26. Oktober 2009 – Die Ruhrbarone haben als einziges Blog einen Interviewtermin bei Kurt Beck bekommen. Beck wirkte während des Gesprächs gelöst und jovial. Er hat die Bundestagswahl überstanden, die SPD ist souverän zweitgrößte Partei geblieben und Beck hat gute Aussichten, Merkels Nachfolger zu werden.
Kurt Beck. Foto: SPD
Ruhrbarone: Herr Beck, sitze ich hier dem künftigen Bundeskanzler gegenüber?
Kurt Beck: Ich möchte den nun beginnenden Gesprächen nicht vorgreifen. Bei uns in der Pfalz haben wir den schönen Spruch „Gegessen wird die Wurst erst, wenn sie aus dem Kessel ist“, aber die Aussichten für einen Politikwechsel in Deutschland sind gut.
Ruhrbarone: Aber das wird ja nur mit der Linkspartei gehen. Vor der Wahl haben Sie ein Bündnis mit der Linkspartei ja ausgeschlossen.
Beck: Sehen Sie, bei uns in der Pfalz gibt es ja die alte Regel „Am Tag nach der Kirmesrauferei sitzen wir alle auf der Kirchenbank nebeneinander“ und so ist das auch nach der Bundestagswahl. Der Wähler hat entschieden und als guter Demokrat habe ich dem Willen der Wähler folge zu leisten und ihn nicht an ihm herumzukritteln. Die Fraktion der Linkspartei ist demokratisch gewählt und für uns ein Gesprächspartner. Sie müssen ja auch sehen, dass es zwischen der Linkspartei und der Fraktion große Unterschiede gibt, dass sind ja auch rechtlich ganz verschiedene Organisationen…
Ruhrbarone: Aber die Fraktion besteht aus Mitgliedern der Linkspartei, die Sie ja im Wahlkampf schroff angegangen sind.
Beck: Noch einmal: Fraktionen gehen Koalitionen ein, nicht Parteien. Die stehen im Wettbewerb miteinander. In der Linkspartei laufen viele Wirrköpfe herum, aber in der Fraktion gibt es ordentliche Leute, viele von denen waren doch früher bei uns in der SPD. Ich kann die ja nicht alle unter Quarantäne stellen.
Ruhrbarone: Aber es gibt immer noch Abgeordnete, die in der Stasi waren…
Beck: Sie sagen es: Waren. Ich bin mir mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi einig, dass aktive Stasi-Mitarbeiter in einem demokratischen Parlament nichts zu suchen haben.
Ruhrbarone: Befürchten Sie nicht große Probleme in der Außen- und Sicherheitspolitik?
Beck: Das wird nicht einfach. Aber es zeichnen sich Kompromisslinien ab. Wenn Kuba in die Nato eintritt, könnte sich die Linkspartei entschließen, dass auch Deutschland Nato-Mitglied bleibt.
Ruhrbarone: Das Nordkorea-Problem ist also gelöst?
Beck: Wir werden ihnen keine U-Boote liefern. Wir werden aber humanitäre und technische Hilfe leisten.
Ruhrbarone: Und die wird wie aussehen?
Beck: Wir planen die Lieferungen von submarinen Transportschiffen. Politik besteht daraus, dass man sich an einen Tisch setzt und Kompromisse findet.
Ruhrbarone: Auch in der Sozialpolitik?
Beck: Da sind wir gar nicht so weit auseinander, wie es den Anschein hat.
Ruhrbarone: Die Linkspartei will ja weg von den Reformen der Ära Schröder.
Beck: Ja wer will das denn nicht?
Ruhrbarone: Werden die Sozialausgaben ansteigen?
Beck: Nein, nicht um einen Cent. Da bleiben wir dabei. Wir werden uns auf die Senkung der Massenarbeitslosigkeit konzentrieren. Sehen sie, die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im internationalen Vergleich auch deshalb so hoch, weil Anteil der öffentlich Beschäftigten verschwindend gering ist. Im öffentlichen Dienst existieren also erhebliche Potentiale, mithilfe zukunftsweisender Investitionen Arbeitslosigkeit zu reduzieren und Beschäftigung zu fördern. Und dann haben wir ja auch noch das bewährte Mittel der Arbeitszeitreduzierung zur Verfügung.
Ruhrbarone: Diese Politik wird nicht preiswert.
Beck: Ach wissen Sie, die Zeit von Geiz ist geil ist vorbei.