, Wiesbaden, Dresden.

Die Ruhrgebietsstädte im Mittelmaß:
Mülheim 18 (Vorjahr 18), Dortmund 26 (Vorjahr:  31), Bochum: 30 (Vorjahr 29), Essen: 34 (Vorjahr 28),  Duisburg 37 (Vorjahr 32),  Hagen 38 (Vorjahr 39), Hamm 41 (Vorjahr 30) Herne 44 (Vorjahr 37) , Oberhausen 45 (Vorjahr 33) Gelsenkirchen 48 (Vorjahr 48).

Grüne für freies Parken!

In Gladbeck waren die Grünen immer schon ein wenig anders-

Foto: Flickr/Blogomat

Sie unterstützten in den 80er Jahren die Opposition in DDR, erkannten in den DKP-Ratsherren in Gladbeck Stacheldrahtmörder und wagten 1994 das erste scharz-grüne Bündnis in Deutschland. Nun gingen die Gladbecker Grünen einen weiteren Schritt in Richtung Vernunft: Gestern forderte Grünen-Ratsherr Franz Wegener auf der Ratssitzung der Stadt für die unter Käuferschwund und Leerständen leidende Gladbecker Innenstadt kostenloses  Parken mit einem Zeitlimit (Parkscheibe). Damit dürften die Gladbecker Grünen eine innerhalb ihrer Partei einzigartige Position vertreten.  

Update: Krönung in Gelsenkirchen

Während in Dortmund die Fetzen fliegen werden sich in Gelsenkirchen heute alle Sozialdemokraten ganz lieb haben.

Denn heute ist Krönungstag in der eher schlichten Emscher-Lippe-Halle: Um 18.00 Uhr beginnt dort der SPD-Parteitag zur Nominierung des Gelsenkirchener OB-Kandidaten. Davon gibt es genau einen: Amtsinhaber Frank Baranowski. Der hält eine Rede und wird dann gewählt. Die Welt kann so einfach sein. Und jetzt schauen sie in Dortmund nicht nur wegen der Bundesligatabelle neidisch auf die Emschermetropole.

Mittlerweile ist der Wahlparteitag der SPD in Gelsenkirchen vorbei. Wie erwartet wurde Frank Baranowski zum Kandidaten gewählt – mit satten 99,51 %, wie die Kollegen von Gelsenclan melden.

Werbung

Dortmund gegen Rechts

Morgen rufen Nazis zu einem "Nationalen Antikriegstag" in Dortmund auf. Ein breites Bündnis ruft zur Gegendemonstration auf.

Vereine, Verbände, Parteien, Gewerkschaften und Kirchengemeinden rufen zu einer Gegendemonstration statt: Kundgebung für Vielfalt, Toleranz und Demokratie
Samstag, 6.9, 12.00 Uhr, Platz der Alten Synagoge (Theatervorplatz). 

Putin – The Leader Of The Gang

Die US-Ausgabe von Vanity Fair hat die 100 wichtigsten  Persönlichkeiten des globalen "New Establishment" gekürt.

And the Winner ist…Vladimir Putin. Gashändler, Halbtagsdespot und Freund von Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Die Top-100 sind nach Ansicht des Magazins diejenigen, die im Augenblick und der nahen Zukunft unsere Geschicke bestimmen – politisch, wirtschaftlich und kulturell. Putin folgen auf den Plätzen 2-10 Medienmogul Rupert Murdoch, die Google-Bosse Brin, Page und Schmidt, Apple-Chef Steve Jobs, Investorenlegende Warren Buffett, Amazon-Grüner Jeff Bezos, Dubais Regierungschef Sheikh Mohammed Bin Rashid Al Maktoum, Frührentner und Putin-Vasall Roman Abramovich, und das Schauspielerpaar Angelina Jolie & Brad Pitt. Starbloggerin Arianna Huffington schaffte es auf Platz 90.

Besplatzierter Deutscher ist auf Platz 47 der Designer Karl Lagerfeld – vielleicht ist der gebürtige Hanseat ja die Lösung der SPD-Personalprobleme.